Joachim Neander
Auschwitz und die Berliner Fabrikaktion Februar/März 1943
(Überarbeitete Fassung eines Vortrags auf der 28. Jahrestagung der German Studies Association in Milwaukee WI, 29. September bis 2. Oktober 2005)
Jüdische Mischlinge und Mischehe-Partner
in
der Berliner Fabrikaktion
In einer reichsweiten Razzia zur Entjudung des
Reichsgebietes verhaftete die Gestapo am 27. Februar 1943 den
Großteil der bisher von Deportationen und KZ-Einweisung verschont
gebliebenen Juden Deutschlands mit dem Ziel der Abschiebung nach
Auschwitz. [1]
Schwerpunkt
der Aktion war Berlin, wo es noch etwa 11 000
jüdische
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter gab. [2] Sie arbeiteten
vorwiegend
in Betrieben der Rüstungsindustrie und wurden meist an ihren
Arbeitsstätten
verhaftet. Daher ging die Razzia vom 27. Februar 1943 in Berlin
als Fabrikaktion
in die Geschichte ein. In ihrem Zuge wurden auch jüdische
Mischlinge
sowie jüdische Partner rassisch gemischter Ehen in
großer Zahl
verhaftet. [3] Etwa
2 000 von ihnen wurden gesondert in einem
Verwaltungsgebäude der jüdischen Gemeinde in der
Rosenstraße 2-4
festgehalten. [4]
Noch am Tage der Aktion versammelten sich
spontan vor
diesem Hause arische Familienangehörige, weit
überwiegend die Ehefrauen
und Mütter der Festgehaltenen, und machten ihrem Unmut über
die Verhaftungen
lautstark Luft. Kleinere, bisher in der Literatur wenig beachtete
Demonstrationen fanden auch an anderen Stellen in Berlin statt,
insbesondere
vor dem Sammellager in der Großen Hamburger Straße, wo
ebenfalls arisch
versippte Juden in größerer Anzahl festgehalten
wurden. [5] Die
Demonstrantinnen befürchteten, dass ihre Ehemänner und Kinder
deportiert werden
sollten. Man wusste in der Bevölkerung zwar nichts Genaues
über das Schicksal
der in den Osten Abgeschobenen [6], war sich aber
sicher,
dass Deportation eine Reise ohne Wiederkehr bedeuten würde.
Die Demonstrantinnen hatten allen Grund für
ihre Ängste,
denn schon mit dem ersten Transport der Fabrikaktion (Abgang
1. März 1943) waren etliche Mischehe-Partner
deportiert
worden. [7] Am
5. März wurden zudem fünfundzwanzig
Männer im
Sammellager Rosenstraße „für den Arbeitseinsatz“ selektiert
und dem
35. RSHA-Transport von Berlin nach Auschwitz
angeschlossen. [8] Die
Straßenproteste in Berlin dauerten eine ganze Woche an, bis zum
6. März
1943, als fast alle in der Rosenstraße Festgehaltenen wieder frei
gekommen
waren. Am 22. März kehrten sogar dreiundzwanzig von der
Rosenstraße und
zwölf von der Großen Hamburger Straße aus nach
Auschwitz Deportierte wieder
nach Berlin zurück. [9]
Schon bald nach Kriegsende erschienen erste
Berichte über
diese Ereignisse, in denen die Straßenproteste als Ursache der
Freilassungen
gesehen wurden, [10]
eine Sichtweise, die weite Verbreitung fand
und für
die der amerikanische Historiker Nathan Stoltzfus in seinem 1996
veröffentlichten Buch Resistance of the Heart, [11]
in deutscher
Übersetzung 1999 als Widerstand des Herzens
erschienen, [12]
vielfältige Belege zusammen getragen hat. Die Auffassung, die
Straßenproteste
seien Ursache der Freilassungen gewesen, wurde jedoch von dem Berliner
Historiker Wolf Gruner in seiner 1997 veröffentlichten
Dissertation [13]
erstmals offen in Frage gestellt und von ihm ab 2002 in mehreren
Publikationen
entschieden zurück gewiesen. [14] Gruner beruft sich hierbei
insbesondere
auf die Richtlinien zur technischen Durchführung der
Evakuierung von Juden
nach dem Osten (KL Auschwitz) des Reichssicherheitshauptamtes
(RSHA) vom
20. Februar 1943, [15]
nach deren Wortlaut Partner von
„deutsch-jüdischen Mischehen“ und „jüdische Mischlinge“ von
der Abschiebung
nach Auschwitz auszunehmen gewesen seien, sowie auf eine Zusage Adolf
Eichmanns
gegenüber Weihbischof Wienken vom 4. März 1943, diese
Ausnahmen würden
auch bei der laufenden Aktion respektiert. [16]
Hieraus—und aus einigen anderen Dokumenten und
Indizien—folgert Gruner, im Zeitraum Februar/März 1943 sei keine
Deportation von jüdischen Mischlingen oder Mischehe-Partnern
nach Auschwitz geplant gewesen, insbesondere auch nicht aus Berlin im
Rahmen der Fabrikaktion. Daher seien die Straßenproteste,
obwohl mutig und ehrenhaft, letzten Endes jedoch sowohl
überflüssig als auch wirkungslos gewesen.
Gruners Ansicht haben
sich in der Folgezeit andere Historikerinnen und Historiker
angeschlossen, so
etwa Wolfgang Benz [17]
und Claudia Schoppmann [18],
Berlin,
Beate
Meyer [19], Hamburg,
und Rainer Decker [20],
Paderborn.
Auschwitz und der Arbeitseinsatz
der Häftlinge
Die in der Literatur und in der öffentlichen
Meinung
herrschende Sicht auf die Fabrikaktion ist die Sicht der
Herrschenden:
vom Zentrum zur Peripherie gerichtet. Das Zentrum trifft die
Entscheidungen, erteilt Befehle und gibt Weisungen. Berlin ist der Ort
der Aktion:
hier
treibt man die Juden zusammen, verlädt sie auf
Deportationszüge und schiebt
sie nach dem Osten ab. Auschwitz, an der Ostgrenze des
Großdeutschen Reiches gelegen, ist nicht nur geografisch, sondern
auch politisch Peripherie.
Es nimmt die Befehle des Zentrums entgegen und führt dessen
Weisungen zur Endlösung
der Judenfrage aus. Auschwitz ist Ort der Passion im
weitesten Sinne
des Wortes—nicht nur für die, die von der Rampe weg für den
Tod in der
Gaskammer selektiert wurden. Auch denjenigen, denen als Zugänge [21]
noch eine Chance zum befristeten Weiterleben gegeben wird, macht der
Rapportführer [22]
beim ersten Appell unmissverständlich
klar: „Es gibt
für euch nur einen Weg hier heraus: durch den Kamin.“
In dieser Sichtweise auf Auschwitz ist der Blick
auf
Birkenau fokussiert, den Ort der fabrikmäßigen
Judenvernichtung, symbolisiert
durch Rampe, Gaskammer und Krematorium. Außerhalb
des Blickfelds bleiben Stamm- und Außenlager von Auschwitz, denen
zusammen mit
den Außenarbeitskommandos von Birkenau ab Anfang 1941 im Rahmen
der deutschen
Kriegswirtschaft eine stetig wachsende ökonomische
Funktion zukam, die
das KL Auschwitz schon früh von den anderen Konzentrationslagern
im deutschen
Machtbereich abhob.
