Announcements

Menschsein heißt unterwegs sein – Biblisch-Theologische Perspektiven auf Migration

Migration ist etwas genuin menschliches und doch ein großer Streitpunkt in der aktuellen Politik. Inmitten hitziger Debatten und populistischer Schlagzeilen geraten die einzelnen Schicksale der Menschen dahinter leicht aus dem Blick. Der von Pierre Bühler, Verena Mühlethaler und Jacob Schädelin herausgegebene Sammelband „Migration in der Bibel und heute. Die Migrationscharta – biblisch erkundet“ versammelt Perspektiven aus unterschiedlichen Kontexten, die Migration anhand biblischer Texte neu beleuchten und wurde von Maria Häusl rezensiert. Die Migrationscharta, der die Einzelbeiträge des Bandes folgen, formuliert drei Grundsätze: Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität. Daraus leiten sich das Recht auf freie Niederlassung, Asylrecht und das Recht auf Existenzsicherung ab, die mit der Vision einer von Gastfreundschaft geprägten Willkommenskultur abschließen. Ausgehend von der Frage „Was würde sich verändern, wenn man davon ausginge, es sollten möglichst viele kommen können?“ werden ausgewählte Bibeltexte neu interpretiert, um die zentralen Motive der Migrationscharta sichtbar zu machen. Häusl empfiehlt den Band allen biblisch-theologischen Leser*innen, die neue Perspektiven auf Flucht und Migration suchen. Die vielfältige und anregende Auslegung biblischer Texte eröffne neue Blickwinkel auf Flucht und Migration, die mit aktuellen Debatten verknüpft sind.

2025-08-22

Lang verleugnete Opfer und die überfällige Sichtbarkeit für „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“

Lange wurden Menschen, die von den Nationalsozialisten als „asozial“ oder „Berufsverbrecher“ stigmatisiert und verfolgt wurden, vergessen. Während andere Opfergruppen bereits anerkannt waren, erfolgte die offizielle Anerkennung dieser heterogenen Gruppe erst 2020. Der von Frank Nonnenmacher herausgegebene Band „Die Nazis nannten sie ‚Asoziale‘ und ‚Berufsverbrecher‘. Verfolgungsgeschichten im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik“ will diese Erinnerungslücke schließen. Der Band verknüpfe kontextualisierende Analyse mit zwanzig persönlichen Verfolgungsgeschichten, von denen einige davon erstmals öffentlich erzählt werden. Besonders die Angehörigenperspektive gewähre laut Rezensent Sebastian Wenger tiefere Einblicke in die Kontinuität sozialrassistischer Ausgrenzung auch nach 1945. Die juristische und sozialhistorische Analyse von Julia Hörath zeige zudem, wie tief der Begriff „asozial“ in der deutschen Sozialgeschichte verwurzelt sei. Für Wenger ist der Band ein zentraler Beitrag zur Forschung und ein wichtiger Anstoß, eine bislang weitgehend vernachlässigte Opfergruppe endlich sichtbar zu machen.

2025-08-12

Ambivalenzen eines Heldensymbols – Martin Niemöller neu gelesen

Martin Niemöller gilt als Symbolfigur des protestantischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus, doch wie haltbar ist dieses Bild wirklich? Der Sammelband von Lukas Bormann und Michael Heymel „Martin Niemöller – Brüche und Neuanfänge. Beiträge zu seiner Biographie und internationalen Rezeption“ biete laut Rezensent Hendrik Niether eine vielperspektivische und kritische Annäherung an die umstrittene Persönlichkeit. Zwanzig Beiträge zeigen Niemöller als ambivalente Figur mit Widersprüchen und Unstimmigkeiten. Besonders hervorzuheben sei die kontroverse Gegenüberstellung unterschiedlicher Bewertungen. Michael Heymel deutet Niemöllers Entwicklung nach 1945 als Ausdruck eines Lernprozesses, hingegen charakterisiert Benjamin Ziemann diesen als einen fortbestehenden „habitualisierten Antisemiten“, dessen Lernbereitschaft er als „Legendenbildung“ bezeichnet. Der Band wolle dabei keine eindeutige Antwort geben, sondern Debatte ermöglichen und genau das sei seine Stärke. Auch die kulturwissenschaftliche Deutung Niemöllers als „postheroische“ Figur eröffne neue Horizonte für eine kritische Erinnerungskultur der Person Niemöllers. Der Sammelband lade dazu ein, Niemöllers Erbe und das der Bekennenden Kirche jenseits heroischer Narrative zu hinterfragen und als Herausforderung und Anstoß zur historischen Reflexion anzuregen.

