theologie.geschichte - Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte

Katharina Peetz

Muss man als Theologin einen Weltanschauungskrieg gegen Richard Dawkins führen?  Zu einer Rezension meines Buches "Der Dawkins-Diskurs in Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften"



Hans-Dieter Mutschler hat in der Theologischen Literaturzeitung[1] meine Dissertation über den Dawkins-Diskurs[2]  rezensiert.

Ich habe den Eindruck, dass Mutschler sich von vornherein angestrengt hat, der Rezension die Gestalt eines vollständigen Verrisses zu geben. Er umreißt kurz den Inhalt des Buches, ohne allerdings die Forschungsergebnisse zu referieren und kritisch zu beleuchten. Sodann behauptet er unvermittelt, die Arbeit sei  „vom Ansatz her“ misslungen.

Worin sieht er nun das Misslingen der Arbeit? Darin, dass ich keinen ideologisch-weltanschaulichen Widerlegungskampf gegen Dawkins‘ Naturalismus führe.

Dawkins hätte seiner Meinung nach im „Kontext des Naturalismus seit dem Wiener Kreis […] dargestellt und beurteilt werden“ müssen. Schließlich sei Dawkins wie Daniel Dennett ein „Weltanschauungsproduzent“, der „außerordentlich naiv vorgeht“. Gegen diesen Weltanschauungsproduzenten hätte ich mich durch die Kenntlichmachung von „gewichtigen Argumenten“ zur Wehr setzen sollen. Mutschler hätte sich deshalb „metaphysische Grundsatzüberlegungen“ gewünscht und ich hätte die „materialistische-monistische Metaphysik Dawkins‘ herausarbeiten und beurteilen sollen“.  Der Rezensent meint also, es sei meine Aufgabe gewesen, Dawkins auf einer weltanschaulichen Ebene zu widerlegen und „Dawkins‘ Naturalismus den Boden [zu] entziehen“. Ziel meiner Arbeit war aber, die weiterführenden Implikationen des Dawkins-Diskurses für die (Systematische) Theologie herauszuarbeiten.

Der von Mutschler monierte Umgang mit John Dupré in meiner Dissertation sagt mehr über den Rezensenten und seine Art "wissenschaftlichen" Arbeitens aus als über die Qualität der rezensierten Arbeit. Wie sollte man sonst auf die Idee kommen, Duprés Philosophie so zu rezipieren, dass sie Dawkins widerlegt und dabei zu verschweigen, dass Dupré Dawkins explizit unterstützt? Solange Dupré für den Rezensenten und seine Weltanschauung passende Argumente liefert, also z.B. die kausale Geschlossenheit der Welt bestreitet, argumentiert er für Mutschler „gut“. „Gut“ sind Argumente offenbar, wenn sie Mutschler als Steinbruch für seine eigene anti-naturalistische Argumentation dienen können. Kein Wunder also, dass er meine Arbeit nicht für "gut" hält!

Inspirierend ist der Dawkins-Diskurs für die (Systematische) Theologie vor allem für das Festhalten an einer kognitivistischen Interpretation religiöser Aussagen, für das ich argumentiert habe, und für den Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften. Ich habe aufgezeigt, dass nicht nur die Diskurs-Akteure, sondern auch Dawkins den Menschen als selbstbestimmt Handelnden verstehen, der dem Diktat seiner egoistischen Gene entkommen kann. Daran anknüpfend habe ich herausgearbeitet, dass Dawkins die Entstehung und Entwicklung von bewussten Lebewesen letztlich nicht ohne Bezugnahme auf eine zumindest formale Transzendenz erklären kann. In Verbindung mit dem Gedanken einer Vorgeschichte der Moral in der Evolution habe ich schließlich für die Berücksichtigung dieser Vorgeschichte in Normbegründungskonzepten plädiert.

Diskutieren kann man, ob die Kriterien der Auswahl der behandelten Diskurs-Akteure (Dauer & Intensität Ihrer Beschäftigung mit Dawkins) zu eng gefasst sind. Dies betrifft jedoch nicht nur den Bereich von Dawkins‘ Naturalismus, sondern diese Anfrage ließe sich auf jedes im Diskurs behandelte Thema (Dawkins‘ Evolutionsverständnis, Gottesbild, Religionskritik, Moralverständnis, Mem-Konzept…) anwenden. Festzuhalten ist jedoch, dass die Auswahlkriterien in der Arbeit offengelegt wurden und auch die Zuordnung der analysierten Wissenschaftler/innen zu den einzelnen Fachbereichen nach transparenten Kriterien (Inhaber welchen Lehrstuhls?) erfolgte. Diese Zuordnung meint natürlich keineswegs, diese Wissenschaftler/innen seien nur auf ein einziges Fachgebiet beschränkt. Hervorgehoben wird in der Arbeit vielmehr die Wichtigkeit von interdisziplinärem Fachwissen und Kompetenzen für den Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften.

Abschließend will ich auch darauf hinweisen, dass die Rezension im Schlussabsatz dazu benutzt wird, um die Betreuer der Arbeit anzugreifen. Ich finde, dass das einer wissenschaftlichen Rezensionszeitschrift vom Format der ThLZ nicht würdig ist.



[1] Theologische Literaturzeitung 139 (2014) 7/8, 926-928.
[2] Katharina Peetz, Der Dawkins-Diskurs in Theologie, Philosophie und Naturwissenschaften (Religion, Theologie und Naturwissenschaft / Religion, Theology, and Natural Science (RThN) - Band 028), Göttingen 2013.  Vgl. z.B. http://www.v-r.de/de/title-0-0/der_dawkins_diskurs_in_theologie_philosophie_und_naturwissenschaften-1010548/.


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