Die Verfügbarkeit von
KZ-Häftlingen als Arbeitskräfte in anscheinend unbegrenzter
Zahl war ein
maßgeblicher Standortfaktor für die Ansiedlung von Betrieben
im Umkreis des KL
Auschwitz und bewog auch immer mehr Firmen im weiteren Umland,
Häftlingsarbeiter anzufordern. [23] In dem Maße, wie
das KL Auschwitz in
die Rüstungswirtschaft des Dritten Reiches eingebunden wurde, nahm
es auch
innerhalb des Systems der nationalsozialistischen Konzentrationslager
an
Bedeutung zu. Auschwitz wurde mehr und mehr selbst zum Akteur auch
gegenüber
den für die Konzentrationslager zuständigen zentralen
Instanzen in
Oranienburg [24] und
Berlin [25].
Deutlich wird dies daran,
dass in
Auschwitz als einzigem nationalsozialistischen Konzentrationslager der Arbeitseinsatz
seit Frühjahr 1942 nicht mehr Teil der Abteilung III Schutzhaftlagerführung
war, sondern zu einer eigenständigen Abteilung IIIa erhoben
wurde. [26] Ihr
Chef, SS-Obersturmführer Heinrich Schwarz,
war dem
Amtschef D II Arbeitseinsatz der Häftlinge des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes (SS-WVHA),
SS-Obersturmbannführer Gerhard
Maurer, fachlich direkt unterstellt. [27] Als am 22. November
1943
alle bei Industriebetrieben eingerichteten Arbeitslager von
Auschwitz
zum eigenständigen KL Auschwitz III-Monowitz zusammen
gefasst
wurden, avancierte Schwarz zu dessen Kommandanten. [28]
Das Außenlager
Monowitz und die Baustelle des Buna-Werks
Vom Lagerausbau abgesehen
war von April 1941 bis zur Evakuierung Mitte
Januar 1945 die Baustelle des Buna-Werkes der IG Farben
Auschwitz auf dem Gebiet des ehemaligen Dorfes Dwory das bedeutendste
Arbeitsprojekt des KL Auschwitz. Etwa fünf Kilometer vom
Stadtzentrum von Auschwitz (polnisch Oświęcim) und sieben
Kilometer vom KZ-Stammlager entfernt entstand hier in (vorerst) nicht
luftgefährdetem Gebiet eine der größten Chemiefabriken
des Deutschen Reiches. Auf der Basis bedeutender Kohle- und
Kalkvorkommen in der Nachbarschaft sollten synthetischer Treibstoff und
Kautschuk hergestellt werden, beides für eine moderne
Kriegführung unerlässliche Produkte. [29]
Reichsmarschall Hermann Göring, Vorsitzender des
Reichsverteidigungsrates,
vereinbarte Mitte Februar 1941 mit der SS für den Aufbau des
Werkes die
„Bereitstellung einer möglichst großen Anzahl von Baufach-
und
Bauhilfsarbeitern [...] Der Gesamtbau- und Montage-Arbeitsbedarf wird
auf der
Baustelle je nach erreichbarem Bautempo 8 000—12 000 Mann
erreichen.“ [30] Bei
seinem Besuch des KL Auschwitz am
1. März 1941
befahl Reichsführer-SS Heinrich Himmler daraufhin dem
Lagerkommandanten,
SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß, für den Bau des
Buna-Werkes 10 000
Häftlinge abzustellen. [31]
Der zeitgleich — und mit
höherer Priorität — begonnene Aufbau des
Nebenlagers Birkenau band jedoch fast alle verfügbaren
Arbeitskräfte. IG Farben
Auschwitz mussten sich mit rund 1 000 Häftlingen
zufrieden geben, die
täglich vom Stammlager zur Baustelle und zurück transportiert
wurden. Als
Anfang August 1942 überhaupt keine Häftlinge mehr
kamen—Lagerkommandant Höß
hatte wegen einer Fleckfieberepidemie Lagersperre anordnen
müssen—ergriff die IG Farben die Initiative und begann Anfang
Oktober mit der
Errichtung eines eigenen Häftlingslagers am Südrand des
Baugeländes beim Dorfe
Monowitz, das als Arbeitslager Monowitz, Lager IV
oder Buna-Lager
bezeichnet wurde. SS-Obersturmbannführer Maurer vom
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt
sagte gleichzeitig zu, „etwa 1.600“ Häftlinge im Zuge der von
Himmler
befohlenen Entjudung der Konzentrationslager im Reichsgebiet
dem KL
Auschwitz zu überstellen. [32]
Tatsächlich trafen
insgesamt 1 003 Juden aus den Konzentrationslagern
Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Natzweiler, Mauthausen und
Sachsenhausen [33]
in der Zeit vom 19. bis 24. Oktober
1942 und
noch einmal 499 nichtjüdische Häftlinge aus Dachau am
29. Oktober 1942 in
Auschwitz ein. [34]
Über diese letzterwähnte Lieferung
beschwerte
sich Arbeitseinsatzführer Schwarz am folgenden Tage bei seinem
Fachvorgesetzten
Maurer telegrafisch: „Die Häftlinge sind in denkbar schlechtester
Verfassung,
körperlich sehr schwach — Muselmänner. [35] Ein Drittel
vielleicht nach
14-tägiger Erholungszeit einsatzfähig. Für den
Buna-Einsatz sind die Häftlinge
vollkommen ausgeschlossen.“ [36]
Zugleich wurden die ersten
800 Häftlinge, die aus den Entjudungs-Transporten
ausgewählt worden
waren, nach dem neuen Lager Monowitz überstellt. [37]
Dessen
Häftlingsstärke lag immer noch weit unter den Zahlen, die
Himmler dem Reichsmarschall und den Managern der IG Farben versprochen
hatte.
Auf deren
Drängen hin kam Amtschef Maurer am 6. November 1942 für
zwei Tage eigens nach Auschwitz „wegen Einsatzes der Häftlinge auf
der Baustelle [...] um alle Einzelheiten an Ort und Stelle zu
besprechen.“ [38]
Nicht einmal ganze 1 400 Häftlinge waren um diese Zeit auf
dem Werksgelände eingesetzt. [39] Zwar kamen jetzt verstärkt
Transporte mit für Buna bestimmten Häftlingen. So etwa am
29. November 1942 aus Buchenwald 150 eigens als
„Bauhilfsarbeiter“ angekündigte Männer. Wieder hatte
SS-Obersturmführer Schwarz Grund zur Beschwerde: „Vom Transport
sind arbeitsfähig 100 Häftlinge = 2/3. Eigentliche
Bauhandwerker (gelernte)
2 %.“ [40]
Buna blieb das Sorgenkind
des Arbeitseinsatzes sowohl in Auschwitz als
auch in Oranienburg. Zwar stieg seine Häftlingsstärke im
Dezember 1942 auf 3 700 an, sank jedoch rasch wegen der hohen
Sterblichkeit und durch Selektion der Arbeitsunfähigen,
sprich: der durch Unterernährung, mangelhafte Hygiene, Terror von
Kapos und Zivilmeistern sowie völlig unzureichende medizinische
Versorgung schwach und krank Gewordenen, rapide ab.
