theologie.geschichte - Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte

Brigitte Zuber

Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher (AKD) in München und Kardinal Faulhaber [1]


Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher (AKD) war eine Organisation von kurzer Lebensdauer. Daraus sollte jedoch nicht auf eine unbedeutende Rolle geschlossen werden, wie das in weiten Teilen der kirchenhistorischen Literatur vermittelt wird. Gerade die spezifische Funktion dieser Organisation in den zwölf Monaten ihrer Existenz betrifft zwei wesentliche Prozesse bei der Stabilisierung des NS-Regimes 1933 und 1934: die außenpolitische Isolierung zu überwinden und die innenpolitisch noch prekäre Stellung zu festigen. Im September 1934 konnte sich die AKD wieder auflösen, sie hatte – nach den Worten der Reichsparteileitung der NSDAP [2] – „in dem ihr zugewiesenen Bereiche wirksam zu einer Versöhnung beigetragen“ und wurde nun in deren Abteilung für kulturellen Frieden übergeführt.

Die AKD hatte zwei institutionelle Vorläufer, den Bund Kreuz und Adler, initiiert von Vizekanzler Franz von Papen im April 1933, und – was meist übersehen wird – die Katholische Vereinigung für nationale Politik. Diese Organisation hieß in Süddeutschland Katholische N.S.Vereinigung und formulierte kurz und bündig: „Das Programm ist das des Nationalsozialismus. Hauptziele: 1. Erfassung des kath. Volksteils für den Volksgedanken Adolf Hitlers, Einigung aller kath. Deutschen in diesem Gedanken, Nutzbarmachung der im deutschen Katholizismus ruhenden Kräfte für das Riesenaufbauwerk“ usw. [3] Kreuz und Adler formulierte dasselbe Ziel mit nur geringfügig anderen Worten. [4] Im Oktober 1933 lösten sich die beiden Organisationen zugunsten der Mitgliedschaft in der soeben gegründeten AKD auf. Die Namensgebung „Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“ stellte dabei keine Neuerfindung dar: Bereits im Sommer 1931 hatte sich unter diesem Namen ein „extrem reaktionärer Kreis des politischen Katholizismus“ zusammengefunden, dessen „Arbeitsausschuß sich aus Edgar von Schmidt-Pauli vom Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten (Stahlhelm), Carl Freiherr von Schorlemer von der NSDAP und Georg Lossau von der Katholischen Vereinigung für nationale Politik zusammensetzte“. [5]
Der Spannungsbogen von Kreuz und Adler zum Hakenkreuz-Emblem der AKD stellt symbolisch die Richtung der Entwicklung im Jahr 1933 dar.

Führerbriefe             Mitteilungsblatt

Die Literatur zur Katholizismusforschung bezeichnet die Mitglieder der AKD zumeist als „Brückenbauer“ zwischen Kirche und NS-Staat. Der Begriff wurde von Emil Ritter übernommen, der im März 1933 unter der Schirmherrschaft von Vizekanzler Papen den Bund Kreuz und Adler gründete und dessen Grundgedanken so formulierte: „Antiliberaler Katholizismus: Als Brücke zur nationalsozialistischen Weltanschauung“. [6] In der unten näher beschriebenen Zirkus-Krone-Veranstaltung in München beschworen die NS-Funktionäre Hans Dauser und Eugen Quadt: „Brücken wollen wir schlagen“. [7] Sie verbanden damit die Drohung, dass sich keiner „über die Folgen“ wundern müsse, „wenn er das Vaterland in unserer heutigen Not und Bedrohung im Stiche läßt“. [8]

Die bis heute übliche historiografische Übernahme des Brückenbauer-Begriffs, den der nationalsozialistische Stoßtrupp der AKD demagogisch instrumentalisierte, erweist sich als problematisch und dient fast durchgängig einer Diminuierung, Verharmlosung und Relativierung der AKD. Charakteristisch dafür ist z.B. die Publikation Heinz Hürtens: Die Deutschen Katholiken 1918-1945. Darin urteilte der Autor über Kreuz und Adler: „Die Mitgliederzahl blieb gering, von einem realen Einfluss auf den Ablauf der Dinge findet sich keine Spur.“ [9] Die AKD als Organisation führte Hürten im Kapitel „Brückenbau?“ namentlich nicht auf; so musste die AKD auch nicht als die personelle, organisatorische und politische Fortsetzung von Kreuz und Adler analysiert werden. Stattdessen unterteilte Hürten verschiedene „Brückenbauversuche“, wobei er auch hier zu Schlüssen kam wie: „Das Gebäude der Reichstheologie fiel bald in sich zusammen und hinterließ kaum eine Spur.“ [11] Auf diese Weise kann freilich die politische Massenwirksamkeit der AKD in der für die NSDAP entscheidenden Situation im Herbst 1933, messbar in Zahlen der Volksabstimmung und „Wahl“, verstärkt durch höchste Würdenträger wie Kardinal Faulhaber als Vertreter des Episkopats, im Dunkeln bleiben.
Gerne wird in der kirchenhistorischen Literatur zur AKD betont, dass „diese ‚Brückenbauer’ eine kleine Minderheit sowohl im Klerus als auch in der katholischen Laienschaft“ blieben. [12] Dabei wird stillschweigend darüber hinweggegangen, dass die AKD gar keine Massenorganisation sein sollte und der Gründer Franz von Papen es ausdrücklich „nicht für wünschenswert [hielt], daß Geistliche oder Ordensleute die aktive Mitgliedschaft der Arbeitsgemeinschaft erwerben“. [13] Das Mitteilungsblatt der AKD betonte unmissverständlich: „Es kann nie deutlich genug hervorgehoben werden, daß die Arbeitsgemeinschaft nicht irgendeine einseitige Interessenvertretung kirchlicher oder staatlicher Belange darstellt, die durch eine Massenorganisation wirksam und stark gemacht werden soll, sondern es handelt sich hier um eine Art Amt, um ein Gremium von Mitarbeitern, eben um eine tatsächliche Arbeitsgemeinschaft, die von staatlicher politischer Seite eingesetzt wurde, um für ein organisches Zusammenwirken von Kirche und Staat zu sorgen. [...] Mitgliederversammlungen mit ‚Diskussionen’ gehören nicht in den Rahmen unserer Arbeit. [...] Den Arbeitsausschüssen obliegt es, für das gesamte, weite Feld, das sie zu erfassen haben, mit allen aus dem liberalen Zeitalter übernommenen Ideen und Gewohnheiten endgültig zu brechen und gerade in das Verhältnis von Kirche und Staat den Geist des Dritten Reiches zu tragen, der wieder zu jener Ordnung der Rechte und Pflichten führen soll, ‚die wir [...] als die von Gott eingesetzte erkennen“. [14]

