theologie.geschichte - Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte

Lucia Scherzberg


Der Papst und der „Fall Williamson“. Chronologie und Analyse des Konflikts

 

Am 21. Januar 2009 hob Papst Benedikt XVI. die Exkommunikation von vier Bischöfen der Priesterbruderschaft St. Pius X. auf. Die Bischöfe hatten sich die Exkommunikation durch ihre vom Papst nicht gebilligte Weihe durch Erzbischof Marcel Lefebvre zugezogen. Dies wurde als Setzen eines schismatischen Aktes, also einer Kirchenspaltung bewertet. Die Exkommunikation ist im kirchlichen Recht eine sog. Beugestrafe, welche die Betroffenen dazu bringen soll, die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns zu überdenken und diese zu bereuen. Geschieht dies, wird sie wieder zurückgenommen.

Der Sturm des Protestes, der daraufhin in großen Teilen der Welt, vor allem aber in Deutschland, ausbrach, führte zur größten Krise der katholischen Kirche im Pontifikat Benedikts XVI. Schlagzeilen wie „Der Papst bringt die Welt gegen sich auf“[1], „Die Reaktionäre kehren zurück“[2] oder gar „Wir wollen nicht mehr Papst sein“[3] beherrschten wochenlang den deutschen Blätterwald. Der Konflikt entzündete sich an der Tatsache, dass einer der betroffenen Bischöfe ein Holocaust-Leugner ist. Seine Leugnung des Holocausts wurde am Tag der Unterschrift unter das Dekret zur Aufhebung der Exkommunikation in einem Interview für das schwedische Fernsehen ausgestrahlt.

Doch nicht allein diese Tatsache, sondern auch die Absicht des Papstes, das Schisma zu überwinden und die Piusbruderschaft in die Kirche zurückzuführen, stieß auf Kritik.

Um das ganze Ausmaß des „Falles Williamson“ zu begreifen, ist es deshalb nötig, sich zunächst die Entstehung der Piusbruderschaft und ihre Konflikte mit dem Vatikan vor Augen zu führen.


Entstehung und Entwicklung der Piusbruderschaft

Die Priesterbruderschaft St. Pius X. (lat.: Fraternitas Sacerdotalis Sancti Pii X.; abgekürzt FSSPX) wurde von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet.[4] Sie bezeichnet sich selbst als eine „Priestervereinigung mit Gemeinschaftsleben ohne Gelübde“, die vom Bischof von Fribourg, Lausanne und Genf 1970 errichtet worden sei. Richtig ist, dass die Bruderschaft mit Einverständnis Bischof Charrières entstand, jedoch gestattete er sie nur in der Form einer pia unio, einer frommen Vereinigung und auch nur ad experimentum, d.h. für die Dauer von sechs Jahren.[5] Nach Ablauf dieser Zeit konnte die Genehmigung stillschweigend um weitere sechs Jahre verlängert und danach die endgültige Kanonisierung in die Wege geleitet werden. Da im bischöflichen Dokument aber auch von der Bruderschaft als einer Gesellschaft (societas) gesprochen wird, wurde diese Zweideutigkeit von den Piusbrüdern so gedeutet, dass sie eine Vereinigung im o.g. Sinne seien. Der Unterschied besteht darin, dass eine pia unio keine juristische Person in der Kirche darstellt und dass sie vom Diözesanbischof wieder aufgelöst werden kann.

Die Priesterbruderschaft installierte ein Priesterseminar im schweizerischen Ecône und begann mit der Priesterausbildung. Die zunehmenden Spannungen zwischen Lefebvre und dem Episkopat, insbesondere den französischen Bischöfen führten zur Einrichtung einer Kardinalskommission durch Paul VI., um die Situation zu überprüfen. Nach einer apostolischen Visitation des Seminars im Jahr 1974 trat Erzbischof Lefebvre mit einer Erklärung an die Öffentlichkeit, in der er die „neo-modernistischen“ und „neo-protestantischen“ Tendenzen des 2. Vatikanischen Konzils anprangerte, die zur Zerstörung der Kirche, des Priestertums, der Heiligen Messe und der Sakramente geführt hätten. [6] Nicht einmal die höchste Autorität in der Kirche, sprich der Papst, könne die Piusbruderschaft dazu bewegen, den katholischen Glauben zu verlassen, wie er in der Kirche seit 19 Jahrhunderten verkündet worden sei. Das 2. Vatikanische Konzil stand demnach für Lefebvre nicht in der katholischen Tradition.

Der Nachfolger Bischof Charrières, Bischof Pierre Mamie, der zum 40jährigen Jubiläum der Konzilseröffnung sagen sollte, dass er das Konzil als die größte Gnade ansehe, die Gott der Kirche und der Welt im 20. Jahrhundert erwiesen habe[7], griff mit Billigung des vatikanischen Sekretariats für die Religiosen zu Disziplinarmaßnahmen und widerrief die Genehmigung seines Vorgängers. Die Piusbrüder akzeptierten dies nicht unter Berufung auf ihren vermeintlichen Status als Priestervereinigung mit Gemeinschaftsleben ohne Gelübde. Die Kardinalskommission delegierte an Bischof Mamie das Recht, der Bruderschaft die Anerkennung zu entziehen. Damit war zugleich das Priesterseminar aufgehoben.

Lefebvre aber machte unbeirrt weiter. 1976 kündigte er die Weihe von Priestern an. Die Durchführung der Weihe würde bedeuten, dass er sich automatisch eine Suspendierung für ein Jahr zuziehen würde. Der Vatikan verwarnte Lefebvre und setzte ihn ausdrücklich vom Willen des Papstes in Kenntnis. [8] Am 29. Juni 1976 vollzog Bischof Lefebvre die Weihe und zog sich damit die Suspendierung zu. Nach dem Erhalt eines Monitum, in dem er zum Einlenken aufgefordert wurde[9], wurde er am 22. Juli 1976 durch die vatikanische Bischofskongregation von allen priesterlichen Funktionen suspendiert (die sog. suspensio a divinis). [10] Lefebvre kommentierte die Suspendierung so: „Das heißt, es ist mir verboten, die neue Messe zu feiern, die neuen Sakramente zu spenden, die neue Lehre zu predigen. Gerade weil ich diese Neuerungen seit ihrer Einführung ablehne, verbietet man mir nunmehr offiziell, sie anzuwenden. Weil ich die neue Messe ablehne, verbietet man mir, sie zu lesen. Daraus kann man erraten, wie gering der Schaden ist, den diese Suspension zufügt. … Wir sind ‚suspendiert a divinis‘ von der konziliaren Kirche und für die konziliare Kirche. Dieser Kirche wollen (wir) aber gar nicht angehören.“ [11]

1978 wurde Lefebvre vom neuen Papst Johannes Paul II. empfangen. Im November 1983 veröffentlichte Lefebvre aus Anlass der Promulgation des neuen kirchlichen Gesetzbuches (Codex iuris canonici von 1983) ein „Bischöfliches Manifest“, in dem er seiner Meinung Ausdruck verlieh, dass den Irrtümern des Konzils nun der Rang des Rechtes zuerkannt worden sei. [12] Diese Auflistung schickte er Papst Johannes Paul II. mit der Aufforderung zu, hier Abhilfe zu schaffen.

Zu diesen „Irrtümern“ zählte Lefebvre die unzulässige ökumenische Ausweitung des Kirchenbegriffs, die sich im Bild der Kirche als Volk Gottes manifestiere – dies führe z.B. zu der Meinung, dass „der Protestantismus nichts anderes ist als eine spezielle Form derselben christlichen Religion“. Dies widerspreche der göttlichen Offenbarung, die Trennung vorschreibe. Weiterhin wandte sich der Erzbischof gegen die Religionsfreiheit und die religiöse Neutralität des Staates, die „juristische Gleichheit zwischen den falschen Religionen und der Wahren“ bedeuteten. Diese für ihn falschen Menschenrechte stammten für Lefebvre von den „Pseudophilosophen“ der Französischen Revolution, von „Agnostikern und Materialisten“. In Staaten mit katholischer Mehrheit dürfe keine religiöse Neutralität des Staates herrschen – dies sei eine Beleidigung für „Unseren Herrn und seine Kirche“. Die vom 2. Vatikanischen Konzil wiederbelebte Kollegialität der Bischöfe betrachtete Lefebvre als unzulässige Demokratisierung und die Liturgiereform als Protestantisierung der Messe. Das Ganze ist eingebettet in eine klassische Verschwörungstheorie – Rom befinde sich nämlich in Übereinkünften mit der Freimaurerei, mit dem Weltkirchenrat und dem Kommunismus.

Trotz dieser Provokationen ließ der Vatikan den Gesprächsfaden nicht abreißen. Im Juni 1987 kündigte Lefebvre in einem Brief an den Präfekten der Glaubenskongregation Kardinal Ratzinger die Weihe von Bischöfen an. Dies musste den Vatikan alarmieren, da mit vollzogener Bischofsweihe das Schisma endgültig eintreten würde. In einem Brief an die vier vorgesehenen Weihekandidaten, unter ihnen Richard Williamson, gab Lefebvre nicht nur seiner schismatischen Absicht deutlichen Ausdruck, sondern auch seinem Sendungsbewusstsein, der von Gott beauftragte Retter des wahrhaft Katholischen zu sein. [13]

„Gott hat die Priesterbruderschaft St. Pius X. zur Aufrechterhaltung und zur ununterbrochenen Fortdauer eines glorreichen und sühnenden Opfers in der Kirche erweckt. Er hat sich wahre, über diese göttlichen Geheimnisse unterrichtete und davon überzeugte Priester erwählt. Gott hat mir die Gnade erwiesen, diese Priester vorzubereiten und ihnen die Gabe des Priestertums zu verleihen, um die Fortdauer des wahren Opfers gemäß der Definition des Konzils von Trient zu gewährleisten. Das hat uns die Verfolgung durch das antichristliche Rom eingebracht. Da dieses modernistische und liberale Rom sein Werk der Zerstörung der Herrschaft Unseres Herrn weiterverfolgt, wie Assisi (das Gebet der Weltreligionen für den Frieden; LS) und die Bekräftigung der liberalen Thesen des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Religionsfreiheit beweisen, sehe ich mich durch die göttliche Vorsehung gezwungen, die Gnade des katholischen Bischofsamtes, die ich empfangen habe, weiterzugeben, damit die Kirche und das katholische Priestertum fortfahren zu bestehen, zur Ehre Gottes und zum Heil der Seelen.“ [14] Die Piusbrüder werden also als der „heilige Rest“ verstanden; Lefebvre sieht sich selbst als Werkzeug Gottes im Kampf gegen den Antichristen, den er, wie so viele christliche Fundamentalisten und Sekten in Rom am Werke sieht – es fehlt nur noch die ausdrückliche Bezeichnung Papst Johannes Paul II., dem der interreligiöse Dialog am Herzen lag, als Antichrist. Man wundert sich ein wenig, dass Rom angesichts einer solchen Einstellung der Piusbruderschaft die Verhandlungen überhaupt weiterführte.

Der Vorsitzende der Glaubenskongregation und der abweichlerische Erzbischof trafen sich mehrmals zu Gesprächen. Zunächst sah es so aus, als werde eine Lösung gefunden. Am 5. Mai 1988 unterzeichneten beide ein Protokoll über ein Einvernehmen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Piusbruderschaft. [15] Nach dieser Übereinkunft sollte aus der Bruderschaft eine Gesellschaft apostolischen Lebens werden, die volle Autonomie genießt, d.h. Priester ausbilden und inkardinieren kann und die in einem bestimmten Ausmaß, z.B. hinsichtlich der Gottesdienstfeier und der Seelsorge nicht der Jurisdiktion der Bischöfe unterliegt. Zusätzlich wurde in der Vereinbarung festgehalten, dass ein Bischof aus den Reihen der Bruderschaft von Erzbischof Lefebvre ausgewählt und dem Heiligen Vater zur Ernennung vorgeschlagen werden sollte. Die Suspendierung Lefebvres sollte aufgehoben und die Häuser und Gottesdienststätten der Bruderschaft genehmigt werden.

Die Gegenleistung für diese weit reichende Anerkennung der Bruderschaft sollte darin bestehen, dass Erzbischof Lefebvre seine Treue zum Papst und seine Zustimmung zu der in Art. 25 der Konstitution über die Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils enthaltenen Lehre über das kirchliche Lehramt erklären solle (hier geht es um das oberste Lehramt des Papstes). Weiterhin sollte Lefebvre die Gültigkeit der Messe und der Sakramente, die nach den von Paul VI. und Johannes Paul II. promulgierten Ausgaben des römischen Messbuches gefeiert werden, anerkennen und die Gesetze des neuen Codex iuris canonici respektieren. Zur Klärung aller weiteren Fragen sollte eine Kommission geschaffen werden, der auch zwei Mitglieder der Bruderschaft angehören würden.

Das Protokoll verlangte demnach keine explizite Anerkennung der von Lefebvre als Irrtümer bezeichneten Lehren des Konzils zur Religionsfreiheit, zu den interkonfessionellen Beziehungen etc. Lediglich die Authentizität der nachkonziliaren Messe und des kirchlichen Gesetzbuches und natürlich die Befugnisse des obersten Lehramtes der Kirche sollten von dem suspendierten Bischof ausdrücklich akzeptiert werden. Aber selbst das war Lefebvre zu viel. Er betonte, dass man unterschiedliche Ziele verfolge: Rom wolle die Versöhnung und Wiedereingliederung, die Piusbruderschaft dagegen die Anerkennung, so wie sie sei. Das bedeutet, die Piusbruderschaft wollte eigentlich nur genauso weitermachen wie bisher, aber mit dem päpstlichen Segen. Nach der Unterzeichnung des Protokolls legte man Erzbischof Lefebvre den Entwurf eines Briefes an den Papst vor, in dem er um Vergebung bittet und die Auswahl des künftigen Bischofs und den Zeitpunkt seiner Weihe in das Ermessen des Heiligen Vaters stellt. [16] Dieser Entwurf veranlasste Lefebvre, einen genauen Termin für die Bischofsweihe und mehr als einen Bischof zu verlangen – andernfalls drohte er damit, am 30. Juni die Weihen ohne Erlaubnis des Papstes vorzunehmen. [17]

Nun könnte man sich fragen, warum es möglich war, dem Heiligen Stuhl mit der Ankündigung einer illegalen Weihe zu drohen und ihn damit tatsächlich unter Druck zu setzen. Denn in der Tat begannen sich die Verhandlungen erst nach der Ankündigung im Juni 1987 zu konkretisieren, und sie erweckten unter den Piusbrüdern zunächst die Hoffnung, keinerlei Zugeständnisse hinsichtlich der Liturgie und des 2. Vatikanischen Konzils machen zu müssen. Es ist das katholische Verständnis der Sakramente und des Bischofsamtes, das es ermöglicht, hier Druck auszuüben. Denn ein suspendierter Bischof darf zwar keine Priester und Bischöfe weihen; wenn er es aber trotzdem tut, ist die Weihe gleichwohl gültig; der illegal Geweihte hat zwar kein Amt in der Kirche, verfügt aber im Fall der Bischofsweihe über die Weihegewalt, die er gültig, wenn auch unerlaubt, einsetzen kann. Die unerlaubt geweihten Bischöfe stünden in der bischöflichen Sukzession, also der Abfolge der Bischöfe, die auf die Apostel zurückgeführt wird. Das bedeutet, sie wären zwar Schismatiker, könnten aber eine Gegenkirche auf der Basis der apostolischen Sukzession aufbauen.

Um dies zu verhindern, war der Papst allerdings nicht bereit, sich Termin und Kandidaten der Bischofsweihe vorschreiben zu lassen. In einem Brief vom 9. Juni warnte Johannes Paul II. Bischof Lefebvre, die Weihen ohne apostolisches Mandat vorzunehmen, da sie einen schismatischen Akt darstellten, der die Exkommunikation nach sich ziehe. Am 17. Juni wies die Bischofskongregation nochmals darauf hin, dass Lefebvre sich im Fall der Bischofsweihe ohne Mandat und gegen den ausdrücklichen Willen des Hl. Vaters die von selbst eintretende Exkommunikation zuziehen würde.

Am 19. Juni widerrief der Erzbischof seine Unterschrift unter das Protokoll und weihte am 30. Juni 1988 Bernard Tissier de Mallerais, Bernard Fellay, Alfonso de Galarreta und Richard Williamson zu Bischöfen. Am 1. Juli erklärte der Vorsitzende der Bischofskongregation, dass nach can 1382 und 1364 CIC die Tatstrafe der Exkommunikation (excommunicatio latae sententiae) eingetreten sei, d.h. wegen illegaler Bischofsweihe und Setzung eines schismatischen Aktes[18]. Betroffen waren sowohl Lefebvre selbst als auch die vier von ihm Geweihten. Die Anhänger Lefebvres akzeptierten die Exkommunikation nicht und verwiesen auf can 1323, nachdem jemand, der in einer schweren Notlage ein kirchliches Gesetz übertreten habe, straffrei bleibe. Die schwere Notsituation sei durch das Alter Erzbischof Lefebvres und die Ungewissheit über die Fortsetzung seines Werkes zur Rettung der Kirche gegeben.

Am 2. Juli erließ Papst Johannes Paul II. das Motu proprio Ecclesia Dei, in dem die Exkommunikation Lefebvres und das Schisma noch einmal ausdrücklich herausgestellt werden. [19] Die Schwere der Tat wird damit begründet, dass in der Bischofsweihe die apostolische Sukzession sakramental weitergegeben werde. Die Wurzel dieses schismatischen Aktes sah Johannes Paul II. in dem falschen Traditionsbegriff der Piusbruderschaft, die den lebendigen Charakter der Tradition verkenne. Ein Traditionsbegriff, der sich gegen das universale Lehramt richte, „das dem Bischof von Rom und dem Kollegium der Bischöfe“ zukomme, sei widersprüchlich. Hier streicht der Papst sehr klar die Kollegialität der Bischöfe heraus. Angemahnt werden weitere und tiefere Studien, die die Kontinuität des Konzils mit der Tradition deutlich machen. Johannes Paul II. berief die Kommission Ecclesia Dei für den weiteren Dialog mit den Traditionalisten. Den Anhängern Lefebvres, die das Schisma nicht mittragen wollten, sollte die Rückkehr in die Kirche erleichtert werden. Ihre Verbundenheit mit der lateinischen Liturgie sollte respektiert und ihnen die Möglichkeit zur Feier der tridentinischen Messe gegeben werden. Im Gefolge dieses Motu proprio entstand beispielsweise aus ehemaligen Anhängern Lefebvres die Petrusbruderschaft, die nun ihre Treue zum Papst erklärte und eine Sondererlaubnis erhielt, die tridentinische Messe zu feiern.

