Lucia Scherzberg

Erzbischof Lorenz Jaeger und der nationalsozialistische Priester Richard Kleine

Vorabveröffentlichung aus: Lucia Scherzberg, Zwischen Partei und Kirche. Nationalsozialistische Priester in Österreich und Deutschland 1938-1944

Einführung

Der Duderstädter geistliche Religionslehrer Richard Kleine (1891-1974) hatte sich bereits vor 1933 an die nationalsozialistische Ideologie angenähert. Ursprünglich davon überzeugt, dass den Katholiken nach dem Ersten Weltkrieg eine besondere Aufgabe in der Führung der Gesellschaft zukomme[1], neigte Kleine politisch zunächst eher dem kirchlich reformorientierten, politisch aber demokratieskeptischen Flügel der Zentrumspartei zu und erblickte in der Regierung Brüning die Erfüllung dieser Vorstellung. Nach dem Scheitern Brünings wandte er sich dem Nationalsozialismus zu, gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Bundes katholischer Deutscher „Kreuz und Adler“, publizierte mit einer Gruppe von katholischen Priestern und Laien 1936 ein Sendschreiben katholischer Deutscher an ihre Volks- und Glaubensgenossen, in dem die Katholiken zur Kooperation mit den Nationalsozialisten aufgerufen wurden.[2] 1938 schloss sich Kleine der in Österreich entstandenen Arbeitsgemeinschaft für den religiösen Frieden (AGF) an, die nach dem sog. Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich an die Öffentlichkeit getreten war und für die Zusammenarbeit mit dem NS-Staat warb. Leiter dieser Gruppe war der Wiener Priester und Religionslehrer Johann Pircher, der bereits früh in die NSDAP eingetreten war. Im September 1938 erließ die Österreichische Bischofskonferenz ein Verbot der AGF, nachdem ihre eigenen Verhandlungen mit Reichskommissar Bürckel gescheitert waren,. Diese löste sich weisungsgemäß auf, bestand jedoch als verdeckt arbeitende Gruppe bis zum Ende des Krieges weiter. Pircher blieb Leiter und Koordinator, Kleine wurde der führende theologische Kopf, der Augustinerchorherr Alois Nikolussi aus St. Florian gehörte ebenfalls zum inneren Kreis und agierte als Vertrauter Johann Pirchers, hinzu kam mit Alois Brücker ein Laie aus dem Erzbistum Köln, der stark beeinflusst war von völkischem Gedankengut. Mit den Paderborner Professoren Joseph Mayer und Adolf Herte und dem prominenten Tübinger Dogmatiker Karl Adam waren auch Theologieprofessoren in der Gruppe vertreten, gaben aber nicht den Ton an. Der Führungszirkel des Priesterkreises stand in engem Kontakt zur evangelisch-deutschchristlichen Nationalkirchlichen Einung und zum antisemitischen Eisenacher Institut zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das kirchliche Leben sowie zu einer Gruppe Völkisch-Religiöser um Ernst Graf zu Reventlow. Auf dem Hintergrund dieser Kooperationen nahm Kleine 1941 Kontakt zum neuen Erzbischof von Paderborn, Lorenz Jaeger, auf und versuchte, diesen für seine theologischen und kirchenpolitischen Vorstellungen zu gewinnen und eine Zusammenarbeit mit dem deutschchristlichen Mecklenburger Landesbischof Walter Schultz anzubahnen.

Der folgende Text ist eine Vorabveröffentlichung aus dem im Titel genannten Buch, das im April 2020 im Campus-Verlag erscheinen wird. Es handelt sich um Abschnitte, die sich mit Kleines Kontakt zu Lorenz Jaeger beschäftigen. Wo es zum Verständnis notwendig war, wurden Erklärungen ergänzt. Der erste Teil beleuchtet Kleines Versuch, den Erzbischof zu einer Zusammenarbeit mit dem deutschchristlichen Landesbischof und zu einem gemeinsamen evangelisch-katholischen Hirtenschreiben zu bewegen. Gegenstand des zweiten ist Kleines weiterer Kontakt zu Jaeger im Kontext des im September 1943 veröffentlichten Dekalog-Hirtenbriefs. Kleine war über dieses Hirtenschreiben der deutschen Bischöfe so erzürnt, dass er sich zu heftigen Äußerungen gegenüber dem Paderborner Oberhirten hinreißen ließ.