2025-08-12

Die stille Gewalt in der Kirche - Wie spiritueller Missbrauch zerstört und warum wir endlich hinsehen müssen

Wenn seelsorgliche Begleitung nicht stärkt, sondern kontrolliert, kann oft unsichtbarer spiritueller Missbrauch entstehen. Die beiden Bände Selbstverlust und Gottentfremdung. Spiritueller Missbrauch an Frauen in der katholischen Kirche und Spirituellen Missbrauch verstehen. Wissenschaftliche Essays zu Selbstverlust und Gottentfremdung zeigen eindrucksvoll, wie real dieses Phänomen in kirchlichen Kontexten ist. Lucia Scherzberg hat die Bücher für theologie.geschichte rezensiert und hebt besonders die veröffentlichten Erfahrungsberichte betroffener Frauen im ersten von Barbara Haslbeck, Ute Leimgruber, Regina Nagel und Philippa Rath herausgegebenen Band hervor, deren Worte kaum zusammenzufassen seien. Sie berichten von Isolation, emotionaler Manipulation und spiritueller Kontrolle. Der zweite Band, herausgegeben von Ute Leimgruber und Barbara Haslbeck, ordnet die Erfahrungsberichte des ersten Bandes wissenschaftlich ein. Dies geschieht unter anderem mithilfe von Konzepten wie dem der „epistemische Unterdrückung“, dem Blick auf sektenähnliche Gemeinschaften oder der Abgrenzung eines sach- von einem personenbezogenen Missbrauchsbegriff. Die beiden Bücher zeigen, dass spiritueller Missbrauch kein Randphänomen, sondern strukturell möglich und oft systemisch gedeckt sei. Für Verantwortungstragende in Kirche oder Theologie stellen sie eine gewinnbringende Lektüre dar. Aber auch Betroffene und Angehörige fänden in den Bänden eine Hilfestellung zur Auf- und Verarbeitung von spirituellem Missbrauch.

2025-08-12

Zwischen Aufarbeitung und Entlastung: Uta Grundmans Blick auf das Erbe ihres Großvaters

Was kommt zu Tage, wenn die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus zur Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte wird? In ihrem Buch Antisemitismus und Ambivalenz. Walter Grundmann und die „Entjudung“ des Christentums setzt sich Uta Grundman mit dem Wirken ihres Großvaters auseinander, dem spiritus rector des Eisenacher „Instituts zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“. Rezensent Michael Weise erkennt die Originalität des psychoanalytischen Zugangs an, kritisiert jedoch die spekulative Argumentation, unbelegte Deutungen und die selektive Nutzung bestehender einschlägiger Forschungsliteratur. Besonders problematisch erscheint ihm die Darstellung Walter Grundmanns als Produkt eines fehlerhaften Systems, da bereits im Christentum selbst antisemitische und misogyne Tendenzen angelegt seien – eine Verschiebung, die zu einer apologetischen Entlastung und Leseart Walter Grundmanns nicht als handelnder Täter führen kann.