Am 25. März 1991 starb Erzbischof Marcel Lefebvre, und der unerlaubt geweihte Bernard Fellay übernahm die Führungsrolle in der Bruderschaft. Er war federführend in den Verhandlungen mit dem Vatikan. Eine spektakuläre Pilgerfahrt der Piusbrüder im Heiligen Jahr nach Rom, bei der an die 5000 Anhänger der Bruderschaft unter Führung Fellays durch die Heilige Pforte in den Petersdom einzogen, war angeblich mit dem Vatikan abgestimmt. In geheimen Verhandlungen war eine gemeinsame Erklärung verfasst worden, die zu Ostern 2001 feierlich paraphiert werden sollte. Doch wieder wurde nichts daraus. Die Piusbrüder vermuteten einmal mehr eine Falle, die Rom ihnen stellen wollte. Sie verlangten zum einen, dass es jedem Priester in der katholischen Kirche freigestellt werden müsse, die Messe nach dem Messbuch von 1962 zu feiern, ohne eine Genehmigung des Diözesanbischofs einzuholen, und zum andern, dass die Exkommunikation der Bischöfe aufgehoben werden müsse. Darüber hinaus ließ Bernard Fellay keine Unklarheit darüber aufkommen, dass die Bruderschaft keinesfalls ihren Kurs ändern würde und Übereinstimmung nur darin bestehen könne, der Tradition ihr Heimatrecht zurückzugeben: „La fraternité n’a aucunement l’intention de modifier ses principes et sa ligne de conduite. … Si accord il y avait, il ne serait à envisager que dans la perspective de redonner à la Tradition son droit de cité, même si le triomphe final ne s’obtiendra que graduellement.” [20] Damals lehnte Rom dieses Ansinnen noch ab. Doch die Wahl Kardinal Ratzingers zum neuen Papst wird von Fellay als „Hoffnungsschimmer“ bezeichnet. Zu Recht?

Im Juli 2007 kommt Papst Benedikt XVI. mit dem Motu proprio Summorum pontificum[21] der ersten Forderung der Piusbrüder nach und erlaubt jedem Priester in einer Messe, die ohne Volk gefeiert wird, an jedem Tag des Jahres, ausgenommen das Triduum sacrum, für sich zu entscheiden, ob er die Messe nach dem Ordo von 1962 oder nach dem von Papst Paul VI. 1970 promulgierten Römischen Messbuch feiern will (Art. 2). Eine Genehmigung des Ortsbischofs oder des Apostolischen Stuhls ist nicht erforderlich. Benedikt XVI. bezeichnet das Messbuch von 1970 als ordentlichen, das von 1962 als außerordentlichen Ausdruck ein- und desselben römischen Ritus. Wenn Gläubige bitten, an einem Gottesdienst der außerordentlichen Form teilnehmen zu dürfen, soll ihnen das gestattet werden (Art. 4). Eigenartig mutet an, dass hier offensichtlich von der Feier ohne Volk als Normalfall ausgegangen wird – dies steht in Spannung zu can 906 CIC: „Ohne gerechten und vernünftigen Grund darf der Priester das eucharistische Opfer nicht ohne die Teilnahme wenigstens irgendeines Gläubigen feiern.“ In dieser Vorschrift hat das im Geist des 2. Vatikanischen Konzils erneuerte Kirchenrecht die reformatorische Kritik an der „Winkelmesse“ ernst genommen und die sog. Privatmesse, die auch mehrere Priestern nebeneinander, aber jeder für sich, an den Seitenaltären feiern konnten, weitgehend zurückgedrängt – in den Augen der Piusbrüder eine typische „Protestantisierung“ der Liturgie. Zwar ist theologisch betrachtet die Privatmesse kein solipsistischer Akt; sie wird im Namen der gesamten Kirche und in Anwesenheit der Engel und Heiligen gefeiert – im mystischen Sinne ist also eine Gemeinschaft vorhanden. Die Piusbruderschaft versteht die Messe und ihren Mittelpunkt jedoch als eine völlig auf den Kleriker fokussierte Handlung: Das Opfer vollziehe nämlich nicht die Gemeinde, sondern allein der Priester, der als Stellvertreter Christi handele. Darum könne der Priester die Messe auch still feiern oder ganz ohne Teilnehmer. [22]

Beugte Papst Benedikt XVI. sich hier den Forderungen der Piusbrüder oder entwickelte er eine eigene Strategie? Benedikts Argumentation, beide Formen als Ausdruck ein- und desselben Ritus zu betrachten, entspricht nicht der Vorstellung der Piusbruderschaft, für die sich die „Alte“ und die „Neue“ Messe wie Feuer und Wasser zueinander verhalten. „Die Alte Messe ist katholisch und predigt das Christkönigtum; die Neue Messe ist ökumenisch und demokratisch.“ [23] Auf Dauer könne sich nur die wahre katholische Form durchsetzen. Will der Papst der Piusbruderschaft den Wind aus den Segeln nehmen, indem er beide Formen, die Messe zu feiern als ein- und denselben Ritus bezeichnet? Andererseits erfüllt das Apostolische Schreiben einen Teil der ersten Forderung eines Drei-Phasen-Plans der Piusbrüder für die Gespräche mit Rom, der von „Vorleistungen“ Roms spricht. [24] In der Behauptung, dass die vorkonziliare Messe das Königtum Christi verkünde, die Messe in der ordentlichen Form des römisch-katholischen Ritus dagegen „demokratisch“ sei, zeigt sich, dass die Piusbrüder eine Verbindung zwischen liturgischen und politischen Formen herstellen. Das autoritär und antidemokratisch interpretierte Christkönigtum und die ebenso autoritär gedeutete und vollzogene Form der sog. „Alten Messe“ verbinden sich mit der Hoffnung auf die Durchsetzung autoritärer und antidemokratischer Gesellschaftsformen. Diese Instrumentalisierung der Liturgie für die Politik lässt sich allerdings nicht durchhalten, wenn beide Formen als Ausdruck ein- und desselben Ritus gelten.

Als weitere „Vorleistung“ wird die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe verlangt. Diese erfolgte am 21. Januar 2009 und wurde am 24. Januar bekannt gegeben. Wie wird ein Piusbruder wohl diese Handlungen des Papstes interpretieren? Und der dem „modernistischen Rom“ treue Durchschnittskatholik muss sich fragen, ob der Papst nun auch noch in Phase 2 und 3 eintreten will. In ihnen sollen nach Vorstellung der Bruderschaft die „großen Linien der Neuausrichtung der Kirche“ debattiert werden, insbesondere die Fragen des Ökumenismus, der Religionsfreiheit und der Kollegialität der Bischöfe. [25] Es ist eindeutig, dass z.B. der Distriktobere für Deutschland, Franz Schmidberger, im Oktober 2008 keineswegs beabsichtigte, die Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils zu akzeptieren: „Oder sollen wir in einem rein praktischen Abkommen, wie Kardinal Castrillòn Hoyos (der Vorsitzende der Kommission Ecclesia Dei; LS) es dringend wünscht, die beanstandeten Konzilstexte grundsätzlich anerkennen und beispielsweise mit Hochachtung den Islam betrachten, der in wenigen Jahren in Deutschland die Kirchenglocken durch den Muezzinruf ersetzt haben wird?“ [26]. In der dritten Phase schließlich, wenn eine Einigung in der Lehre – im Sinne der Bruderschaft – erreicht sein wird, steht die Piusbruderschaft Papst und Bischöfen „für den Wiederaufbau der zerstörten Stadt Gottes mit Freuden zur Verfügung“. Inzwischen gelte es, „heldenhaft unter dem Kreuz der Ausgrenzung auszuharren“. [27]

Dieser Text des deutschen Distriktoberen mit dem Titel Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils lässt keine Zweifel offen, wes Geistes Kind die Piusbrüder sind. Schmidberger unterwirft die Konzilsdokumente über den Ökumenismus (Unitatis redintegratio), die Beziehungen zu den nichtchristlichen Religionen (Nostra Aetate), über die Religionsfreiheit (Dignitatis humanae), aber auch die Dogmatische Konstitution über die Kirche (Lumen Gentium) und die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute (Gaudium et Spes), die beide zu den ranghöchsten Dokumenten des Konzils gehören, einer vernichtenden Kritik. Die Kirche könne nicht mit anderen Religionsgemeinschaften verglichen oder nur als graduell verschieden von den anderen christlichen Bekenntnissen betrachtet werden. Die katholische Kirche habe einen Alleinvertretungs- und Absolutheitsanspruch, weil sie das Göttliche in der Welt darstelle. Schmidberger versteigt sich sogar zu der (häretischen) Aussage, dass die Kirche der fleischgewordene Gott sei, identifiziert die Kirche also mit Jesus Christus. [28] Unitatis redintegratio schwäche diesen Absolutheitsanspruch ab, indem es von häretischen Konfessionen als Kirchen spreche und sie als Mittel und Wege des Heils betrachte. Dies müsse als gefährliche Relativierung der Wahrheit betrachtet werden – in sinniger Symbolik: „Unser Herr Jesus Christus hat nicht mehrere Bräute, er ist am Kreuz keine Vielehe eingegangen…“.[29] Der Irrtum könne kein Weg zur Wahrheit sein, und zu behaupten, falsche Religionssysteme könnten einen Menschen retten, sei Gotteslästerung. Wenn jemand außerhalb der katholischen Kirche gerettet würde, dann nicht wegen, sondern trotz seiner Religion – und wahrscheinlich beträfe diese Rettung weniger Menschen als gemeinhin angenommen. Vom universalen Heilswillen Gottes ist hier wenig zu merken.

Konsequenterweise geißelt Schmidberger die in Lumen Gentium niedergelegte Auffassung, dass die Kirche Jesu Christi in der katholischen Kirche verwirklicht sei (subsistit). Es dürfe nicht einmal der Anschein erweckt werden, dass es außerhalb der katholischen Kirche wahre Kirche Jesu Christi geben könne. Die Propagierung der Kollegialität der Bischöfe habe die Autorität des Papstes entscheidend geschwächt und zur Zerstörung der Autorität in Staat und Gesellschaft, in Familie und Schule geführt. Ja, selbst an der antiautoritären Bewegung ist in Schmidbergers Augen das Konzil schuld. [30]

Zu Nostra Aetate führt Schmidberger aus, dass die Weltreligionen die Menschen eher von der Wahrheit wegführten als zu ihr hin. „Sie sind nicht nur keine Heilswege, sie sind viel eher Systeme des Widerstands gegen den Heiligen Geist.“ [31] Sie hielten die Menschen nicht nur im Irrtum gefangen, sondern nicht selten auch in der Unmoral. Der Hinduismus sei durch die völlige Abwesenheit der Nächstenliebe gekennzeichnet, der Buddhismus nichts als Selbsterlösung und Pantheismus und der Islam wolle die Erde mit Feuer und Schwert unterwerfen. Allah sei keineswegs derselbe Gott wie die Heiligste Dreifaltigkeit. Der Kenntnis der Weltreligionen scheint in der Priesterausbildung der Bruderschaft offensichtlich kein großer Wert zugeschrieben zu werden.

Schmidbergers Äußerungen über den Islam sind darüber hinaus von einer explizit faschistoiden Ausdrucksweise durchdrungen; er verwendet z.B. entpersonalisierende Metaphern wie „Überschwemmung“. „Was dem Islam im 16. und 17. Jahrhundert mit Waffengewalt nicht gelungen ist, das schafft er heute in der nachkonziliaren Ära auf friedlichem Wege. Er besetzt Europa. Frankreich wird überschwemmt von Arabern, Deutschland von Türken, England und Skandinavien von Pakistani. In England wird beispielsweise alle zwei Monate eine neue Moschee eröffnet. In Deutschland gab es vor 50 Jahren eine Handvoll islamischer Zentren; heute sind es über 2000. Und daran ist das schönredende Konzil nicht unschuldig.“ [32]

Wer glaubt, dies sei keiner Steigerung mehr fähig, lese die Passagen über das Judentum, die vor Antisemitismus strotzen. Weil das Verhältnis zum Judentum in Deutschland ein heikles Thema sei, beschränkt der Obere sich auf theologische Aussagen – man fragt sich, was er für Nicht-Deutsche schreiben würde. Für Schmidberger ist der Alte Bund und das Alte Testament von Gott lediglich zur Vorbereitung des Messias Jesus eingesetzt worden. Mit dem Tod Jesu Christi sei der Alte Bund nichtig und abgeschafft, die Kirche an seine Stelle getreten. „Damit sind die Juden nicht nur nicht unsere älteren Brüder im Glauben, wie der Papst bei seinem Synagogenbesuch in Rom 1986 behauptete; sie sind vielmehr des Gottesmordes mitschuldig, so lange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren. Im Gegensatz dazu behauptet das II. Vatikanum, man könne die Ereignisse des Leidens Christi weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. … Wir sehen mit Trauer Papst Johannes Paul II. und nun auch Papst Benedikt XVI. in eine jüdische Synagoge gehen. Wir sehen mit Trauer Johannes Paul II. die verschiedenen Weltreligionen nach Assisi zum gemeinsamen Gebet um den Frieden rufen.“ [33] Juden, die sich nicht zum christlichen Glauben bekehren, sind für die Piusbrüder „Gottesmörder“. Nach dem Aufschrei der Öffentlichkeit über die Holocaustleugnung Richard Williamsons korrigierte Schmidberger diese Aussage dahingehend, dass gegenwärtig nur diejenigen Juden die Schuld ihrer Väter trügen, die die Tötung Jesu Christi guthießen. Ob Juden dies heute tun, entziehe sich seiner Kenntnis. Im Folgenden bekräftigt er die Notwendigkeit der Judenmission, da es für die Juden keinen separaten Heilsweg gebe. [34]

Sind diese Äußerungen des Distriktoberen der Piusbruderschaft in Deutschland „nur“ seine Privatmeinung oder sind sie repräsentativ für die Bruderschaft? Zumindest hat ihnen vor dem Eklat im Zusammenhang mit der Aufhebung der Exkommunikation kein Angehöriger der Piusbruderschaft wahrnehmbar widersprochen, und es ist nicht anzunehmen, dass Schmidberger damit hinter dem Berg gehalten hat. Er dokumentiert mit diesen Aussagen eher eine Nähe zu rechtsradikalem Gedankengut als zur Lehre der katholischen Kirche und zeigt mehr Ähnlichkeiten mit fundamentalistischen Christen aus dem ihm so verhassten protestantischen Spektrum. Den Platz des Biblizismus dort nimmt bei der Piusbruderschaft der Traditionalismus ein – wie sich dort die Auslegung der Bibel allein auf den Wortlaut beruft (allerdings auch nur, wo es zum eigenen Denken passt), so berufen sich die Traditionalisten auf eine wörtlich fixierte Tradition, die sich, wenn sie die Höchstform erreicht hat, nicht mehr weiterentwickeln könne – sie behaupten zwar, dass sie sich auf 19 Jahrhunderte der Überlieferung der Kirche beziehen, wählen aber nur bestimmte Teile der kirchlichen Tradition aus.

Neue Gespräche zwischen Vatikan und Bruderschaft begannen im Sommer 2005. Im Umfeld des ersten Konsistoriums, das Papst Benedikt im März 2006 abhielt, wurde bekannt, dass der Piusbruderschaft eine vollkommenere Gemeinschaft mit der Kirche ermöglicht werden solle. Zum 20. Jahrestag der Exkommunikation sollte die Bruderschaft eine Fünf-Punkte-Erklärung mit Bedingungen für eine mögliche Wiedereingliederung in die katholische Kirche unterzeichnen. [35] Die Piusbruderschaft weigerte sich, die Erklärung zu unterschreiben und forderte zunächst die Aufhebung der Exkommunikation. [36] Am 15. Dezember 2008 bat Bischof Fellay in einem Brief an den Papst um die Aufhebung der Exkommunikation, die ihm und seinen Mitbrüdern schweres Leid zufüge. Nach can 1358 CIC kann eine Beugestrafe wie die Exkommunikation einem Täter nur dann erlassen werden, wenn er gemäß can 1347, § 2 die Widersetzlichkeit aufgegeben hat. Einem solchen Täter darf die Aufhebung aber auch nicht verweigert werden. Offensichtlich hat Papst Benedikt diesen Brief als Aufgeben der Widersetzlichkeit verstanden, weil die Exkommunizierten sich ausdrücklich dem Papst unterstellen.

Allerdings bringen sie ihre Vorbehalte gegenüber dem Zweiten Vatikanischen Konzil noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck – sie unterwerfen sich der Lehre der Kirche, akzeptieren aber nur die Konzilien bis zum I. Vatikanischen Konzil. Bischof Fellay schrieb nach Aufhebung der Exkommunikation am 24. Januar 2009 an die Gläubigen der Piusbruderschaft: „Das Dekret vom 21. Januar zitiert den Brief vom 15. Dezember letzten Jahres an Kardinal Castrillòn Hoyos, in dem ich unsere Verbundenheit mit ‘der Kirche Jesu Christi, die die Katholische Kirche ist‘, zum Ausdruck gebracht und ebenso aufs neue betont habe, dass wir die zweitausendjährigen Lehren annehmen und fest an den Primat Petri glauben. … und ich habe hinzugefügt: ‚Wir sind bereit, mit unserem Blut das Credo niederzuschreiben, den Antimodernisteneid zu unterzeichnen und das Glaubensbekenntnis von Pius IV. Wir akzeptieren und machen uns alle Konzilien bis zum I. Vatikanischen Konzil zu eigen. Aber wir kommen nicht umhin, in Bezug auf das II. Vatikanum unsere Vorbehalte zum Ausdruck zu bringen. … In all diesem sind wir überzeugt, der Verhaltenslinie treu zu bleiben, welche uns durch unseren Gründer Erzbischof Marcel Lefebvre vorgezeichnet worden ist, und wir hoffen, dass er bald rehabilitiert wird.“ [37]

Ist diese ausdrückliche Ausklammerung eines Ökumenischen Konzils der Kirche eine Unterwerfung unter ihre Lehre? Sieht so die Aufgabe der Widersetzlichkeit aus? Wie im Protokoll von 1988 wird hier auf die ausdrückliche Anerkennung des Konzils als Voraussetzung verzichtet. Der emeritierte Dogmatiker Wolfgang Beinert, selbst ein Schüler des Papstes, wertete die Aufhebung der Exkommunikation als beispiellosen Vorgang in der Geschichte der Kirche, denn bisher hätten die Gruppierungen, die im Gegensatz zum Papst standen, erst ihren Auffassungen abschwören müssen, bevor sie wieder aufgenommen wurden. [38] Beinert forderte den Vatikan zum Handeln auf; es müsse von der Bruderschaft die Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils verlangt werden.

In den bisherigen Auseinandersetzungen zwischen Piusbruderschaft und Vatikan finden wir ein altbekanntes Muster wieder. Das Vorgehen der Bruderschaft entspricht dem politisch-strategischen Agieren totalitärer Organisationen, die nicht nur ohne jegliche Kompromissbereitschaft ihre eigenen Ziele verfolgen, sondern ihren politischen Willen dem Kontrahenten aufzwingen wollen. Das Faustpfand für die Piusbruderschaft ist die bischöfliche Weihegewalt. Der „finale Triumph“ soll etappenweise – auf dem Wege einer Langzeitstrategie – erreicht werden. Das politisch-strategische Konzept wird zur Einschüchterung der Gegner und zur Ermutigung der eigenen Anhängerschaft offen propagiert, sodass jeder Teilerfolg von den Anhängern wahrgenommen und gefeiert, die Gegner dagegen demoralisiert werden können. Zwei wichtige Etappenziele haben die Piusbrüder mit der Unterstützung Benedikts XVI. bereits erreicht, und sie rücken in keiner Weise von ihren weiteren Plänen ab. Sie verstoßen bewusst provozierend gegen das kirchliche Recht und behaupten, dass der Vatikan dieses Verhalten billige. Am Ende stünde die völlige Umwandlung der katholischen Kirche gemäß den Vorstellungen der Piusbruderschaft. Das ständige Reden von der Tradition kaschiert, dass es sich hier nicht um eine konservative, sondern um eine umstürzlerische Strategie in der paradoxen Form eines „Papismus gegen den Papst“ handelt; die Priesterbruderschaft ist von ihrem strategischen Vorgehen her nicht eine bewahrende Gruppe, sondern eine totalitär ausgerichtete revolutionäre Avantgarde.