Über Jaegers Kontakte zu Richard Kleine und die Versuche der Nachfolgeorganisation der AGF, mit Hilfe eines deutschen Bischofs ihre Pläne einer Kooperation mit dem NS-Staat zu realisieren, ist bislang wenig publiziert worden. Der US-amerikanische Historiker Kevin Spicer widmete in seinem wichtigen Buch über nationalsozialistische Priester dem Treffen zwischen Jaeger und Landesbischof Schultz einige Seiten im Kapitel über Richard Kleine.[3] Jörg Ernesti geht auf wenigen Seiten auf Kleines Briefwechsel aus dem Jahr 1943 mit dem Erzbischof und das Treffen mit Schultz ein und streicht die ablehnende Haltung Jaegers heraus.[4] Burkhard Neumann hat die Vorgänge um den Besuch des Landesbischofs Schultz bei Jaeger in einer neuen noch unveröffentlichten Studie untersucht, in die er mir freundlicherweise Einblick gegeben hat.[5]


1. Kontaktaufnahme Richard Kleines zu Erzbischof Lorenz Jaeger

Lorenz Jaeger wurde am 19. Oktober 1941 zum Bischof geweiht. Kleine nahm schon früh Kontakt zu dem Erzbischof auf. Bei Joseph Mayer erkun­digte sich Kleine Anfang Dezember 1941:

Dann wollte ich so wie so einmal anfragen, welche Stellungnahme der neue Erzbischof Jaeger einnimmt. Es steht für mich unter allen Umständen fest, dass ich ihm in kürzester Zeit einmal schreiben werde. Man muss heute unbedingt wissen, wie der einzelne Bischof steht. Ich mache so etwas selbstverständlich in aller Form und doch sehr gründlich; und antworten muss man dann schon. Aber wünschens­wert wäre es vielleicht, wenn du mir einige Auskunft geben könntest.“[6]

Mayer antwortete lapidar, dass der Erzbischof als alter Wehrmachtspfarrer sicher vaterländisch eingestellt sei, riet dem Konfrater aber, noch etwas zu warten.[7]

Aus Briefen Kleines an Alois Brücker kann auf den ungefähren Zeitpunkt und den Inhalt seiner ersten Anfrage an den Erzbischof geschlossen werden, die wohl noch in das Jahr 1941 fiel.[8]

Jaeger antwortete Kleine am 17. März 1942, entschuldigte sich für die späte Antwort und forderte Kleine auf, ihm weitere Informationen zukom­men zu lassen und ihm seine Sicht der Dinge klar und ungeschminkt darzu­legen:

„Ich bitte Sie darum, mir einmal ganz konkret zu schreiben, was nach Ihrer Meinung von seiten der Kirche heute geschehen muss, um eine erträglichere Lage herbei­zuführen. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie einmal klar und ohne jede Rücksicht­nahme die Forderungen und Vorschläge für die innerkirchliche Reform und die staats­politische Einstellung der Kirche in Deutschland formulieren würden.“[9]

Der Erzbischof dankte Kleine für seine „Offenheit“ und versicherte ihm, dass er „tiefes Verständnis habe“ für seine „Bemühungen“. Eine mündliche Aussprache stellte er in Aussicht.

Kleine schickte vor lauter Begeisterung umgehend eine Abschrift des Briefes an Landesbischof Walter Schultz mit der Bitte, „dieses erzbischöf­liche Schreiben womöglich an den Führer selbst heranzubringen“[10]. Auch an Graf Reventlow wollte er eine Kopie weiterleiten, damit alle drei Gruppen unterrichtet seien. Dem geistlichen Studienrat erschien die Einstellung des Paderborner Oberhirten sehr wichtig, eine Einschätzung, die Schultz teilte. Der Landesbischof wandte sich über Ministerialdirektor Kritzinger[11] an die Reichskanzlei mit der Bitte, „davon Herrn Reichsminister Dr. Lammers zu verständigen, der sicher Gelegenheit hat, dem Führer in der Sache Vortrag zu halten“[12]