2025-08-12

Otto Dibelius neu gelesen: Zwischen kirchlicher Autorität und nationalkonservativer Engführung

Zwischen differenzierter Analyse und apologetischer Verklärung verläuft ein schmaler Grat – besonders bei einer kritischen Betrachtung bedürfenden Persönlichkeit wie Otto Dibelius. Der von Lukas Bormann und Manfred Gailus herausgegebene Sammelband Otto Dibelius. Neue Studien zu einer protestantischen Jahrhundertfigur bietet laut Rezensent Erik Zimmermann eine kritische und zugleich ausgewogene Neubewertung dieser prägenden Figur des deutschen Protestantismus. Die 16 Beiträge aus Theologie, Geschichts- und Kulturwissenschaft beleuchten nicht nur Dibelius’ kirchliches Wirken, sondern auch seine autoritären, nationalkonservativen und antisemitischen Haltungen. Zimmermann hebt die wissenschaftliche Sorgfalt und Vielfalt der Perspektiven hervor – und sieht in dem Band einen wichtigen Beitrag zur kritischen Aufarbeitung protestantischer Zeitgeschichte.   

2025-06-12

Vererbte Wunden - Warum das Gespräch über Schuld und Scham aktueller ist denn je

 Angesichts wachsender gesellschaftlicher Spannungen und zunehmender antisemitischer Tendenzen gewinnt die Auseinandersetzung mit historischer Schuld und ihrer Wirkung auf nachfolgende Generationen neue Dringlichkeit. Das Buch Das transgenerationelle Erbe von Schuld und Scham von Peter Pogany-Wnendt, Elke Horn, Beata Hammerich, Erda Siebert und Johannes Pfäfflin bietet eine Analyse darüber, wie kollektive Traumata – insbesondere im Kontext des Holocaust – über Generationen hinweg weiterwirken. Rezensentin Anne-Katharina Neddens betont, dass das Buch eindrucksvoll zeige, wie emotionale Vermächtnisse in Familien und Gesellschaften wirken – und wie durch Dialog, Empathie und Anerkennung ein Weg zur individuellen und auch gesellschaftlich-politischen Heilung möglich wird. Ein starkes Plädoyer für eine reflektierte, zukunftsgerichtete Erinnerungskultur. 

2025-06-11

Das Losverfahren in der Kirche – Vergangenheit, Vorbehalte und Perspektiven

 Das Losverfahren erlebt eine Renaissance – sowohl in der Politik als auch in der katholischen Kirche. Während Bürgerräte als Instrument direkter Demokratie diskutiert werden, gibt es erste kirchliche Experimente mit gelosten Gremien. Doch die Kirche hat eine lange, oft kritische Geschichte mit dem Losverfahren. Bei den ersten Jesus-Anhängern kam das Los etwa nach Darstellung in der Apostelgeschichte (Apg 1,15–26) bei der Wahl des Apostels Matthias zum Einsatz, setzte sich im Mittelalter eine ablehnende Haltung durch. Thomas von Aquin sah die Wahl kirchlicher Ämter als Werk des Heiligen Geistes, nicht des Zufalls. 1225 untersagte Papst Honorius III. das Verfahren endgültig. Dennoch sehen Hoff und Tasche Potenzial: Geloste Gremien könnten Beteiligung stärken und Machtkonzentrationen aufbrechen. Beispiele aus Paderborn und Köln zeigen, dass sie kirchliche Entscheidungen legitimieren könnten – vorausgesetzt, das Los bleibt methodisches Instrument und wird nicht als göttliche Fügung verstanden. 