Die Aufgabenerfüllung der AKD wird im Folgenden vor allem an ihrer öffentlich-propagandistischen Tätigkeit in München dargestellt, aber auch an einigen mehr im Stillen erfolgten Gleichschaltungsschritten der katholischen Presse und Vereine. Damit existiert eine weitere Regionalstudie zur AKD, nachdem die von Remigius Bäumer 1984 veröffentlichte Studie das Wirken der AKD im Erzbistum Freiburg behandelte und Herbert Gottwald in seinen lexikalischen Schriften auch viele schlesische Quellen auswertete. Während in Freiburg Erzbischof Gröber als offener Befürworter und Förderer der AKD spektakulär auftrat, gestaltete sich die Beziehung Kardinal Faulhabers zur AKD mehr hinter den Kulissen. Die kürzliche Freigabe der Tagebücher Faulhabers im Erzbischöflichen Archiv München bot zusammen mit den ebenfalls in Gabelsberger Stenografie geschriebenen ergänzenden Notizblättern Faulhabers eine zwar schwer erschließbare, dafür umso ergiebigere neue Quellengrundlage, die in der vorliegenden Studie genützt wurde.


Die AKD und ihr öffentliches Auftreten in München

Am 3. Oktober 1933 hatte die Reichsparteileitung der NSDAP Gründung und Ziele der Arbeitsgemeinschaft bekanntgegeben:
„1. in dem katholischen Volksteil das deutsche Nationalbewußtsein zu stärken, eine ehrliche, rückhaltlose Mitarbeit am Nationalsozialismus zu vertiefen und zu vermehren, die Reihen aktiver Kämpfer zu vergrößern;
2. im besonderen für ein klares Verhältnis zwischen Kirche, Staat und NSDAP bis in die letzten Instanzen zu sorgen, [...] und alle Störungsversuche im Keime zu verhindern.
Auf diese Weise soll trotz aller konfessioneller Grenzen die völkische Einheit vertieft und ausgebaut werden und sollen die katholischen Werte restlos dem Neubau des Reiches fruchtbar gemacht werden.
Die Arbeitsgemeinschaft ist somit keine Massenorganisation [...]. Die Reichsleitung besteht ausschließlich aus erprobten Kämpfern, den Parteigenossen: Staatssekretär Hans Dauser, München; Major a.D. Hermann von Detten, Berlin, und Regierungspräsident Rudolf Zur Bonsen, Köln. Die oberste Leitung hat Vizekanzler von Papen übernommen, zum Reichsgeschäftsführer wurde Dr. Graf Thun, Berlin, bestellt.“ [15]

Dieser Graf Thun formulierte in der Zeitung Germania am 6.10.1933, warum man gerade jetzt die AKD installierte: Sie „wurde in den Tagen gegründet, da auf Wunsch des Führers für das ganze Deutsche Reich eine neue große Welle der Werbung und der Erziehung für den nationalsozialistischen Gedanken beginnen soll. Ein Feldzug muß es sein, und die letzten Reste geheimer Stützpunkte gegnerischen Geistes oder lauernder Zurückhaltung müssen nun fallen.“ [16] Der Begriff Feldzug und die militärisch-aggressive Sprache stehen in hartem Gegensatz zur fast harmlosen Bezeichnung „Brückenbauer“, unter denen die Aktivisten der AKD in der katholisch-theologischen Fachliteratur verortet sind.

Bayerischer Kurier


„Die Katholiken Münchens stehen zu Hitler“, so informierte der Bayerische Kurier [17], eine Zeitung des katholischen Pressvereins, über die Großveranstaltung am 7. November 1933 im Zirkus-Krone-Bau, mit der die AKD „zum ersten Mal im ganzen Reich in die Öffentlichkeit trat“. [18] Hauptredner war Eugen Quadt [19], der im Juli von der Bayerischen Volkspartei zur NSDAP gewechselt war. [20]. Er erläuterte: „Schneller als die Gründer dieser Arbeitsgemeinschaft es damals erwarten konnten, bietet sich nun anläßlich der Volksabstimmung und Reichstagswahl am 12. November für sie eine gewaltige aktuelle Aufgabe, um im Sinne des Führers Adolf Hitler, [...] im Sinne der Gründer der Arbeitsgemeinschaft und nicht zuletzt im Sinne mehrfacher Verlautbarungen unserer deutschen Bischöfe [...] aufklärend zu den Katholiken Deutschlands zu sprechen.“
Die 3000 Teilnehmer wurden von Eugen Quadt und dem zweiten Redner, dem Leiter der Versammlung Hans Dauser, auf die Volks- und Schicksalsgemeinschafts-Ideologie eingeschworen. Noch nicht überzeugte Katholiken sollten zu einem Bekenntnis für den NS-Staat gewonnen werden. Zu diesem Zweck zitierte Quadt in aller Breite die seit dem 23. März des Jahres erfolgten bischöflichen Aufforderungen an die Katholiken zur „Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit“ und zur lebendigen Mitarbeit für die Erreichung der „Ziele, die die neue Staatsautorität für die Freiheit unseres Volkes erstrebt“. [21] Stürmischen Beifall bekam er, als er die Frage des Gehorsams an die nationalistische Kriegsbegeisterung des August 1914 koppelte, als es „für jeden Deutschen selbstverständlich war, für das Vaterland die Waffen aufzunehmen. Dem Führer antworte er, daß wir gewohnt sind, als Katholiken Gehorsam zu üben [...].“ [22] In Wichs und mit ihren Fahnen marschierten unter den Klängen des Badonviller-Marsches, gespielt von der SA-Kapelle Freimann mit Dirigent Wutz, sämtliche katholische Studentenkorporationen durch ein SS-Spalier in den Zirkus ein. Als „Symbol der Einheit der Stände und der engen Verbundenheit von Akademiker und Arbeiter“ wehten die Fahnen der NS-Betriebsorganiationen.