Der Eklat um die Holocaust-Leugnung Bischof Williamsons

Ein Sturm der Entrüstung erhob sich nach der Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe allerdings weniger wegen dieser den meisten Menschen unbekannten Langzeitstrategie, auch nicht wegen der Vorgeschichte von Abweichlertum, Anmaßung und Selbstgerechtigkeit, sondern aufgrund der Tatsache, dass einer der vier Bischöfe öffentlich den Holocaust geleugnet hatte. Der Spiegel sah darin den neuralgischen Punkt der vatikanischen „Aussöhnungspolitik“ mit der Bruderschaft. Am 19. Januar veröffentlichte er einen Artikel über die Piusbruderschaft mit dem Titel Problem für den Papst. Das Hamburger Wochenblatt charakterisierte darin Teile der Bruderschaft als antisemitisch und verwies auf „eine Begebenheit, die sich am Rande einer Diakonatsweihe Ende vorigen Jahres zu Allerheiligen bei Regensburg zutrug“ [39]. Richard Williamson, der unerlaubt geweihte Bischof, war zum Priesterseminar der Piusbrüder in Zaitzkofen gereist, um dort Diakone zu weihen. Weil sich unter den Kandidaten der schwedische Konvertit Sten Sandmark befand, dessen Übertritt in Schweden heftig diskutiert wurde, weilte in Zaitzkofen auch ein Reporter des schwedischen Fernsehsenders SVT 1 namens Ali Fegan. Fegan führte nach der Weihe ein Interview mit Williamson, in dem dieser, als man über die Verbrechen des Nationalsozialismus sprach, sagte, er glaube nicht, dass sechs Millionen Menschen in Gaskammern vergast worden seien. Auf die überraschte Rückfrage des Interviewers antwortete Williamson: „Ich glaube, es gab keine Gaskammern, ja.“ Es seien vielleicht 200000-300000 Juden in Konzentrationslagern umgekommen, aber keiner durch Gas in einer Gaskammer. Dann erging er sich in Erörterungen über Schornsteinhöhen und undichte Türen in Auschwitz-Birkenau als angeblichen Beweisen für die Nicht-Existenz von Gaskammern. Auf die Frage des Reporters, was diese Aussagen anderes seien als Antisemitismus, reagierte Williamson so: „Wenn Antisemitismus schlecht ist, ist er gegen die Wahrheit. Wenn etwas wahr ist, ist es nicht schlecht. Mich interessiert das Wort Antisemitismus nicht.“ [40]

Der Spiegel kündigte die Ausstrahlung dieser Filmdokumentation im schwedischen Fernsehen für Mittwoch, den 21. Januar im Programm Uppdrag granskning an. Nach Aussagen des Magazins war auch der Zentralrat der Juden in Deutschland im Vorhinein über die Äußerungen Williamsons informiert. Im Hinblick auf die geplante Israelreise des Papstes erwartete der Vizepräsident des Zentralrates Dieter Graumann eine deutliche Distanzierung der Bischofskonferenz. Anscheinend war auch die Piusbruderschaft über die Ausstrahlung des Interviews unterrichtet. Wenige Minuten vor Beginn der Sendung soll der Generalobere Fellay ein Fax an den schwedischen Sender geschickt haben, in dem er seiner Meinung Ausdruck gab, dass in diesem Interview, das über religiöse Angelegenheiten geführt werden sollte, absichtlich „kontroverse Fragen“ angeschnitten worden seien, um die Tätigkeit der Bruderschaft zu verleumden. [41] Wenn diese Meldung korrekt ist, wäre am 21. Januar, anders als in den folgenden Stellungnahmen, für Bischof Fellay die Existenz des Holocaust noch eine „kontroverse Frage“ gewesen.

Insider der Bruderschaft sollen dem Spiegel versichert haben, dass Bischof Fellay selbst einen Tag nach dem Bericht des Spiegel seinen Mitbruder zum öffentlichen Widerruf aufgefordert hat. Dies alles lässt sich so deuten, dass der Verweis auf die Holocaustleugnung Williamsons dem Vatikan die Möglichkeit gegeben hätte, „das Dekret einzufrieren und zuvor eine Klarstellung der Piusbruderschaft zu verlangen“ [42]. Offensichtlich befürchtete auch Bischof Fellay, dass die Aufhebung der Exkommunikation verzögert oder gar verhindert werden könnte. Dass angesichts der vatikanischen Befindlichkeit diese Sorge unbegründet war, konnte er nicht wissen. Denn offensichtlich las man im Vatikan den Spiegel nicht. Kardinal Battista Re als Präfekt der Bischofskongregation unterzeichnete am 21. Januar das Dekret zur Aufhebung der Exkommunikation – am selben Tage also, an dem das Interview mit Williamson ausgestrahlt wurde. Offiziell bekannt gegeben wurde das Dekret erst am 24. Januar. Später beteuerten die zuständigen Stellen im Vatikan, allen voran Kardinal Castrillòn Hoyos, der Verhandlungsführer im Gespräch mit der Bruderschaft, man habe nichts von der Holocaustleugnung gewusst; außerdem sei das Dekret den Betroffenen schon vor dem 24. Januar ausgehändigt worden, man hätte es also nicht mehr zurückziehen können.

Die sicherlich jedes „Progressismus“ unverdächtige katholische Zeitung Die Tagespost schrieb dazu:

„Der Vatikan hat ein mächtiges Staatssekretariat und zahlreiche Kongregationen, Kommissionen und Räte, überall also Mitarbeiter, die täglich ‚online‘ sind. … es ist schlichtweg unvorstellbar, dass niemand in den zahllosen Büros des Vatikans am 22. und 23. Januar bemerkt hat, dass der Vatikan ungebremst auf einen Medien-GAU zurast – und Papst Benedikt auf den bittersten Augenblick seines Pontifikats. An diesen Tagen lief das Williamson-Interview überall im Internet …“[43]. Andrea Tornielli, der gewöhnlich gut unterrichtete „vaticanista“ der italienischen Tageszeitung Il Giornale, schrieb, dass zwischen dem 21. und 24. Januar die Äußerungen Williamsons bekannt gewesen seien, dass aber niemand in den vatikanischen Palästen auf deren Tragweite und vor allem auf deren Konsequenzen aufmerksam geworden sei. [44]

Im Folgenden wurde im Vatikan ein modernes „Hexenmärchen“, wie es der Spiegel zu Recht nannte, konstruiert. In einem internen Dossier zum Fall Williamson wurde der Vatikan als Opfer einer antiklerikalen Verschwörung betrachtet. Der Papst habe durch die Ausstrahlung des Interviews im schwedischen Fernsehen zum Zeitpunkt der Aufhebung der Exkommunikation diskreditiert werden sollen – an diesem Komplott seien Kräfte im Vatikan beteiligt gewesen sowie eine französische Journalistin, die – wie könnte es anders sein – eine lesbische Aktivistin sei und in ihrem jüngsten Buch Opus Dei, die Lefebvrianer und den Papst heftig angegriffen habe. [45]


Zur Person Richard Williamsons

Richard Williamson trat 1971 von der anglikanischen Kirche zur katholischen über und gehörte zu den ersten Seminaristen Marcel Lefebvres, der ihn 1976 in Ecône zum Priester weihte. Später leitete er die Ausbildungsstätte der Bruderschaft in Winona, Minnesota. Seit 2003 stand er dem Seminar im argentinischen La Reja vor. Nicht erst im Jahre 2009 hat sich Williamson mit antisemitischen Äußerungen und Verschwörungstheorien hervorgetan.

Bereits im April 1989 leugnete Williamson bei der Feier eines Gottesdienstes in der Kirche Notre Dame de Lourdes in Sherbrooke, Kanada, den Holocaust. Er behauptete, in Auschwitz seien keine Juden in Gaskammern getötet worden. Dies seien alles Lügen: „Die Juden erfanden den Holocaust, damit wir demütig auf Knien ihren neuen Staat Israel genehmigen.“ [46] Einer der Kirchenbesucher zeigte Williamson bei der Polizei an. Der Erzbischof von Halifax versuchte lt. Spiegel, den Vorfall herunterzuspielen, schrieb aber ein Telegramm an den Canadian Jewish Congress, in dem er sich von den antijüdischen Äußerungen Williamsons distanzierte und darauf hinwies, dass Williamson exkommuniziert sei. [47]

Williamson hält die sog. Protokolle der Weisen von Zion für authentisch und verkündete im Jahr 2000 auf seiner Website, Gott habe diese Schrift in die Hände der Menschen gegeben. Bei diesen Protokollen handelt es sich um eine Fälschung - die angebliche Wiedergabe von Reden, die einflussreiche Juden vor einem Kreis von Eingeweihten halten und deren Gegenstand ein zynischer Plan zur Erringung der Weltherrschaft ist, den die Juden angeblich seit Jahrhunderten verfolgen. Nach heutigen Erkenntnissen entstanden die Protokolle in Paris im Umfeld des russischen Geheimdienstes und begleiteten kurz nach 1900 blutige Pogrome gegen die Juden in Russland. Auch in westlichen Ländern wurden die Protokolle für antisemitische Kampagnen genutzt. Walter Rathenau, der deutsche Außenminister, wurde ermordet, weil die Attentäter ihn für einen der „Weisen von Zion“ hielten. Alfred Rosenberg schätzte sie als Beweis. Hitler dagegen zog in Erwägung, dass sie eine Fälschung sein könnten. Dies hinderte ihn aber nicht daran, ihren Inhalt in Mein Kampf als absolut richtig hinsichtlich des Wesens und der Tätigkeit der Juden zu bezeichnen. Bischof Richard Williamson hält diese Schrift für ein Geschenk Gottes. Ein führender Piusbruder aus der Zentrale der Bruderschaft in Menzingen kommentierte Williamsons Einstellung so, dass die Bruderschaft weder die Pflicht noch die Fähigkeit habe, eine Erklärung über die Authentizität der Protokolle zu geben. [48]

Die Menschenrechte haben für Williamson nur ihre Berechtigung, „wenn es darum geht, dem Einzelnen die Freiheit seines Gewissens gegen den demokratischen Staat zu erhalten“. [49] Diesen Staat bezeichnet er im nächsten Satz als „Leviathan“. Der Leviathan ist ein nahezu allmächtiges mythologisches Seeungeheuer; der Philosoph und Staatstheoretiker Thomas Hobbes übertrug diese Vorstellung auf den Staat als Gegenmacht zum chaotischen Naturzustand. Wo allerdings die Menschenrechte als objektive Ordnung verstanden würden, so Williamson, „die der Staat durchsetzen soll, da kommt es immer zu einer antichristlichen Politik“. [50]

Die Süddeutsche Zeitung kommentierte weitere Ansichten Williamsons wie folgt: „Für seine Ansicht, dass der Musikfilm Sound of Music nichts anderes sei als ‚seelenzerrüttender Schund‘ mag er hie und da noch Unterstützung finden. Seine Überzeugung hingegen, dass Frauen nicht studieren und keine Hosen tragen sollten und Männer gerne ‚mannhafter‘ sein könnten, dürfte auf Zustimmung nur in Taliban-Zirkeln stoßen.“ [51]

Von all dem will man im Vatikan nichts gewusst haben, obwohl man über Jahre und Jahrzehnte hinweg mit den Exkommunizierten verhandelt hat. Aus der Kommission Ecclesia Dei unter Kardinal Castrillòn Hoyos hieß es, „nach den politischen Meinungen der vier sei dabei nicht geforscht worden“. [52] Bedenkt man, wie akribisch Leben und Werk zu berufender Theologieprofessoren oder –professorinnen in Rom begutachtet werden, ist es verwunderlich, dass man bei zu rehabilitierenden Bischöfen anscheinend nicht die gleiche Sorgfalt walten lässt. Robert Mickens sagte dem Toronto Star: „Williamson has been known for years to be a Holocaust denier. So to say the pope didn’t know, I’m afraid will strike people as disingenuous.“ [53] Wie kann es sein, und dies gilt für die Kommission ebenso wie den Papst, dass man über zwanzig Jahre Gespräche führt und ein dringendes Interesse an der Versöhnung mit dieser Gruppe hat, aber nicht die geringste Kenntnis davon, was führende Mitglieder dieser Gruppierung öffentlich von sich geben?

Reaktionen auf die Holocaust-Leugnung

Noch am 24. Januar, dem Tag, an dem die Aufhebung der Exkommunikation öffentlich gemacht wurde, wies der Sprecher des Vatikans P. Federico Lombardi die Leugnung des Holocaust durch Richard Williamson als völlig inakzeptabel zurück. Bischof Fellay als Generaloberer der Piusbruderschaft und der Distriktobere Franz Schmidberger bezeichneten die Äußerungen Williamsons als dessen Privatmeinung, die für die Bruderschaft nicht repräsentativ sei. Inzwischen ermittelte die Staatsanwaltschaft Regensburg gegen Williamson, denn in Deutschland ist die Leugnung des Holocaust strafbar.

Jüdische Organisationen reagierten mit blankem Entsetzen auf das Vorgehen des Papstes. Der Vizepräsident des Zentralrates der Juden war schockiert, dass ausgerechnet ein deutscher Papst für eine neue Eiszeit zwischen den Juden und der katholischen Kirche sorge. Auch der Präsident der italienischen Rabbiner, Giuseppe Laras, äußerte sein Unverständnis. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel bezeichnete es als einen Skandal, dass ein hoher Kirchenvertreter den millionenfachen Mord an den Juden leugne. [54]

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch erklärte zur Aufhebung der Exkommunikation, dass Papst Benedikt im Interesse an der Einheit der Kirche der Piusbruderschaft einen weiteren Schritt entgegen gegangen sei: „Papst Benedikt XVI. bietet der Priesterbruderschaft die ausgestreckte Hand. Mit ihm hoffe und bete ich, dass man sie ergreift.“ Zugleich betonte Zollitsch, dass kein Zweifel daran bestehe, dass die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils unabdingbare Grundlage für das Leben der Kirche seien. [55] Die Deutsche Bischofskonferenz und einzelne Bischöfe distanzierten sich deutlich von Williamson. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx bezeichnete die Holocaust-Leugnung als unsäglich und inakzeptabel, hob aber hervor, dass man sie nicht in einem direkten Zusammenhang mit der Rücknahme der Exkommunikation sehen dürfe.

Heinrich Mussinghoff, der Bischof von Aachen und Leiter der Unterkommission der Bischofskonferenz für die Beziehungen zum Judentum, nahm ausführlich und deutlich Stellung. Neben einer scharfen Zurückweisung von Willliamsons Aussagen kritisierte Mussinghoff die Ablehnung der Erklärung des Konzils über die Beziehungen zu den nichtchristlichen Religionen Nostra Aetate durch die Piusbruderschaft. Er sprach die Erwartung aus, „dass in den Gesprächen die vier Bischöfe und die Priesterbruderschaft ihre Treue zum Zweiten Vatikanischen Konzil und insbesondere zur Erklärung Nostra Aetate, deren Anliegen Papst Johannes Paul II. sich in seinem langen Pontifikat so beharrlich und segensreich zu eigen gemacht hat, unmissverständlich und glaubwürdig bekunden. Nach dem übergroßen Entgegenkommen des Papstes erwarten wir nun eine klare Aussage der Bruderschaft und ihrer Bischöfe insbesondere zu Nostra Aetate.“ [56]

Kardinal Schönborn von Wien schrieb dem Wiener Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg einen Brief, in dem er seinem Entsetzen über die Äußerungen Williamsons Ausdruck gab.

Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken distanzierte sich von Williamson.

Vatikansprecher Lombardi wies die Kritik am Vatikan mit dem Hinweis zurück, dass die beiden Vorgänge, also die Holocaustleugnung durch Williamson und die Aufhebung der Exkommunikation nichts miteinander zu tun hätten.

Am 27. Januar, dem Gedenktag des Holocaust, erschien in der französischen Wochenzeitung La Vie ein Aufruf katholischer Intellektueller in Frankreich, unter ihnen der frühere französische Wirtschafts- und Finanzminister und Präsident der EU-Kommission Jacques Delors sowie die Philosophen René Girard und Jean-Luc Marion, beide Mitglieder der academie française, mit dem Titel „Pas de négationnistes dans l’Église“ [57]. Die Unterzeichner kritisierten vehement, dass durch das Zusammentreffen der Äußerungen Williamsons mit der Aufhebung der Exkommunikation eine unerträgliche Zweideutigkeit gegeben sei. Aus dieser könne der Eindruck entstehen, dass Rom die Leugnung des Holocaust rehabilitiere oder zumindest für eine erlaubte oder sogar harmlose Meinung halte. Dies sei untragbar, weil Holocaust-Leugnung Antisemitismus bedeute und weil die Kirche sich seit einem halben Jahrhundert auf einem langen Weg der Reue hinsichtlich ihres Antijudaismus begeben habe. Die Unterzeichner betrachteten die Äußerungen Williamsons als Schlag gegen den christlichen Glauben und gaben ihrer Überzeugung Ausdruck, dass dieser Bischof keinen Platz in der Kirche haben werde, wenn er nicht ausdrücklich und ernsthaft das Ganze bereue. Sie forderten Papst Benedikt XVI. auf, die Äußerungen Williamsons klar zu verurteilen. Dies sei der einzige Weg, Schaden von der Kirche abzuwenden. „Nous demandons au pape de condamner clairement les propos de Mgr Williamson. C’est à nos yeux, désormais, le seul moyen de réparer les dommages que cette situation fait connaître à l’Eglise elle-même.” [58] Die französischen Intellektuellen reagierten auch deshalb so prompt und mit so großem Entsetzen, weil in Frankreich rechtsextremistische Gruppierungen und bestimmte Teile der linken Intellektuellen eine unheilige Allianz bezüglich der Leugnung des Holocaust eingegangen sind.