Um eine schnellere Auffüllung des Buna-Lagers zu erreichen,
ordnete Maurer am
11. Januar 1943 die Reduzierung der Quarantäne-Zeit [41]
für die für
Buna vorgesehenen Häftlinge von „3+3“ auf drei Wochen an, die
sofort in Buna zu
absolvieren seien, [42]
und bemühte sich direkt beim RSHA um
Juden aus
Deportationstransporten. So konnte er am 26. Januar 1943 Auschwitz
die
Nachricht zukommen lassen: „Nach einem hier vorliegenden
F[ern]S[chreiben] des
Reichssicherheitshauptamtes IV B 4 wurden am 20., 23. und
26. insgesamt 5.000 Juden aus dem Ghetto Theresienstadt in das KL
Auschwitz eingeliefert [...] Die Häftlinge sollen bei der
Bauleitung sowie beim
Bunawerk eingesetzt werden.“ [43]
Buna ging jedoch leer aus.
Von den aus Theresienstadt gekommenen
5 022 Juden konnten ganze 930 zum Arbeitseinsatz
selektiert werden. Für die schwere körperliche Arbeit auf der
Baustelle des Buna-Werkes offenbar ungeeignet, wurden sie „nach Ablauf
der Quarantäne am 15.2.43 der Bauleitung zugestellt“, also bei
Arbeiten zum Lagerausbau eingesetzt.
4 092 Männer, Frauen und Kinder wurden „gesondert
untergebracht“, das
heißt, in den Gaskammern ermordet. Arbeitseinsatzführer
Schwarz begründete dies
in entwaffnender Offenheit: „Die Sonderunterbringung der Männer
erfolgte wegen
zu grosser Gebrechlichkeit, die der Frauen, weil der grösste Teil
Kinder
war.“ [44] Der immer
dringender werdende Bedarf an
Arbeitskräften für Buna
konnte, das hatte die Erfahrung der letzten Monate gezeigt, weder durch
Überstellungen aus anderen Konzentrationslagern [45] noch
durch
Deportationen aus dem Altersgetto Theresienstadt gedeckt werden.
Anfang Februar 1943 war
die Häftlingsstärke von Buna auf einen neuen
Tiefstand abgesunken: 1 700 Mann, von denen ganze 1 450 arbeitsfähig
waren. [46] Von
dieser Entwicklung alarmiert, kam Maurer am
10. Februar erneut nach Buna und „sagte zu, die Zahl der
Häftlinge in
Kürze auf 4 000, ev[en]t[uel]l 4 500 Häftlinge zu
erhöhen“, wie der
Wochenbericht der IG Farben Auschwitz für die Zeit vom
9. bis
21. Februar 1943 vermerkt. [47]
Stalingrad und die
Folgen für das KL Auschwitz
Mittlerweile hatte sich
aber in Auschwitz eine Entwicklung angebahnt, die
nicht nur das Buna-Projekt zu gefährden drohte. Die vernichtende
Niederlage der Deutschen bei Stalingrad in den ersten Februartagen des
Jahres 1943 hatte sich innerhalb des Lagers schnell
herumgesprochen. [48]
Auch außerhalb desselben wusste jedermann darüber
Bescheid. [49] Ganz
Polen, nicht nur die „fanatisch polnische“ [50] Bevölkerung im Umkreis des Lagers,
trug den Kopf höher und verhehlte nicht seine Genugtuung über
den Schlag, den die Rote Armee dem deutschen Aggressor versetzt
hatte. [51] Als
besonders bedrohlich für die Sicherheitslage mussten den Deutschen
die vielen tausend polnischen politischen Häftlinge erscheinen,
die im KL Auschwitz im wahrsten Sinne des Wortes konzentriert
waren. Sie bildeten die größte nationale
Häftlingsgruppe. Im Laufe der Zeit hatten sie mehr und mehr
Schlüsselpositionen unter den Kommandierten [52] und
Funktionshäftlingen besetzen und damit den Einfluss der reichsdeutschen
Häftlinge im Lager zurückdrängen können.
Lagerkommandant Höß erinnerte sich nach Kriegsende im
Gefängnis: „Daß
Deutschland den Krieg verlieren würde, glaubten die meisten, nach
Stalingrad
wohl alle.“ [53]
Ihre Befreiung schien ihnen nur noch eine Frage
der Zeit,
und der Versuch, diese abzukürzen, lag nahe.
Schon seit geraumer Zeit
hegte die Lager-Gestapo den begründeten
Verdacht, dass sich unter den polnischen Häftlingen eine
Widerstandsbewegung gebildet hatte, die mit im Untergrund operierenden
Gruppen außerhalb des Lagers zusammen arbeitete. [54] Der Schock, den Stalingrad bei
den Deutschen und die Hochstimmung, die es bei den Polen ausgelöst
hatte, ließ die Lagerführung einen Aufstand der
Häftlinge mit Unterstützung aus dem Umfeld des Lagers
befürchten. [55]
Sechstausend gesunde, kräftige (also bei einem Aufruhr besonders
gefährliche) Polen sollten daher so schnell wie möglich aus
Auschwitz abgezogen und auf Konzentrationslager im Reichsinneren
verteilt werden. [56]
Die Entscheidung hierzu konnte nur das Amt IV Gestapo des
Reichssicherheitshauptamtes getroffen haben, dem die Politische
Abteilung des Lagers—in der die Häftlings-Personalangelegenheiten
bearbeitet wurden—direkt unterstellt war, und zwar im Einvernehmen mit
der Amtsgruppe D Konzentrationslager des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes.
Dies muss um die Februarmitte 1943 geschehen sein, wie sich aus einem
an das KL
Auschwitz gerichteten Fernschreiben des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes
erschließen lässt. Dessen Amtschef D III, Leitender
Arzt KL Dr.
Enno Lolling, fragte am 25. Februar 1943 nämlich an, „wann
die Quarantäne
für den ersten Transport der dort befindlichen 6000 Polen
beendet“
sei. [57] Da die
Entlassungsquarantäne für Auschwitz
wegen der dort
häufigen Seuchenausbrüche nicht unter drei Wochen lag und die
ersten beiden
Transporte (nach Buchenwald und Neuengamme) Auschwitz am
10. März 1943
verließen, [58]
müssen die für den Transfer ins
Reichsinnere vorgesehenen
Häftlinge nicht später als am 17. Februar 1943 in
Quarantäne gelegt und
der Beschluss hierzu wenigstens ein bis zwei Tage zuvor gefasst worden
sein.
Es ist völlig
undenkbar, dass derart weitreichende und den Arbeitseinsatz
der Häftlinge unmittelbar betreffende Beschlüsse ohne
Beteiligung des KL
Auschwitz und des Amtes D II des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes
getroffen wurden. Schon am 10. Oktober 1942 hatte
Arbeitseinsatzführer
Schwarz deutlich gemacht, „dass eine Überstellung von polnischen
Häftlingen
nach anderen Lagern [...] nicht möglich ist. Durch
Überstellung der polnischen
Häftlinge würde zwangsläufig der gesamte Baubetrieb des
hiesigen Lagers
lahmgelegt werden.“ [59]
Und Lagerausbau sowie Buna konnten,
worauf
Himmler wiederholt Höß hingewiesen hatte, in Auschwitz
absolute Priorität
beanspruchen. Höß, Schwarz und Maurer hätten daher
Mitte Februar 1943 niemals
dem Abzug von 6 000 gesunden, voll arbeitsfähigen
Häftlingen—„Facharbeiter“, wie es in den Fernschreiben des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes hieß, die Anfang März
ihre Überstellung
ins Reichsinnere anordneten—zustimmen können, wenn ihnen nicht
für Auschwitz
verbindlich gleichwertiger Ersatz zugesagt worden wäre.