In den Monaten zuvor hatten die deutschen Bischöfe über einen Hirten­brief diskutiert, der eine klare Verurteilung des von den Nationalsozialisten begangenen Unrechts enthalten sollte.[13] Der Entwurf stammte vom 1941 gegründeten Ausschuss für Ordensangelegenheiten und wurde von etlichen Bischö­fen der westdeutschen Kirchenprovinzen unterstützt, vom Vorsit­zen­den der Fuldaer Bischofskonferenz aber nicht für opportun gehalten. Kardinal Bertram lenkte aber so weit ein, dass er seine Zustimmung von derjenigen der westdeutschen Bischöfe abhängig machte. Ende November trafen sich diese in Paderborn; an der Sitzung nahmen auch der Berliner Erzbischof Preysing und der Mainzer Bischof Stohr teil. Überraschend wurde von der Mehrheit ein Hirtenbrief für Dezember abgelehnt und eine (nicht öffentliche) Denkschrift an die Reichskanzlei vorgeschlagen. Es gebe eine entsprechende Initiative der evangelischen Kirche, sodass die Kirchen gemeinsam handeln könnten. Falls keine Reaktion erfolge, wolle man sich an die Gläubigen wenden. Dieses Vorhaben wurde auf einem erneuten Treffen der westdeutschen Bischöfe Ende Februar 1942 aufgegriffen und die Verlesung am 22. März vorgeschlagen. Dies stieß auf die vehemente Ablehnung Bertrams, der überzeugt war, dass angesichts des Krieges eine öffentliche Kritik an der Regierung als „Dolchstoß“ angesehen würde. Den anderen Bischöfen wurde die Ablehnung Bertrams um den 13. und 14. März bekannt, sodass auch Jaeger vermutlich Bescheid wusste, als er den Brief an Kleine verfasste. Die Uneinigkeit des Episkopats spiegelte sich klar im Umgang mit dem Hirtenbrief wider; nur die westdeutschen Bischöfe und Kardinal Faulhaber verlasen ihn in ihren Diözesen, Faulhaber mit beeindru­ckenden Worten über die gottgegebenen Menschenrechte.

Kleine versorgte Jaeger mit Material und verfasste eine Denkschrift, in die er Gedanken aus seinen Schriften von 1941 über die Geschichtlichkeit der Kirche und die Notwendigkeit des Handelns einarbeitete. Aus einem Brief an Karl Adam geht hervor, dass Kleine dem Erzbischof die Einrich­tung einer prälatur nullius jurisdictionis als vorschlug. Eine solche Prälatur würde nicht unter der Jurisdiktion eines Diözesanbischofs stehen, könnte also unabhängig handeln und wäre nur dem gesamten deutschen Episkopat gegenüber verantwortlich.

„In meiner Denkschrift an den Erzbischof habe ich die Erstellung einer Instanz gefordert als ›kirchenwichtigen Einsatz‹, der es obliegen soll, diese einschlägige Arbeit zusammenzufassen, zu steuern und zu leisten. Diese Instanz müsste etwas Aehnliches werden wie die Bewegung (Partei) im neuen Reich. Sie müsste sogar kirchenrechtlich verankert werden, am besten als eine prälatur nullius iurisdictionis, aber ohne hirtenamtlichen Bereich, ja, scharf abgesetzt gegen die Funktion des blossen hirtenamtlichen custodire. Allerdings kann es in Kirche nicht heissen: ›Die Bewegung gebietet dem Amt‹; deshalb kann es sich nur um eine solche prälatur handeln, die aber als nullius iurisdictionis genügende Selbständigkeit besitzen würde. Verantwortlich wäre sie dem deutschen Episkopat in seiner Gesamtheit und in der völkisch aufgegliederten Kirche kirchenrechtlich als eigenes Gremium ausgeprägter Instanz.“[14]