Bis dahin hatte sich der Papst nicht selbst geäußert. Die offizielle Zeitung des Vatikans allerdings, der Osservatore Romano widersprach vehement dem Eindruck, der Papst rehabilitiere einen Holocaust-Leugner. Er stelle auch keineswegs den Dialog mit dem Judentum oder die Ökumene in Frage. Allerdings sei die Aufhebung der Exkommunikationen tatsächlich „nach einem falschen Drehbuch abgelaufen“. Radio Vatikan deutete dies als ersten Hinweis, „dass man im Vatikan das zeitliche Zusammenfallen zwischen der Geste des Papstes und dem Skandal um Bischof Williamson bedauert.“ [59]

Die italienischen Bischöfe dagegen verwahrten sich gegen die ihrer Ansicht nach ungerechte Kritik am Papst und warfen den italienischen Rabbinern vor, dass sie sich seit geraumer Zeit dem Dialog gegenüber reserviert zeigten. Dieser Vorwurf war schon angesichts der Äußerungen Williamsons nicht sehr sensibel und ignorierte die Gründe für die Reserve der italienischen Rabbiner, zu denen die neue Karfreitagsfürbitte für die Juden gehört, die Papst Benedikt im Frühjahr 2008 im Zuge der „Aussöhnungspolitik“ gegenüber der Piusbruderschaft für die Messfeier in der außerordentlichen Form eingeführt hatte. Die alte Fürbitte, die von den „perfiden“, den treulosen Juden sprach, stieß nach der Einführung der außerordentlichen Form des römischen Ritus wegen ihrer Judenfeindlichkeit auf heftige Kritik vieler Juden und Christen. Doch statt die erneuerte Karfreitagsfürbitte der ordentlichen Form auch für die außerordentliche verpflichtend zu machen, formulierte Papst Benedikt persönlich eine neue Fürbitte, die wiederum auf heftige Kritik stieß, weil sie im Unklaren lässt, ob hier eine Bekehrung der Juden zu Jesus Christus für notwendig gehalten wird. [60]

Die Schweizer Bischöfe wiederum baten die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz um Entschuldigung „für diese Irritationen, die in den letzten Tagen entstanden sind“. [61]

Bei einer Gedenkfeier für die Opfer der Shoah sagte der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, dass Williamson mit seinen Äußerungen, die an Dummheit und Infamie nicht zu überbieten seien, außerhalb der katholischen Kirche stehe. Er sprach ein Hausverbot für Williamson in allen Kirchen und Einrichtungen der Diözese aus. Dies ist allerdings mehr eine symbolische Geste, denn das Priesterseminar in Zaitzkofen, in dem Williamson das Interview gegeben hat, untersteht nicht dem Bistum. Erzbischof Marx forderte, jede Leugnung des Holocaust mit aller Härte zu ahnden. [62]

Die Israelitische Kultusgemeinde Wien und der österreichische Koordinierungsausschuss für die christlich-jüdische Zusammenarbeit bezeichneten die Aufhebung der Exkommunikation als besorgniserregend. Trotz gegenteiliger Beteuerungen des Vatikans sei der Eindruck entstanden, dass die Errungenschaften des Konzils aufgeweicht werden sollten.

Der römische Oberrabbiner Riccardo di Segni nannte die Aufhebung der Exkomunikation eine innerkirchliche Angelegenheit – das Problem sei allerdings, dass nicht nur einem einzelnen Holocaustleugner, sondern einer ganzen Bewegung Raum und Legitimität gegeben werde, die nicht akzeptiere, was das Konzil über die Juden gesagt hat. Auch die Orthodoxe Rabbinerkonferenz in Deutschland kritisierte die „Wiederaufnahme“ Williamsons scharf.

Die Kritik zog weitere Kreise und erreichte schließlich die politische Sphäre: Die Jerusalem Post schlug der israelischen Regierung ein Moratorium in den diplomatischen Beziehungen zum Vatikan vor. Der Papst habe Jahrzehnte des Fortschritts im Verhältnis von Juden und Katholiken zunichte gemacht. Offensichtlich sei ihm die Rückführung der Traditionalisten wichtiger als die Beziehung der Kirche zu ihren „geliebten älteren Brüdern“. Die Aufhebung der Exkommunikation sei „ein außergewöhnliches Signal moralischer Gleichgültigkeit“. [63] Einige Tage später folgte der gleiche Vorschlag vom israelischen Minister für Religionsangelegenheiten, Yitzchak Cohen. [64] Das Außenministerium Israels teilte jedoch am 1. Februar mit, dass es keinen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Vatikan erwäge; der Minister habe hier nur seine Privatmeinung ausgesprochen. [65] Das israelische Oberrabbinat dagegen setzte die offiziellen Beziehungen zum Vatikan aus.

Richard Williamson selbst zeigte sich von der Empörung unberührt; nach seinen Worten hat der Vatikan einen entscheidenden Schritt zur Wiedervereinigung von katholischer Autorität und katholischer Wahrheit getan – mit der Autorität ist wohl der Papst gemeint, mit der Wahrheit die sektiererischen Auffassungen der Piusbrüder. Nach Ansicht Williamsons brauche es aber sicher noch Zeit, bis die „Neo-Modernisten in Rom“ ihr falsches Verständnis des Glaubens erkennen könnten. Er sei dem Papst dankbar, dass er das Dekret zur Aufhebung der Exkommunikation „durchgebracht“ habe, trotz des „aufgebauschten und zeitlich abgestimmten Medienaufruhr(s)“. [66]

Als erste katholisch-theologische Fakultät veröffentlichte die Münsteraner Fakultät am 27. Januar eine von 26 Professoren und Professorinnen unterzeichnete Erklärung, in der die Bedeutung des 2. Vatikanischen Konzils für die theologische Arbeit bekräftigt wurde. Die Unterzeichnenden sahen in der Rehabilitierung von Bischöfen, die die Religions- und Gewissensfreiheit abstreiten sowie den ökumenischen und den interreligiösen Dialog ablehnen, eine Beschädigung der Glaubwürdigkeit der Kirche. Die Äußerungen Richard Williamsons seien mit der Würde eines katholischen Bischofs nicht zu vereinbaren. Es sei ein Ärgernis, „dass eine verbale Distanzierung von seinen Äußerungen die bisher einzige öffentliche Reaktion des Heiligen Stuhles ist“. [67]

Am 28. Januar, neun Tage nach der Veröffentlichung des  Spiegel, ergriff dann endlich Papst Benedikt selbst das Wort. Am Ende der wöchentlichen Generalaudienz verlas er eine kurze öffentliche Erklärung, in der er seine Solidarität mit den Juden und seine Erwartungen an die Piusbruderschaft zum Ausdruck brachte. „In diesen Tagen, in denen wir der Shoah gedenken, kommen mir Bilder meiner wiederholten Besuche in Auschwitz wieder in Erinnerung, einem der Lager, in dem der höhnische Mord an Millionen von Juden, den unschuldigen Opfern eines blinden Rassen- und Religionshasses, verübt wurde. Während ich erneut aus ganzem Herzen meine volle und unbestreitbare Solidarität mit unseren Brüdern, den Trägern des ersten Bundes, zum Ausdruck bringe, wünsche ich, dass die Shoah die Menschheit dazu anstiftet, nachzudenken über die unvorhersehbare Macht des Bösen, wenn es das Herz des Menschen ergreift. Die Shoah ist für alle eine Mahnung gegen das Vergessen, gegen die Leugnung oder die Reduzierung. …“. Zur Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe erklärte der Papst: „Ich habe diesen Akt der väterlichen Barmherzigkeit gesetzt, weil diese Prälaten mir wiederholt ihr tiefes Leiden an der Situation bekundeten, in der sie sich befanden. Ich wünsche, dass auf diese meine Geste das umgehende Bemühen von ihrer Seite folgt, die weiteren notwendigen Schritte zu setzen, um die volle Einheit mit der Kirche zu realisieren. Auf diese Art sollen sie echte Treue und echtes Anerkennen des Lehramtes und der Autorität des Papstes und des II. Vatikanischen Konzils bezeugen.“ [68] Hier findet sich zum ersten Mal, anders als in den Verhandlungen mit den Traditionalisten, die deutliche Forderung an die Piusbrüder, das Konzil anzuerkennen.

Williamson erhielt vom Generaloberen der Piusbruderschaft ein Redeverbot: Er durfte keine öffentliche Stellungnahme zu politischen oder historischen Fragen mehr abgeben. Gleichzeitig bat die Piusbruderschaft „den Hl. Vater und alle Menschen guten Willens um Entschuldigung für den dadurch hervorgerufenen Ärger“. Williamsons Äußerungen gäben nicht die Haltung der Bruderschaft wieder, die keine Autorität in historischen oder anderen säkularen Fragen beanspruche. [69]

Am 29. Januar erklärte die Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland Charlotte Knobloch, dass sie den Dialog mit der katholischen Kirche im Moment nicht fortsetzen wolle – an eine unüberlegte Handlung des Papstes mochte sie nicht glauben: „Der Papst ist einer der gebildetsten und intelligentesten Menschen, die die katholische Kirche hat.“ [70] Die vom Papst beteuerte Solidarität mit den Juden werde sie erst dann akzeptieren, „wenn dieser Holocaust-Leugner zur Rechenschaft gezogen wird“. [71]

Dreizehn Professoren der Freiburger Theologischen Fakultät bedauerten die mangelnde Sensibilität im Vorgehen des Papstes und erklärten ihr Befremden über die Aufhebung der Exkommunikation, ohne dass von den vier Bischöfen gefordert wurde, grundlegende Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils zu akzeptieren. Die Beziehungen zum Judentum und zu den reformatorischen Kirchen sowie die Glaubwürdigkeit des christlichen Eintretens für die universalen Menschenrechte seien beschädigt worden. Zudem könne der Eindruck entstehen, „zentrale Lehraussagen stünden zur strategischen Disposition des Papstes“. [72]

Weitere Fakultäten folgten. Die Katholisch-Theologische Fakultät in Bamberg hatte sich bereits der Münsteraner Stellungnahme angeschlossen; Tübingen und Graz veröffentlichten eigene Erklärungen. Die Grazer Fakultät sprach den jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ihre Solidarität aus und „bedauert zutiefst alles, was von kirchlicher Seite gesagt und getan wird und nicht dem versöhnenden Anliegen entspricht, zu dem sich das Zweite Vatikanische Konzil ausdrücklich bekennt“. [73] Die 16 unterzeichnenden Professoren der Fakultät in Tübingen stellten fest, dass es nun in der katholischen Kirche Bischöfe gebe, „die die Religions- und Gewissensfreiheit ablehnen, offen eine antiökumenische Gesinnung zeigen, ein klerikalistisches Kirchenbild vertreten, innerhalb dessen das gemeinsame Priestertum der Gläubigen kaum mehr Bedeutung hat und die ‚konziliare Kirche‘ bewusst verachten“. [74] Der Bischof, der den Holocaust leugnet, stehe nach wie vor außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft. Die Unterzeichner befürchteten einen Wendepunkt in der nachkonziliaren Kirchengeschichte, der zu bleibenden Konflikten führen könne. Insbesondere drückten sie ihr Unverständnis darüber aus, dass erklärte Gegner des Konzils in die Kirche hineingeholt, andere dagegen, wie die Vertreter der Befreiungstheologie hinausgedrängt würden. Einige Tage später reagierten auch die katholisch-theologischen Fakultäten in Bochum und Würzburg. Würzburg schloss sich den Stellungnahmen der Fakultäten Münster, Freiburg und Tübingen an. Die Erklärung der Bochumer Fakultät ist deshalb bemerkenswert, weil sie neben dem Bekenntnis zum Konzil und zum Dialog der Konfessionen und Religionen eine klare Absage an die Judenmission enthält. „Zu verlangen ist ein klares Bekenntnis zu den jüdischen Wurzeln des Christentums, zur bleibenden Erwählung Israels und zur gemeinsamen Hoffnung auf Erlösung, wie es das Zweite Vatikanische Konzil im Anschluss an den Apostel Paulus ausgedrückt hat. Aus dieser theologischen Position folgt der Verzicht auf Judenmission.“ [75]

Erstmals erhoben sich am 30. Januar auch Stimmen aus anderen christlichen Kirchen: Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in Deutschland (VELKD) und die internationale Altkatholische Bischofskonferenz übten Kritik an der Entscheidung des Papstes. Der Catholica-Beauftragte der VELKD sagte, der Wille zur Einheit sei offenbar so groß, „dass Papst Benedikt bereit sei, menschenverachtende und kriminelle Äußerungen eines Bischofs in Kauf zu nehmen“. [76] Die reformierten Kirchen der Schweiz versicherten der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz ihre Entschlossenheit, gegen Antisemitismus und Rassismus vorzugehen.

Gebhard Fürst, Bischof von Rottenburg-Stuttgart strich die Bindung der Kirche an das 2. Vatikanische Konzil heraus und sprach die Schlagseite des päpstlichen Entgegenkommens an. Die Einheit der Kirche sei ein hohes Gut, das aber nicht mit einer Leugnung grundlegender Aussagen des Konzils vereinbar sei. „Sonst wird sie um den Preis erkauft, dass viele Gläubige sich innerlich oder äußerlich abwenden, für die sich mit dem Konzil eine redliche Zeitgenossenschaft der Kirche mit den Menschen von heute … verbindet. Die Einheit nach der einen Seite darf nicht zur Entfremdung nach der anderen Seite führen.“ [77]

Nach der Erklärung des Papstes am 28. Januar wuchs die Kritik an der internen Kommunikation und der Informationspolitik im Vatikan, vor allem von Seiten der Bischöfe. Erzbischof Zollitsch bedauerte, dass der Vatikan sich nicht besser über Williamson informiert habe. „Vatikanische Mitarbeiter haben nicht genügend hingeschaut.“, rügte Kardinal Schönborn (Wien). [78] Kardinal Castrillòn Hoyos beteuerte gegenüber dem Corriere della Sera, dass der Vatikan nichts über die Holocaust-Leugnung gewusst habe. Als diese bekannt wurde, sei das Dekret den Bischöfen bereits überreicht worden. Kardinal Lehmann, zu dessen Rücktritt als Vorsitzender der Bischofskonferenz Piusbruder Schmidberger Gott gedankt hatte, weil er dem Zerstörungswerk des Kardinals an der Kirche in Deutschland ein Ende gesetzt habe[79], hielt der Kommission Ecclesia Dei Fehler und mangelndes Fingerspitzengefühl vor. Man hätte über Williamson Bescheid wissen können und müssen. Er wünsche sich auch in der Leitung der Kirche mehr politische Sensibilität. Die Vermischung des Verhältnisses der Kirche zu den Traditionalisten mit der Holocaust-Leugnung Williamsons in der öffentlichen Wahrnehmung sei ein Unglück für den Papst. „Der Papst tut mir leid.“, sagte Lehmann. Dem Hamburger Abendblatt sagte Erzbischof Thissen den später viel zitierten Satz: „Lieber Papst Benedikt, guck‘, was du für Mitarbeiter hast, damit du immer gut beraten bist.“ Nach Ansicht Thissens war der Papst dies eindeutig nicht, es sei schlampig gearbeitet worden, man hätte recherchieren müssen, welche Auffassungen Williamson vertrete. Die Folge sei ein massiver Vertrauensverlust und eine Schädigung der Beziehungen zu den Juden und den anderen christlichen Konfessionen. [80]. Fehler räumte auch Kurienkardinal Kasper ein, der selbst von den Vorgängen nicht unterrichtet worden war, obwohl er für die Beziehungen zum Judentum zuständig war. „Man hat da vorher im Vatikan zu wenig miteinander gesprochen und nicht mehr abgecheckt, wo die Probleme auftreten können.“ Kasper betonte, dass die vier Bischöfe nach wie vor suspendiert seien. [81]. Die deutlichsten Worte fand Pater Eberhard von Gemmingen, der Leiter der deutschsprachigen Sektion von Radio Vatikan, für die Vorgehensweise: unprofessionelle Arbeit sowie Organisations- und Kommunikationsmängel im Vatikan. Zugleich verteidigte er die Intention des Papstes:

„Papst Benedikt ist in eine äußerst schwierige Situation geraten. Seine besten Absichten, das Schisma mit den Lefebvre-Anhängern zu beheben, wird (sic!) missverstanden und wurde vom Vatikan unprofessionell bekannt gegeben. Viele Katholiken sind von Papst Benedikt enttäuscht, weil sie den Eindruck haben, er komme einer faschistischen Gruppe zu weit entgegen. Dabei steht Papst Benedikt, wie er oft gesagt hat, voll und ganz hinter Religionsfreiheit, hinter dem Dialog mit den Juden, und voll zur Ökumene. Er verurteilt Antisemitismus. Sein eigentliches Grundanliegen ist die Rettung der christlichen Wurzeln unserer Kultur. Offenbar gibt es im Vatikan Organisations- und Kommunikationsmängel. Hier bei Radio Vatikan kann ich eigentlich nur noch sagen: Beten Sie für den Papst und seinen Stab. Ein solches Missverständnis und Debakel darf nie wieder passieren.[82]

Auch Erzbischof Marx verteidigte die gute Absicht des Papstes, ebenso Kardinal Meisner von Köln und Passaus Bischof Schraml. [83] Zu ihnen gesellte sich der Philosoph Robert Spaemann, der die Aufhebung der Exkommunikation als eine ganz und gar unpolitische Sache bezeichnete. In einem Gespräch mit der Tagespost sagte er: „Die Zugehörigkeit zur Kirche kann nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Betreffende in Bezug auf irgendwelche Weltereignisse, seien sie auch noch so bedeutend, Irrtümer vertritt.“ [84] Erzbischof Marx hatte bei seiner Verteidigung des Papstes dagegen sehr deutlich ausgesprochen, dass für Holocaust-Leugner und Rechtsradikalismus in der Kirche kein Platz sei.

Theologen wie Hans Küng und sein Schüler Hermann Häring mochten den Papst nicht verteidigen und forderten seinen Rücktritt. Küng sah das größte Problem in der Isolation des Papstes von der Welt, Häring in dessen Beratungsabstinenz. [85] – Küng wünschte sich einen Obama als Papst. Auch ein Austritt eines Universitätstheologen aus der Kirche aus Protest gegen die Entscheidung des Papstes war zu vermelden: Der Ethiker Jean-Pierre Wils kommentierte seinen Schritt so: „Ich will nicht mehr mit dem anti-modernen, anti-pluralistischen und totalitären Geist dieser Kirche identifiziert werden.“ [86]

Richard Williamson entschuldigte sich am 30. Januar bei Papst Benedikt und Kardinal Castrillòn Hoyos für die Probleme, die er verursacht hatte, nicht für seine Äußerungen selbst:

„Mitten in dem furchtbaren Medien-Sturm, der durch meine unbedachten Bemerkungen im schwedischen Fernsehen heraufbeschworen wurde, bitte ich Sie mit allem Respekt, mein aufrichtiges Bedauern für das Leid und die Probleme zu akzeptieren, die ich Ihnen und dem Heiligen Vater bereitet habe.“ [87]

Williamson blieb nicht der einzige Holocaust-Leugner unter den Piusbrüdern. Ein leitendes Mitglied der Piusbruderschaft in Italien, Floriano Abrahamowicz behauptete, dass die Gaskammern zur Desinfektion benutzt worden seien – er könne nicht sagen, ob sie auch zum Töten benutzt worden seien. [88] Hier reagierte die italienische Piusbruderschaft relativ schnell – Abrahamowicz wurde aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. [89]

Unterdessen gab Bernard Tissier de Mallerais, einer der vier Bischöfe, bekannt, dass die Piusbruderschaft von ihrer Position nicht abrücken werde. „Wir werden unsere Position nicht ändern – wir werden den Vatikan bekehren“, sagte er laut Radio Vatikan einer italienischen Tageszeitung. Die versöhnende Geste des Papstes habe ihn sehr berührt, doch habe er die Exkommunikationen nie als gültig betrachtet – dies bezieht sich auf die Argumentation der Piusbrüder, dass Erzbischof Lefebvre in einer Notlage gehandelt habe (s.o.). [90] Leonardo Boff, der brasilianische Befreiungstheologe, der des Öfteren vom Vatikan gemaßregelt wurde, gab seiner Befürchtung Ausdruck, dass sich nun erst recht ein Schisma in der Kirche anbahne, da sich die Traditionalisten mit dem Erreichten nicht zufrieden geben, sondern eine Revision des Konzils anstreben würden. [91]

Anscheinend unberührt von dem Sturm des Protestes ernannte Papst Benedikt den österreichischen Priester Gerhard Wagner zum neuen Weihbischof der Diözese Linz – gegen den Dreiervorschlag des Bistums und ohne mit dem Ortsbischof oder Kardinal Schönborn zu sprechen. [92] In der Presse wurde Wagner als ultrakonservativ bezeichnet, was man angesichts seiner öffentlichen Äußerungen untertrieben nennen muss. Wagner hatte den Hurrikan Katrina, der New Orleans verwüstet hatte, als göttliche Strafe für eine unmoralische Stadt interpretiert – nicht zufällig seien Abtreibungskliniken und Bordelle zerstört worden. Auch die Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004 sei kein Zufall, wenn westliche Wohlstandsbürger, statt Weihnachten zu feiern, in Urlaubsparadiese flüchteten. Jugendliche warnte Wagner vor den Harry-Potter-Büchern, da in ihnen satanistisches Gedankengut enthalten sei. Auch hier zeigt sich die ungewollte Ökumene der Fundamentalisten: Wagners an Menschenverachtung und Zynismus kaum zu überbietenden Äußerungen könnten genauso von christlichen Fundamentalisten anderskonfessioneller Couleur stammen.