Das KL Auschwitz als
Mit-Akteur in der Fabrikaktion
Auschwitz benötigte
also bis spätestens Mitte März, wenn die
Polentransporte Auschwitz verlassen haben würden, etwa 9 000
qualifizierte
Arbeitskräfte—6 000 als Ersatz für die abzugebenden
Polen und 3 000
zusätzliche, um das Buna-Lager von 1 500 Mann auf die der
IG Farben
zugesagte Belegstärke von erst einmal 4 500 Mann
aufzustocken. Woher sie
kommen sollten, zeigen zwei erhalten gebliebene Fernschreiben des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, die beim KL Auschwitz am
2. März
1943 eingingen. Es war der Tag, an dem der erste Berlin-Transport der Fabrikaktion
in Auschwitz eintraf.
Das erste Fernschreiben
muss, seinem Inhalt nach zu urteilen, schon
einige Tage früher aufgesetzt worden sein:
„An den
Lagerkommandanten K.L. Auschwitz
SS-Obersturmbannführer Höß
Betr: Evakuierung von Juden
Bezug: bekannt
Wie dort bekannt, beginnen am 1.3.43 die Judentransporte aus Berlin. Es wird nochmals darauf hingewiesen, daß sich bei diesen Transporten etwa 15 000 vollkommen arbeitsfähige, gesunde Juden befinden, die bisher in der Berliner Rüstungsindustrie gearbeitet haben. Auf ihre weitere Arbeitsverwendungsfähigkeit ist mit allen Mitteln Wert zu legen.
Der Chef des Zentralamtes
gez. Liebehenschel
SS-Obersturmbannführer.“ [60]
Eine
gute
Viertelstunde später ging ein weiteres Fernschreiben vom
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt in Auschwitz ein:
„Betreff: Abtransport jüdischer Rüstungsarbeiter aus Berlin.
Ich weise nochmals darauf hin, dass die jüdischen Rüstungsarbeiter aus Berlin, deren Transport gestern abrollte, auf jeden Fall arbeitsfähig erhalten bleiben müssen. Aus der Tatsache, dass sie in Berlin in der Rüstungsindustrie gearbeitet haben, ist ihre Verwendungsfähigkeit zu erkennen. Zunächst muss das Bunalager auf volle Höhe gebracht werden.
[...] Ich erwarte somit in den nächsten Tagen eine wesentliche Steigerung des Bestandes im Bunawerk.
gez. Maurer, SS-Obersturmbannführer.“ [61]
Um den Stellenwert dieses
Fernschreibens (mit dem Hinweis auf die
Priorität des Bauvorhabens der IG Farben) richtig
einzuordnen, sei daran
erinnert, dass Maurer nicht nur Amtschef D II Arbeitseinsatz
war,
sondern damals schon den Inspekteur der Konzentrationslager,
SS-Gruppenführer
Richard Glücks, regelmäßig dienstlich vertrat. (Ab
November 1943 fungierte er
dann auch offiziell als „stellvertretender Amtsgruppenchef“.) [62]
Maurers Zusage an die
IG Farben, die Vorbereitungen für den Abzug
der polnischen Häftlinge aus Auschwitz [63] und der Vorlauf
der Großrazzia
zur Entjudung des Reichsgebietes lassen sich sämtlich in
die zweite und
dritte Februarwoche 1943 datieren. Der funktionale Zusammenhang
zwischen der
Berliner Fabrikaktion einerseits und dem Häftlingstransfer
von Auschwitz
ins Reichsinnere andererseits, sowie das zeitliche Ineinandergreifen
dieser
Vorgänge machen deutlich, dass hier eine klassische
Push-and-Pull-Konstellation [64]
vorlag: Druck (push) von
Seiten
Berlins, das die Juden los werden wollte, und Sog (pull) von der
Seite
von Auschwitz, das sie als Arbeitskräfte benötigte. Zum
vollen Verständnis des
Geschehens muss also die Fabrikaktion nicht nur (wie bisher)
aus der
Berliner, sondern auch aus der Auschwitzer Perspektive betrachtet
werden.
Das Doppelspiel der Männer vom Judenreferat RSHA
IV B 4
In beiden oben zitierten
Fernschreiben vom
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt wird vorausgesetzt („Wie dort
bekannt“, „Ich
weise nochmals darauf hin“), dass Auschwitz über Zeit und Umfang
der Berliner Fabrikaktion
vorab unterrichtet worden war. Das musste aber schon etliche Tage vor
Beginn
der Aktion geschehen sein, denn wenn die avisierten
„15 000
[...] Juden“ tatsächlich „auf jeden Fall arbeitsfähig
erhalten bleiben“
sollten—was seitens des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes zweifellos
ernst
gemeint war—dann waren sie ins Lager aufzunehmen, dort unterzubringen,
zu
bewachen und zu verpflegen sowie zur Arbeit einzuteilen.
Gleich ob man tatsächlich mit
15 000 oder nur mit 9 000 Mann, dem Mindestbedarf von
Auschwitz,
gerechnet hatte—zur Aufnahme einer derart großen Anzahl von Zugängen
war
ein mehrtägiger organisatorischer Vorlauf notwendig. In diesen
waren etliche
hochrangige SS-Dienststellen einbezogen, denen die
Lagerinstanzen zugeordnet waren, die vor Ort für die
administrative
und logistische Abwicklung der ankommenden Transporte verantwortlich
waren, wie
das Amt IV Gestapo des Reichssicherheitshauptamtes, das
die Fach-
und Dienstaufsicht über die Politische Abteilung des Lagers
ausübte, ferner die
Ämter D II und D IV [65] des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes,
denen der Arbeitseinsatzführer
beziehungsweise der Verwaltungsführer des Lagers fachlich
unterstellt waren, sowie das Zentralamt D I des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes, das die Fach- und Dienstaufsicht
über den Lagerkommandanten ausübte.
Die Amtsgruppe D
des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes wiederum musste vom
Reichssicherheitshauptamt informiert worden sein, dessen Judenreferat
IV B 4
die Deportationen plante und organisierte. Beide SS-Hauptämter und
das KL
Auschwitz mussten also schon bei der Vorbereitung der Fabrikaktion
kooperiert haben.