2025-03-19

Eine verlorene Verbindung

 Das Christentum hat sich seit seinen Anfängen bewusst vom Judentum abgegrenzt – eine Entwicklung, die nicht selten in offenen Antijudaismus mündete. In Jesus, Josefs Sohn. Der Messias als Tor des Bundes beleuchtet Wolfgang Treitler mit beispielloser Schärfe diese Distanzierung und ihre weitreichenden Folgen. Er zeigt, wie das Christentum eine Theologie entwickelte, die das Judentum ausgrenzte und entwertete, und wie die Beschlüsse des Konzils von Nizäa diesen Bruch zementierten. Paul Petzel hat Treitlers Buch für theologie.geschichte rezensiert und schreibt ihm weit mehr als eine historische Analyse zu: Es sei eine radikale Selbstbefragung des Christentums. Treitler macht deutlich, dass kirchliche Dogmatik über Jahrhunderte hinweg reale Gewalt legitimierte und damit auch die ideologischen Voraussetzungen für die Schoa mitprägte. Doch das Werk bleibt nicht bei der Kritik stehen: Es entwirft eine alternative Christologie, die Jesus als jüdischen Messias anerkennt und die jüdischen Wurzeln des Christentums wertschätzt – eine theologische Umkehr, die längst überfällig ist. 

2025-03-12

Zwischen Warnung und Zuversicht

  Der russische Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 markiert eine historische Zäsur und leitet ein neues Zeitalter in Europa ein. Inmitten dieser Umbrüche widmet sich der Osteuropahistoriker Leonid Luks in "Warum scheitern russische Demokratien? Vergleichende Beobachtungen und Essays" der Analyse vergangener Demokratisierungsversuche in Russland. Trotz der düsteren Diagnose, die der Titel vermuten lässt, hält Luks an der Hoffnung auf eine demokratische Zukunft fest. Er zeigt, dass Russland nicht nur eine autoritäre Tradition besitzt, sondern auch immer wieder unterdrückte demokratische Impulse hervorbrachte. Anna Schor-Tschudnowskaja hat für "theologie.geschichte" Luks’ Buch rezensiert und betont, dass das Werk nicht nur eine historische Untersuchung, sondern auch eine politische Warnung an Demokratien ist – und zugleich ein Plädoyer dafür, Russlands Geschichte im gesamteuropäischen Kontext zu begreifen.  

2025-02-25

Widerstands-Biographien und die Gefahr der Emotionalisierung

    In aktuellen Veröffentlichungen zu Personen des Widerstands gegen den Nationalsozialismus kann folgendes Problem beobachtet werden: Einerseits macht die emotionale und nahbare Darstellung diese Menschen unmittelbar zugänglich, andererseits werden quellenmäßig nicht belegte oder belegbare Aussagen getroffen und damit häufig die Grenze zur Fiktion oder zum historischen Roman überschritten. Dies gilt insbesondere dann, wenn den Personen gewissermaßen in den Kopf oder ins Herz geschaut wird. Dadurch entsteht der Eindruck, dass es ohne zureichende Quellen möglich sei, Inneneinsichten in das Denken und Fühlen der untersuchten Charaktere zu geben. Lesen Sie dazu drei kürzlich in theologie.geschichte erschienene Rezensionen von Publikationen zu Sophie Scholl, Paul Schneider und Alfred Delp    

2024-10-01

Der 1. FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder

  Dass SportlerInnen aufgrund von Diversitätskriterien diskriminiert werden, ist eine nach wie vor nicht überwundene Erfahrung. Im Nationalsozialismus führte dies für Juden zum Ausschluss aus ihren Sportvereinen, was letztlich nur ein erster Schritt vor weiteren Verfolgungen bis hin zur Ermordung war. In diesem noch weitgehend unbearbeiteten Feld hat Bernd Siegler in seiner Studie „Heulen mit den Wölfen. Der 1. FC Nürnberg und der Ausschluss seiner jüdischen Mitglieder“ Biografien von aus dem ‚Glubb‘ ausgeschlossenen Jüdinnen und Juden nachgezeichnet, um ihnen posthum ihren Platz im Verein als integralen Bestandteil seiner Geschichte zurückzugeben. Lesen Sie dazu die Rezension von Clemens Weißenberger.   

