„Missbrauch und das Potential dazu sind im Katholischen und seiner jetzigen Sozialgestalt tief verankert“ – Zu dieser Erkenntnis gelangt Thomas Großbölting in seinem Buch ‚Die schuldigen Hirten. Geschichte des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche‘, in dem er mithilfe eines historischen Ansatzes Ursachen und begünstigende Faktoren untersucht. Neben einem internationalen Überblick über Missbrauchsskandale sowie die Bereitschaft zu deren Aufarbeitung in verschiedenen Ländern zeigt Großbölting auch Besonderheiten kirchlichen Missbrauchs auf. Dazu zählen das hohe Sozialprestige der Täter, die Einbettung von Taten in religiöse Rituale sowie die Begünstigungsfaktoren der klerikalistischen Überhöhung von Priestern und der problematischen Sexualmoral. Auch widmet er sich der Intransparenz, mit der systematisch Aufklärungsarbeit verhindert wurde, während das Interesse vor allem den in ihrer priesterlichen Existenz wiederherzustellenden, als eigentliche Beschädigte angesehenen Tätern galt, den Betroffenen aber kaum Aufmerksamkeit zu Teil wurde. Zudem wird die Frage nach der begünstigenden Rolle des Anspruchs des katholischen Lehramts auf absolute Autorität und Gehorsam, wie er auch in der Enzyklika Humanae Vitae zum Ausdruck kommt, für die Motivation zur Vertuschung diesen Anspruch delegitimierender Missbrauchstaten gestellt. Lucia Scherzberg hat das Werk in ‚theologie.geschichte‘ rezensiert und erkennt „einen informativen und schonungslosen Überblick über die Situation in der katholischen Kirche, vor allem in Deutschland“: https://theologie-geschichte.de/ojs2/index.php/tg/article/view/1267/1633 |