Lucia Scherzberg
Theologie und Vergangenheitsbewältigung im interdisziplinären Vergleich
Bericht von der Tagung des Instituts für Katholische Theologie der Universität des Saarlandes und der Katholischen Akademie Trier, Abteilung Saarbrücken, im Robert-Schuman-Haus, Trier, 14.-16. Januar 2005
Der Widerstand
der christlichen Kirchen gegen den Nationalsozialismus bestimmte
über das
Kriegsende hinaus die Auseinandersetzung über die Rolle der
Kirchen in der Zeit
der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Kirchen, insbesondere die
katholische Kirche, galten in den fünfziger Jahren als eine der
stärksten
gesellschaftlichen Bastionen gegen die völlige Gleichschaltung des
nationalsozialistischen Regimes. Erst in den sechziger Jahren –
ausgelöst durch
die öffentliche Debatte über das Bühnenstück
»Der Stellvertreter« von Rolf
Hochhuth – begann eine intensivere und kritische Auseinandersetzung mit
der
Rolle der christlichen Religionsgemeinschaften während der Zeit
des
Nationalsozialismus. In erster Linie ging es dabei aber um das Versagen
der
Kirchenleitungen. Ausgeblendet blieb dabei bis heute weitgehend die
Rolle der
theologischen Wissenschaft.
Zum Zweck einer
kritischen Bestandsaufnahme hat das Institut für Katholische
Theologie der
Universität des Saarlandes (Lehrstuhl für Systematische
Theologie, Prof. Dr.
Lucia Scherzberg) in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie
Trier,
Abteilung Saarbrücken, vom 14. bis 16. Januar 2005 im
Robert-Schuman-Haus in
Trier eine Fachtagung zum Thema »Theologie und
Vergangenheitsbewältigung im
interdisziplinären Vergleich« durchgeführt. Angeregt
durch
wissenschaftsgeschichtliche Studien, die der Verstrickung gewichtiger
Teile verschiedener
außertheologischer Wissenschaftsdisziplinen in Ideologie und
Praxis des Nationalsozialismus
nachgegangen sind, ist es in jüngerer Zeit zu einer Reihe von
Studien über die
Affinität verschiedener theologischer Lehrer und Forscher,
theologischer
Richtungen und Denkschulen mit der Ideologie und Praxis des
Nationalsozialismus
gekommen. In vier Sektionen (»Bischöfe, Priester,
Universitätstheologen und der
Nationalsozialismus«, »Interdisziplinärer
Vergleich«, »Erinnerungskultur« und
»Versöhnung«) wurden die bisherigen Forschungsmethoden
und -ergebnisse zur Auseinandersetzung
der Theologie und anderer Geistenwissenschaften mit dem
Nationalsozialismus
vorgestellt und diskutiert .
In der 1. Sektion
»Bischöfe, Priester, Universitätstheologen und der
Nationalsozialismus« wurde
das Verhalten kirchlicher Funktionsträger gegenüber dem
Nationalsozialismus
diskutiert. Antonia Leugers (Dresden/München)
erläuterte in ihrem Beitrag »Die deutschen Bischöfe und
der Nationalsozialismus«
die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Regime unter den
drei
Gesichtspunkten Staat, Krieg und Rassenideologie. Die Haltung der
deutschen Bischöfe
gegenüber dem nationalsozialistischen Staat war geprägt von
der kirchenpolitischen
Linie des Vorsitzenden der Fuldaer Bischofskonferenz, Adolf Kardinal
Bertram.
Auf Grund seiner Vorstellung eines größtmöglichen
harmonischen Zusammenwirkens
von Kirche und Staat – unabhängig von der Staatsform – setzte er
gegenüber dem
nationalsozialistischen Herrschaftsapparat eine permanente
»Eingabenpolitik«
durch und verhinderte damit eine offene Konfrontation, die von anderen
Mitgliedern der Bischofskonferenz (Konrad von Preysing) gefordert
wurde.