„Dass der Papst zu (diesem) Zeitpunkt einen Hetzer wie Gerhard Maria Wagner zum Weihbischof von Linz ernennt, gehört zu einem vom Vatikan bemerkenswert dilettantisch verfolgten Drehbuch im Genre ‚ostentative Unabhängigkeit vom Meinungsklima‘.“[93], kommentierte Gustav Seibt treffend in der Süddeutschen Zeitung. Doch der Widerstand gegen die Ernennung, der sich bemerkenswert geschlossen in der Diözese Linz formierte, sollte, womit zu diesem Zeitpunkt noch keiner rechnete, Erfolg haben. Die überwältigende Mehrheit der Dechanten der Diözese (31 von 35 anwesenden und 39 insgesamt) verweigerte in der Folge nämlich ihre Zustimmung aus Sorge um die Glaubwürdigkeit der Kirche und die Einheit der Diözese. Salzburgs Erzbischof Alois Kothgasser warnte davor, die katholische Kirche zu einer Sekte von linientreuen Mitgliedern „gesund“ zu schrumpfen. An Kurie und Papst adressierte Kothgasser eine Mahnung bezüglich des Verhältnisses von Ortskirche und Universalkirche: „Wenn das Vertrauen in die Ortskirche fehlt, beginnt auch das Vertrauen in die zentrale Autorität der Universalkirche zu schwinden.“ [94]

Daraufhin trat der designierte Weihbischof zurück. Zu den Hintergründen vermutete die Süddeutsche Zeitung die späte Einsicht im Vatikan: „Tatsächlich haben offenbar die führenden Kleriker des Landes Benedikt XVI. auf drastische Weise vor Augen geführt, dass nach den Skandalen um die ultrakonservativen Bischöfe Groer, Krenn und das Priesterseminar in St. Pölten die mühselige Befriedung der österreichischen Gemeinde sowie die gesellschaftliche Position der Kirche ernsthaft gefährdet seien.“ [95] (Bischof Groer wurde sexueller Missbrauch zur Last gelegt, und in Bischof Krenns Priesterseminar gab es einen Skandal um Kinderpornographie und homosexuelle Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Priesteramtskandidaten.) Matthias Drobinski von der Süddeutschen Zeitung wertete Wagners Rücktritt als Geste der Klugheit und sprach dem Papst und auch Wagner seinen Respekt aus. Papst Johannes Paul II. habe im Gegensatz dazu gegen alle Ratschläge an Kardinal Groer in Wien und Bischof Krenn in St. Pölten festgehalten - beide „hinterließen ihre Bistümer als Scherbenhaufen“. [96]

Unklar blieb der kirchenrechtliche Status der exkommunzierten Bischöfe und der Piusbruderschaft. Als erster wies Bischof Mussinghoff, selbst Kirchenrechtler, bereits am 26. Januar darauf hin, dass die vier Bischöfe weiterhin suspendiert seien, also kein Amt in der Kirche ausüben dürften. Mehrere universitäre Kirchenrechtler/innen meldeten sich in der weiteren Debatte in ähnlichem Sinne zu Wort; auch Kardinal Walter Kasper betonte die anhaltende Suspendierung der Geistlichen. Vom Vatikan war in dieser Frage nichts zu hören. Man erwog offensichtlich, den vier Bischöfen Titularsitze zuzuweisen, was eine Integration ins Bischofskollegium bedeutet hätte.

Zunehmend meldeten sich in Deutschland Politiker zu Wort. Die Kirchen- bzw. Religionsbeauftragten von CDU, SPD, FDP und der Linkspartei kritisierten das Vorgehen des Papstes und forderten Konsequenzen für Richard Williamson, ebenso die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth. [97] Bundestagspräsident Norbert Lammert sah große Gefahren für den jüdisch-christlichen Dialog; er könne die Irritationen der jüdischen Gemeinde gut verstehen. Anders als sein Vorgänger suche der Papst nicht die Gemeinsamkeiten mit andersgläubigen Menschen, meinte Heiner Geißler, ehemaliger Generalsekretär der CDU.


Die Intervention der Bundeskanzlerin

Am 3. Februar erreichte die Auseinandersetzung einen vorläufigen Höhepunkt. Während Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in seiner ersten (!) öffentlichen Äußerung zu den Ereignissen meinte: „Wir haben nicht so einen Katastrophen-Eindruck … Der Papst hat sich am Mittwoch klar geäußert. Die Angelegenheit ist aus meiner Sicht beigelegt.“, weitete sich der Fall zu einer Staatsaffäre aus. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Papst Benedikt zu einer eindeutigen Stellungnahme in der Debatte über den Holocaust auf. Normalerweise kommentiere oder bewerte sie innerkirchliche Entscheidungen nicht, stellte die Kanzlerin fest, anders sei dies aber, wenn es um Grundsatzfragen gehe. „Und ich glaube, das ist schon eine Grundsatzfrage, wenn durch eine Entscheidung des Vatikan der Eindruck entsteht, dass es die Leugnung des Holocaust geben könnte…“. Es sei notwendig, dass „von Seiten des Papstes und des Vatikans sehr eindeutig klargestellt wird, dass es hier keine Leugnung geben kann und dass es einen positiven Umgang mit dem Judentum geben muss.“ „Diese Klarstellungen sind aus meiner Sicht noch nicht ausreichend erfolgt.“, schloss die Kanzlerin. [98]

In Rom halte man die Forderung der deutschen Regierungschefin für unangebracht, beeilte sich Vatikansprecher Lombardi am Abend des 3. Februar zu verkünden. Die Verurteilung jeder Holocaust-Leugnung durch den Papst könne klarer nicht sein. [99] Am folgenden Tag während der wöchentlichen Generalaudienz schwieg der Papst zu dieser Frage. Einige deutsche Bischöfe (z.B. Hanke, Marx) wiesen Merkels Vorstoß zurück. Auch der Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, griff Merkel scharf an, ebenso der baden-württembergische CDU-Politiker Brunnhuber, der meinte, dass öffentliche Aufforderungen an den Heiligen Vater garantiert ins Leere führten. In Rom sei man der Ansicht, dass jetzt alle in Deutschland latent vorhandenen antikatholischen Ressentiments zum Ausdruck kämen. [100] Verschiedene rechtskatholische Initiativkreise von Priestern und Laien, unter ihnen die Vereinigung „Pro Sancta Ecclesia“, verlangten von Merkel, sich bei Papst Benedikt zu entschuldigen. [101] ZEIT-Kommentator Ludwig Greven sprach von Merkels falscher und unnötiger Einmischung in eine rein innerkirchliche Angelegenheit. [102] Piusbruder Franz Schmidberger wies im Rundfunk den Vorstoß der Kanzlerin mit dem Argument zurück, sie verstehe das nicht, sie sei ja auch nicht katholisch. [103]

Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth dagegen unterstützte die Kanzlerin. SPD-Chef Müntefering sprach sich für eine Rücknahme der vatikanischen Entscheidung aus. Verständnis für Merkels Schritt äußerte auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber. Die EKD habe sich bisher zurückgehalten, weil der innerkatholische Klärungsprozess Vorrang habe. Die Kanzlerin habe deshalb Stellung bezogen, weil „wir Deutsche eine Haftungsgemeinschaft im Blick auf die Folgen der Schoah sind“. [104] Kurt Kister von der Süddeutschen Zeitung hielt Merkels Schritt für notwendig, weil es um die Identität Deutschlands nach innen und außen gehe; zu dieser Identität gehörten das an christlichen Werten orientierte Menschenbild des Grundgesetzes und das Bewusstsein, dass etwas wie die Shoah nie wieder geschehen dürfe. [105] Der Zentralrat der Juden würdigte die Umsicht und das Verantwortungsgefühl der Kanzlerin und verlangte erneut eine Kurskorrektur des Vatikan: Es gehe nicht um eine Entschuldigung, sondern um die Trennung von einer antisemitisch geprägten Gruppierung. Eine Entschuldigung hielt der Erzbischof von Berlin, Georg Sterzinsky, für notwendig, wenn Fehler gemacht worden seien, „egal, auf welcher Ebene“. [106]

Am Nachmittag des 4. Februar veröffentlichte das Vatikanische Staatssekretariat eine Erklärung, die sowohl die kirchenrechtliche Lage der vier Bischöfe ansprach als auch von Williamson einen Widerruf seiner Äußerungen forderte. Es wurde klargestellt, dass die vier Bischöfe von einer kanonischen Strafe befreit wurden (der Exkommunikation), aber keine kanonische Funktion und kein berechtigtes Amt in der Kirche ausüben dürften, d.h. weiter suspendiert seien. Auch die Piusbruderschaft sei nicht kanonisch anerkannt. Dafür sei erforderlich, dass die Bruderschaft das Zweite Vatikanische Konzil voll anerkenne sowie das Lehramt der Päpste von Johannes XXIII. bis zu Benedikt XVI. – die Erklärung spricht von einer unerlässlichen Bedingung. Der Heilige Stuhl werde mit den Betroffenen auf „die für opportun erachtete Weise die noch offenen Fragen … vertiefen, um zu einer vollständigen und zufrieden stellenden Lösung der Probleme zu kommen“. [107]

Die Erklärung bekräftigte, dass Papst Benedikt die Äußerungen Williamsons im Moment der Aufhebung der Exkommunikation nicht kannte, und konstatierte: „Bischof Williamson wird, um zu bischöflichen Funktionen in der Kirche zugelassen zu werden, auch auf absolut unzweideutige Weise auf Distanz zu seinen Stellungnahmen zur Shoah gehen müssen“. [108]

Die Reaktionen auf die Erklärung des Vatikans waren in der Hauptsache positiv. Die Kanzlerin begrüßte die Erklärung ausdrücklich als wichtiges und gutes Signal, weil sie deutlich mache, dass eine Leugnung des Holocaust nie ohne Konsequenzen bleiben könne. [109]

„Das macht deutlich, dass eine Leugnung des Holocaust niemals ohne Folgen im Raum stehen bleiben kann, denn nur ohne die Leugnung des Holocaust, nur ohne Antisemitismus kann überhaupt ein gedeihliches Miteinander von jüdischen Gemeinden und christlichen Kirchen gelingen.“ [110] In einem Telefongespräch haben der Papst und die Bundeskanzlerin dann die Verstimmungen ausgeräumt. Die Sprecher von Vatikan und Bundesregierung nannten es ein gutes und konstruktives Gespräch, in dem man sich einig war im Anliegen, die Shoah als eine immerwährende Mahnung an die Menschheit zu sehen. Die Initiative zu diesem Gespräch sei von Merkel ausgegangen.

Als wichtige Botschaft, dass Holocaust-Leugnung und Antisemitismus in der katholischen Kirche keinen Platz hätten, wertete der Direktor der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Avner Shalev die Aufforderung an Williamson zum Widerruf: „Wenn die höchste moralische Autorität der Kirche erklärt, dass das Leugnen des Holocausts nicht akzeptabel sei, dann ist das eine wichtige Botschaft an die ganze Welt.“ [111] Jüdische Organisationen und Repräsentanten, wie der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, Elan Steinberg, der Vizepräsident der Amerikanischen Versammlung von Holocaust-Überlebenden, und Charlotte Knobloch vom Zentralrat der Juden begrüßten die Erklärung als Voraussetzung für den Beginn eines Heilungsprozesses im katholisch-jüdischen Verhältnis. Allerdings warnten sie auch weiter deutlich vor dem in der Piusbruderschaft vorhandenen Antisemitismus. Charlotte Knobloch und Erzbischof Zollitsch vereinbarten ein Gespräch. Der Papst sprach mit den Präsidenten der wichtigsten jüdischen Verbände in den USA, wandte sich erneut gegen jede Leugnung des Holocausts und bekannte sich ausdrücklich zur Haltung des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Judentum. In diesem Rahmen wurde bekannt, dass der Papst im Frühjahr nach Israel reisen werde.

Die deutschen Bischöfe reagierten mit Erleichterung auf die Forderung des Widerrufs und auf die Klarstellung des kirchenrechtlichen Status der Piusbruderschaft – „Ich bin froh darüber, dass Kardinal Bertone daran keinen Zweifel lässt.“ - und der Voraussetzungen für eine Anerkennung der Piusbruderschaft. „Jetzt liegt es an den Bischöfen, insbesondere an Bischof Williamson, ob sie sich in der katholischen Kirche sehen wollen.“ [112]


Die Reaktion Williamsons und der Piusbruderschaft

Nach einem Bericht des Spiegel war am 4. Februar ein führendes Mitglied der Piusbruderschaft auf dem Weg zu Williamson, um ihn im Namen des Generaloberen zum Widerruf zu bewegen oder ihn aller Ämter zu entheben. Aber Williamson versuchte, auf Zeit zu spielen, und meinte, er müsse sich erst mit den historischen Beweisen beschäftigen. Dem Spiegel sagte er in einem per E-Mail geführten Interview: „Und wenn ich diese Beweise finde, dann werde ich mich korrigieren. Aber das wird Zeit brauchen.“ [113] Kardinal Lehmann drückte sein Entsetzen über diese Reaktion aus und forderte, falls nötig, Williamsons erneute Exkommunikation. Die Piusbruderschaft bestätigte die inzwischen bekannt gewordene Absetzung Williamsons als Leiter des Priesterseminars im argentinischen La Reja; Williamson habe schon am 31. Januar die diesbezügliche Entscheidung des Generaloberen akzeptiert. [114]

Am 19. Februar forderte die argentinische Regierung Williamson auf, das Land binnen zehn Tagen zu verlassen, andernfalls werde er ausgewiesen. [115] Die Piusbruderschaft gab bekannt, dass es beschlossene Sache gewesen sei, dass Williamson nach seiner Absetzung auch das Land verlassen solle. Zu diesem Zeitpunkt war der Aufenthaltsort Williamsons der Öffentlichkeit unbekannt. Der Fall Williamson hat in Argentinien dazu geführt, dass an einem Gesetzentwurf gearbeitet werden soll, der die Leugnung des Holocaust unter Strafe stellt. So ist er zum Auslöser weiterer Schritte im Blick auf eine Vergangenheitsbewältigung in Argentinien, war doch Argentinien nach 1945 zum Zufluchtsort vieler NS-Verbrecher geworden. Auch für die argentinische Kirche kann es eine Gelegenheit sein, den Antisemitismus in den Reihen des Klerus und die unheilvolle Verflechtung der Kirche mit der Militärdiktatur, zu der Erzbischof Lefebvre beste Kontakte pflegte, aufzuarbeiten. [116]

Die Piusbrüder in Deutschland betrachteten sich als Opfer der Medien und beschlossen am 6. Februar, sich nicht mehr vor der Presse zu äußern – auch die Gläubigen wurden dazu aufgefordert. Der deutsche Distriktobere Schmidberger hatte keine Probleme, Williamson weiterhin als innerhalb der Kirche zu betrachten, solange er die katholischen Dogmen nicht leugne. [117] Bischof Fellay kündigte nach Pressemeldungen weitere Priesterweihen für Ende Juni an und soll bereits die sog. niederen Weihen gespendet haben. Erneute Priesterweihen wären ein klarer Verstoß gegen die Ordnung der Kirche, da die Bischöfe kein Amt in der katholischen Kirche bekleiden. [118]


Der Fortgang der Affäre in Deutschland

Am 9. Februar wurde Regensburgs Bischof Müller gegen drei seiner Theologieprofessoren aktiv: Heinz-Günther Schöttler, Sabine Demel und Burkard Porzelt sollten ihre Unterschrift unter die Petition der Initiative „Wir sind Kirche“ zurückziehen und sich beim Papst entschuldigen. Widrigenfalls sähe der Bischof sich zu weiteren Sanktionen, also vermutlich dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis, gezwungen. Die Petition, die am 29. Januar veröffentlicht wurde, galt der „uneingeschränkten Anerkennung der Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils“. Unterschriften wurden zunächst in Deutschland, Österreich und der Schweiz, dann aber auch weltweit gesammelt. Nach Angaben von „Wir sind Kirche“ hatten bis zum 1. März über 36 000 Menschen die Petition unterzeichnet, die am 3. März der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz übergeben wurden. Bis zum 9. April (Gründonnerstag) konnte die Petition noch unterschrieben werden. Den Initiatoren und Unterzeichnenden ging es um die unverkürzte Umsetzung der Konzilsbeschlüsse in theologischer Wissenschaft und pastoraler Praxis. Viele Theolog/inn/en und kirchliche Mitarbeiter/innen haben sich der Petition angeschlossen. Bischof Müller sah in dem Satz der Petition, dass bei einer Wiederaufnahme der Piusbruderschaft Teile der katholischen Kirche bedeutende Dokumente des Konzils ablehnen dürften, eine Unterstellung, dass Papst Benedikt willentlich zum Schaden der Kirche handeln würde. Wenn es auch Bischof Müller um die Verteidigung des Papstes gegangen sein mag - welchen Eindruck seine Aktion machte, kommentierte die Süddeutsche Zeitung treffend: „Ein Bischof maßregelt Theologen, die sich für das Zweite Vatikanische Konzil einsetzen.“ [119] Doch handelte es sich nur um einen Sturm im Wasserglas. Einige Tage später war nach einem Gespräch zwischen der Regensburger Fakultät und dem Bischof der Konflikt beigelegt. [120]

Zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung verabschiedeten die deutschen Bischöfe am 5. März eine Gemeinsame Erklärung zum gegenwärtigen Weg der katholischen Kirche. [121] Diese Erklärung spricht fünf Punkte an: den kirchenrechtlichen Status der Piusbruderschaft und die mangelhafte Informationspolitik der Kurie, die weitere Entwicklung, ein Bekenntnis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, die Holocaust-Leugnung und ein Bedauern über den Stil der Debatte.