Pünktlich zum 12. November 1933 druckte der offizielle Münchener Kirchenanzeiger den Aufruf der AKD ab – ein Politikum. [23]

Kath. Kirchenzeitung

Kath. Kirchenzeitung Text1

Kath. Kirchenzeitung Text 2


Der bayerische Episkopat rief zur Volksabstimmung mit den Worten auf: „Die Katholiken bekennen damit aufs neue ihre Treue zu Volk und Vaterland und ihr Einverständnis mit den weitschauenden und kraftvollen Bemühungen des Führers, dem deutschen Volk die Schrecken eines Krieges und die Greuel des Bolschewismus zu ersparen, die öffentliche Ordnung zu sichern und den Arbeitslosen Arbeit zu beschaffen.“ [24] Dieses bischöfliche Bekenntnis ging weit über den im „Stimmzettel“ verlangten Text hinaus:

Wahlzettel


Im Gegensatz aber zum Aufruf der AKD betonten die Bischöfe: „Was dagegen die Abstimmung zur Reichstagswahl [...] betrifft handelt es sich dabei um eine parteipolitische Frage, die wir mit Rücksicht auf [... das] Reichskonkordat[s] dem freien Ermessen und Gewissen der Wahlberechtigten überlassen.“ [25] Nun war diese parteipolitische Enthaltsamkeit des Episkopats angesichts seines politisch eindeutigen und feierlichen Bekenntnisses nicht bloß wirkungslos: sie unterstützte die Pseudolegalität der NSDAP.
Der Völkische Beobachter beschwor noch am letzten Tag der Abstimmung: „Wahlgang im Kloster: Alles muß sich die Hand reichen zu gemeinsamem Tun“, und der Nazi-Schriftsteller und spätere Präsident der NS-Reichsschrifttumskammer Hanns Johst kommentierte die Wahlfreude der Katholiken: „Statt Wahlgang – Wallfahrt!“ Das Ergebnis wertete das Blatt mit Schlagzeilen wie z.B.: „40 Millionen Nationalsozialisten [...] Endlich ein geeintes Volk“.

Völk. Beobachter 1 Völk. Beobachter 2 Völk. Beobachter 3

Völkischer Beobachter: links und Mitte 12.10.1933, rechts 13.10.1933.


Auch der Bayerische Kurier feierte ein „einzig dastehendes Vertrauensvotum“, ein „überwältigendes ‚Ja’“.

Bayr. Kurier


Das Ergebnis der vier Großveranstaltungen der AKD – der Münchner Versammlung im Zirkus-Krone-Bau waren Kundgebungen in Berlin, Paderborn und Köln gefolgt – fasste das Mitteilungsblatt der AKD zusammen: „Unsere Forderung nach einem klaren, rückhaltlosen Bekenntnis zum Führer und zum Dritten Reich fand überall stürmischen Beifall. [...] Das Wahlergebnis vom 12. November hat freilich die kühnsten Erwartungen übertroffen, und wir können immer wieder mit Stolz darauf hinweisen, daß gerade rein katholische Gegenden in unerhörter Geschlossenheit sich zu den Gedanken bekannten, für die die AKD sich eingesetzt hat, und für die sie kämpft.“ [26]


Die Haltung Kardinal Faulhabers zur AKD

Im Tagebuch Kardinal Faulhabers wird der AKD-Vorläuferbund Kreuz und Adler das erste Mal am 1. Juni 1933 erwähnt. Der Papen-Kreis wollte in München eine Süddeutsche Landesstelle gründen. Dazu wurde Faulhaber im Auftrag Papens von Dr. Josef Himmelreich [27] um sein Einverständnis gefragt. Seine Antwort: „Ich erkläre für alle Zukunft: Ich achte Papen sehr hoch, aber aus dem Politischen soll man mich draußen lassen. [...]“ [28]
Die ablehnende Antwort Faulhabers war ambivalent: mit dem formalen Argument, das sei politisch, umschiffte er eine inhaltliche Stellungnahme.
Deutlicher noch zeigte sich ein Monat später die nur scheinbare Abneigung Faulhabers gegenüber „dem Politischen“, als der Regensburger Geistliche Imlohn bei Faulhaber brieflich anfragte: „Der Unterzeichnete ist von der Reichsleitung der zu Ende des Jahres 1931 in Berlin gegründeten ‚Kath. Vereinigung für nationale Politik’ mit der Organisationsleitung für Süddeutschland – Bayern, Württemberg, Baden, Pfalz – beauftragt und zum süddeutschen Bezirksführer der ‚Kath. nat.soz. Vereinigung’, süddeutsche Gruppe der ‚Kath. Vereinigung für nationale Politik’ ernannt worden. Ich habe den Auftrag pflichtgemäß vorerst angenommen, jedoch unter der stillen Voraussetzung, daß unsere kath. nat.soz. Bewegung durch die süddeutschen Bischöfe keine Ablehnung erfährt [...]. Bevor ich meine Organisationsarbeit beginne, wäre ich für baldige gütige Bekanntgabe der Einstellung Eurer Eminenz zu der Bewegung sehr dankbar. [...]“ [29]
Faulhaber antwortete sogleich: „Aus der freundlichen Zuschrift, die Sie als Bezirksführer der Kath. Nat.-Soz. Vereinigung [...] an mich gerichtet haben, entnehme ich mit Genugtuung, daß Sie ‚in erster Linie als Katholik, in zweiter Linie als Nationalsozialist’ sich fühlen und daß auch die übrigen Träger Ihrer Bewegung überzeugte Katholiken sind. Ich fühle mich heute schon an [...] das Reichskonkordat gebunden und kann deshalb für die politische Arbeit keine Ratschläge, noch weniger Führungslinien geben. Ich bin aber innerlich davon überzeugt, daß die von Ihnen geführte Bewegung ihren Weg machen und viele Katholiken, die heute politisch entwurzelt sind, auffangen wird.“ [30]

Mit den politisch entwurzelten Katholiken konnte Faulhaber nur die Anhänger der Bayerischen Volkspartei (BVP) meinen, die durch die – gerade eine Woche zuvor am 4.7.1933 erfolgten – Selbstauflösung der Partei ihre politische Verortung verloren hatten. Und die sollten also jetzt ausgerechnet in einer „katholischen nationalsozialistischen Vereinigung“ aufgefangen werden.
Bekanntlich zeichnete für die Selbstauflösung der BVP Graf Eugen Quadt verantwortlich, doch der ausschlaggebende, unmittelbar schärfste kirchlich-autoritäre Druck auf die BVP ging von Kardinal Faulhaber aus:
Der Graf [31] ging bei Kardinal Faulhaber ein und aus. Im Juni 1933 berieten die beiden mehrfach, wie sich die BVP gegenüber der Erwartung der NSDAP, sich selbst aufzulösen, verhalten solle. Während Quadt zögerte: „Das können sie uns nicht zumuten, es gibt doch auch eine Ehre, das Volk würde es nicht verstehen“, beendete Faulhaber ultimativ die Debatte: „Mein Schlusswort: Sich selber auflösen und sich auf eine berufsständische Erfassung der Bauern einstellen. Der Parteienstaat ist erledigt und bleibt erledigt – also dann haben die Parteien keinen Sinn mehr.“ [32] Damit erwies sich Faulhaber als Vollender eines der wichtigsten parteipolitischen Ziele der Vorläuferorganisationen der AKD, nämlich der "Schwächung des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei"[33].