Hinsichtlich des Krieges riefen die deutschen Bischöfe die
katholischen
Soldaten immer wieder zur gehorsamen Erfüllung ihrer
»soldatischen Pflichten«
auf. Selbst entschiedene Gegner der nationalsozialistischen Herrschaft
in den
Reihen des Katholizismus brachten es nicht fertig, die
Kriegsverbrechen, die
sie als solche erkannten, öffentlich zu verurteilen. Hinsichtlich
der
»Rassenpolitik« des Regimes waren die deutschen
Bischöfe über die Zustände in den
Konzentrationslagern, die Deportation und die Morde informiert. Dr.
Margarete
Sommer, leitende kirchliche Mitarbeiterin des Berliner
Ordinariats, erhielt
nach der »Wannsee-Konferenz« von den dort gefassten
Plänen Kenntnis. Kritik an
der Haltung der deutschen Bischöfe wurde während des Krieges
von einzelnen
Mitgliedern der Bischofskonferenz und vom
»Ordensausschuß« intern scharf
formuliert. Weltanschauliche Grundlagen waren dabei einerseits die
Prinzipien
des Naturrechts und des Staatsrechts, andererseits theologische
Vorstellungen
vom Menschen als Geschöpf Gottes und der Liebe Gottes.
Kevin P. Spicer (Easton, MA)
führte in seinem Beitrag »Im Dienst
des Führers: Pfarrer Dr. Philipp Haeuser und das Dritte
Reich« aus, dass etwa
150 katholische Priester Mitglieder der nationalsozialistischen Partei
waren.
Sie sahen in ihrer Mitgliedschaft keinerlei Konflikt mit der Lehre der
katholischen Kirche. Ideologische Grundlagen für ihre Hinwendung
zum Nationalsozialismus
waren die Ablehnung des Versailler Friedensvertrags, der Hass auf die
Weimarer
Republik und die Zentrumspartei, und der Antisemitismus. Nach der
Machtübernahme Hitlers fungierten die nationalsozialistischen
Priester als
offene Propagandisten für die nationalsozialistische Partei. Statt
Nächstenliebe definierten sie Ehre als Grundlage des Christentums,
priesen
Hitler als herausragenden Christen und Ethik-Lehrer und zogen den
Vergleich
zwischen dem »Kampf Christi« und dem Kampf Hitlers. Sie
gaben vor, Hitler als
Werkzeug für die Vollendung des Werkes Christi zu betrachten.
Rainer Bucher (Graz) legte in
seinem Beitrag »Hitlers Theologie. Die Verkündigung einer
anderen Erwählung«
die theologischen Strukturen des Hitlerschen Diskurses dar. Hitlers
veröffentlichte
Glaubensüberzeugungen waren für seine politische Ideologie
von zentraler
Bedeutung. An den Kirchen, insbesondere der katholischen Kirche,
schätzte und
kopierte er die Elemente, die sie zu einer erfolgreichen
Weltanschauungsorganisation machten. Gegen den christlichen
Universalismus
stellte er allerdings scharf einen rassistisch grundierten
Partikularismus. Er
sah sich dazu berufen, den Willen des »Schöpfers«
auszuführen, indem er die
Interessen des deutschen als des auserwählten Volkes vertrat.
Bewusst griff er
nicht auf die religiösen Ressourcen der eigenen Bewegung, die
völkische
Religiosität, zurück, weil diese ihm als unvereinbar mit der
modernen
Wissenschaftskultur erschien. Seine eigene Theologie dagegen galt ihm
als
naturwissenschaftlich abgesichert. Die katholische
Theologie scheiterte an der Herausforderung durch die Hitlersche
Theologie. Die
Amtskirche verharrte im »Dispositiv der Dauer«,
während einige wenige, aber
durchaus (später) prominente Theologen mit einer völkischen
Inkulturationstheologie an Hitler anzuknüpfen versuchten.
