Ralf van Bühren, Kunst und Kirche im 20. Jahrhundert: die Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils, Ferdinand Schöningh: Paderborn u.a. 2008, 940 S. (Konziliengeschichte: Reihe B, Untersuchungen) ISBN 3-506-76388-1
Um es gleich vorab zu sagen: Das Manko dieses Buches
scheint sein Umfang von 940 Seiten zu sein und der sicherlich auch
daraus
resultierende Preis von 128,--€. Der Rezensent wird aber alles
versuchen, um
den noch schwankenden Interessierten zum Kauf dieses Buches zu raten.
Dass der Autor sein wissenschaftliches Handwerkszeug
gelernt hat, zeigt bereits die Einleitung. Er grenzt das Thema nach
verschiedenen Seiten hin ab, gibt einen umfassenden und kommentierenden
Überblick nicht nur über den Stand der Literatur, sondern
auch von Symposien
und Tagungen vergangener Jahre. Über 70 Seiten Bibliographie mit
einer klaren
Gliederung in lehramtliche Quellen, Texteditionen,
Kunstausstellungskataloge,
Kongressakten sowie Literatur lassen keine Wünsche offen, sondern
sind eine
ausgezeichnete Hilfe für alle, die mit diesem Thema arbeiten.
Drei Fragestellungen liegen der Untersuchung zu Grunde:
1.
Verhältnis von Kirche und Kunst im 20. Jahrhundert auf
Grundlage der Lehraussagen und praktischen Maßnahmen des
kirchlichen Lehramtes
vor und nach
dem 2.
Vatikanischen Konzil.
2. Historisch orientierter Ansatz
bei der Interpretation
kirchlicher Lehräußerungen über Kunst und Künstler
– eine historische
Gesamtschau des kirchlichen
Lehramtes
zu Kunst.
3. Das Kunstthema im
konzilshistorischen Zusammenhang.
Diese Fragestellungen behandelt die Untersuchung in fünf Schritten entsprechend der Kapiteleinteilung.
- Kunst und Kirche vor dem Konzil (um 1800 – 1962)
- Lehräußerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils über
Kunst und Künstler (1962 – 1965)
- Kunst und Kirche zur Zeit des nachkonziliaren
Reformwerkes (1964 – 1985)
- Kunst und Kirche zur Zeit der weltweit durchgreifenden
Konzilsrezeption (1985 – 2007)
- Wertung
Sind die ersten
Zeiteinteilungen nachvollziehbar durch das Ereignis 2. Vatikanisches
Konzil und
die Veröffentlichung der Texte, so begründet der Autor die
letzte zeitliche
Epocheneinteilung mit der Zweiten Außerordentlichen Versammlung
der
Bischofssynode 1985, von der eine Neubesinnung auf das 2. Vatikanische
Konzil
ausging.
Jedes der ersten vier Kapitel schließt mit einer
Gesamtwertung, das ganze Werk mit einer gegliederten Wertung. Die
Wertungen
behandeln zunächst die im Kapitel vorgestellten Dokumente in ihrer
Zeit. Wie
bei der Qualität einer solchen Arbeit nicht anders zu erwarten,
wertet der
Autor dann nicht nur ihre innere Stringenz, sondern auch ihre
mögliche Wirkung
in den folgenden Jahren. Da die Kapitel logisch aufeinander folgen,
wird am
Ende einer Wertung auf den inneren Zusammenhang zum darauf folgenden
Kapitel
verwiesen. Diese Vorgehensweise bindet das umfangreiche Opus stramm
zusammen,
wodurch es die gestellte Aufgabe nicht aus dem Auge verliert und der
zunächst
ausufernd wirkenden Erscheinung des Werkes einen klaren inneren Halt
verleiht.
Wer also nicht alle Dokumente lesen möchte, was von den wenigsten
Lesern und
Leserinnen erwartet werden darf, findet in den Wertungen eine gelungene
kritische Zusammenfassung.
Ab Seite 647 gibt es eine umfassende Textdokumentation
des kirchlichen Lehramtes zum Thema Kunst. Die Anzahl der Dokumente hat
sich in
der Zeit von 1980-2007 mehr als verdoppelt im Vergleich zu den Jahren
1947-1979. Dass der Autor daraus ein gesteigertes Interesse am Thema
herausliest ist löblich, doch steht die vermehrte Publikation zum
Thema Kunst
im Gesamtstrom der Verlautbarungen des Heiligen Stuhles, die sich in
diesem
Zeitraum zu allen Themen vervielfacht hat.
Die Bibliographie enthält Texte von Bischofskonferenzen
aus I/D/A/E/P/MEX/USA, wobei erstere (I/D) schwerpunktmäßig
behandelt werden
und weitere aus Platzgründen nicht abgedruckt sind, wohl jedoch an
entsprechender Stelle auf diese verwiesen wird.
Ab Seite 889 folgen 98 Farbaufnahmen. Der Schwerpunkt
liegt auf europäischer Kunst (es werden nur 7
außereuropäische Werke gezeigt,
und hier ist Notre-Dame-de-la-Paix in Yamoussoukro mit zwei Bildern
auch noch
doppelt überflüssig) und dabei wiederum
auf Architektur. Fünf Abbildungen der Sagrada Familia sind
vielleicht ein
Zeichen der persönlichen Wertschätzung des Autors für
dieses Werk, die man
allerdings mit guten Gründen nicht teilen muss. Die Auswahl mit
dem Schwerpunkt
Architektur zeigt jedoch auch, dass auf diesem Gebiet kirchlicher Kunst
Qualität sowohl leichter zu bewerten als auch zu finden ist, denn
auf dem der
Malerei und Skulptur. Ein Bild z.B. von der Ausstattung der Pax-Christi
Kirche
in Krefeld wäre bereichernd gewesen. Insgesamt lässt sich zur
Auswahl der
Bilder sagen, dass es sich hierbei nur um erstrangige Werke handelt.
Dass der Autor mit seiner Ausbildung nicht nur in der
Welt der Kunst(geschichte) und der Theologie zu Hause ist, trägt
zum Gelingen
der gestellten Aufgabe bei. Ein solches Opus erscheint leider viel zu
selten,
da es sich bei der Quellenforschung um eine mühsame Aufgabe
handelt. Ein
lockeres Reden oder Schreiben über das Thema Kunst füllt die
Bücherregale
schneller, dieses Werk jedoch dringt tiefer ein in die spezielle
Materie und
bringt weiter.
Rezensent:
Thomas Frings
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