Die von Liebehenschel dem
KL Auschwitz genannte Zahl von 15 000 in
der Berliner Rüstungsindustrie beschäftigten Juden war um die
Monatswende
Februar/März 1943 schon nicht mehr aktuell. Sie entsprach dem
Stand von Ende
1942, war aber durch die Januar- und Februardeportationen auf etwa
11 000
abgesunken. [66] Von
diesen lebten etwa 7 000 in Mischehen. [67]
Diese Zahlen waren natürlich im Eichmann-Referat bekannt,
zumindest in ihrer
Größenordnung—keine Gruppe der Bevölkerung war so
gründlich aktenmäßig
erfasst wie die Juden—und zwar mit Sicherheit schon am
20. Februar
1943, als die Deportationsrichtlinien an die Stapo- und
Stapoleitstellen im
Lande hinaus gingen. Eichmann und seine Mitarbeiter wussten also schon
vor
Beginn der Fabrikaktion, dass die Deportation von mehr als
4 000 Rüstungsjuden
aus Berlin bedeuten würde, auch solche Juden zu deportieren, die
nach den in
ihrem eigenen Referat verfassten Richtlinien nicht „zu
evakuieren“
waren.
Bestätigt werden
diese aus der Auschwitzer Perspektive gewonnenen
Überlegungen durch eine zeitnahe Quelle Berliner Provenienz, den
Bericht Die
Lage der „Mischlinge“ in Deutschland Mitte März 1943 von
Gerhard
Lehfeldt. [68] Zur Fabrikaktion
heißt es dort unter
anderem (man
beachte, dass Lehfeldt in seinem Bericht die Begriffe
„Mischehe-Partner“ und
„Mischling“ weitgehend synonym verwendet [69]):
„Eichmann berichtet: Von der Ostfront seien eiligst 9 000 Mann angefordert worden zum Bau eines Walles. Da habe er die noch vorhandenen Juden verhaften lassen und da diese nicht ausgereicht hätten, habe er auch auf die Mischlinge [...] zurückgegriffen. – Es handele sich also nicht um Deportierung, sondern um Arbeitseinsatz.“ [70]
Eichmann hatte also
Lehfeldts Gewährsmann gegenüber bezüglich der in Mischehe
lebenden Juden und jüdischen Mischlinge Klartext geredet,
anders als
gegenüber Weihbischof Wienken, den er offenbar schlicht angelogen
hatte.
Man lasse sich nicht von
dem „Wall“ an der „Ostfront“ in Lehfeldts
Bericht irritieren. Einen solchen „eiligst“ zu bauen war nach
Stalingrad höchst
plausibel. Lehfeldts Gewährsmann, vielleicht sogar Eichmann
selbst, mag sich
diese Legende zurecht gelegt haben. Auschwitz war nicht umsonst mit
einem
Schleier von Geheimhaltung umgeben. Die Richtung „Osten“ stimmte
allemal. Auch
die von Eichmann erwähnte Dringlichkeit der Anforderung
(„eiligst“), vor allem
aber die von ihm genannte Zahl „9 000 Mann“ — genau der
seinerzeitige
Mindestbedarf von Auschwitz, um die 6 000 abzugebenden Polen zu
ersetzen
und das Buna-Lager um die zugesagten 3 000 Mann aufzustocken —
weisen klar
auf Auschwitz als Ort des geplanten „Arbeitseinsatzes“ hin.
Eichmann, bei seinen
SS-Kameraden vom Wirtschafts-Verwaltungshauptamt im
Wort, musste also auch in Mischehe lebende Juden, die nach den
Richtlinien, die in seinem Referat selbst verfasst worden waren,
eigentlich
nicht deportierbar waren, verhaften lassen mit der Absicht, sie
gleichfalls
nach Auschwitz abzuschieben. [71]
Ein Hintertürchen hatten er
und seine
Mitarbeiter sich dabei offen gelassen: sie hatten dem Ausnahmenkatalog
der
Deportationsrichtlinien mit Bedacht das Wörtchen „vorerst“
vorangestellt. So
konnten sie im Prinzip jederzeit eine Ausnahmeregelung, etwa die
für Juden in Mischehen,
ganz oder teilweise aufheben.
Es machte also für
die Organisatoren der Endlösung im Reich
durchaus Sinn, jedem Berliner Deportationstransport nach Auschwitz etwa
ein
Dutzend Juden aus Mischehen beizugeben, und auch, ein
größeres
Kontingent Mischlinge und Mischehe-Partner erst einmal
in der
Rosenstraße festzuhalten — die Gestapo würde abwarten und
sehen, wie die
Bevölkerung darauf reagieren würde. Wenn alles glatt ginge —
wie dies bei
sämtlichen vorhergehenden Judenaktionen im Reich der Fall
gewesen war —
dann würde man die in der Rosenstraße Festgehaltenen auch
nach Auschwitz
„evakuieren“, bis auf die wenigen, die man wegen besonderer Beziehungen
(vorerst) entlassen musste [72]
oder die man als Ersatz für
die zu
deportierenden ungeschützten volljüdischen
Mitarbeiter der inzwischen
verkleinerten jüdischen Einrichtungen benötigte. [73]
Dann würde das
nächste Kontingent Juden aus Mischehen verhaftet werden.
Einige von ihnen würden wiederum die Mitarbeiter der —inzwischen
weiter verkleinerten — jüdischen Einrichtungen ersetzen, und so
fort. Die Zahl der Juden in Berlin würde sich schnell Null
nähern. Sollte jedoch die Gestapo Ärger bekommen, könnte
sie jederzeit die Deportation dieser Juden unter Berufung auf die
Ausnahmeklauseln der Deportationsrichtlinien anhalten, die Verhafteten
entlassen, ja sogar einige irrtümlich Deportierte (als
Zeichen guten Willens) wieder aus Auschwitz zurück holen.
Das
Reichssicherheitshauptamt würde einen geeigneteren Moment
abwarten, um Berlin wirklich judenfrei zu machen, wie es dann
im Herbst 1944 auch (fast)
geschah.
Ein derartiges
Doppelspiel, vorsichtig Schritt für Schritt vorgehend,
dabei ab und zu einen Versuchsballon fliegen zu lassen — „einen
Vorstoß“
machen, wie es H. G. Adler genannt hat [74] — dabei immer die
Opfer und
alle, die deren Partei ergriffen, auszutricksen, aber auch dann, wenn
sich
öffentlicher Protest erhob, vorläufig zurück zu stecken,
war die gängige
Methode, mit der die Nationalsozialisten heikle innenpolitische
Probleme
anpackten. So gingen sie in ihrem Kirchenkampf vor, bei ihrem Euthanasie-Programm
und bei der Lösung der jüdischen Frage im eigenen
Lande und in
Frankreich. [75] In
diesen Zusammenhang—als
„Vorstoß“—fügt sich auch die
Deportation der fünfundzwanzig in Mischehe lebenden Juden
aus der
Rosenstraße ein, die schon in Berlin unter den „voll
arbeitsfähigen, gesunden
Juden“ selektiert und dem KL Auschwitz zum „Arbeitseinsatz“
überstellt worden
waren. Es scheint, dass hier erstmals ausprobiert wurde, die durch die
eigenen
Deportationsrichtlinien vorgegebenen Beschränkungen legal
zu umgehen.
Vielleicht sollten die Fünfundzwanzig aber auch nur ein Trostpflaster sein für Auschwitz und dessen Arbeitseinsatzführer Schwarz, der sich bei seinem Fachvorgesetzten Maurer vom SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt bitter darüber beschwert hatte, dass man ihm mit den Berliner Transporten wieder einmal überwiegend Alte, Kranke und Kinder statt der zugesagten „vollkommen arbeitsfähigen, gesunden Juden“ geschickt hatte: „Wenn die Transporte aus Berlin weiter mit so vielen Frauen u[nd] Kindern nebst alten Juden anrollen, verspreche ich mir im Punkte Einsatz nicht viel. Buna braucht vor allen Dingen jüngere b[e]z[iehungs]w[eise] kräftige Gestalten.“ [76] Und gerade von diesen musste er zwei Wochen später fünfunddreißig wieder zurück geben.