Auch im Gespräch mit dem Vorsitzenden der AKD, Hans Dauser, betonte Faulhaber seine durch Predigten und Ansprachen schon bekannte ablehnende Haltung gegenüber Parlament und Demokratie. So notierte Faulhaber den harmonischen Wortwechsel in seinem einstündigen Gespräch mit Dauser am 22.2.1934: „Gegen das Parlament, wo er seit 1928 war, ein Parteiengezänk. Ich: Nach dem italienischen Konkordat habe ich in der Predigt gesagt: War nur möglich ohne Parlament.“ [34] Dauser wurde in der Münchner Presse hoch gelobt: „Der alte Kämpfer der nationalsozialistischen Bewegung bekannte sich mit Stolz zu denen, die am 9. November vor 10 Jahren mit dabei sein durften; der 9. November sei ein heiliger Tag. Dem Herrgott sei Dank, daß mit einem Schlage der Parteienstaat zerschlagen und der Volksstaat geschaffen worden sei.“ [35] Er rühmte sich, dass er „seit seinem im Jahre 1921 erfolgten Eintritt in die Partei bis heute in nicht weniger als 3727 Versammlungen für die Idee Adolf Hitlers gekämpft“ habe. [36] Dauser war einer der wenigen Duz-Freunde des Gauleiters von München-Oberbayern Adolf Wagner, mit dem er von 1928-1933 in der NS-Landtagsfraktion das Feld der sozialen Demagogie beherrschen lernte; im April 1933 übernahm Dauser die Leitung der Abteilung „Arbeit und Fürsorge“ im Bayerischen Wirtschaftsministerium und Ende Juni 1933 kommissarisch das Wirtschaftsministerium.
Am 1.3.1934 meldeten die Tageszeitungen: „Volle Übereinstimmung zwischen Staatssekretär Dauser und Kardinal Faulhaber über die Ziele der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“.

Überblick   Tremonia    Postzeitung


Faulhaber vertraute Dauser – und beteuerte es diesem immer wieder. So im Februar 1934 bei Besuch und Gegenbesuch: „Zuerst Handaufheben, dann Händegeben. Heute Vertrauen. [...] Heute nichts den Bischöfen schreiben. [...] Ich erkläre: Wie ich seinem Neffen sagte, wirklich [...] Vertrauen zu ihm habe, so auch ihm – er hatte es von Gigl gehört, dass ich Vertrauen auf ihn habe. Ich spreche ihm mein Vertrauen aus – ich würde mich immer freuen, wenn er komme.“ [37]
Auf der Grundlage dieser vertrauensseligen Gespräche gelang es Dauser insbesondere, den katholischen Pressverein mit seinen vielen Zeitungen [38] vereinsrechtlich abzuwickeln und dessen Rest in den dafür zu gründenden St. Michaels-Bund zu überführen: Sechs Wochen nach den oben erwähnten Pressemitteilungen suchte Dauser den Kardinal überraschend auf: Unter fadenscheiniger Begründung verlangte er Faulhabers Einverständnis für eine interne Untersuchung des katholischen Pressvereins. Der Kardinal gab sie – „alles im Namen der Sauberkeit“ [39], und Dauser als Vorsitzender der AKD nützte dies, um sich innerhalb von zwei Tagen putschartig selbst als Vorstand des Pressvereins zu installieren und dessen Abwicklung einzuleiten. Von den Plänen, den Pressverein zu einem bloßen Bücherbund zu stutzen, wusste Faulhaber aber schon im August 1933: durch Graf Quadt! [40]
Wer bisher glaubte, dass Kardinal Faulhaber mit der AKD nichts oder höchstens als offizielle, quasi diplomatische Anlaufstelle zu tun gehabt hätte, wird durch seine stenografischen Notizen eines Besseren belehrt. So beriet sich Faulhaber mit Graf Roderich Thun, dem Reichsgeschäftsführer der AKD, sogar darüber, wer das Spitzenpersonal der Arbeitsgemeinschaft bilden solle.

Faulhaber TB 3.11.33


 „3.11.33: Dr. Graf Thun – war hier zur Vorbereitung der Wahl, Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher soll eine Versammlung halten [...].“


Faulhaber TB 2
„Wer hier in [die] Arbeitsgemeinschaft soll? Bisher Dauser, sei unbedeutend. Ich nehme ihn in Schutz: Er hat doch manches erreicht, hat einen geistlichen Neffen. Ich nenne den Namen Seidler, den ich sehr hoch schätze, er besucht mich. Er: Auch von Heydrich sehr gelobt, er sei Katholik [...].“ [41]

Nachdem Graf Thun die Person Hans Dauser für den Vorsitz der AKD München nicht ganz optimal befand, schlug Faulhaber also den stellvertretenden Sonderbevollmächtigten der Obersten SA-Führung bei der Regierung von Oberbayern, Alarich Seidler, den er „sehr hoch schätze“, vor.

Seidler war bereits 1922 der NSDAP und der SA beigetreten und schon früh Funktionär der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, also auch auf einem Gebiet, das unter dem Oberbegriff „Soziale Fürsorge“ recht harmlos klingen und eine Nähe zur christlichen Nächstenliebe vorspiegeln konnte.
Der von Faulhaber hochgeschätzte Seidler legte bereits 1933 Zeugnis für die menschenverachtende Praxis der NS-Fürsorge ab. Als Leiter des bayerischen Winterhilfswerks 1933/34 verfügte er unter dem Titel „Bekämpfung des Bettelunwesens“, „daß mit Hilfe von S.A. und S.S. jeder Bettler „sofort in Schutzhaft zu nehmen [...]“ war. Sollte „die festgenommene Person irgendwelche öffentliche Unterstützung in Anspruch“ nehmen, „so erfolgt unbarmherzig und ohne jede Rücksicht die Einlieferung in ein Konzentrationslager.“ [42]

Seidler-Hitler

Foto mit freundlicher Genehmigung aus: Annette Eberle, Herzogsägmühle in der Zeit des Nationalsozialismus. Beiträge zur Geschichte der bayerischen Obdachlosenhilfe, Peiting 1994.


