theologie.geschichte - Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte


Rainer Bucher

“Die Pfarrgemeinschaft in ihrer Ursprünglichkeit wieder herstellen”

(Abstract des Referats auf der Fachtagung „Theologie und Vergangenheitsbewältigung III. Gemeinschaftskonzepte im 20. Jahrhundert zwischen Wissenschaft und Ideologie “ vom 09. bis 11. Januar 2009)

„Ja, wir bauen am glücklichen Land der Pfarrgemeinde und des Vaterlandes!
Damit ist die große einheitliche zeitgegebene Linie unserer Jugendbewegung gezeichnet in den Worten:
Ein Führer! Ein Zeichen! Ein Reich!
Oder: Christus – unser oberster Führer! Sein Zeichen – unser Zeichen! Sein Führer- und Königreich – die Pfarrgemeinde!“
[1]

"Es geht um nichts mehr und nichts weniger, als daß die Kirche sich anschickt, ihren Totalitätsanspruch, den sie von Christus ihrem göttlichen Stifter an alle Menshcen und an alle menschlichen Verhältnisse hat, wieder und mit allem Nachdruck zu stellen. Christus soll wieder oder endlich das Haupt der gesamten erlösten Menschheit werden."[2]


Das lange propagierte Idealbild einer um den Pfarrpriester gescharten, überschaubaren, lokal umschriebenen und gleichzeitig kommunikativ verdichteten Glaubensgemeinschaft zeigt sich gegenwärtig als dysfunktional für kirchliche Organisation in Zeiten real existierender religiöser Individualisierung.

Der gemeindetheologische Ansatz wird mit dessen klassischer nachkonziliarer Konzeptualisierung beim Wiener Pastoraltheologen Ferdinand Klostermann (1907-1982) vorgestellt und sodann hinter Klostermann zurückverfolgt. Es zeigt sich dabei: Das gemeindetheologische Konzept reagiert nicht nur auf die Säkularisierungserfahrungen der Nachkriegszeit und knüpft nicht nur an die Tradition des genuin anti-liberalen, demokratie-kritischen Organismusgedankens der Zwischenkriegszeit an, sondern liegt in einer spezifischen Variante bereits auf der IV. Wiener Seelsorgertagung (2.-4. Januar 1935) vor.

Die damals im Kontext des autoritären katholischen Ständestaates sowie im Rahmen der Umorientierung hin zur „Katholischen Aktion“ entwickelte Gemeindetheologie wird hinsichtlich personeller und sachlicher Kontinuitäten wie Differenzen zur nachkonziliaren Gemeindetheologie untersucht.  Abschließend wird nochmals auf die Gründe für das aktuelle Scheitern gemeindetheologischer Ansätze eingegangen.


[1] F. Bruckner, Die Jugendfrage, in: Katholische Aktion und Seelsorge. Referate der vierten Wiener Seelsorgertagung vom 2.-4. Jänner 1935, hrsg. v. Karl Rudolf, Wien 1935, 71- 97, 77.
[2] Theodor Kardinal Innitzer, Katholische Aktion – Ruf an die Laien!, in: Karl Rudolf (Hrsg.), Der Aufbau. Jahrbuch der Katholischen Aktion in Österreich 1935, 7-10, 7.



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