Schlussfolgerung
Der Blick auf die Berliner Fabrikaktion aus der Auschwitzer Perspektive macht deutlich, dass weder die Ausnahmeregelungen in den Deportationsrichtlinien des Reichssicherheitshauptamtes vom 20. Februar 1943 noch die beschwichtigenden Äußerungen Eichmanns gegenüber Weihbischof Wienken für bare Münze genommen werden dürfen. Die in der wissenschaftlichen Diskussion bislang unberücksichtigte Rolle des KL Auschwitz als Mit-Akteur widerlegt ferner die Annahme, bei der Fabrikaktion sei eine Deportation von jüdischen Mischlingen und Partnern von Mischehen nach Auschwitz nicht geplant gewesen. Damit sind alle Schlüsse, die aus dieser Prämisse gezogen wurden, hinfällig geworden. Dies gilt insbesondere für die Aussage, die öffentlichen Proteste arischer Familienmitglieder gegen die Inhaftierung ihrer jüdischen Kinder und Ehegatten in der Rosenstraße und anderswo in Berlin seien überflüssig und damit letzten Endes auch wirkungslos gewesen. Die Frage, wer die Freilassung der im Gebäude Rosenstraße 2-4 Festgehaltenen und die Rückholung von fünfunddreißig schon nach Auschwitz deportierten Juden veranlasst habe und warum, ist damit wieder offen.
Anmerkungen
[1] Für
eine
zahlenmäßig kleine
Gruppe von Juden, vor allem
alte Personen und Träger von Kriegsauszeichnungen, war nicht
Abschiebung nach Auschwitz, sondern „Wohnsitzverlegung“ nach
Theresienstadt vorgesehen. Siehe Richtlinien zur technischen
Durchführung der Wohnsitzverlegung von Juden nach Theresienstadt
vom 20. Februar 1943. Dokumentiert in: Antonia Leugers (Hg.), Berlin,
Rosenstraße 2-4: Protest in der NS-Diktatur.
Neue Forschungen
zum Frauenprotest in der Rosenstraße 1943, Annweiler 2005. In
Berlin waren
hiervon 1 342 Jüdinnen und Juden betroffen. Sie wurden gut
eine Woche nach
Ende der Fabrikaktion mit RSHA-Transport I/90 vom 18. März
nach
Theresienstadt deportiert.
[2] Wolf Gruner, Die
Fabrik-Aktion und die
Ereignisse in der
Berliner Rosenstraße. Fakten und Fiktionen um den 27. Februar
1943, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 11 (2002),
S. 137-177, hier:
S. 154.
[3] Nach Wolf Gruner
betraf dies jedoch nur etwa
ein Viertel
aller Berliner Mischlinge und Mischehe-Partner. Wolf
Gruner, Ein Historikerstreit? Die Internierung der Juden aus Mischehen
in der Rosenstraße 1943. Das Ereignis, seine Diskussion und seine
Geschichte, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1
(2004), S. 5-22, hier:
S. 15.
[4] Zahl nach Beate
Meyer, Die Inhaftierung der
„jüdisch
Versippten“ in der Berliner Rosenstraße im Spiegel
staatsanwaltlicher
Zeugenvernehmungen in der DDR, in: Jahrbuch für
Antisemitismusforschung 11
(2002), S. 178-197, hier S. 185 f.
[5] Näheres hierzu
bei Pascal Prause, Juden
in „Mischehen“
und „jüdische Mischlinge“ als Opfer der „Fabrik-Aktion“—zur
Notwendigkeit einer
Re-Interpretation der Ereignisgeschichte, in: Leugers (Hg.), Berlin,
Rosenstraße 2-4, S. 19-46.
[6] So die offizielle
Sprachregelung.
[7] Nachweis für
diesen und die folgenden
Transporte der Fabrikaktion
bei Joachim Neander, Die Auschwitz-Rückkehrer vom
21. März 1943, in:
Leugers (Hg.), Berlin Rosenstraße 2-4, S. 115-143,
hier
S. 132 ff.
[8] Nathan Stoltzfus, Widerstand
des Herzens.
Der
Aufstand der Berliner Frauen in der Rosenstraße – 1943.
München 2002 (dtv
30845), S. 324. Deutsche Erstauflage: München und Wien 1999.
[9] Näheres hierzu
bei Neander, Die
Auschwitz-Rückkehrer.
[10] Zum Beispiel
Georg Zivier, Aufstand der
Frauen, in: Sie,
Dezember 1954. Zivier, Jude in rassisch gemischter Ehe, war
Zeitzeuge
der Ereignisse in Berlin.
[11] Nathan Stoltzfus,
Resistance of the
Heart.
Intermarriage and the Rosenstrasse Protest in Nazi Germany. New
York und
London 1996.
[12] Siehe Anmerkung 8.
[13] Wolf Gruner, Der
geschlossene
Arbeitseinsatz
deutscher Juden. Zur Zwangsarbeit als Element der Verfolgung 1938-1945.
Berlin 1997.
[14] Wolf Gruner, Die
Fabrik-Aktion,
passim. Ferner
Wolf Gruner, Ein Historikerstreit?, passim, sowie Wolf Gruner, Re:
Forum:_Rosenstrasse_, 14. September 2004, http://www.h-net.org/~german.
[15] RSHA
IV B 4 a, Az.
2093/42g (391).
Dokumentiert in: Leugers (Hg.), Berlin Rosenstraße 2-4,
S. 203-207.
[16] Gruner, Ein
Historikerstreit?,
S. 15.
[17] Wolfgang Benz,
Kitsch as Kitsch can
[Rezension des
Spielfilms „Rosenstraße“ (Regie Margarethe von Trotta,
Deutschland, 2003)], in:
Süddeutsche Zeitung vom 18. September 2003.
[18] Claudia
Schoppmann, Rettung von Juden: ein
kaum
beachteter Widerstand von Frauen, in: Beate Kosmala und Claudia
Schoppmann (Hg.) Solidarität und Hilfe für Juden
während der NS-Zeit, Band 5: Überleben im Untergrund. Hilfe
für Juden in Deutschland 1941-1945.
Berlin 2002,
S. 113 f.
[19] Meyer, Die
Inhaftierung, passim;
ferner Beate
Meyer, Geschichte im Film: Judenverfolgung, Mischehen und der Protest
in der
Rosenstraße 1943, in: Zeitschrift für
Geschichtswissenschaft 1(2004),
S. 23-36, hier: S. 30.
[20] Re:
Forum:_Rosenstrasse_,
10. August 2004, http://www.h-net.org/~german.
[21] Zugang
war die lagerinterne
Bezeichnung für
Personen, die als Häftlinge registriert und in den Bestand des
Lagers
aufgenommen wurden.
[22] Rapportführer
war derjenige
SS-Mann, der die
täglichen Appelle der Häftlinge abnahm. Im Stammlager von
Auschwitz war einer
der berüchtigtesten Rapportführer Oswald Kaduk, im
Frankfurter
Auschwitz-Prozess am 20. August 1965 wegen mehrfachen Mordes zu
lebenslangem Zuchthaus verurteilt.