Es verstrichen wieder Monate, bis Jaeger antwortete. Dann allerdings schrieb er Kleine einen sechsseitigen Brief, um seine Vorschläge zu kom­men­tieren, und stellte erneut ein Treffen in Aussicht, das am 13. Oktober stattfand.[15] Im Brief vom 9. September 1942 drückte der Erzbischof seine Anerkennung von Kleines „ohne Zweifel aus echt priesterlicher und nationaler Gesinnung entstammenden Eifer“[16] aus, kritisierte aber scharf seine Ausführungen, allerdings nicht in Bezug auf die politische Anschau­ung, sondern in Bezug auf die ekklesiologische Perspektive. Kleine habe ein falsches Bild von Kirche:

„Ihre Darlegungen fußen auf einem falschen Kirchenbegriff. Sie sehen in der Kirche zu sehr nur eine mehr oder weniger menschliche Angelegenheit, die sich darum auch allen menschlichen, geschichtlichen, politischen, sozialen etc. Schicksalen anzupas­sen hat.“[17]

Dagegen setzte Jaeger das Bild der Kirche als des mystischen Leibes Christi, in dem Christus in jedem in seiner Eigenart präsent werden wolle. Insofern solle „ein Deutscher mit seinem Deutschsein, mit allem, was daraus für Sein und Wirken im deutschen Lebensraum folgt, an der Erlösungswirklichkeit teilhaben“[18]. Er müsse nichts aufgeben, was natürlicherweise an Gaben und Aufgaben zum deutschen Volk gehöre. Alle Natur solle durch die Teilhabe an Christus vollendet werden. Wegen ihrer Aufgabe, Natur und Übernatur miteinander zu verbinden, müsse die Kirche nur dann in die ansonsten selbstständigen Bereiche des Staates und der Gesellschaft eingreifen, wenn die Erfüllung dieser Aufgabe gefährdet sei. Nur unter diesen Voraus­setzungen könnten „Kirche und Staat auch heute noch in ein wirkliches Vertrau­ens­verhältnis gelangen“[19] Dazu müsse sich der Staat aus allen inner­kirchlichen Angelegenheiten heraushalten, so wie die Kirche aus rein politi­schen Fragen.

Der Staat muss der Kirche das Vertrauen entgegenbringen, daß sie in allen ihren Gliedern ihr Letztes zu opfern bereit ist für das Wohl unserer lieben deutschen Heimat. Er muß seinen Einfluß geltend machen, daß man nicht ungestraft Kirchen­treue mit politischer Unzuverlässigkeit gleichsetzen darf und alle Angriffe, offene und versteckte, abwehren oder in Parität auch uns das Wort zur Verteidigung gewähren.“[20]

Ob dies wirklich realisiert werde, könne er nicht sagen, er habe aber noch nicht – wie andere – resigniert, weil er sich das Beispiel der Soldaten vor Augen führe: „Ich schaue hin auf das Heldenbeispiel unserer Soldaten. Was sie draussen können, muss auch im Innern gelingen! Auch hier sollen sie uns Vorbild sein.“[21] Kleines Kirchenauffassung, dass die Kirche dem Staate dienen solle, führe zu Irrtümern, „die sich nicht mehr mit dem Glauben vereinbaren lassen“[22]. Er habe ihm mit seinen Ausführungen nun einen Weg aufgezeigt, um das zu verwirklichen, was sie beide gleichermaßen ersehnten, und verfolge mit Interesse Kleines weitere Bemühungen.

Die Gemeinsamkeiten, auf die Jaeger anspielte, nämlich der Wunsch, das deutsche Volk in Einheit und Gemeinschaft verbunden zu sehen, stützte sich bei dem ehemaligen Offizier und Weltkriegsteilnehmer auf das Kriegs­erlebnis des Ersten Weltkriegs, von dem Jaeger offensichtlich tief geprägt war. Genau darauf hatte Kleine gesetzt, wie er Walter Schultz im o.g. Brief anvertraute.[23] Vorbild war die im Ersten Weltkrieg erlebte Kameradschaft, die auch im gegenwärtigen Kriege von den Soldaten praktiziert werde.