Als Anfang 1934 Seidler den Landesverband für Wander- und Heimatdienst übernahm, ein landesspezifisches Modell der Zwangsfürsorge im bayerischen Innenministerium, baute er ein besonders aggressives Zwangsprogramm gegen Wohnungslose und alle weiteren als „Asoziale“ Bezeichneten aus. In vielen vertraulichen Gesprächen bei gegenseitigen Besuchen tauschte sich Kardinal Faulhaber mit dem SA-Sturmbannführer aus und spendete großzügig an diesen, hatte doch, so Faulhaber 1935 ganz ergriffen: „Das deutsche Volk [..] im Winterhilfswerk seinen Opfergeist in weltgeschichtlicher Größe bekundet [...]“. [43]

Als der Kapuzinerpater Walther Emmert, Guardian (bei Faulhaber: Quardian) von St. Josef in München, am 7.11.1933 Faulhaber um Rat fragte, wie man sich gegenüber der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher verhalten sollte, da man sie für eine „Abart der Deutschen Christen“ hielte, da wiegelte der Kardinal ab:

Faulhaber TB 3

„Dienstag, 7. Nov. [...]  Nego, Papen meint es gut, fragt die Bischöfe nicht vorher [...], nimmt keine Geistlichen auf nach Konkordat, und um nicht in den Verdacht eines getarnten Zentrums zu kommen. [...]“ [44]

Die Antwort Faulhabers war umso bemerkenswerter, als er noch wenige Monate zuvor zum Programmziel der Kath. N.S. Vereinigung (Bezirk Süddeutschland), Parallelbewegung zu den Deutschen Christen zu sein, kritisch anmerkte, dass diese „auch die kirchliche Verfassung, ja sogar Bibel und Katechismus dem deutschen Volkstum anpassen“ wollten. [45]


Faulhaber stand auch einem der wichtigsten AKD-Programmatiker, dem Dogmatiker Michael Schmaus, sehr nahe.

Schmaus                 Klappentext

Rechts: Das Editorial der Schriftenreihe. Mit der Broschüre publizierte Schmaus seinen Vortrag vom 11.7.1933 in Münster.


Schmaus verfolgte in seiner berüchtigten Münsteraner Rede am 11. Juli 1933 das erklärte Ziel, „die geistigen Grundlagen der nationalsozialistischen Weltanschauung zu würdigen“, veröffentlicht in der AKD-Schriftenreihe „Reich und Kirche“. [46] Kurz darauf empfahl Faulhaber der Katholischen Korrespondenz Friedrich Muckermanns: „Als Predigt oder Rede für nationale Gelegenheiten würde sich zum Beispiel die Rede von Professor Dr. Schmaus religiös-seelsorgerlich umarbeiten lassen.“ [47]

Ein Dossier aus dem Reichssicherheitshauptamt (ohne Datum, vermutlich Ende 1936) mit dem Titel „Die neue Taktik des politischen Katholizismus“ behandelt die AKD unter dem Generalverdacht des „Machtstreben[s] der römischen Kirche“, das „von Anfang an die Taktik, sich seinem Gegner scheinbar anzupassen und ihn dann planmässig zu überwinden“, kenne. In einer Liste wurden katholische Geistliche, „die zielbewusst den Anpassungsweg beschritten und in die Partei eintraten (Anl. 1)“ [48], darunter Michael Schmaus, namentlich genannt. Diese Geistlichen wären „durchweg als Aussenseiter betrachtet, sorgfältig beobachtet und in den bischöflichen Ordinariaten und am Vatikan karteilich registriert“ worden. [49]

Liste 1              Liste 2

Quelle: Barch 58/5715, Bl. 1798-99.

Aus der Perspektive der Autoren aus dem Reichssicherheitshauptamt stellte der Versuch der AKD, „die katholische Kirche und Nationalsozialismus aneinander an[zu]passen“, nur eine – wenn auch moderate – Kampfmethode gegen den Nationalsozialismus dar. So erhält ihre Feststellung über die Auflösung der AKD nach bereits einem Jahr unter dem Tenor „Alle Versuche misslangen jedoch“ [50] nur das Pendant zur oben genannten verharmlosenden Kommentierung durch die Apologeten unter den Kirchenhistorikern.
Michael Schmaus musste nach 1945 bei seinem Spruchkammerverfahren erleben, dass seine in der AKD-Reihe „Reich und Kirche“ veröffentlichte Rede von der amerikanischen Militärbehörde weder als harmlos noch als gegen den Nationalsozialismus gerichtet verstanden wurde:
Nachdem Schmaus im Herbst 1945 mit Unterstützung Kardinal Faulhabers einen Ruf an die Universität München erhielt, wurde er am 13.11.1946 bei der Überprüfung der Beamten und Professoren mit der Begründung seiner Zugehörigkeit zum Nationalsozialistischen Fliegerkorps und seiner Veröffentlichung in der AKD-Schriftenreihe entlassen. In Rosenheim, wo Schmaus anschließend seelsorgerlich im Auftrag Faulhabers tätig wurde, stufte ihn die Spruchkammer am 23.5.1947 als „nicht betroffen“ ein. Der öffentliche Kläger (Berufungskammer für Oberbayern) legte dagegen am 17.6.1947 Berufung ein und beantragte die Einstufung in die Gruppe der „Belasteten“. Aufgrund einer Intervention des Ordinariats des Erzbistums München und Freising nahm der Generalkläger beim Kassationshof München am 14.10.1947 die Berufungsklage zurück. [51] Doch hiergegen schritt nun die amerikanische Militärregierung ein. Sie beanstandete das Rosenheimer Urteil vom 23.5.1947, „indem sie in der Schrift ‚Begegnungen zwischen katholischem Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung’ den Tatbestand der wesentlichen Förderung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und der Vergiftung der Jugend an Geist und Seele verwirklicht fand“. [52] Wieder schaltete sich das Ordinariat ein.[53]
Die Militärregierung zog ihre Beanstandung nicht zurück, aber die Spruchkammer Rosenheim-Stadt bestätigte am 31.12.1948 ihren Freispruch von 1947.