Im ersten Punkt wird die andauernde Suspendierung der vier Bischöfe betont. Aus diesem Grund dürften diese weder die Heilige Messe feiern noch andere Sakramente spenden. Vor allem Priesterweihen, die offensichtlich schon geplant seien, verstießen in besonderem Maße gegen die Ordnung der Kirche. Die Bischöfe wollen den Apostolischen Stuhl um eine baldige Erklärung bitten, welche rechtlichen Konsequenzen solch eine unrechtmäßige Weihe haben werde. Darüber hinaus sparen die Bischöfe nicht mit deutlicher Kritik an den Kommunikationsformen und der Informationspolitik der Kurie: „Die Verantwortlichen in der Kurie sollten darüber hinaus rasch Verbesserungen im Bereich der internen Abstimmung und der Kommunikation mit den Bischofskonferenzen herbeiführen.“

Im zweiten Punkt bescheinigen die Bischöfe der Piusbruderschaft, dass sie sich außerhalb der katholischen Tradition gestellt habe, und es nun an ihr liege, das Schisma zu überwinden. Die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils gehörten unaufgebbar zur katholischen Tradition, nicht zuletzt die Dokumente über die Religionsfreiheit, die Beziehungen zu den nichtchristlichen Religionen, zur Ökumene und zur Kirche in der Welt von heute, ebenso die Aussagen zur bischöflichen Kollegialität. Die deutschen Bischöfe weisen also die Ansicht der Piusbrüder zurück, die genannten Inhalte ständen in den nun durchzuführenden Gesprächen tatsächlich zur Disposition.

Als besonders schlimm werden die Holocaust-Leugnung eines Bischofs der Bruderschaft und entsprechende antisemitische Strömungen in der Bruderschaft gewertet. Bedenklich sei vor allem, dass hier nichts wirklich entgegengesetzt worden sei: „Es fehlt bislang eine ernsthafte Distanzierung der Betreffenden von solchen inakzeptablen Haltungen, wie sie der Apostolische Stuhl schon früh gefordert hat.“ Dass das jüdisch-christliche Verhältnis nicht irreparabel geschädigt wurde, dafür bekunden die Bischöfe ihren tiefen Dank.

Hinsichtlich des Stils der Debatte stellen sich die Bischöfe gemeinsam vor den Papst und weisen jeden Versuch zurück, Ansehen und Integrität des Papstes in Zweifel zu ziehen. Abschließend zeigen sie sich nicht optimistisch, ob es eine volle Gemeinschaft der Piusbruderschaft mit der katholischen Kirche tatsächlich geben werde.

Dass die deutschen Bischöfe mit dieser einmütigen Erklärung anscheinend einige wunde Punkte der Piusbruderschaft getroffen haben, demonstriert eine Offizielle Stellungnahme des deutschen Distriktoberen, Franz Schmidberger, die einmal nicht den üblichen besserwisserischen Ton anschlug, sondern in der die Wut ihm die Feder geführt hat. Die Bischofskonferenz mache die Anerkennung des gesamten Konzils zur Bedingung, also auch die „der strittigen und zweideutigen Punkte. Das bedeutet aber nichts anderes als den Dialog beenden, bevor er überhaupt begonnen hat. Wir sehen, dass die deutschen Bischöfe die umstrittenen Punkte des Konzils nicht zur Diskussion stellen wollen und Tabuzonen errichten.“ [122] Unter „Dialog“ verstand die Bruderschaft also die Infragestellung und im für sie günstigsten Fall auch die Rücknahme der angesprochenen Konzilsaussagen, und das nach der eindeutigen Klarstellung des Papstes, dass zur Wiedereingliederung in die Kirche die Anerkennung des Konzils und der Pontifikate seit Johannes XXIII. notwendig sei. Es scheint, als gebe die Piusbruderschaft und nicht der Heilige Stuhl vor, wie diese Gespräche zu führen seien.

Besonders allergisch reagierte der Verfechter der „Gottesmord“-These auf den Vorwurf des Antisemitismus gegen die Bruderschaft und meinte, die deutschen Bischöfe an das 8. Gebot erinnern zu müssen. Man habe sich schließlich beizeiten von Williamsons Aussagen distanziert. Dass Schmidberger selbst sich genötigt sah, seine Gottesmord-Thesen etwas zu modifizieren, an denen vor dem Fall Williamson in der Piusbruderschaft anscheinend niemand Anstoß genommen hat, hat ihm wohl vor Augen geführt, wie Image schädigend der Eindruck von Antisemitismus sein kann.

Die päpstliche Autorität werde nicht von der Piusbruderschaft untergraben, sondern von den deutschen Bischöfen selbst, die sich nicht an päpstliche Anweisungen hielten – hier zählte Schmidberger einen stattlichen Sündenkatalog auf: Die Bischöfe behandelten das Motu proprio hinsichtlich der tridentinischen Messe restriktiv, deutsche Theologen hätten die Karfreitagsfürbitte des Papstes als antisemitisch bezeichnet und in Deutschland könne man nicht nachvollziehen, dass evangelische Kirchen keine solchen seien: „Die klare Haltung des Papstes gegenüber dem angemaßten Kirchenbegriff innerhalb der protestantischen Gemeinschaften stieß in Deutschland überwiegend auf Unverständnis.“ Außerdem hätten die deutschen Bischöfe trotz mehrfacher Aufforderung die Königsteiner Erklärung nicht zurückgenommen, die nach Ansicht der Piusbrüder das Verbot sog. künstlicher Mittel zur Empfängnisverhütung unwirksam mache. Die Erklärung ist eine Erläuterung der deutschen Bischöfe zur Enzyklika Humanae Vitae von Paul VI., die von verantworteter Elternschaft spricht und das Gewissen des einzelnen Christen zur letzten Instanz in Fragen der Geburtenregelung erklärt. Deutsche Theologen hätten zudem die Erklärung Dominus Iesus schärfstens kritisiert, die vom einzigen Heilsweg der Kirche spreche. Diese exklusivistische Interpretation von Dominus Iesus, die Schmidberger hier vornimmt, ist allerdings falsch (s.u.). Im letzten Abschnitt dieser Tiraden stoßen wir wieder auf einen neuralgischen Punkt. Der Vorwurf der unerlaubten Weihen müsse klar zurückgewiesen werden. Schmidberger sagte: „Diese ins Auge gefassten Weihen wurden nie untersagt, was in persönlichen Gesprächen in Rom bestätigt worden ist.“ Auch der Leiter des Priesterseminars in Zaitzkofen, Stephan Frey hatte erklärt, dass der Vatikan von der Piusbruderschaft nicht verlangt habe, Weihespendungen zu unterlassen. [123] Bischof Müller von Regensburg, in dessen Diözese Zaitzkofen liegt, hatte die geplanten Weihen untersagt. Schmidbergers Argumentation in der offiziellen Stellungnahme verdient besondere Beachtung. Die Bischöfe würden sich widersprechen – einerseits betonten sie, dass es keine volle Gemeinschaft mit der Bruderschaft gebe, andererseits wollten sie ihr die Weihen verbieten, als würde die Bruderschaft ihrer Jurisdiktion unterliegen. Nach dem Motto: Da wir ja sowieso draußen sind, können wir weihen, soviel wir wollen. Der Status der vier Bischöfe ist also der, um es noch einmal zu wiederholen, dass sie suspendiert sind: Sie dürfen keine Weihen spenden und keine Messe feiern. Nicht nur im Fall von Priesterweihen verstoßen sie gegen die kirchliche Ordnung, sondern mit jeder Eucharistiefeier oder Sakramentenspendung, also wohl täglich. Falls es allerdings stimmt, was Schmidberger und Frey über die Haltung des Vatikans in dieser Frage behaupteten, wird die Dringlichkeit der Bitte der deutschen Bischöfe nach einer Klärung dieser rechtlichen Fragen umso verständlicher. Am 24. März 2009 teilte DICI, die offizielle Presseseite der Bruderschaft, in einem Kommuniqué Bischof Fellays mit, dass die für den 28. März in Zaitzkofen angesetzten Subdiakonatsweihen auf Bitten des Hl. Stuhles nach Ecône verlegt worden seien. „Die übrigen Weihen werden wie vorgesehen stattfinden; es stand niemals zur Debatte sie zu unterlassen.“ Darüber hinaus gab Fellay seiner Abneigung gegen die deutschen Bischöfe deutlichen Ausdruck: „Wir sind in besonderer Weise abgestoßen von der Haltung des deutschen Episkopates, der nicht aufhört, seine Feindseligkeit uns gegenüber auszudrücken, die jeder Nächstenliebe entbehrt und fortlaufend Unterstellungen vorbringt.“ [124] Dass es sich nicht um Unterstellungen handelt, zeigt die Vorgehensweise der Piusbrüder aber nur allzu deutlich. „Mit seiner Wortwahl in der heutigen Erklärung zeigt Bischof Fellay seine wirkliche Geisteshaltung.“, kommentierte der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz kurz und knapp Fellays Auslassungen. [125] Am 28. März wurden die Weihen wie angekündigt gespendet.


Der Papst-Brief vom 12. März 2009

Am 12. März schrieb Papst Benedikt einen Brief an seine Mitbrüder im bischöflichen Amt, den er als klärendes Wort verstand, das helfen solle, seine Absichten in der Angelegenheit der Lefebvristen deutlicher zu machen. [126]

Er räumte zwei „Pannen“ ein: Die eine sei der Zusammenfall der Aufhebung der Exkommunikation mit der Holocaust-Leugnung Williamsons, die eine Geste der Barmherzigkeit plötzlich als Absage an die jüdisch-christliche Versöhnung habe erscheinen lassen. Dies sei für ihn unvorhersehbar gewesen – hier gab der Papst zu, dass man im Vatikan das Internet als Informationsquelle wohl zu wenig genutzt habe: „Ich höre, dass aufmerksames Verfolgen der im Internet zugänglichen Nachrichten es ermöglicht hätte, rechtzeitig von dem Problem Kenntnis zu erhalten. Ich lerne daraus, dass wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen.“ Benedikt XVI. bedauerte zutiefst, dass durch diesen Zusammenfall der Frieden zwischen Juden und Christen und innerhalb der Kirche erheblich beeinträchtigt wurde.

Als zweite „Panne“ nannte er die mangelnde Information von Seiten des Vatikans über die kirchenrechtliche Bedeutung und die Reichweite der Rücknahme der Exkommunikation. Im Folgenden unterschied er zwischen der Exkommunikation als disziplinärer Maßnahme gegen eine Person und der kanonischen Anerkennung der Piusbruderschaft als Institution als lehrmäßiger Frage. Solange die doktrinellen Fragen nicht geklärt seien, genieße die Bruderschaft keine kirchliche Anerkennung und könnten die Bischöfe kein rechtmäßiges Amt in der Kirche ausüben.

Die Klärung der anstehenden Fragen solle dadurch befördert werden, dass die bisher zuständige Kommission Ecclesia Dei mit der Kongregation für die Glaubenslehre verbunden werde. Dies garantiere, dass die Präfekten anderer römischer Kongregationen und der Weltepiskopat angemessen in den Prozess eingebunden würden. Auf die Frage, ob es nicht wichtigere Angelegenheiten in der Kirche gebe als die Heimholung der Piusbruderschaft in den Schoß der Kirche, nannte Papst Benedikt die Aufgabe der Kirche, in einer Zeit des schwindenden Glaubens die Menschen zum Gott der Bibel zu führen. Doch sollte man eine Gemeinschaft vom Umfang der Priesterbruderschaft – hier nannte der Papst etliche Zahlen – wirklich immer weiter von der Kirche abdriften lassen? Er vertraue auf die Fähigkeit der Großkirche, selbst diese oft besserwisserisch und anmaßend agierenden Menschen zu integrieren und damit Radikalisierungen zu verhindern.

Doch ist der Brief des Papstes auch geprägt von einer persönlichen Empfindlichkeit gegen die Kritik, die an seinem Handeln geübt wurde. Metaphernreich spricht er von Katholiken, die es eigentlich hätten besser wissen müssen, aber „in sprungbereiter Feindseligkeit“ auf ihn eingeschlagen hätten und bezichtigt sie des Hasses und der Intoleranz. Die „leise Gebärde einer hingehaltenen Hand (sei) zu einem großen Lärm und gerade zum Gegenteil von Versöhnung geworden“.

Dass Benedikt XVI. sich an die Bischöfe der Welt wandte, um seine Intentionen zu erklären, darf sicherlich als praktische Würdigung des Kollegialitätsprinzips betrachtet werden - entsprechend reagierten beispielsweise die deutschen und die französischen Bischöfe positiv und dankbar auf diesen Brief. „Wir sind dem Heiligen Vater für seinen freimütigen Brief sehr dankbar.“, sagte Erzbischof Zollitsch. „Er ist ein Dokument des brüderlichen Umgangs mit uns Mitbischöfen …“.[127]

Der Sprecher der französischen Bischofskonferenz lobte den Brief, blieb aber kritisch gegenüber den Auswirkungen des Konflikts und der weiteren Entwicklung – man befinde sich an einem Scheideweg: „ Il y a, dans cette lettre, des repères qui nous plaisent bien. Vatican II ne sera pas bradé. … l’incertitude demeure quant aux intentions de la Fraternité Saint-Pie-X.” Allerdings sei mit diesem Brief nicht alles ungeschehen: „Il y a des blessures profondes dans nos communautés.“ [128]

Wohltuend wurde in der deutschen Öffentlichkeit empfunden, dass auch ein Papst Fehler zugeben kann - entsprechend reagierte die Presse mit Wohlwollen. Es fanden sich interessanterweise nur in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und in der taz[129] kritische Kommentare, die zwar im Ton und der Differenziertheit der Argumentation deutliche Unterschiede aufwiesen, jedoch auf dasselbe Problem zielten.

Das Problem, das die beiden Kommentare ansprechen, ist die persönliche Empfindlichkeit und Dünnhäutigkeit des Papstes, die ihn dazu bringen, sein Eingeständnis von Fehlern mit der Beschwerde über unsachliche Kritik zu verbinden – etwas, das immer unsouverän sei, wie Patrick Bahners in der FAZ schreibt. [130] Bahners analysiert die unspezifische, aber metaphernreiche Rüge des Papstes an die Katholiken. Was hätten sie besser wissen sollen – es könne in diesem Kontext nur gemeint sein, dass der Papst nicht mit Holocaustleugnern gemeinsame Sache mache. „In der Geschichte päpstlicher Zurechtweisungen von Gläubigen dürfte diese unspezifizierte Rüge singulär sein. Als wollte der Papst den wichtigtuerischen Regionalpolitikern Recht geben, die nach römischen Gesprächen mit irgendwelchen Prälaten die Medien wissen ließen, der Papst sei verstimmt über Deutschland, artikuliert er hier seine persönliche Empfindlichkeit. Was hat sie mit der Sache zu tun?“ Bahners greift das Bild von der „sprungbereiten Feindseligkeit“ und dem „Einschlagen“ auf – „Das Bild fällt auseinander: da ist einmal die literarische Hochebene des emblematischen, im Hinterhalt lauernden Raubtiers und zum andern die Prügelszene.“ Es impliziere, dass eine so erhebliche Zahl von Katholiken, dass man sie in einem Rundbrief an die Bischöfe der Welt erwähnen muss, dem Papst instinktiv so feindlich gesinnt seien, dass sie nur darauf warten und jede Gelegenheit nutzen, um über ihn herzufallen. „Eine seltsame Mischung aus Furcht und Hochmut kommt hier zum Vorschein …“ Und könne es wirklich wahr sein, dass der Papst seine Kritiker als Schläger ansieht, die mit Hass und Intoleranz auf die Piusbruderschaft und ihn selbst reagieren. Der Papst nehme anscheinend nicht wahr, dass viele seiner Kritiker aus verzweifelter Sorge um die Kirche gesprochen hätten:  „… haben es die französischen und deutschen Bischöfe und Intellektuellen verdient, dass ihre sachlich begründete, teils von verzweifelter Sorge gespeiste Kritik in die Nähe eines reflexhaften Antiklerikalismus gerückt wird, der diese Gelegenheit natürlich genutzt hat, aber leider von Rom geboten bekam?“. Auch die Klage des Papstes darüber, dass aus seiner leisen Gebärde ein großer Lärm geworden sei, sei in ein schiefes Bild gekleidet, denn der Papst könne doch nicht sagen wollen, dass es ihm lieber sei, wenn niemand von dem Vorgang Notiz genommen hätte.


Fazit

Ein aufmerksames Rückverfolgen der Chronologie des Konflikts sowie der Vorgeschichte des Schismas macht deutlich, dass der Vatikan erst nach den massiven öffentlichen Protesten die Bedingung an die Piusbrüder stellte, das Zweite Vatikanische Konzil anzuerkennen. In den vorhergehenden Gesprächen und den unterschriftsreifen Dokumenten ist dies nicht explizit geschehen.

Auch die Klarstellung des kirchenrechtlichen Status der Bischöfe und der Piusbruderschaft als Ganzer erfolgte erst nach den vielen öffentlichen Erklärungen von Kanonisten, dass die Suspendierung der Bischöfe keineswegs aufgehoben und die Bruderschaft keine anerkannte Institution sei. Wenn dies so klar gewesen ist, das man meinte, es nicht eigens sagen zu müssen, zeugt das zumindest von der Inkompetenz des Vatikans im Umgang mit den Medien und der Öffentlichkeit, die nicht den Codex iuris canonici neben der Tageszeitung liegen hat. Doch warum haben die Bischöfe so inständig auf eine rechtliche Klarstellung gedrungen, wenn doch alles so eindeutig war? Auch halten die rechtlichen Probleme an. Wenn die Bischöfe der Piusbruderschaft suspendiert sind, dürfen sie keine Sakramente spenden – wie können sie sich darauf berufen, dass Rom ihnen die unrechtmäßigen Priesterweihen quasi erlaubt habe. Möglicherweise ist das unrichtig, aber das kann nur der Vatikan wissen.

Eine entscheidende Rolle für den Gang der Geschehnisse hat das von vielen Seiten geschmähte Eingreifen der deutschen Bundeskanzlerin gespielt. Bis zu diesem Punkt zog der Protest immer weitere Kreise. Dass der Papst nicht sofort auf „Kolumnisten oder notorische Papstkritiker“ (Kurt Kister s.u.) reagierte, ist verständlich, aber was ist mit dem Aufschrei der zumeist konservativen Intellektuellen Frankreichs, die als „seine verlässlichsten Verbündeten in der Welt der Intellektuellen“ [131] gelten können, oder der Kritik nicht nur der deutschen Mitbrüder im Amt, fast aller großen theologischen Fakultäten in Deutschland oder zahlreicher Laienorganisationen? Nicht einmal der berechtigte Zorn und die Enttäuschung der Juden weltweit und die damit verbundene Gefahr für die Beziehung der Kirche zum Judentum schienen Papst Benedikt zu bewegen, sein Schweigen zu brechen.