„Weshalb sollte nicht auch in der Heimat wegen der Einmütigkeit im gleichen Ziel, das in der schöneren Zukunft des Volkes im Verband der übrigen Völker liegt, dieselbe Kameradschaft herrschen können, die wir als Frontsoldaten im letzten Kriege erlebten und die auch heute wieder als eine Selbstverständlichkeit draußen bei unseren tapferen und siegreichen Soldaten zu finden ist?“[24]

Aus dieser Kameradschaft und der Liebe zum deutschen Volk leitete der Erzbischof eine ähnlich „irenische“ Haltung wie Kleine ab. Warum sollten nicht unterschiedliche Glaubensrichtungen, wie Katholiken und Protes­tan­ten, aber auch „Gottgläubige“, friedlich nebeneinander für das Wohl des deutschen Volkes arbeiten, führte Jaeger aus – die Juden erwähnte er nicht. Ein Katholik könne natürlich nicht die Weltanschauung des Rosenberg­schen Mythus vertreten – wenn dies allgemeine Staatsideologie werden sollte, sei keine Einigung möglich. Als private Überzeugung aber „möge es Menschen unbenommen sein, sich zu der Weltanschauung des ›Mythus des 20. Jahrhunderts‹ zu bekennen. Sie sollen sich aber nicht absolut setzen und jeden andern hinsichtlich seiner Staatstreue verdächtigen!“

Der neue Paderborner Erzbischof hatte zuvor an der Vollversammlung der Fuldaer Bischofskonferenz vom 18.–20. August 1942 teilgenommen und dort den Auftrag erhalten, eine Denkschrift über die Verhältnisse in den besetzten Gebieten in Oberkrain, Slowenien, Luxemburg, Lothringen sowie im Elsass anzufertigen. Diese wurde von der Konferenz der westdeutschen Bischöfe am 18./19. November 1942 gutgeheißen; Jaeger wurde in dieser Angelegenheit von den Bischöfen Berning und Preysing unterstützt. Die Denkschrift beklagte Missstände im religiösen und pastoralen Bereich innerhalb der besetzten Gebiete. Kardinal Bertram redigierte das Schriftstück und schickte es am 18. Dezember an die Reichskanzlei. Goebbels reagierte wütend auf den Inhalt, betrachtete die Denkschrift als Kollaboration mit dem Feind und bedauerte, dass man die Verantwortlichen erst später zur Rechenschaft werde ziehen können.[25]

Projekt eines gemeinsamen katholisch-evangelischen Hirtenschreibens

Am 13. Oktober 1942 traf sich Kleine zu einem Gespräch mit Jaeger und überreichte ihm einen ersten Entwurf für einen Hirtenbrief. Landesbischof Walther Schultz besuchte Kleine Anfang Dezember in Duderstadt. Bei diesem Besuch schlug Kleine ihm einen gemeinsamen katholisch-evange­lischen Hirtenbrief vor. Schultz reagierte begeistert und versprach, für die Durchsetzung eines solchen Schreibens auf der Ebene der Reichskirche zu sorgen. Kleine sollte etwas formulieren; allerdings wünschte dieser sich zum Abgleich einen weiteren Entwurf aus der Feder des Landesbischofs. Nachdem der Studienrat das Manuskript über Weihnachten fertig gestellt hatte, ersuchte er Erzbischof Jaeger am 27. Dezember um ein dringendes Gespräch, das ihm schon zwei Tage später, am 29. Dezember, gewährt wurde.[26]

Kleines sechsseitiger, weitschweifiger Entwurf des gemeinsamen Hirten­schreibens begann mit der Feststellung, dass die Gefahr der Spaltungen unter den Deutschen „im grellen Licht dieser völkischen Entschei­dungs­stunde“[27] jedem sichtbar geworden sei. Christentum und Kirche seien an das Schicksal des deutschen Volkes als „Blutsgemeinschaft“ gebunden. Die Bischöfe sollten die Gläubigen ermahnen, dass das Vaterland das höchste irdische Gut und die „Vorstufe unserer ewigen Heimat“ sei. Nächstenliebe bestehe zunächst in der Liebe zum deutschen Volk, Hingabe an dieses Volk die wahre Nachfolge Christi. Gott selbst segne den „jetzigen Entscheidungs­kampf gegen Bolschewismus, Judentum und Weltmaurerei“. Die Gläubigen sollten sich nicht einreden lassen, dass die Universalität der Kirche sie zu einer Internationale wie den Bolschewismus oder den globalen Kapitalismus mache, die beide ihren gemeinsamen Nenner im internationalen Judentum hätten. Die anfänglichen und noch andauernden Schwierigkeiten im Ver­hält­nis von Kirchen und Nationalsozialismus dürften niemanden entmu­ti­gen, sondern könnten unter dem „Gesetz der Gemeinschaft aller Deutschen“ und dem „Gottesgeschenk der Kameradschaft“ überwunden werden. Je mehr der Entwurf anwuchs, desto schlechter wurde der Stil. Es ist kaum vorstellbar, dass ein solches Papier für Erzbischof Jaeger ein ernstzunehmender Vorschlag war. Kleine schrieb zum Beispiel:

„Wer verhoffen möchte, ausgerechnet in der gegenwärtigen Kampfesstunde unseres Volkes aus den grossen Schwierigkeiten dieses innerlichen Austrages (zwischen Staat und Kirche; LS) diesem deutschen Volk einen Strick zu drehen, um es mit ihm abzuwürgen, ist ein armseliger Narr! Das möge man von uns deutschen Bischöfen zur Kenntnis nehmen!“[28]

Während des mehrstündigen Gesprächs[29] am 29. Dezember überreichte Kleine seinen Entwurf, der Erzbischof aber reagierte skeptisch. Daher verfasste Kleine einen weiteren Werbebrief für die Aktion.[30] Am 7. Januar schrieb er noch voller Elan an Pircher:

„In Wirklichkeit laufe ich jetzt auf Höchsttourenzahl. Am 2.12. war Schultz bei mir und am 29.12. war ich in Paderborn beim Erzbischof: 3 Stunden lang! Ich lasse jetzt nicht mehr locker. Ein letztes Schreiben vom 4.1. nach Paderborn zwingt zur Entscheidung!“[31]

Gegenstand des Gesprächs am 29. Dezember waren potentielle Verhand­lungen zwischen der Reichsregierung und einem päpstlichen Delegaten. Kleines Intention richtete sich aber auf ein von Rom unabhän­giges Vorge­hen der deutschen Bischöfe. Sie sollten eigenständig als Oberhir­ten ihrer Spren­gel die Dinge in die Hand nehmen:

„Als völlig selbständiger Austrag deutscher Träger des Hirtenamtes macht es [das gemeinsame Hirtenschreiben; LS] diese zu verhandlungsfähigen Partnern der Partei und dem Reich gegenüber; […] Die katholischen Bischöfe müssen es herausbringen, ohne vorher den Vatikan und auch den Nuntius ins Bild gesetzt oder gar um Prüfung oder Erlaubnis angegangen zu haben.“[32]

Einen päpstlichen Delegaten zu bestellen, führte Kleine in seinem Brief aus, wäre wohl erst nach dem siegreichen Ende des Krieges möglich, vorher wären vermutlich weder Rom noch die NS-Regierung willens, miteinander zu verhandeln. Gehandelt werden müsse aber jetzt; juristische Regelungen könnten hintanstehen: „Der Primat des codex juris canonici muss und wird fallen (was etwas anderes bedeutet als den Primat des Papsttums).“ An dieser Stelle bemühte Kleine antisemitische Stereotypen:

„Hier liegt eine haargenaue Parallele vor zur verknöcherten weltlichen Jurisprudenz und auch zur jüdischen Gesetzesgerechtigkeit: Entartungen, aus deren zersetzenden Wirksamkeit und versklavenden Tyrannis wir endlich uns befreit haben!“[33]

Jaeger hatte im Gespräch Bedenken gegenüber der Person des Landes­bischofs geltend gemacht und darüber hinaus eingewandt, dass die Gläubi­gen einen solchen Hirtenbrief nicht haben wollten. Beides versuchte Kleine zu entkräften, indem er auf der Dringlichkeit des Handelns insistierte und den gemeinsamen Aufruf der Kirchen zur vollen Unterstützung des Krieges und zum Gebet für den Sieg und den „Führer“ als einzige Möglich­keit bezeichnete, die Feindseligkeiten gegen die Kirche zu beenden. Denn diese rührten seiner Ansicht nach hauptsächlich von dieser Verweigerung der Kirche her. Landesbischof Schultz bezeichnete Kleine als höchst ehren­werte Persönlichkeit; allerdings kämen auch andere Männer in Frage, wenn Jaeger darauf bestünde:

„ad 2) die betreffende evangelische Persönlichkeit hat sich mir, und soweit ich sehe, auch allen anderen immer als höchst ehrenwert offenbart. Ich fühle mich ihr kameradschaftlich verbunden und darf ohne Gegenbeweis ihr diese Treue nicht brechen. Das besagt nicht, dass sie nach dem allgemeinen Stand der Dinge allein in Frage kommt. Ich habe auch die Möglichkeit, andere heranzuziehen; also daran soll das Ganze nicht scheitern.“[34]

Am 12. Januar schickte Kleine einen noch drängenderen Brief und schilderte die Folgen weiterer Untätigkeit der Bischöfe:

„Bislang habe ich alle auf mich einstürmenden Anklagen gegen den Episkopat beschwichtigt mit der Inaussichtstellung, dass er in positivster Weise in Aktion treten werde; […] man dürfe das Vertrauen zu ihm, dass er mit dem deutschen Volk in Reih und Glied für den Sieg kämpfe, nicht aufgeben. Dass ich bei Ew. [Euer] Gnaden war, um auf das eindringlichste die jetzige Stunde als den allerletzten Zeitpunkt dieses Einsatzes zu bezeichnen und sogar einen Entwurf vorgelegt habe, habe ich nicht verlauten lassen. Was aber soll ich sagen, wenn dieser mein äusserster Versuch gescheitert sein sollte?“[35]

Die Antwort Jaegers, die dieser bereits am 5. Januar verfasst, aber erst am 16. Januar abgeschickt hatte[36], dämpfte Kleines Hoffnungen stark, denn der Erzbischof erklärte ihm, dass er keine Veranlassung für eine derartige Aktion sehe. Die Bischöfe hätten bereits aus Loyalität zum Staat bis zur Selbstver­leug­nung zu staatlichen Übergriffen geschwiegen.

„Obwohl staatlicherseits auch in der Öffentlichkeit durch Wort und Schrift amtlich gefördert wird, was mitten im Kriege den religiösen Frieden zu stören geeignet ist, haben die Bischöfe bislang in der Öffentlichkeit geschwiegen, weil sie ihr Vaterland lieben und dem Feinde kein Propaganda-Material in die Hände geben wollten.“[37]

Jetzt seien die staatlichen Stellen gefordert, das Gespräch wieder in Gang zu bringen und sich an die 1933 geschlossenen Vereinbarungen, also an das Reichskonkordat, zu halten. Die deutschen Bischöfe seien „bei aller Vaterlandsliebe ihren weltanschaulichen Gegnern gegenüber sehr kritisch geworden“, führte Jaeger aus.

„Sie haben genug Lehrgeld gezahlt. Wenn von der Gegenseite wirklich ein ernstes Gespräch angebahnt wird, wird sich auch der Episkopat, das ist meine feste Überzeugung, nicht verschließen.“[38]

Trotz dieser deutlichen Absage versicherte Jaeger dem Religionslehrer, dass er weiter an seinen Unternehmungen interessiert sei, denn er glaube nicht, dass seine Mühen vergebens seien:

„Darum lassen Sie mich auch in Zukunft wissen um Ihre Sorgen und Wegweisungen. Ich werde stets gern Ihren Ausführungen mein Interesse schenken und daraus manches Verwertbare entnehmen können.“[39]

Kleine dürfe aber nicht übersehen, dass im Zentrum des Konfliktes die gegensätzlichen Weltanschauungen stünden. Zur christlichen Weltanschau­ung gehöre selbstverständlich der Einsatz für „Heimat und Volk und für die Autorität des Staates, wo er in Gottes Auftrag ruft“. Gegen die antichristliche Weltanschauung „mit ihrer Verletzung heiligster Gottes- und Menschen­rechte“, müsse der christliche Glaube aber verteidigt werden. Trotz der Eng­füh­rung auf die Verteidigung von Glauben und Kirche kam in diesem Brief Jaegers der Einfluss des Ordensausschusses und der von ihm intendierten Anprangerung der Menschenrechtsverletzungen durch das NS-Regime zum Tragen.