2024-08-02

Notwendige Quellenkritik der biographischen Darstellungen Willi Grafs

 Die einflussreichen Zeitzeugenberichte des Klassenkamerads von Willi Graf und späteren Niederaltorfer Pfarrers Helmut Maria Gressung, die eine frühe Gegnerschaft Willi Grafs gegen den Nationalsozialismus belegen sollen, halten einer Quellenkritik nicht stand. Dies zeigt August H. Leugers-Scherzberg in seiner Miszelle Quellenkritik: Legendenbildung und Quellenmanipulation in biografischen Darstellungen Willi Grafs durch einen sorgfältigen Vergleich der Berichte Gressungs mit zeitgenössischen Quellen. Zudem zeigt er, dass Willi Grafs Schwester Anneliese in den ersten Veröffentlichungen zum Leben ihres Bruders Quellen systematisch verfälscht hat. Belegt wird dies in einem umfangreichen Anhang, in dem die veröffentlichten Quellen den Originalquellen gegenübergestellt werden. 

2024-02-19

Die Shoah im Comic

  Bedeutet die Darstellung der Shoah im Comic einen unangemessenen Umgang oder bietet sie sogar Chancen zur Förderung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins und von Medienkompetenz? Lesen Sie dazu den Essay „Comics und Erinnerungskultur. Zur Thematisierung der Shoah in der sequenziellen Kunst“ von Véronique Sina, der sich mit verschiedenen Holocaust-Comics und der um sie geführten Debatte auseinandersetzt.   

2023-10-24

White Christian Nationalism

 LGBTQ-feindliche, antifeministische und rassistische Standpunkte sowie ein überhöhtes Verständnis von Nation und Männlichkeit sind nicht nur Bestandteile eines religiösen, insbesondere auch evangelikalen Fundamentalismus, sondern auch eines politisch wirksamen „weißen christlichen Nationalismus“. Mit den Entwicklungen dieses Phänomens in Amerika und dazu erschienenen Publikationen setzt sich Björn Krondorfer in seiner Miszelle „White christian nationalism. A review essay“ auseinander.   

2023-08-30

Katholisch und Queer

  Eine Zusammenstellung teils sehr persönlicher Glaubens- und Lebenszeugnisse sowie Diskriminierungserfahrungen von LGBTQI-Personen sowie ergänzende Perspektiven aus deren Umfeld, aus der Seelsorge, von Bischöfen und aus der Theologie bietet das von Mirjam Gräve, Hendrik Johannemann und Mara Klein herausgegebene Buch „Katholisch und Queer. Eine Einladung zum Hinsehen, Verstehen und Handeln“. Kerstin Söderblom hat den Sammelband für theologie.geschichte rezensiert und empfiehlt nachdrücklich dessen Lektüre.   

2023-08-09

Dorothy Day, eine amerikanische Sozial- und Friedensaktivistin

  Die radikale amerikanische Sozial- und Friedensaktivistin Dorothy Day kann als vom Vergessenwerden bedrohte Kontrastperson zum heute eher kulturkämpferisch-konservativen US-Katholizismus angesehen werden. Day ist beispielgebend für die Unverzichtbarkeit sozialpolitischer und diskriminierungskritischer Positionierungen für das Christentum. Mit ihr beschäftigt sich Monika Bauer in ihrem Buch „Dorothy Day (1897-1980). Journalistin, Sozialaktivistin, Mystikerin“. Rainer Bucher hat das Werk für theologie.geschichte rezensiert.   

2023-07-19

Willi Graf - eine Heldengestalt?

Ist eine Darstellung Willi Grafs als Heldenfigur historisch haltbar und überhaupt sinnvoll? Robert M. Zoske kommt in seinem ‚Final Paper‘ „Willi Graf – Die letzten Monate“, in dem er Geschehnisse und Verteidigungsversuche vor der Vollstreckung des Todesurteils nachzeichnet, zu dem Schluss, dass eine Betrachtung Grafs als „Mensch mit Stärken, aber auch mit Schwächen“ ihn und seinen Widerstand gegen den Nationalsozialismus nahbarer werden lassen.            