Lucia Scherzberg (Saarbrücken)
sprach über die prominenten »Theologen unterm
Hakenkreuz« Karl Adam und Michael
Schmaus sowie den Duderstädter Geistlichen und Religionslehrer
Richard Kleine,
der ein konspiratives Netzwerk nationalsozialistischer Priester
aufgebaut
hatte. Ausgehend von Adams »Aachener Vortrag« vom Dezember
1939, in dem Adam
sich für die Vereinbarkeit von Katholizismus und
Nationalsozialismus aussprach,
erläuterte sie dessen Anliegen einer Umwälzung der
kirchlichen Strukturen, der
Überwindung der Neuscholastik zugunsten einer
zeitgemäßen Theologie für das
nationalsozialistische Deutschland und der Wiedervereinigung der
getrennten
Kirchen auf völkisch-nationaler Grundlage. Im Bestreben um eine
zeitgemäße
Theologie definierten Adam und Schmaus das Verhältnis von Natur
und Gnade neu
und transformierten den philosophischen Terminus der
»Natur« zu einem biologistisch-
rassistisch aufgeladenen Begriff.
In der 2. Sektion » Interdisziplinärer
Vergleich«
wurden beispielhaft Erfahrungen aus anderen Geisteswissenschaften
herangezogen,
um Defizite in der Aufarbeitung der Theologiegeschichte
aufzuspüren. Jutta Held
(Osnabrück/Karlsruhe) referierte über »Kunsthistoriker
im
Nationalsozialismus und das Problem der Modernisierung«. Sie ging
insbesondere auf
Hans Jantzen ein, der ab 1935 den neben Berlin wichtigsten
kunstgeschichtlichen
Lehrstuhl in München innehatte. Anders als sein Vorgänger
Wilhelm Pinder war
Jantzen kein ausgesprochener Nazi. Dennoch hat er die latente
Faschisierung des
Faches gefördert. Janzen galt schon vor 1933, aber erst recht nach
1945 als
einer der wichtigsten Modernisierer der Kunstgeschichte. Seine
Affinität zum
Nationalsozialismus drückte sich nicht in der Entwicklung einer
explizit
faschistischen Ideologie des Faches aus, sondern in der Verwendung
kompatibler
kunstgeschichtlicher Kategorien. »Raum« und
»Volk« wurden zu zentralen Kategorien
der Kunstgeschichte, Stilunterschiede auf »völkische«
und geografische
Zugehörigkeiten zurückgeführt. Die Physiognomik als
Ableitung des Wesens aus
den Formen bestimmte auch die Verfahren der Kunstgeschichte. Eng damit
verbundenen war ein neuer Ganzheitsgedanke. »Ganzheit« und
»Einheit« wurden als
Gegenbegriffe zur Weimarer Demokratie verwendet und rassistisch und
völkisch
aufgeladen. In den fünfziger
Jahren werden dann die Kategorien der Nazizeit unter Aussparung der
Bindung an
den historischen Raum – »Bodenhaftung« war in den
fünfziger Jahren verpönt – weiter
tradiert. Diese Richtung wird zum Mainstream der Kunstgeschichte in den
fünfziger Jahren.
Ingo Haar (Berlin) ging in seinem
Beitrag »Historiker im Nationalsozialismus. Das Paradigma der
Volksgeschichte«
insbesondere auf den Gründer der Münchner
Südosteuropaforschung, Friedrich
Valjavec, ein. Valjavec gehörte zu den Historikern, die ihren
Aufstieg nicht
den Seilschaften der historischen Zunft, sondern einer Parteikarriere
verdankten. Als expliziter Vertreter der »kämpfenden
Wissenschaft« und im Sinne
einer Einheit von Theorie und Praxis der historischen Wissenschaft war
er als
Mitglied eines Sondereinsatzkommandos im Juli 1941, nach Aussage eines
Teilkommandoführers, an Massenmorden an Juden in Czernowitz
beteiligt. Sein
Einsatz wurde mit einer Berufung an die Universität Berlin
honoriert. Nach dem
Krieg setzte Valjavec die Maximen einer »kämpfenden
Wissenschaft« in dem vom
Bonner Vertriebenenministerium geförderten Projekt einer