Hatte Faulhaber die Schrift von Schmaus 1934 für „nationale Gelegenheiten“ „religiös-seelsorgerlich umarbeiten lassen“, veranlasste sein Ordinariat 1948 die Ummünzung der Schrift  in ein angebliches „Grundprinzip“ der Demokratie „Freie Bahn dem Tüchtigen“. 


Fazit:

Die AKD war bewusst keine Massenorganisation, sondern ein absichtsvoll gewählter elitärer Zusammenschluss von nationalsozialistischen Funktionären, denen eine Reihe katholischer Geistlicher und Theologen propagandistisch zuarbeitete. Sie entfaltete ihre Wirksamkeit in Massenkundgebungen, mit denen sie insbesondere im Herbst 1933 die Stellung der NSDAP innen- und außenpolitisch festigte.
Neben dem öffentlichen Auftreten erzielte sie die Gleichschaltung der katholischen Presse, wobei in Bayern der katholische Pressverein liquidiert und in einen bloßen Bücherbund verwandelt wurde.
Die bischöfliche Unterstützung der AKD beschränkte sich nicht auf die Förderung durch den Freiburger Erzbischof Gröber. Kardinal Faulhaber war für die AKD hinter den Kulissen nicht minder wirksam.
Die metaphorische Kennzeichnung „Brückenbauer“ für die Funktionäre und Anhänger der AKD ist ein irreführender Ausdruck. Er trifft nur im umgekehrten Sinne auf Kardinal Faulhaber zu, der dem nationalsozialistischen Stoßtrupp wesentliche legitimatorische Brücken baute.


Quellen:

Bundesarchiv Berlin, DS A 0043 (Robert Linhardt); PK E 0219 (Josef Himmelreich).
Bundesarchiv Berlin, R 58 / 5715 „Die neue Taktik des politischen Katholizismus“.
Erzbischöfliches Archiv München-Freising (EAM), NL Faulhaber.
Ludwig Volk (Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945 – Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, I und II, Mainz 1975 und 1978.
Staatsarchiv München, SprkA: K 258 (Hans Dauser); K 710 (Josef Himmelreich), K 3932 (Michael Schmaus).

Literatur:

Altgeld, Wolfgang: Rassistische Ideologie und völkische Religiosität, in: Karl-Joseph Hummel und Michael Kißener, Die Katholiken und das Dritte Reich. Kontroversen und Debatten, Paderborn 2009, S. 63-82.
Bäumer, Remigius: Die „Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher“ im Erzbistum Freiburg. Der Versuch eines „Brückenschlags“ zum Nationalsozialismus, in: Freibuger Diözesan-Archiv Bd. 104 (1984), S. 281-313.
Brauer, Theodor: Der Katholik im neuen Reich. Seine Aufgabe und sein Anteil, München 1933.
Breuning, Klaus: Die Vision des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen Demokratie und Diktatur (1929-1934), München 1969.
Denzler, Georg: Widerstand ist nicht das richtige Wort. Katholische Priester, Bischöfe und Theologen im Dritten Reich, Zürich 2003.
Dust, Martin: „Unser Ja zum neuen Deutschland“. Katholische Erwachsenenbildung von der Weimarer Republik zur Nazi-Diktatur, Frankfurt am Main 2007 (Studien zur Bildungsreform, Hg. Wolfgang Keim, Band 49), zugleich Dissertation, Paderborn 2006.
Gottwald, Herbert: Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher (AKD) 1933-1934, in: Fricke, Dieter / Fritsch, Werner / Gottwald, Herbert / Schmidt, Siegfried / Weißbecker, Manfred (Hg): Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789-1945), Band 1, Leipzig 1983, S. 118-123.
Gottwald, Herbert: Bund katholischer Deutscher „Kreuz und Adler“ (BkD) 1933, in: Ebd., S. 348-350.
Hürten, Heinz: Deutsche Katholiken 1918-1945, Paderborn 1992.
Hummel, Karl-Joseph / Kißener, Michael: Die Katholiken und das Dritte Reich. Kontroversen und Debatten, Paderborn 2009.
Marschler, Thomas: Karl Eschweiler 1886-1936. Theologische Erkenntnislehre und nationalsozialistische Ideologie, Regensburg 2011.
Moenius, Georg: Kardinal Faulhaber, Wien-Leipzig 1933.
Scherzberg, Lucia: Kirchenreform mit Hilfe des Nationalsozialismus. Karl Adam als kontextueller Theologe, Tübingen 2001.
Schmaus, Michael: Begegnungen zwischen katholischem Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung, Münster 1934.
Siegele-Wenschkewitz, Leonore: Nationalsozialismus und Kirche. Religionspolitik von Partei und Staat bis 1935, Düsseldorf 1974 (Tübinger Schriften zur Sozial- und Zeitgeschichte 5).

Anmerkungen:

[1] Der Aufsatz ist die erweiterte Fassung meines Vortrags auf der Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing („Katholiken, Protestanten und die ‚Machtergreifung’“) am 3.3.2013: „Den NS-Staat ‚mit den ewigen Werten der katholischen Kirche’ versehen: Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher (AKD) in München.“ Die erste Anregung zur Beachtung dieses Themas kam von Antonia Leugers, der ich dafür danke.
[2] Dokument „Auflösung der Arbeitsgemeinschaft katholischer Deutscher. Eine Erklärung der Reichsparteileitung der NSDAP“, 20.9.1934, zitiert nach Klaus Breuning, Die Vision des Reiches, S. 343.
[3] Programmzettel, o.D., in: EAM, NL Faulhaber, 7301.
[4] Siehe bei Breuning das Kapitel „Kreuz und Adler“, S. 225-235.
[5] Gottwald, Herbert: Bund katholischer Deutscher Kreuz und Adler“, S. 349.
[6] Emil Ritter in: Germania, 11.2.1934, KfZG A11/199, zitiert nach: Dust, S. 419.
[7] Bayerischer Kurier, 8.11.1933.
[8] Aus der Rede von Eugen Quadt im Zirkus-Krone-Bau, ebd.
[9] Hürten, S. 201.
[10] Ebd., S. 219.
[11] Ebd., S. 228.
[12] Altgeld, in Hummel/Kißener, S. 72.
[13] Vizekanzler Franz von Papen in einem Brief an Kardinal Bertram am 3.10.1933, in: Georg Kretschmar (Hg), Dokumente zur Kirchenpolitik des Dritten Reiches, Band 1, Das Jahr 1933, S. 139. „Um den politischen Trennungsstrich zwischen Staat und Kirche, wie ihn das Reichskonkordat festlegt, nicht zu verwischen, und um auch den hochwürdigsten Klerus nicht in eine unklare Position zu bringen, halte ich es nicht für wünschenswert, daß Geistliche oder Ordensleute die aktive Mitgliedschaft der Arbeitsgemeinschaft erwerben. Dahingegen ist es ganz selbstverständlich, daß wir die Mitarbeit des hochwürdigsten Klerus insbesondere in den zu bildenden Arbeitsausschüssen auf das wärmste begrüßen und eine starke Beteiligung erhoffen.“
[14] Mitteilungsblatt Nr. 1 der AKD, 22.11.1933.
[15] Ebd.
[16] Germania, 6.10.1933, zitiert nach Breuning, S. 236.
[17] Zum Bayerischen Kurier: Die Auflage lag 1933 bei ca. 35.000. Besitzer war der Katholische Preßverein für Bayern, der ihn im Mai 1934 an die Manz AG (zurück-)verkaufte. „Diese stellte ihn zum 31. Oktober 1934 ein, da die Auflage auf 6.250 gesunken und das Blatt nicht mehr rentabel war.“ Schlagwort Nr. 2048, Bayerischer Kurier, in: 'Kritische Online-Edition der Nuntiaturberichte Eugenio Pacellis (1917-1929)', URL: <www.pacelli-edition.de/Schlagwort/2048> (Datum 2013-01-23).
[18] Bayerischer Kurier, 8.11.1933.
[19] Eugen Graf von Quadt zu Wykradt und Isny (geboren am 6.1.1887 Isny im Allgäu, gestorben am 19.10.1940). Hauslehrer in der Fürstenfamilie war der Vater von Heinrich Himmler, der auch den Grafen Eugen Quadt längere Zeit unterrichtete. (BayHStA, Abt. V, NL Pfeiffer, Nr. 366.) 1913 bis Kriegsbeginn war Eugen Quadt tätig in der Bayerischen Gesandtschaft in Berlin, im Ersten Weltkrieg Rittmeister im 2. Schweren Reiter-Regiment und höherer Adjutant im Oberkommando der 6. Armee und der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht und Heeresgruppe Mackensen; verheiratet mit einer Gräfin von Königsegg-Aulendorf; Ehrenritter des Malteserordens. Nach dem Krieg war er Direktor der Deutschen Wald- und Holzindustrie München und Geschäftsintimus des Einwohnerwehr-Chefs Georg Escherich. (Vgl. NL Escherich im BayHStA, Tagebücher und z.B. Akte 5) Ab 1930 bekam er ein Reichstagsmandat der BVP; am 25.4.1933 wurde er bayerischer Wirtschaftsminister, am 27.6.1933 trat er von diesem Amt zurück. Am 4.7.1933 unterzeichnete er die Auflösungserklärung der BVP. Anschließend wurde er NSDAP-Mitglied. (Siehe auch BayHStA V, Slg Rehse, P 3761.)
[20] Von Quadt ersuchte mit Schreiben vom 4.7.1933 bei Adolf Wagner um die Mitgliedschaft und bei Reichsinnenminister Frick um Aufnahme als Hospitant in die Reichstagsfraktion der NSDAP. „Graf Quadt fordert diejenigen Mandatsträger der bisherigen Bayerischen Volkspartei, die für einen solchen Schritt in Frage kommen dürften, auf, seinem Beispiel Folge zu leisten oder durch Mandatsniederlegung den Ersatzmännern die gleiche Möglichkeit einzuräumen.“ (Völkischer Beobachter, 5.7.1933)
[21] Bayerischer Kurier, 8.11.1933.
[22] Münchener Zeitung, 8.11.1933. Fettdruck im Original.
[23] Freundlicher Hinweis von Antonia Leugers.
[24] Kundgebung des bayerischen Episkopats, München, 8.11.1933, gez. „Die bayerischen Bischöfe. Für die Erzdiözese München und Freising M. Card. Faulhaber“,  nach: Volk, Akten, Bd. I, S. 806 f.
[25] Ebd.
[26] Mitteilungsblatt Nr. 1 der AKD, 22.11.1933.
[27] Josef Himmelreich, geb. 4.11.1905 in Gelsenkirchen, 1932 Schriftleiter der Freisinger Nachrichten, 1934 Schriftleiter des Kath. Pressvereins München, 1938 Pressereferent beim Reichsstatthalter, 1945 Pressereferent und kaufmännischer Angestellter bei Panoramages in Altötting. NS-Mitgliedschaften: 1933-1945 NSDAP, 1937-1945 NSKK, Obersturmführer ehrenhalber, 1933-1945 Reichsverband der Deutschen Presse, Reichskulturkammer und DAF, 1937-1945 NSV, 1936-1945 Reichskolonialbund. Angaben aus: Bay. Staatsarchiv München, Sprk K 710.
[28] Tagebuchaufzeichnung Faulhabers am 1.6.1933, in: EAM, NL Faulhaber 10015.
[29] Brief Imlohns an Faulhaber, 6.7.1933, in: EAM, NL Faulhaber, 7301, Kath. Vereinigung für nationale Politik 1933.
[30] Brief Faulhabers an Imlohn, 11.7.1933, in: Ebd. Die einzige kritische Anmerkung Faulhabers zum Programmzettel der N.S.-Vereinigung, der dem Brief Imlohns beilag, bezog sich auf den Passus: „Unsere Vereinigung ist als eine auf kath. Boden stehende Parallelbewegung zu der der ‚Deutschen Christen’ (evang.) wie diese dem Parteiapparat eingebaut.“ Siehe dazu Fußnote 45.
[31] Mit Eugen Quadts Vater Bertram saß Kardinal Faulhaber 1917/18 in der Bayerischen Kammer der Reichsräte. Politisch zeichnete sich der Standesherr z.B. durch seine Mitgliedschaft 1917 im „Volksausschuss für die rasche Niederkämpfung Englands“ aus.