Nach der Aufforderung der Kanzlerin aber folgte nach pflichtgemäßer Zurückweisung dieser „Einmischung in die innerkirchlichen Angelegenheiten“ durch den Vatikansprecher am nächsten Tag eine Erklärung, die den Holocaust-Leugner zum Widerruf aufforderte und die o.g. Klarstellungen enthielt. Dass der innerkirchliche und interreligiöse Konflikt sich zu einer „Staatsaffäre“ ausweitete, hat seinen Grund darin, dass der Umgang mit dem Judentum keine innerkirchliche Angelegenheit bleiben konnte, sondern „an einen Punkt unverhandelbarer Prinzipien“ gestoßen ist, nämlich das Bewusstsein für die Bedeutung des Holocaust, das „längst nicht mehr nur in Deutschland zum Grundkonsens“ gehört. Thomas Assheuer, von dem diese Zitate stammen, sieht in diesem Konflikt Weltkirche und Weltgemeinschaft aufeinander stoßen. „In Deutschland wird er gewissermaßen stellvertretend ausgetragen“, und deshalb ist die deutsche Bundeskanzlerin tatsächlich nicht irgendjemand, der in die Debatte eingreift. [132] Aber hätte es nicht auch ohne die Intervention der Kanzlerin zu einer solchen Erklärung kommen müssen? Die Frage, was andernfalls geschehen wäre, macht zumindest nachdenklich.

Immer wieder wurde die Befürchtung oder der Vorwurf angesprochen, dass die Kirche sich hinter die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils zurück bewegen wolle. Isolde Charm analysiert diese Tendenz in der taz als Abhebung der Kirche von der modernen Welt, als Rückkehr zum „Glutkern des Glaubens“ (Sloterdijk) – dazu gehörten die Abgrenzung von anderen Religionen und Konfessionen, die Maßregelungen gegen liberale Theologen und das Rückgängig-Machen von Liberalisierungen, die den Glauben verwässerten und schließlich die Rückbesinnung auf die tridentinische Messe und die Rückholung der Piusbruderschaft. Leitend für dieses Vorgehen sei „die Unvereinbarkeit von Gesellschaftszustand und religiösem Maßstab“. Genau dies charakterisiere aber den Fundamentalismus. „Wir wohnen der Rückverwandlung der katholischen Kirche in eine fundamentalistische Institution bei.“ – der Papst setze auf eine Kernkirche von Überzeugten. [133]

Tatsächlich ist das Gesundschrumpfen auf eine „kleine Herde“ der Überzeugten und Sendungsbewussten eine im Denken Joseph Ratzingers vorhandene Größe – er ist kein bedingungsloser Vorkämpfer eines volkskirchlichen Konzeptes. Mit den Piusbrüdern teilt er, allerdings mit gewichtigen Unterschieden, die Skepsis gegenüber der Moderne. Für die Piusbrüder ist die Moderne etwas, das direkt vom Teufel kommt, für Papst Benedikt hat sie die schöne Synthese von biblischer Botschaft und griechischer Philosophie zerstört, die ihm als Verbindung von Glaube und Vernunft am Herzen liegt. Diese Synthese, die es nach Meinung des Philosophen Kurt Flasch so nie gegeben hat[134], ist für ihn die eigentliche Aufklärung. Die Aufklärung und die Neuzeit dagegen zerstören diese Synthese und setzen an ihre Stelle die innerweltliche Utopie und die Selbsterlösung. Das schon öfter beschriebene traumatische Erlebnis des Jahres 1968 und der militanten Studentenbewegung sowie die Befreiungstheologie gehen für ihn in dieselbe Richtung. Trotz der zeitweilig gemäßigten Phasen bleibt dieses Bild der Moderne bei Ratzinger vorherrschend. Thomas Assheuer hat es so beschrieben: „Die Moderne scheint für Benedikt XVI. ein verlorenes Projekt zu sein, gleichsam au fond perdu, ohne jede eschatologische Rückendeckung bevölkert von Selbsterlösern, Relativisten, Abtreibungsfreunden und Menschenzüchtern. Den Schauder angesichts der Genforschung kann man gut verstehen, aber manchmal klingt es so, als kämpfe der Papst noch immer gegen die Götter des Marxismus, was in Zeiten, in denen der Kapitalismus mit Tonnen von Steuergeldern am Leben gehalten wird, doch recht possierlich wirkt“. [135]

Die Ungleichzeitigkeit der Kirche zur modernen Gesellschaft kann andererseits als Chance betrachtet werden, neoliberaler Globalisierung und der Umwandlung aller menschlichen Lebensäußerungen zu Waren entgegenzuwirken. Immerhin hat schon vor fast 30 Jahren der Psychoanalytiker Alfred Lorenzer in einer Kritik der Liturgiereform davon gesprochen, dass die katholische Kirche die einzige Institution sei, die der universalen Symbolik des Kapitalismus ein gleich starkes Symbolsystem entgegensetzen könne. [136] Die „eingebaute Zeitgeistbremse“ der katholischen Kirche, schreibt Gustav Seibt, impliziere auch eine Sicherung gegen gefährlichste Irrtümer. „Der Einspruch der Päpste gegen den rassistisch verschärften Nationalismus und die Behauptung der Menschenwürde gegen den Kommunismus gehören zu den großen Stunden der Kirchengeschichte; wenn man der Kirche hier Vorhaltungen machen kann, dann die, den Widerstand gegen herrschende Ideologien der Zeit nicht energisch genug vorgetragen zu haben, vor allem während des Zweiten Weltkriegs unter Papst Pius XII.“ [137] Die Hoffnung, dass die katholische Kirche und Papst Benedikt zu unerwarteten Verbündeten im Widerspruch gegen die menschenfeindlichen Entwicklungen in der Weltgesellschaft werden könnten, ist für viele nun mit der Affäre Williamson verloren oder als Täuschung entlarvt. Dabei wäre gerade die Kirche in der Lage, als „Wächterin der Menschlichkeit“ aus ihrer Tradition heraus für „die uneingelösten Versprechen der Moderne“ (Habermas) von Gleichheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Glaubt man den Feuilletonisten, so hat Benedikt XVI. diese Chance verspielt – „Es ist wahr, Benedikts Interregnum als Welt-Intellektueller, als Stimme der Hoffnung in einer von Religions- und Kulturkämpfen zerfurchten Weltgesellschaft ist Geschichte. Die messianischen Energien der Moderne, die für einen historischen Augenblick ironischerweise in Rom Asyl fanden, sind an Barack Obama übergegangen…“.[138] Wird Timothy Garton Ash, der britische Historiker, Recht behalten mit seiner Prognose aus dem Jahr 2005, dass dieser Papst die Entchristianisierung Europas vorantreiben werde, auch wenn er das Gegenteil beabsichtige? [139]

Immer wieder wird die Frage gestellt, warum Papst Benedikt den Traditionalisten so weit entgegen kommt, warum er, der ansonsten mit unnachgiebiger Härte vorgehen könne, „rechtslastig barmherzig“ [140] sei. Diese Frage lässt sich m.E. besser unter Rückgriff auf das katholische Kirchen- und Sakramentsverständnis beantworten als mit der Analyse, dass Rom die Öffnung der Kirche gegenüber der modernen Gesellschaft, wie sie im Konzil sichtbar wurde, rückgängig machen wolle. Neben dem vergeblichen persönlichen Engagement Joseph Ratzingers für die Überwindung des Schismas liegt ein gewichtiger Grund im katholischen Sakramentenverständnis und dem Verständnis des Bischofsamtes (s.o.). Die Piusbruderschaft verfügt über eine gültig geweihte Hierarchie – die vier Bischöfe sind nach katholischem Verständnis „wirklich“ Bischöfe; sie geben die Priesterweihe zwar unerlaubt, aber gültig weiter, d.h. sie können eine Gegenkirche aufbauen, die in der bischöflichen Sukzession steht. Natürlich besteht hier ein dringendes Interesse, die Ausübung des Bischofsamtes an die Gemeinschaft mit dem Papst zurückzubinden. Daran ist zunächst einmal nicht zu rütteln, auch wenn dies die katholische Kirche prinzipiell erpressbar macht.

Verbindet sich dies aber mit einer Haltung, die anderen Kirchen, die ein anderes Verständnis des Bischofsamtes oder gar kein Bischofsamt haben, einen defectus ordinis bescheinigt, der es nicht erlaube, sie als Kirchen zu bezeichnen, dann kann tatsächlich der Eindruck entstehen, wie Heiner Geißler es überspitzt formuliert hat, dem Papst „sei ein rechtsradikaler, antisemitischer Bischof lieber als eine evangelische Bischöfin.“ [141] Lieber ist er ihm wohl nicht, aber, ekklesiologisch betrachtet, näher. Nicht von ungefähr ist die Uneinigkeit im Verständnis der kirchlichen Ämter das größte Hindernis auf dem Weg zur Einheit der Kirchen und erweist sich bisher immer wieder als Sackgasse. Der evangelische Theologe Eilert Herms, der sich sehr gut in der katholischen Kirche und Theologie auskennt und selbst von dem Interesse einer Profilierung der evangelischen Kirche geleitet ist, hat genau diesen Punkt sehr deutlich genannt und einen alternativen Weg aufgezeigt: „Ich verstehe, dass in der römisch-katholischen Lehre vom Bischofsamt Motive zu liegen scheinen, die es gebieten, die Lefebvre-Gruppe in die Gemeinschaft mit dem Papst zurückzuholen – wenn irgend möglich. Aber nicht um jeden Preis! Das Konzil verlangt, dass alle Dogmen in ihrem Verhältnis dazu betrachtet werden, was den Glauben begründet: das Christusgeschehen. Das gilt auch für die Lehre vom Bischofsamt. Hier ist noch vieles ungeklärt. Ist es undenkbar, dass es auf der Linie des Zweiten Vatikanischen Konzils zu einer Vertiefung der Lehre über das Bischofsamt kommt, die Rom aus der Gefangenschaft der Ultras befreit? Muss es so bleiben, dass das Wichtigste für Rom die Gemeinschaft mit den Traditionalisten ist, die den geistlichen Lernprozess der Kirche seit dem 16. Jahrhundert verleugnen? Könnte nicht die Gemeinschaft mit den Evangelischen, mit denen die katholische Kirche diesen Lernprozess kirchlicher Aufklärung faktisch gemeinsam durchgemacht hat, wichtiger werden? Die Wahrheit verlangt das Letztere. Sie wird sich durchsetzen.“ [142]

Dies ist vielleicht mit großem Optimismus und etwas zu viel Wahrheitspathos geschrieben, zeigt aber tatsächlich eine Richtung auf, die zu wenig im Blick ist. Das katholische Verständnis wird sich nicht in der Weise ändern, dass die Weihe als eine Übertragung rein jurisdiktioneller Befugnisse, die auch wieder aberkannt werden können, verstanden würde. Im Unterschied zum evangelischen Verständnis, in dem die kirchlichen Ämter nicht konstitutiv für die Kirche sind und folglich nach verschiedenen Ordnungen geregelt sein können, wird das Bischofsamt in der katholischen Kirche immer zu den Grundpfeilern der Kirche zählen. Doch Recht hat Herms damit, dass der Weg aus der Falle das Bemühen um die gegenseitige Anerkennung der kirchlichen Ämter sein kann. Wie Kirchen, die in der bischöflichen Sukzession stehen und solche, die es nicht tun, gegenseitig ihre Treue zum apostolischen Ursprung anerkennen können, ohne dass der Weg der Kirche ohne die bischöfliche Sukzession als defizitär angesehen wird, haben anglikanische und lutherische Kirchen in Nordeuropa und den USA bereits unter Beweis gestellt. [143]  Hier müsste verstärkt weiter gearbeitet werden.

Die theologische Haltung, die das Defizitäre der anderen Kirchen und der anderen Religionen mehr betont als die Gemeinsamkeiten der Konfessionen beispielsweise im Verständnis der Eucharistie, erweckt immer wieder den falschen Eindruck, Papst Benedikt sei ein Exklusivist, der nur die eigene Religion und Kirche als Heilsweg gelten lasse, so wie die Piusbrüder das tun. Selbst das Dokument der Glaubenskongregation Dominus Iesus, das damals fast zeitgleich mit einem bedeutenden Dokument des lutherisch-katholischen Dialogs veröffentlicht wurde und dessen weitgehende Aussagen etwa über das Papstamt völlig in den Schatten stellte, gibt der Auffassung des Zweiten Vatikanischen Konzils Ausdruck, dass in allen Religionen Elemente der Wahrheit enthalten seien, die die Kirche hoch schätze (also die Position des Inklusivismus). Negativ äußert sich das Dokument nur über die sog. pluralistische Religionstheologie, die alle Religionen als gleichwertige Heilswege ansieht.

Die Feuilletons der deutschen Zeitungen reflektierten ebenfalls das Bemühen, dieser veritablen Krise des Katholizismus etwas Positives abzugewinnen. Die Krise habe gezeigt, dass die Kollegialität der Bischöfe sei eine Realität in der katholischen Kirche sei. Manche sprachen sogar von einer Demokratisierung, was vielleicht doch etwas übertrieben ist. Auch das Zweite Vatikanische Konzil sei in seiner Bedeutung wieder ins Bewusstsein getreten – ich vermute, dass an den theologischen Fakultäten in den kommenden Semestern etliche Veranstaltungen über das Konzil und die betreffenden Dokumente stattfinden werden.

Deutlich hervorgetreten ist die wenig anziehende Geisteshaltung innerhalb der Piusbruderschaft, die wohl auch höheren kirchlichen Würdenträgern nicht immer bewusst gewesen ist. „Was nun, nach der Öffnung der von der Außenluft abgeschlossenen Kapsel Piusbruderschaft ans Licht kommt, ist außerordentlich unattraktiv.“, kommentierte Gustav Seibt in der Süddeutschen Zeitung. „Angesichts eines so glibberigen geistigen Abgrunds darf man auch die intellektuellen Sympathisanten der Piusbruderschaft im deutschsprachigen Raum nach ihrem Verhältnis zu dieser Gespensterwelt befragen.“ [144] Insofern muss man den Piusbrüdern fast dankbar sein, dass sie bisher jeden Versuch, sie wieder in die Kirche einzugliedern, abgelehnt haben, denn sonst wären sie längst eine kanonische Gemeinschaft des religiösen Lebens und das möglicherweise ohne die explizite Anerkennung des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Der Papst hat seine Geste der Versöhnung, die bisher nicht wirklich erwidert worden ist, mit der Intention vollzogen, die Piusbruderschaft wieder in die Kirche zu integrieren. Analog zu demokratischen Parteien, denen es gelingt, den rechten Rand zu integrieren und damit die tatsächlich oder potentiell Radikalisierten unter demokratische Regeln zu zwingen, will der Papst ein Ausfransen bzw. eine endgültige Abtrennung des rechten Randes der Kirche verhindern. Es gibt Optimisten in der Kirche, die glauben, dass dies gelingen kann, dass eine Selbstreinigung der Piusbruderschaft möglich ist. Möglich ist aber auch, dass die Piusbrüder alles daran setzen werden, ihre Positionen in der Kirche durchzusetzen und dass das Entgegenkommen sie lediglich in ihrer unerleuchteten Besserwisserei bestätigt.

Die Auseinandersetzungen seit 1970 zeigen, dass die Piusbruderschaft immer wieder verweigert hat, die Ergebnisse der Gespräche zu ratifizieren; sie hat regelmäßig einen Rückzieher gemacht, oft sogar in letzter Sekunde. Stattdessen hat sie Forderungen an den Papst gerichtet, wie die Freigabe der Eucharistiefeier nach dem Missale von 1962 und die Aufhebung der Exkommunikation. Der Papst ist diesen Forderungen im Jahr 2007, wenn auch mit einer anderen Interpretation der Sache, nachgekommen und schließlich jüngst mit der Rücknahme der Exkommunikation als einseitiger Geste. Die offiziellen Reaktionen führender Repräsentanten der Bruderschaft lassen den Schluss zu, dass sie nun endlich ihre Sicht der Kirche und der Welt in den zu führenden Verhandlungen durchsetzen wollen.

Ob der Großmut der Großkirche auch die Piusbruderschaft letztlich neutralisieren oder ob eine kleine gut organisierte und verhandlungsresistente Minderheit tatsächlich den Weg der Kirche manipulieren kann, wird die Zukunft zeigen.

Der größte Skandal, der nur vereinzelt in den Medien angesprochen wurde, der aber letztlich die Dramaturgie dieses Konflikts bestimmte, ist das mangelnde Bewusstsein im Vatikan für die Bedeutung der Erinnerung an den Holocaust und für die Notwendigkeit einer Aufarbeitung des Antisemitismus, auch in der Kirche. Alexander Smoltczyk fragte am 4. Februar im Spiegel, wie präsent die Shoah denn im Weltverständnis des Vatikans sei, dass eine so explosive Angelegenheit wie die Rücknahme der Exkommunikation „notorisch antisemitischer Bischöfe derart schlampig verwaltet“ werde? [145] Vatikansprecher Lombardi gab indirekt auf diese Frage eine Antwort „Er nehme an, dass sich die Menschen, die innerhalb des Vatikans mit der Frage der Wiederaufnahme Williamsons betraut waren, der ‚Schwere dieser Aussagen‘ nicht bewusst waren“. [146]

Nicht nur die Kommunikationsstruktur im Vatikan und der Umgang mit den Medien bedürfen einer Erneuerung. Es muss auch der kirchliche Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart weiter aufgearbeitet werden. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Verantwortlichen im Vatikan, die mit den Verhandlungen mit den Piusbrüdern betraut sind, der Bedeutung staatlich anerkannter und rechtlich gesicherter Menschenrechte auch für das Selbstverständnis der Kirche bewusst sind.