»Dokumentation« der
Vertreibung der Deutschen fort. Dabei bediente er sich auch
systematischer
Fälschungen von Zeitzeugenberichten, um im Sinne der westdeutschen
Vertriebenenpolitik die Umstände der Vertreibungen möglichst
drastisch zu
dokumentieren. Diese Interviews, die heute im Lastenausgleichsarchiv in
Bayreuth lagern, heute unhinterfragt als historische Quellen zu
benutzen, hieße
der »kämpfenden Wissenschaft« ein zweites Mal zum Sieg
zu verhelfen. (Teile des
Vortrags erschienen unter dem Titel »Morden für die
Karriere« in der
Süddeutschen Zeitung Nr. 12 vom 17. Januar 2005, S. 12)
Gerhard Sauder (Saarbrücken)
berichtete in seinem Beitrag von der »Entstehung und Rezeption
des
Internationalen Germanistenlexikons«. Sahen die Studienordnungen
der 1970er
Jahre noch die Wissenschaftsgeschichte als notwendiges Thema an, ging
in der
Folgezeit das Interesse daran zurück. Es war der Aufmerksamkeit
von Journalisten,
insbesondere der Wochenzeitung »Die Zeit«, zu verdanken,
dass die Vergangenheit
der Germanistik im Auge behalten wurde. Die Wissenschaftlerzunft selbst
neigte
in ihren führenden Köpfen und bei wissenschaftlichen Tagungen
zur
Bagatellisierung. Die 1972 gegründete wissenschaftsgeschichtliche
Arbeitsstelle
im Marbacher Archiv begann erst 1986 wirklich zu arbeiten. Erst 1995
begann die
Arbeit am Germanistenlexikon. Dadurch dass in den
Wissenschaftlerbiographien
die Kategorie »Lebensumstände«, die auch
Parteimitgliedschaften umfasste,
einbezogen wurde, gelang es, die NS-Vergangenheit der Germanisten breit
zu
dokumentieren.
In der 3. Sektion
»Erinnerungskultur« mussten leider zwei
Vorträge
über die »Rezeptionsgeschichte
des christlichen Widerstandes« und »Romano Guardini zur
‚Judenfrage’«
wegfallen.
Norbert Reck (München)
untersuchte in seinem Beitrag »Opfer – Zuschauer – Täter:
Theologien nach
Auschwitz als Form der Vergangenheitsbewältigung« die
theologischen Ansätze
Jürgen Moltmanns, Dorothee Sölles und Johann Baptist Metz’
besonders im
Hinblick darauf, welche Rolle bei ihnen jeweils Opfer, Täter und
Zuschauer
spielen, welche offenen und verborgenen Loyalitäten sich darin
ausdrücken. Bei Jürgen Moltmann trägt Gott das Leid der
Welt für die Opfer, die Sünde
der Welt für die Täter. Die Zuschauer sind zur
Solidarität aufgerufen, die
Opfer getröstet und die Schuld der Täter ist bereits seit
Golgatha verziehen.
Bei dieser ungleichen Verteilung der »göttlichen
Gnade« zeigt sich, wie
problematisch sich Moltmanns unklare Selbstpositionierung hier
auswirkt. Er
sieht sich weder als Opfer noch als Zuschauer, unausgesprochen sieht er
sich
aber im kollektiven Wir des deutschen Volkes inbegriffen. Entsprechend
leistet
seine Theologie mehr für die Täter als für die Opfer.
Für Dorothee Sölle ist es seit Auschwitz nicht mehr
möglich, sich auf die
Allmacht Gottes wie auf einen supranaturalen Übervater, der alles
wieder in
Ordnung bringt, zu verlassen. Christliches Handeln besteht in ihren
Augen
darin, Gott, der keine Hände hat, die eigenen Hände zu
leihen. Die Frage »Warum
hat Gott das zugelassen?« ist also nicht zulässig, denn
immer haben »das« auch
die Menschen zugelassen, die Gott nicht halfen. Adressaten ihrer
Theologie sind
so in erster Linie, die (passiven) Zuschauer, mit der Absicht, sie aus
der Passivität
zu holen. Johann Baptist Metz sieht in Auschwitz eine Irritation des
christlichen
Glaubens, die nicht durch irgendwelche Theodizeemodelle geglättet
werden darf.