[32] Stenografische Notiz Faulhabers im Beiblatt zur Tagebuchaufzeichnung am 22.6.1933, in: EAM, NL 9263, Blatt 41. – In der Fachliteratur ist bislang nur die Aussage Faulhabers „Der Parteienstaat ist erledigt ...“ geläufig, doch dass Faulhaber die Selbstauflösung der BVP gegenüber Eugen Quadt so massiv betrieb, korrigiert die bisherige Geschichtsdarstellung der BVP.
[33] Siegele-Wenschkewitz, S. 146.
[34] Stenografische Notiz Faulhabers, 22.2.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1.
[35] München-Augsburger Abendzeitung, 27.11.1933.
[36] Ebd.
[37] Stenografische Notiz Faulhabers über sein Gespräch mit Dauser am 1.2.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1.
[38] Siehe dazu auch: Karola Nüßler, Die Geschichte des Katholischen Pressvereins für Bayern 1901-1934, München 1954 (Dissertation LMU).
[39] Stenografische Notiz Faulhabers über sein Gespräch mit Dauser und Dr. Bäumel am 14.5.1934, in: EAM, NL Faulhaber 9263/1.
[40] Stenografische Notiz „Graf Quadt und Pressverein“ zum Tagebucheintrag 27.8.1933 „s.b.“, in: Ebd.
[41] Stenografische Notiz „Dr. Graf Thun“ zum Tagebucheintrag 3.11.1933 „s.b.“, in: Ebd.
[42] Verfügung 27.8.1933, „Der Landesleiter für den Freistaat Bayern“ der Deutschen Winterhilfe 1933/34, in: EAM, NL Faulhaber 7281/1.
[43] Generalvikar Buchwieser schrieb am 17.10.1937 an Goebbels. „Kardinal Faulhaber hat in einer grossen öffentlichen Rede am 28. April 1935 gesagt: ‚Das deutsche Volk hat im Winterhilfswerk seinen Opfergeist in weltgeschichtlicher Grösse bekundet, und wir alle haben uns freudig an diesem herrlichen Werk beteiligt’. (vgl. ‚Ketteler-Feuer’ Nr. 18 v. 2. Mai 1935).“ In: EAM, NL Faulhaber 7281/2. – Ludwig Volk verniedlichte die Beziehung Faulhabers zu Seidler, als er die stenografische Aufzeichnung Faulhabers über das Gespräch mit Seidler vom 16.2.1934 kommentierte: „Als Geste der Entspannung war es gedacht, wenn Faulhaber sein Autorenhonorar für die gedruckten Adventspredigten in Höhe von 700 RM an Landesführer Seidler für das Winterhilfswerk zur Verfügung stellte. Schlecht beraten zeigte sich der Kardinal jedoch, als er der Verständigung zuliebe sich dazu verleiten ließ, Gauleiter Wagner mit tadellosem, vorschriftsmäßigem Hitler-Gruß gegenüberzutreten.“ (Episkopat, S. 172)
[44] Tagebuchaufzeichnung Faulhabers am 7.11.1933, in: EAM, NL Faulhaber 10015.
[45] EAM, NL Faulhaber, 7301, Kath. Vereinigung für nationale Politik 1933. Der vollständige Passus im Brief Faulhabers vom 11.7.1933 an den Regensburger Bezirksführer Imlohn der N.S.-Vereinigung lautete: „Auf Ihrem Beilagezettel hat mich nur ein Satz erschreckt, der Satz, Ihre Vereinigung sei eine auf katholischem Boden stehende Parallelbewegung zu den ‚Deutschen Christen’. Die Deutschen Christen wollen ihre Mitglieder nicht bloß in die Arbeit des 3. Reiches einbauen, sie wollen auch die kirchliche Verfassung, ja sogar Bibel und Katechismus dem deutschen Volkstum anpassen, während für die Katholiken Dogmatik und kirchliche Verfassung mit unverrückbaren Grenzen festgelegt sind und es sich hier nur um die Aneiferung der Katholiken zur nationalen Mitarbeit aus ihrer Weltanschauung heraus handeln kann. Ich danke Ihnen, daß Sie im voraus die strengvertrauliche Behandlung meiner Antwort zugesagt haben [...].“
[46] Michael Schmaus im Vorwort von „Begegnungen zwischen katholischem Christentum und nationalsozialistischer Weltanschauung“, Reich und Kirche, Münster 1934 (zweite Auflage).
[47] Faulhaber in einem Brief an Friedrich Muckermann am 2.9.1933. Dieser antwortete drei Tage später: „Über die ‚Predigten’ will ich mit Donders sprechen [...]. Der Gedanke begeistert mich sehr.“ EAM, NL Faulhaber 6883.
[48] Barch 58/5715, „Die neue Taktik des politischen Katholizismus“, o.D., hier Blatt 1787.
[49] Ebd.
[50] Ebd., Bl. 1788.
[51] Aus der Begründung für die Zurücknahme: „Das Ordinariat des Erzbistums München und Freising hat bereits am 21.6.47 mitgeteilt, wie sehr es von dieser Berufung betroffen sei und um ihre beschleunigte Durchführung gebeten. Sie kenne Prof. Dr. Schmaus und seine politische Gesamthaltung sehr gut und wisse, daß er nichts weniger als ‚Aktivist’ gewesen sei.“ Quelle: Staatsarchiv München, SprkA: K 3932.
[52] Ebd., Spruchkammer-Bescheid Rosenheim-Stadt, 31.12.1948.
[53] Mithilfe eines rechtsanwaltlichen „Gutachtens“ bat der Verteidiger Schmaus’ „die Militärregierung sehr, die Zurückziehung des Schreibens bewirken zu wollen, damit nicht der Anschein entsteht, als teile sie seine irrigen Urteile und als insinuiere sie der Erzbischöflichen Behörde, sie stütze einen Theologen von den in dem Schreiben fälschlich Herrn Schmaus zugeschriebenen Qualitäten.“ Bei bestimmten beanstandeten Stellen in der Broschüre habe Schmaus nicht seine eigene Meinung, sondern die des „nationalsozialistischen Doktrinärs (Ernst Krieck) wiedergegeben“. „Herr Schmaus soll ferner behauptet haben, Glaube und Demokratie ständen im Gegensatz. Auch dies haben wir nachgeprüft und gefunden, daß die Schrift sich nur gegen eine ‚extrem demokratische Wertung des Seins’ wendet. Von politischer Demokratie ist nicht die Rede. [...] besagt die betreffende Stelle lediglich, daß sich die Welt in Rangstufen des Seins und des Wertes aufbaue. Sie sieht auch in der Welt der Menschen verschiedene Rangstufen je nach der Kulturhöhe. Dem stimmt nun allerdings die gesamte christliche Welt zu und keineswegs sie allein. Dr. Schmaus spricht das Grundprinzip aus, auf dem die demokratische Forderung beruht: Freie Bahn dem Tüchtigen, die ja nur sinnvoll ist, wenn man bei aller wesentlichen Gleichheit doch eine Abstufung von Wert und Begabung anerkennt.“ (S.4)

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