2023-07-12

Die Wahrheitsmacher

  Über Jahrzehnte wurde die deutsche Katholizismusforschung von der renommierten Kommission für Zeitgeschichte so gesteuert und manipuliert, dass ein positives, apologetisches Bild der Katholischen Kirche, insbesondere auch bezüglich ihrer Position im Nationalsozialismus, entstand und etabliert wurde. Zu diesem Ergebnis gelangen Antonia Leugers, August H. Leugers-Scherzberg und Lucia Scherzberg nach ihrer Auswertung von Quellen, aus der das Werk „Die Wahrheitsmacher. Ludwig Volk und die Kommission für Zeitgeschichte 1962-1984“ entstanden ist. Lesen Sie dazu die Rezension von Bettina Reichmann.  

2023-01-27

Willi Graf im Lichte seines Nachlasses

  Das Bild Willi Grafs als von Anfang an oppositioneller, religiös motivierter Widerstandskämp-fers kann vor dem Hintergrund der Quellenlage als Konstrukt ausgewiesen werden. Welche Bedeutung für diese Rezeption kommen den bisherigen Quelleneditionen zu Willi Graf zu? Sind diese historisch zuverlässig oder wurden verzerrende Auslassungen getätigt? Antworten aufgrund der Auswertung der Nachlässe Willi Grafs und dessen Schwester Anneliese Knoop-Grafs bietet August H. Leugers-Scherzberg in seinem final paper: „Willi Graf (1918-1943) und sein Entschluss zum aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus im Lichte seines Nachlasses“   

2023-01-02

Flüchtlingsaufnahme als Identitätsfrage

 Wie agierte der Protestantismus in den Debatten um die Gewährung von Asyl und in der Kategorisierung von Fluchtmotiven zwischen 1949 und 1993 in der Bundesrepublik? Welche Argumente wurden für den Einsatz für Flüchtlinge vorgebracht? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt der Dissertationsschrift Jonathan Spanos‘ ‚Flüchtlingsaufnahme als Identitätsfrage. Der Protestantismus in den Debatten um die Gewährung von Asyl in der Bundesrepublik (1949-1993)‘. Lesen Sie die Rezension des Buches durch Felix Teuchert.   

2022-11-30

Die schuldigen Hirten

  Sexueller Missbrauch stellt ein strukturelles und internationales, durch Klerikalismus und eine problematische Sexualmoral begünstigtes Problem des Katholischen dar. Aufarbeitungsarbeit wurde systematisch verhindert und Vertuschung betrieben. Das Interesse galt nicht den Betroffenen, sondern der Wiederherstellung der Täter und der Aufrechterhaltung des Geltungs- und Gehorsamsanspruch des kirchlichen Lehramts. Mit dieser Problematik beschäftigt sich Thomas Großbölting in seinem Buch ‚Die schuldigen Hirten. Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche‘. Lesen Sie Lucia Scherzbergs Rezension zum Werk.   

2022-11-27

Rassenwahn und Welterlösung

  Mit seinem antiliberalen Denken, seinem Hass auf Juden und seinem Rassedenken gilt Houston Stewart Chamberlain als prominenter Kriegspropagandist im ersten Weltkrieg und als Vorläufer des Nationalsozialismus. Sven Fritz untersucht in seiner Biographie ‚Houston Stewart Chamberlain. Rassenwahn und Welterlösung‘ Wirken, Publikationen und Entwicklung dieses Vertreters eines radikalen Nationalismus. Jens Fleming hat die Studie in ‚theologie.geschichte‘ rezensiert.   

2022-11-24

Weltjugendtage und deutsche Katholikentage – populärreligiöse Events?