Die Rede von Gott ist entweder die Rede von der Verheißung der
noch
ausstehenden »großen Gerechtigkeit« oder sie ist
für den heutigen Menschen
leer. Durch die Ablehnung der Beantwortung der Theodizeefrage schafft
er Raum
für Anklage, Klage und Rückfrage an Gott. An Gott
festzuhalten, bedeutet, an
der Hoffnung auf Gerechtigkeit festzuhalten. Über »Gott in
Auschwitz« könne
nichts gesagt werden. Die Theodizeefrage sei nur von Gott selbst am
Ende der
Zeit zu beantworten. Reck hielt fest, dass dort, wo im Dreieck
Gott-Menschen-Böses/Leid die
Fragen in erster Linie an Gott gerichtet werden, die Täter
unbefragt bleiben.
Er plädiert deshalb dafür, Gott eindeutig als Handelnden auf
der Seite der
Verfolgten zu zeichnen, um die Anklage von ihm auf die Täter zu
verlagern.
In der 4. Sektion
»Versöhnung?« wurde die christliche Rede von
Sünde und Vergebung und ihre
pastoralen Konsequenzen im Blick auf den Holocaust behandelt.
Ottmar Fuchs (Tübingen) skizzierte
»Elemente einer Pastoraltheologie nach
Auschwitz«. Er hob hervor, dass die Pastoraltheologie sich bisher
weniger von
der Erinnerung an Auschwitz habe leiten lassen. Notwendig sei eine
doppelte
Subjektorientierung – synchron und diachron verstanden. Die Menschen
der
Vergangenheit müssen als Handelnde und als zerstörte Subjekte
wahrgenommen und
damit die Differenz zwischen kulturellem und kommunikativem
Gedächtnis
aufgehoben werden. Es gibt eine Schuld der Gegenwärtigen
gegenüber den
Vergangenen – nicht im Sinne der Verursachung, sondern der
Verantwortung dafür,
wie die Subjekte der Vergangenheit wahrgenommen werden. Die
Weltgerichtsrede in
Mt 25 muss ebenfalls diachron verstanden werden als Erinnerung an die
Opfer und die Täter. Es gibt keine kollektive
Schuld der Nachgeborenen, wohl aber eine Sühneverantwortung. Die
Erlösung durch
das Kreuz Jesu Christi entbindet nicht vom eigenen Handeln, bildet aber
den
Grund, warum Sühne überhaupt möglich ist.
Katharina von Kellenbach (St. Mary's City, MD)
berichtete in ihrem Beitrag »Christliche
Rede von Vergebung im Kontext der Verfolgung von NS-Verbrechen«
von der Seelsorge
an NS-Tätern. Sie strich heraus, dass die Bußpraxis beider
Kirchen radikal
versagt habe. Die Vergebungslehre sei an den NS-Tätern
gescheitert, die trotz
ihrer Untaten keine Reue gezeigt hätten. Die Seelsorge zielte
deshalb darauf
ab, die Täter wieder mit der Kirche zu versöhnen, anstatt
Reue für die Untat zu
fordern. In der Perspektive der Seelsorge wäre Reue – im Kontext
der
Nachkriegspolitik – einmal mehr eine Unterwerfung unter die Alliierten
gewesen.
Dabei war auffällig, dass die Seelsorger in der Regel den Opfern
genauso fern
standen wie die Täter. Kellenbach
plädierte für eine produktive Konfrontation mit der Schuld
und für die Notwendigkeit
von Sühne und Genugtuung. Der Glaube an die Gnade Gottes sei nicht
als Schlussstrich
unter vergangenes Unrecht zu verstehen, sondern als Zugehen auf die
Opfer und als
Anerkennung der Verantwortung.
Ergänzt um Beiträge von Rainer Kampling (Berlin) und August H. Leugers-Scherzberg (Essen) wurden die Referate der Tagung veröffentlicht in: Lucia Scherzberg (Hg.), Theologie und Vergangenheitsbewältigung. Eine kritische Bestandsaufnahme im interdisziplinären Vergleich, Paderborn u.a. 2005
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