[23] Ausführlich
hierzu: Franciszek Piper, Arbeitseinsatz
der Häftlinge aus dem KL Auschwitz, Oświęcim 1995.
[24] In Oranienburg
befand sich die Inspektion der
Konzentrationslager, ab März 1942 „Amtsgruppe D“ des
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes.
[25] In Berlin befand
sich das
Reichssicherheitshauptamt,
das für Einweisungen und Entlassungen von Häftlingen
zuständig war. Ihm
unterstand auch die Häftlings-Personalverwaltung („Politische
Abteilung“) im
Lager selbst.
[26] Ab 15. April
1942 vorläufig, ab
23. September
1942 endgültig. Kommandantur-Sonderbefehle von diesen Tagen,
Archiv des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau in Oświęcim (im
Folgenden:
APMAB) Sign.
D-AuI-1/Kommandanturbefehle.
[27] Schwarz‘
Dienstvorgesetzter war und blieb
(bis
21. November 1943) der Lagerkommandant. Das System der doppelten
Unterstellung war im NS-Staat gang und gebe. Es eröffnete dem
Einzelnen
Freiräume und machte das System flexibel, aber auch schwer
berechenbar.
[28] APMAB Sign.
D-AuI-1/Standortbefehl Nr 53/43.
[29] Das Werk kam bis
Kriegsende nicht über
Versuchsbetrieb
hinaus, unter anderem wegen Bombardierungen durch die Amerikaner im
Herbst 1944
und die Sowjets im Dezember 1944. Endausbau und Aufnahme der Produktion
erfolgten in der Nachkriegszeit. 1997 strich das—inzwischen
privatisierte—Werk
das belastete Wort „Oświęcim“ aus seinem Namen, „um
ausländische
Investoren nicht abzuschrecken“, wie es in einer Pressemitteilung
hieß.
[30] Leitlinien
betreffs Bau der Betriebe der
Buna-Werke in
Auschwitz vom 18. Februar 1941, zitiert nach: Piper, Arbeitseinsatz,
S. 239.
[31] Danuta Czech, Kalendarz
wydarzeń w KL
Auschwitz
[Chronik des KL Auschwitz], Oświęcim 1992, S. 52.
[32] Schreiben von
SS-WVHA D II/1 an KL Auschwitz vom 5. Oktober 1942.
Abschrift in: Natan Blumental (Hg.), Dokumenty i materiały –
tom I – obozy [Dokumente und Materialien.
Bd. I: Die
Lager], Łódź 1946, S. 73.
[33] Czech, Kalendarz,
S. 267-270.
[34] Ebenda,
S. 273.
[35] „Muselmann [...]
wurde in den
Konzentrationslagern zur
Bezeichnung von Häftlingen verwendet, die durch Hunger,
Entkräftung und Verzweiflung kurz vor dem Tod standen.“ Israel
Gutman (Haupt-Hg.), Eberhard Jäckel, Peter Longerich, Julius H.
Schoeps (Hg. der deutschen Ausgabe), Enzyklopädie des
Holocaust. Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden,
München und Zürich o. J., Stichwort „Muselmann“,
S. 977-978, hier:
S. 977.
Ausführlich zu Etymologie und Gebrauch von Muselmann im
KZ: Danuta Wesołowska, Wörter aus der Hölle. Die
„lagerszpracha“ der Häftlinge von Auschwitz, Kraków
1998, S. 115-140.
[36] Funkspruch vom
30. Oktober 1942. APMAB Sign.
D-AuI-3a/11 nr inw. 31982.
[37] Czech, Kalendarz,
S. 273.
[38] Wochenbericht IG
Farben Auschwitz
Nr. 76/77 für
die Zeit vom 2.-15.11.1942. APMAB Proces Maurera tom 7
str. 60.
[39] 1388
Häftlinge am 15. November
1942. Irena
Strzelecka und Piotr Setkiewicz, Bau, Ausbau und Entwicklung des KL
Auschwitz und seiner Nebenlager, in: Wacław Długoborski und Franciszek
Piper, Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des
Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, Oświęcim 1999,
Bd. I, S. 73-155, hier:
S. 130.
[40] Fernschreiben an
SS-WVHA D II vom
5. Dezember
1942. APMAB Sign. D-AuI-3a/16 nr inw. 31987.
[41] Die Einlieferungsquarantäne
sollte das
Einschleppen von Seuchen, insbesondere Typhus und Fleckfieber, ins
Lager verhindern. Sie betrug in der Regel drei bis vier Wochen und
diente zugleich zur Eingewöhnung des Zugangs an das
Lagerleben. Die in der Regel äußerst brutale Initiation
forderte unter den erstmals ins KZ Eingelieferten zahlreiche Opfer,
vornehmlich unter den Alten, Schwachen und sensiblen Naturen.
Ein Zugang
hatte regulär zuerst die Quarantäne im Einweisungslager
(Stammlager) zu
absolvieren. Bei Verlegung in ein Außenlager (oder ein anderes
KZ, auch bei
Entlassung) war noch einmal eine Entlassungsquarantäne zu
durchlaufen,
daher „3+3 Wochen“.
[42] Schreiben von
SS-WVHA D II an KL
Auschwitz vom 11.
Januar 1943. APMAB Sign. D-AuI-3a/21 nr inw. 31992.
[43] Fernschreiben von
Oranienburg D II an KL
Auschwitz
vom 26. Januar 1943. APMAB Sign. D-AuI-3a/32 nr inw. 32003.
[44] Zitate in diesem
Absatz aus: Fernschreiben
von KL
Auschwitz, gezeichnet Schwarz, SS-Obersturmführer, an SS-WVHA Amt
D II, vom 20. Februar 1943. APMAB Sign. D-AuI-3a/65 nr inw.
32119.
Rechtschreibung im Original belassen.
[45] Es war
gängige Praxis der abgebenden
Konzentrationslager, sich auf diese Weise der Schwächsten ohne
große
Scherereien zu entledigen.
[46] Bernd C. Wagner, IG
Auschwitz.
Zwangsarbeit und
Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941-1945,
München 2000,
S. 333 (Zahlen vom 12. Februar 1943).
[47] Wochenbericht IG
Farben Auschwitz Nr. 90/91
Teil I
für die Zeit vom 8.‑21.2.1943. APMAB Proces Maurera tom 7
str. 63.
[48] „Die
Feindnachrichten abzuhören war
nicht schwer, es
gab genug Radiogeräte in Auschwitz.“ Rudolf Höß, Kommandant
in Auschwitz.
Autobiographische Aufzeichnungen. Herausgegeben von Martin Broszat,
München
1963, S. 151.
[49] Im Reich—dem
Auschwitz durch Annexion des Oststreifens
zugeschlagen worden war—war eine dreitägige Staatstrauer verordnet
worden. Im
besetzten Polen ließ Generalgouverneur Frank am 4. Februar
für drei Tage
alle Theater-, Kino- und Kabarett-Vorstellungen sowie
Vergnügungsveranstaltungen verbieten. Tadeusz Wroński, Kronik
okupanowego
Krakowa [Chronik des besetzten Krakau], Kraków 1974,
S. 253.
[50] So
charakterisiert im Schreiben von
Höß an Richard
Glücks, Inspekteur der Konzentrationslager, vom 10. Juli
1940.