  Können Katholikentage und Weltjugendtage als religiöse Events und Formen populärer Religion gelten? Vermitteln diese scheinbar modernen Formen auch inhaltlich eine offenere Theologie als traditionelle kirchliche Formate oder erhalten klerikalistische und ekklesiozentrische Vorstellungen lediglich ein ansprechendes Erscheinungsbild? Antworten auf diese Fragen geben Christina Mayer und Lucia Scherzberg in ihrem Aufsatz ‚Weltjugendtage und deutsche Katholikentage – populärreligiöse Events?‘.   

2022-11-22

Willi Graf – Die letzten Monate vor der Hinrichtung

 Mit der Verteidigungsstrategie zur Abwendung des gegen Willi Graf ergangenen Todesurteils beschäftigt sich Robert Zoske in seinem Diskussionspapier ‚Willi Graf – Die letzten Monate‘. Anhand neu ausgewerteter Quellen stellt er die Rettungsversuche für Graf dar, in denen die NS-Konformität Grafs und seiner Familie sowohl von Kameraden und Vorgesetzten aus seiner Militärzeit als auch von prominenten saarländischen NS-Funktionären bescheinigt wurde. 

2022-09-22

Europäische Identität. Die Erneuerung Europas aus dem Geist des Christentums

 Kann das Christentum Grundlage europäischer Identität sein? Wolfgang Sander sieht es als sehr geeignet dazu an, wie er in seinem Buch Europäische Identität. Die Erneuerung Europas aus dem Geist des Christentums ausführt. Dabei spart er auch die problematischen Aspekte dieser Geschichte nicht aus. Michael Hüttenhoff hat das Werk für theologie.geschichte rezensiert. 

2022-07-19

Geschichte in den Social Media. Nationalsozialismus und Holocaust auf Facebook, Twitter, Pinterest und Instagram

 Wie werden Nationalsozialismus und Holocaust in den sozialen Medien dargestellt und rezipiert? Kann so eine neue kritische Erinnerungskultur entstehen? Diese Fragen sind Gegenstand von Hannes Burkhardts Buch Geschichte in den Social Media. Nationalsozialismus und Holocaust in Erinnerungskulturen auf Facebook, Twitter, Pinterest und Instagram, das von Clemens Zimmermann rezensiert wurde. 

2022-07-08

Willi Graf im Widerstand der Weißen Rose

 Was führte zur Bereitschaft Willi Grafs, sich am Widerstand der Weißen Rose zu beteiligen? Weniger ist davon auszugehen, dass Graf durch seine familiäre und kirchliche Prägung geleitet war, als dass Erlebnisse im Militär, Studium, die Begegnung mit den Akteuren der Weißen Rose Scholl und Schmorell sowie letztlich die Einweihung in ihre Aktivitäten durch diese beiden einen Entwicklungsprozess in Graf prägten. Näheres führt Detlef Bald in seinem Beitrag ‚Willi Graf im Widerstand der weißen Rose‘ aus, welcher ein Gutachten zu August H. Leugers-Scherzbergs Diskussionspapier ‚Willi Graf (1918-1943) und sein Entschluss zum aktiven Widerstand gegen den Nationalsozialismus‘ ist.

2022-07-05

Missbrauch und Beichte: Erfahrungen und Perspektiven aus Praxis und Wissenschaft

 Im Verlaufe des Missbrauchsskandals wurde eine Reihe an Missbrauchsfällen im Zusammenhang mit der Beichte bekannt. Mit dieser Problematik befasst sich auch der von Katharina Karl und Harald Weber herausgegebene Sammelband Missbrauch und Beichte: Erfahrungen und Perspektiven aus Praxis und Wissenschaft, welcher Erfahrungsberichte und theologische Einordnungen enthält. Ute Leimgruber rezensiert das Werk in theologie.geschichte. 