 

 

[1] Financial Times Deutschland v. 2. Februar 2009
[2] DIE ZEIT v. 12. Februar 2009
[3] Süddeutsche Zeitung v. 5. Februar 2009
[4] Wichtige Dokumente zur Geschichte der Bruderschaft finden sich in deutscher Sprache auf der Homepage der österreichischen Bruderschaft www.fsspx.at, in französischer Sprache auf der von Nicolas Senèze eingerichteten Website La crise intégriste http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/. Einen guten Überblick bietet auch Peter J. Vere, A Canonical History of the Lefebvrite Schism, Ontario 1999, http://sspx.agenda.tripod.com/id8.html, eingesehen am 25. März 2009
[5] Einrichtungsdekret der Internationalen Piusbruderschaft St. Pius X. v. 1. November 1988, www.fsspx.at (Der Gründer/Dokumente), eingesehen am 26. März 2009
[6] Grundsatzerklärung S.E. Erzbischof Marcel Lefebvres v. 21. November 1974, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[7] Bischof Genoud: „Ein unermüdlicher Botschafter Gottes“, in: Katholische Internationale Presseagentur, Tagesdienst vom 15. März 2008, http://www.kath.ch/pdf/kipa_20080319081511.pdf, eingesehen am 26. März 2009
[8] Lettre de Mgr. Benelli à Mgr. Lefebvre, 25. Juni 1976, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/1976/06/lettre-de.html, eingesehen am 26. März 2009
[9] Monition canonique du Cardinal Baggio à Mgr. Lefebvre, 6. Juli 1976, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/1976/07/monition-du-cardinal-baggio-%C3%A0-mgr-lefebvre.html, eingesehen am 26. März 2009
[10] Brief an S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre vom Sekretariat der Heiligen Kongregation für die Bischöfe v. 22. Juli 1976, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[11] Sonderrundbrief von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre v. 29. Juli 1976, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[12] Offener Brief von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre und S.E. Bischof Antonio de Castro Mayer an Papst Johannes Paul II. v. 21. November 1983, Bischöfliches Manifest, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[13] Brief von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre an seine zukünftigen Bischöfe v. 28. August 1987. Adveniat regnum tuum, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[14] Ebd., Hervorhebung v. mir
[15] Protokoll über ein Einvernehmen zwischen Seiner Eminenz Kardinal Joseph Ratzinger und S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre, erstellt während einer Zusammenkunft in Rom am 4. Mai 1988, unterzeichnet am 5. Mai 1988, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[16] Vorschlag von Rom für einen Brief von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre an Papst Johannes Paul II. nach der Unterzeichnung des Protokolls vom 5. Mai 1988, www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[17] Lettre de Mgr. Lefebvre à Jean Paul II, 2. Juni 1988 http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/1988/06/lettre-de-mgr-lefebvre-%C3%A0-jeanpaul-ii.html; Brief von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre an Papst Johannes Paul II. v. 20. Mai 1988; Interview von S.E. Erzbischof Marcel Lefebvre am 30. Juni in Ecône für die Zeitschrift Fideliter, beide: www.fsspx.at, eingesehen am 26. März 2009
[18] Decret d’excommunication, 1. Juli 1988, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/1988/07/d%C3%A9cret-dexcommunication.html, eingesehen am 26. März 2009
[19] Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben „Ecclesia Dei“ in Form eines Motu Proprio, 2. Juli 1988, www.vatican.va , eingesehen am 11. März 2009
[20]  Communiqué de Mgr. Fellay, 22. Januar 2001, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/2001/01/communiqu%C3%A9-de-mgr-fellay.html, eingesehen am 25. März 2009
[21] Papst Benedikt XVI., Apostolisches Schreiben Summorum pontificum v. 7. Juli 2007, in: Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls, Nr. 178, hg. v. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2007, s. auch www.dbk.de
[22] Fragen zur Heiligen Messe, http://www.fsspx.info/bruderschaft/index.php?show=hlmesse&page=11, eingesehen am 30. März 2009
[23] Ebd., http://www.fsspx.info/bruderschaft/index.php?show=hlmesse&page=15 , eingesehen am 30. März 2009
[24] Franz Schmidberger, Die Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils, 27 http://www.fsspx.info/media/pdf/Zeitbomben.pdf, eingesehen am 27. März 2009
[25] Ebd.
[26] Ebd., 28
[27] Ebd.
[28] Ebd., 7
[29] Ebd., 8
[30] Ebd., 13
[31] Ebd., 14
[32] Ebd., 17
[33] Ebd., 18
[34] http://www.fsspx.info/distrikt/stellungnahmen/offizielle_stellungnahmen.php, eingesehen am 27. März 2009
[35] Conditions qui rèsultent de l’entretien du 4 Juin 2008 entre le Cardinal Castrillòn Hoyos et Mgr. Fellay, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog, eingesehen am 27. März 2009
[36] Communiqué de l’abbé Lorans au sujet de l’ultimatum du Cardinal Castrillon Hoyos, 1. Juli 2008, http://lacriseintegriste.typepad.fr/weblog/, eingesehen am 27. März 2009
[37] Brief an die Gläubigen, http://www.dici.org/dl/fichiers/Brief_oberer.pdf, eingesehen am 27. März 2009
[38] Papst-Schüler Beinert fordert Vatikan zum Handeln auf, Donau-Online: Mittelbayerische Zeitung, 3. Februar 2009
[39] Der Spiegel Nr. 4 v. 19. Januar 2009, 33
[40]  Ebd.
[41]  Sebastian Fischer/Julia Jüttner/Philipp Wittrock, Papst in der Defensive. Piusbrüder schalten auf stur, in: Spiegel Online 6. Februar 2009
[42]   Endloser Schlussstrich, in: Der Spiegel Nr. 7 v. 9. Februar 2009, 18-23, hier: 23
[43]  Guido Horst, Byzantinische Verhältnisse, in: http://www.die-tagespost.de/2008/, eingesehen am 19. Februar 2009
[44]  Ebd. und Andrea Tornielli, Dietro al vescovo negazionista un complotto contro il Papa, in: Il Giornale v. 3.
Februar 2009
[45]  Ebd.; Der Spiegel Nr. 7 v. 9. Januar 2009, 23 (s. Anm. 42)
[46]  zit. n. Peter Wenierski, Katholische Hardliner, in: Spiegel Online 3. Februar 2009, 16:19
[47]  Michael McAteer, Chief Canadian bishop denounces clergyman’s anti-Jewish comments, in: Toronto Star v. 14. April 1989; ders., Catholic bishop won’t be charged for remarks about Jews, in: Toronto Star v. 21. April 1989; http://www.thestar.com/
[48]  Anna Arco, Lefebvrists face crisis as bishop is exposed as ‚dangerous’ anti-Semite, in: The Catholic Herald v. 5.
März 2008
[49]  Der Spiegel Nr. 7 v. 9. Februar 2009, 21(s. Anm. 42)
[50]  Ebd.
[51]  W. Koydl, Bischof Williamson: „Hosen sind nichts für Frauen“, in: sueddeutsche.de, 4. Februar 2009, 19:21
[52]  Der Falke aus Medellin, in: sueddeutsche.de, 6.Februar 2009
[53]  Megan Williams, Vatican advisers blamed for Pope’s woes, in: Toronto Star v. 11. Februar 2009
[54]  Radio Vatikan (RV), 26. Januar 2009
[55]  Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zur Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X., 24. Januar 2009, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01814/index.html , eingesehen am 30. März 2009
[56]  Stellungnahme des Vorsitzenden der Unterkommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum der Deutschen Bischofskonferenz , Bischof Dr. Heinrich Mussinghoff zur Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe der Priesterbruderschaft St. Pius X., 26. Januar 2009, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01816/index.html, eingesehen am 30. März 2009
[57]  Pas de negationnistes dans l’Eglise. L’appel des intellectuels catholiques, in: La Vie v. 27. Januar 2009
[58]  Ebd.
[59]  RV, 27. Januar 2009
[60]  Zur Debatte um die Karfreitagsfürbitte s. Walter Homolka/Erich Zenger (Hg.), „… damit sie Jesus Christus erkennen“. Die neue Karfreitagsfürbitte für die Juden, Freiburg 2008; Hanspeter Heinz, So darf die Kirche nicht beten! Eine neue Karfreitagsfürbitte im alten Geist, in: Herderkorrespondenz 62 (2008) 228-231
[61]  RV, 27. Januar 2009
[62]  Ebd.
[63]  Ebd.
[64]  Spiegel Online vom 31. Januar 2009
[65]  RV, 1. Februar 2009
[66]  zit. n. RV, 27. Januar 2009
[67]   Erklärung zur Rücknahme des Exkommunikationsdekrets gegen die Bischöfe der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ und zu den Äußerungen von Bischof Williamson, http://egora.uni-muenster.de/fb2/sp_auto_62383.shtml, eingesehen am 27. März 2009
[68]  RV, 28. Januar 2009, vgl. auch Papst erklärt Solidarität mit Juden, in: Spiegel Online 28. Januar 2009; Papst kommt Kritikern entgegen, in: SZ v. 30. Januar 2009, 1
[69]  RV, 28. Januar 2009,
[70]  Knobloch stoppt Dialog mit Kirche, in: SZ v. 30. Januar 2009, 5; Knobloch bricht Dialog mit katholischer Kirche ab, in: Spiegel Online 29. Januar 2009
[71]  Vatikan unter Druck, in: sueddeutsche.de , 30. Januar 2009
[72]  Erklärung von Professoren der Theologischen Fakultät zum päpstlichen Dekret vom 21.01.2009, http://www.theol.uni-freiburg.de/aktuelles/nachrichten/erklarung-von-professoren-der-theologische-fakultat-zum
-papstlichen-dekret-vom-21-01.2009/, eingesehen am 27. März 2009
[73]   Die Katholisch-Theologische Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz sieht sich angesichts der Ereignisse der letzten Woche zu einer Stellungnahme veranlasst, 30. Januar 2009, http://www.uni-graz.at/newswww/newswww_archiv/newswww_archiv_detail.htm?reference=126029, eingesehen am 27. März 2009
[74]  Tübinger Erklärung, 30. Januar 2009, http://www.kath-theol.uni-tuebingen.de/Aktuelles/TueErkl.html, eingesehen am 27. März 2009
[75]  Erklärung der Katholisch-Theologischen Fakultät Bochum zur Rücknahme der Exkommunikation der vier Bischöfe der „Priesterbruderschaft Pius X.“ und zur Leugnung der Shoah, http://www.ruhr-uni-bochum.de/kath-theol-fak/, eingesehen am 27. März 2009
[76]  RV, 30. Januar 2009
[77]  Anerkennung des Konzils ist die Grundvoraussetzung für die Einheit. Erklärung von Bischof Gebhard Fürst zu den aktuellen kirchlichen Auseinandersetzungen, 1. Februar 2009, www.drs.de, Pressemitteilungen
[78]  RV, 30. Januar 2009
[79]  Stellungnahme zum Rücktritt von Kardinal Lehmann als Vorsitzender der deutschen Bischoskonferenz, 15. Januar 2008, http://www.fsspx.info/distrikt/stellungnahmen/offizielle_stellungnahmen.php, eingesehen am 27. März 2009
[80]  Hamburger Erzbischof geht auf Distanz zum Vatikan, in: Spiegel Online, 2. Februar 2009
[81]  RV, 2. Februar 2009; „Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage gestellt“, in: sueddeutsche.de, 2. Februar 2009
[82]  RV 2. Februar 2009 (Hervorh. v. mir)
[83]  Kardinal Meisner verteidigt Benedikt XVI., in: Spiegel Online, 2. Februar 2009
[84]  Regina Einig, „Schismen sind schnell machbar und sehr schwer zu beheben.“ Ein Gespräch mit dem Philosophen Robert Spaemann über die Auseinandersetzung um die Traditionalisten, www.die-tagespost.de/2008/, eingesehen am 27. März 2009
[85]  Hans Küng, Wenn der Papst ein Obama wäre, in: SZ v. 31. Januar/1. Februar 2009, 2; Botschaft an Benedikt: „Treten Sie zurück!“, in: sueddeutsche.de, 1. Februar 2009; „Glaubwürdigkeit der Kirche in Frage gestellt“ (s. Anm. 81)
[86]  Vatikan-Diplomaten kehren Benedikts Scherben zusammen, in: Spiegel Online, 1. Februar 2009
[87]  RV 31. Januar 2009; vgl. auch Holocaust-Leugner entschuldigt sich beim Papst, in: Spiegel Online 30. Januar 2009
[88]  Vatikan unter Druck, in: sueddeutsche.de, 30. Januar 2009
[89]  Piusbruderschaft schließt Holocaustleugner aus, in: Spiegel Online, 6. Februar 2009
[90]  RV 1. Februar 2009
[91]  RV 30. Januar 2009
[92]  Papst geht weiter auf die Ultrakonservativen zu, in: SZ v. 2. Februar 2009; Gerhard Maria Wagner. Neuer Weihbischof von Linz mit Hang zu Fundamentalismus, in: SZ v. 3. Februar 2008, 4
[93]  Gustav Seibt, Glibbriger Abgrund. Die intellektuellen Folgen des katholischen Debakels, in: SZ v. 3. Februar 2009
[94]  Rebellion am Altar, in: sueddeutsche.de 12. Februar 2009, 6:35
[95]  Michael Frank, Proteste bringen Vatikan in Bedrängnis, in: SZ v. 17. Februar 2009, 6
[96]  Matthias Drobinski, Die katholische Krise, in: SZ v. 17. Februar 2009, 4
[97]  Deutsche Politiker kritisieren Benedikt XVI. scharf, in: Spiegel Online, 2. Februar 2009
[98]  Merkel fordert Papst zur Klarstellung auf, in: Spiegel Online, 3. Februar 2009; RV, 4. Februar 2009
[99]  Philipp Wittrock, Vatikan lässt Merkel abblitzen, in: Spiegel Online, 3. Februar 2009
[100]  Vatikan verärgert über Papst-Debatte, in: Zeit Online, 6. Februar 2009
[101]  RV, 5. Februar 2009
[102]   Ludwig Greven. Merkels falsche Einmischung, in: Zeit Online, 4. Februar 2009
[103]  Piusbrüder sehen sich als Medienopfer, in: sueddeutsche.de, 6. Februar 2009, 12:15; Sebastian Fischer/Julia Jüttner/Philipp Wittrock, Papst in der Defensive. Piusbrüder schalten auf stur, in: Spiegel Online, 6. Februar 2009
[104]  Merkel lobt Papst-Äußerung, in: Zeit Online, 6. Februar 2009
[105]  Kurt Kister, Wir wollen nicht mehr Papst sein, in: sueddeutsche.de, 4. Februar 2009
[106]  Papst schweigt zum Holocaust-Streit, in: Spiegel Online, 4. Februar 2009
[107]  RV 4. Februar 2009
[108]  Ebd.
[109]  z.B. FTD v. 6. Februar 2009 mit der Schlagzeile „Bundeskanzlerin vergibt dem Papst“
[110]  RV 6. Februar 2009
[111]  RV 5. Februar 2009
[112]  Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch zur heutigen Erklärung des Vatikan betreffend der Piusbruderschaft, 4. Februar 2009, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01831/index.html
[113]  „Nach Auschwitz werde ich nicht fahren.“ 14 Fragen an den Bischof der Piusbruderschaft Richard Williamson, in: Der Spiegel v. 9. Februar 2009, 20-21, hier: 20
[114]  Lehmann zur Holocaust-Leugnung: „Das kann so nicht stehen bleiben“, in: sueddeutsche.de, 10. Februar 2009
[115]  Argentinien weist Holocaust-Leugner aus, in: Spiegel Online, 19. Februar 2009
[116]  Jens Glüsing, Argentinien bricht mit seiner Vergangenheit, in: Spiegel Online, 21. Februar 2009; Bischof Williamson verlässt Argentinien, in: ebd.
[117]  Bundeskanzlerin vergibt dem Papst, in: FTD v. 6. Februar 2009, Sebastian Fischer/Julia Jüttner/Philipp Wittrock, Papst in der Defensive. Piusbrüder schalten auf stur, in: Spiegel Online, 6. Februar 2009
[118]  Pius-Brüder sehen sich als Medienopfer, in: sueddeutsche.de 6. Februar, 12:15 Fischer/Jüttner/Wittrock, ebd.
[119]  Bischof Müllers gesteigerter Zorn, in: SZ v. 18. Februar 2009, 5; vgl. auch Monika Maier-Albang, Professoren sollen sich beim Papst entschuldigen, in: SZ v. 17. Februar 2009, 6
[120]   Theologen müssen nicht abschwören, in: SZ v. 21./22. Februar 2009
[121]   http://www.dbk.de/imperia/md/content/pressemitteilungen/2009-1/2009-025-anl_2-erklaerung.pdf , eingesehen am 30.März 2009
[122]   Offizielle Stellungnahme des Distriktoberen von Deutschland, Pater Franz Schmidberger, http://www.fsspx.info/distrikt/stellungnahmen/offizielle_stellungnahmen.php, eingesehen am 30. März 2009
[123]   Matthias Drobinski, Pius-Brüder ohne Reue, in: SZ v. 16. Februar 2009, 5
[124]   Kommuniqué des Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., 24. März 2009, http://www.dici.org/fraternite_read.php?id=000191, eingesehen am 27. März 2009
[125]   Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz,zur heutigen Erklärung des Generaloberen der Piusbruderschaft, 24. März 2009, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01866/index.html eingesehen am 27. März 2009
[126]   Brief Seiner Heiligkeit, Papst Benedikt XVI., an die Bischöfe der katholischen Kirche in Sachen Aufhebung der Exkommunikation der vier von Erzbischof Lefebvre geweihten Bischöfe, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01857/index.html
[127]   Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zum Brief Seiner Heiligkeit Papst Benedikt XVI. an die Bischöfe der katholischen Kirche in Sachen Aufhebung der Exkommunikation der vier von Erzbischof Lefebvre geweihten Bischöfe, http://www.dbk.de/aktuell/meldungen/01855/index.html
[128]   Intégristes: la lettre du pape rassure les évêques, in: ouestfrance.fr, 14. März 2009
[129]   Philipp Gessler, Der erstaunliche Brief des Joseph R., in: taz.de, 13. März 2009
[130]   Patrick Bahners, Ein Papst beschwert sich über den Lärm, in: FAZ.NET 13. März 2009
[131]   Jürg Altwegg, Benedikt und die Brandstifter, in: FAZ.NET 29. Januar 2009
[132]   Thomas Assheuer, Weltvergessen im Vatikan, in: DIE ZEIT v. 5. Februar 2009, 3
[133]   Isolde Charm, Zurück zum Glutkern des Glaubens, in: taz.de, 14.2.2009
[134]   Kurt Flasch, Kein Betriebsunfall. Die Kircheneinheit und der Papst, in: SZ v. 18. Februar 2009
[135]   Thomas Assheuer, Die Reaktionäre kehren zurück, in: DIE ZEIT v. 12. Februar 2009, 46
[136]   Alfred Lorenzer, Das Konzil der Buchhalter: die Zerstörung der Sinnlichkeit. Eine Religionskritik, Frankfurt/M 1981
[137]   Seibt (s. Anm. 93)
[138]   Assheuer (s. Anm. 132)
[139]   Timothy Garton Ash, Von Benedikt zu Benedikt, in: SZ v. 22. April 2005
[140]   „Der Papst ist rechtslastig barmherzig.“ (Interview mit Rabbiner Henry Brandt), in: Zeit Online, 6. Februar 2009
[141]   Israel droht Vatikan mit Abbruch der Beziehungen, in: Spiegel Online, 31. Januar 2009
[142]   Eilert Herms, Was Protestanten aus dem Fall Williamson über den Vatikan und die katholische Kirche lernen können, in: Chrismon (2009) H. 3, 40-41, hier: 41
[143]   Vgl. dazu die sog. Porvoo-Erklärung (1992) zwischen den britischen und irischen anglikanischen Kirchen auf der einen und den baltischen und skandinavischen lutherischen Kirchen auf der anderen Seite (außer der dänischen lutherischen Kirche), sowie das Concordate of Agreement (1999) zwischen der anglikanischen Episcopal Church und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Amerika
[144]   Seibt (s. Anm. 93)
[145]   Alexander Smoltczyk, Der Entzauberte, in: Spiegel Online, 4. Februar 2009
[146]   Das Kreuz mit der Kommunikation, in: sueddeutsche.de, 6. Februar 2009

 

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