Auszugsweise zitiert in: Strzelecka/Setkiewicz, Bau, Ausbau und
Entwicklung,
S. 84.
[51] Dass Stalingrad
die Stimmung in der
polnischen
Bevölkerung gehoben und den Widerstandsbewegungen Auftrieb gegeben
hat, ist in der polnischen Historiographie unbestritten. Siehe etwa:
Andrzej Chwalba, Dzieje Krakowa. Kraków w latach 1939-1945
[Geschichte Krakaus.
Krakau in den
Jahren 11939-1945], Kraków 2002, S. 258.
[52] Kommandierte
waren Häftlinge,
die im Innendienst
des Lagers eingesetzt waren, ohne dabei eine Kapo-Funktion
auszuüben,
wie etwa Schreiber, Krankenpfleger, Häftlingsärzte,
Handwerker, Musiker,
Küchenpersonal.
[53] Höß, Kommandant
in Auschwitz,
S. 151.
[54] Ausführlich
hierzu: Henryk Świebocki, Widerstand,
Bd. IV von Długoborski/Piper, Auschwitz 1940-1945, passim.
[55] Czech, Kalendarz,
S. 359 Fußnote
28 und
S. 393 Fußnote 46. Als Indiz mag auch die Tatsache dienen,
dass das
SS-WVHA verlangte, unter den Anfang April 1943 von Mauthausen nach
Auschwitz zu
überstellenden 1000 Häftlingen dürften „aus
Sicherheitsgründen keine Polen“
sein. Fernschreiben des SS-WVHA, unterzeichnet vom Amtsgruppenchef D,
Glücks,
vom 29. März 1943. APMAB Sign. D-AuI-3a/151 nr inw. 32205.
[56] Rudolf
Höß spricht in seinen im
Krakauer Gefängnis
niedergeschriebenen Aufzeichnungen sogar, dass „1943 der generelle
Befehl“ gekommen sei, „alle Polen nach Lagern im Reich zu
überführen“. Höß, Kommandant in Auschwitz,
S. 155. Hervorhebung J. N.
[57] Fernschreiben von
Oranienburg, aufgenommen von der Fernschreibstelle des KL Auschwitz am
25. Februar 1943, 18.45 Uhr.
APMAB
Sign. D-AuI-3a/75 nr inw. 32129.
[58] Fernschreiben von
SS-WVHA (Glücks) an die Kommandanten von Auschwitz und Buchenwald
vom 3. März 1943: „K.L. Auschwitz überstellt zum K.L.
Buchenwald 1.000 polnische Häftlinge [...]“. Das Auschwitzer
Exemplar trägt den handschriftlichen Vermerk „10.3.43 erledigt“.
APMAB Sign. D-AuI-3a/89 nr inw. 32143. Ein gleichlautendes
Fernschreiben ging an die Kommandanten von Auschwitz und Neuengamme. Es
trägt ebenfalls den Erledigungsvermerk „10.3.43“.
APMAB Sign. D-AuI-3a/92 nr inw. 32146.
[59] Schreiben von KL
Auschwitz IIIa an
SS-WVHA D II vom 10. Oktober 1942. APMAB Sign.
D-AuI-3a/9 nr
inw. 31980.
[60] Im KL Auschwitz
angefertigte Abschrift des
Fernschreibens Nr. 1298 [vermutlich ein Zahlendreher; es
müsste 1289 heißen, J. N.] von Oranienburg, aufgenommen am
2. März 1943 um 21.40 Uhr.
APMAB Sign. D-AuI-3a/85a nr inw. 172841, Hervorhebungen im Original.
Das
Fernschreiben dürfte am 27. Februar, dem Tag der Aktion,
aufgesetzt worden, aber über das Wochenende liegen geblieben sein.
Das formale Präsens „beginnen“ ist aus dem Kontext („am
1. März“) als futurisch zu verstehen.
Das SS-WVHA hat diese—auch umgangssprachlich übliche—Form des
nahen Futurs
durchgehend in seinen Fernschreiben verwendet.
[61] Fernschreiben Nr.
1290 von Oranienburg,
aufgenommen vom
Fernschreibdienst des KL Auschwitz am 2. März 1943 um 21.59.
Abschrift in
Blumental, Dokumenty, S. 108.
[62] Jan Erik Schulte,
Zwangsarbeit und
Vernichtung: Das
Wirtschaftsimperium der SS. Oswald Pohl und das
SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt 1933-1945,
Paderborn/München/Wien/Zürich
2001, S. 390.
[63] Dass am Ende
statt 6 000 nur 5 001
Mann
transferiert wurden, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
[64] Ein Begriff aus
der Migrationsforschung.
[65]
Konzentrationslager-Verwaltung.
[66] Gruner, Die
Fabrik-Aktion,
S. 154.
[67] Ebenda,
S. 158.
[68] Dokumentiert in
Leugers (Hg.), Berlin,
Rosenstraße
2-4, S. 233-238.
[69] Siehe hierzu
Nathan Stoltzfus, Heikle
Enthüllungen:
Gerhard Lehfeldts Bericht an Kirchenführer beider Konfessionen
über den
Massenmord an den Juden Europas, in: Leugers (Hg.), Berlin,
Rosenstraße 2-4,
S. 145-162.
[70] Ebenda,
S. 236.
[71] Ähnlich
waren der Pariser SD und die mit den Deutschen kollaborierenden
französischen Polizeikräfte in Frankreich vorgegangen.
Reichten die für einen Transport vorgesehenen deportierbaren Juden
nicht aus, so füllte man ihn mit eigentlich nicht deportierbaren
auf.
Beispiele bei Serge
Klarsfeld, Vichy-Auschwitz. Le rôle de Vichy dans la Solution
Finale de la
Question Juive en France—1942, Paris 1983, S. 431, 440, 441
und 446.
[72] So etwa den Vater
von Werner Goldberg. Vgl.
Stoltzfus, Widerstand
des Herzens, S. 300.
[73] Es ist das
unbestrittene Verdienst von Wolf
Gruner,
hierauf erstmalig aufmerksam gemacht zu haben.
[74] H. G. Adler, Der
verwaltete Mensch.
Studien zur
Deportation der Juden aus Deutschland, Tübingen 1974,
S. 202.
[75] Zu Frankreich
siehe etwa Joachim Neander, Die
Rosenstraße von außen gesehen – Wechsel der Perspektiven,
in: Leugers (Hg.), Berlin,
Rosenstraße 2-4, S. 163-202.
[76] Schwarz bezieht
sich auf den
33. RSHA-Transport
aus Berlin, der am 4. März 1943 in Auschwitz eintraf. Von 632
Männern waren 517, von 1118 Frauen und Kindern ganze 200 arbeitsfähig.
Die 1033
übrigen erhielten „S[onder]B[ehandlung]“, das heißt, sie
wurden von der Rampe
weg ins Gas geschickt. Fernschreiben von KL Auschwitz, „gez. Schwarz,
SS-Obersturmführer“,
an SS-WVHA D II vom 5. März 1943. Abschrift in
Blumental, Dokumenty,
S. 109.
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