2022-07-01

Nicht Glaube, sondern politische Einsicht als Ursache für den Widerstand bei Willi Graf

 Was hat den Saarbrücker Studenten Willi Graf letztlich zum antinazistischen Widerstandskämpfer gemacht? Die Erkenntnis, so das Ergebnis der Forschungen von August H. Leugers-Scherzberg, dass er die Antwort auf seine drängenden Fragen nicht in Glaube und Theologie, sondern in politischer und ökonomischer Analyse der Gesamtsituation, zu der ihn Hans Scholl anregte, fand. Das drängte ihn unmittelbar zum politischen Handeln. 

2022-03-03

Sport im KZ

 Kann Sport im KZ tatsächlich als Sport im eigentlichen Sinne gewertet werden? Oder handelt es sich bloß um eine versteckte Form der Machtdemonstration, Gewaltausübung und Tötungslust? Veronika Springmann filtert in ihrem Werk „Gunst und Gewalt. Sport in nationalsozialistischen Konzentrationslagern“ die verschiedenen Dimensionen heraus, die dem Sportverständnis vor und während dem Zweiten Weltkrieg innewohnten. 

2021-12-08

Die Wahrheitsmacher

 Die Katholizismusforschung in der Bundesrepublik Deutschland wurde seit Beginn der 1960er Jahre von der Kommission für Zeitgeschichte dominiert. Ein neues Beiheft von Antonia Leugers, August H. Leugers-Scherzberg und Lucia Scherzberg gibt auf der Grundlage des Nachlasses einer Schlüsselfigur der Kommission für Zeitgeschichte erstmals Einblick in die interne Kommunikation und wissenschaftspolitische Strategie dieses katholischen Historikernetzwerks. 

2021-11-27

Phänomen Antisemitismus

Das Phänomen (Neuer) Antisemitismus ist hochkomplex und beinhaltet vielschichtige Konfliktdynamiken. Die 2. Auflage des Sammelbands „Neuer Antisemitismus? Fortsetzung einer globalen Debatte“ und das Werk „Antisemitismus seit 9/11. Ereignisse, Debatten, Kontroversen“ beleuchten die dichotomen Lager der Antisemitismusforschung und -kritik sowie die vielschichtigen und zum Teil auch neuen antisemitischen Tendenzen, die weltweit verbreitet sind. 

2021-11-10

Christlicher Nationalismus

 Wie gefährlich ist es, wenn ein kulturelles Phänomen zu einem politischen Instrument wird? Björn Krondorfer, Direktor des Martin-Springer-Instituts an der Northern Arizona University, erzählt in seiner Miszelle von einer Online-Konferenz zum Thema „Christlicher Nationalismus“ mit internationalen Expertinnen, die den Blick auf Amerika, Deutschland, Polen und Russland warfen. 

2021-09-17

After Brexit

 Der Austritt Großbritanniens hatte nicht nur für die Einheit Europas, sondern auch die Einheit der Kirchen innerhalb Europas Folgen. Der Sammelband „After Brexit? European Unity and the Unity of European Churches“ geht der Frage nach, wie europäische Kirchen den gesellschaftlichen und ökumenischen Herausforderungen nach dem Brexit am besten begegnen können. 

2021-09-08

Mein Gott* diskriminiert nicht – auf Instagram

 Die MHG-Studie „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ hat im Jahre 2018 vieles ins Rollen gebracht. In der katholischen Kirche muss sich etwas verändern und auch junger Glaube will gehört werden. Die Instagram-Accounts @jung_synodal und @meingottdiskriminiertnicht nutzen die Medien ihrer Zeit, um junge Menschen auf dem Synodalen Weg zu erreichen. 

2021-06-21

Kreuz und Lynchbaum

Gregor Taxacher hat das letzte Buch des 2011 verstorbenen afromarikanischen Befreiungstheologen James Cone besprochen. Angesichts der Black Lives Matter-Bewegung - ein Buch von beklemmender Aktualität und voller Impulse für eine nicht banale Rede von Kreuz und Erlösung!  

2020-09-16