Hatte Kleine am 7. Januar noch voller Hoffnung an Pircher geschrieben, bekannte er dem Freund nun seine Enttäuschung, dass er den Erzbischof nicht habe überzeugen können. Darüber hinaus gab er sich Rachephantasien hin:

„Es ist insofern höchst interessant, als ich jetzt sozusagen aktenmässig den bekannten ›Standpunkt‹ in Händen habe. Wie werden sich diese Herren noch einmal umsehen! Bis dahin dürfen wir natürlich nicht die Hände in den Schooss (sic!) legen, sondern müssen nur um so intensiver unsere Pflicht erfüllen.“[40]

Auch dem Erzbischof gegenüber hielt Kleine mit seiner Enttäuschung, dass so wenig von seinen Vorschlägen Anklang gefunden habe, nicht hinter dem Berg.[41] Pircher drückte sein Mitgefühl in einem Brief von 25. Januar aus und ermutigte den Freund zum Weitermachen. Er gestand, dass er einen solchen Ausgang schon befürchtet habe und der Erzbischof Kleine nur habe aushorchen wollen:

„Im Stillen habe ich eine solche Entscheidung wohl befürchtet, wollte aber deinem rastlosen Bemühen keine Hemmungen legen. Heute kann uns alles klar sein. Auch dieser ›Kirchenfürst‹ und kirchliche ›Exzellenz‹ hat also nur als Material zwecks Berichterstattung an den Nuntius deine mündlichen und schriftlichen Informa­tionen gebraucht, Die Endentscheidung war demselben ebenso gewiss wie der Kurie selbst.“[42]

Pircher beklagte darüber hinaus die Einstellung der kirchlichen Führung zum Krieg und das Festhalten an jüdischen Formen im liturgischen Leben.

„Diese Herren stören auch in keiner Weise die alttestamentlichen Hassgesänge der Psalmen oder das jüdische Rituale und Zeremoniale; auch nicht die Zerrissenheit des deutschen Volkes durch die hundertjährigen Kirchenspaltungen – all dies unser ideales Bemühen um diese ernsten Ziele sind diesen Herren Luft.“[43]

Kleine betrachtete seine Bemühungen als missglückte Aktion, weigerte sich aber zu glauben, dass Jaeger ihn nur ausgenutzt habe. Dieser Gedanke wäre für ihn, der sich in der persönlichen Zuwendung des Erzbischofs sonnte, unerträglich gewesen. Er vertraute Pircher an:

„Ob der betreffende Herr mich aber tatsächlich an der Nase herumgeführt hat, glaube ich nicht. Das wäre zu niederträchtig! Das kann ich nicht annehmen. Und auch um dessentwillen ist es nicht möglich, weil er sich dann in einer für ihn so gefahr­vollen Weise in meine Hand gegeben hätte, dass man aus ihm lauter Kleinholz machen könnte. Nein! So ist es nicht!“[44]

Zustimmen müsse er dem Freund aber, dass Jaeger zu stark alten Traditionen verhaftet sei und ihm der Ernst der „deutschen Stunde“ noch nicht bewusst geworden sei. So versuchte Kleine trotz allem, eine persön­liche Verbindung zu Jaeger aufrecht zu erhalten.[45]

Trotz aller Heimlichtuerei sprach sich Kleines Aktion unter den „Kame­raden“ herum. Joseph Mayer beschwerte sich bei Pircher, dass Kleine ihm aus dem Weg gehe. Kleine nahm an, dass dem Professor seine dreimaligen Besuche in Paderborn nicht verborgen geblieben waren und dieser ihm übelnehme, dass er ihn nicht darüber informiert habe. Mahnte Pircher den Freund, den Kontakt zu Mayer nicht abreißen zu lassen, konterte Kleine, dass der Professor durch seine Ängstlichkeit selber schuld sei, wenn man ihm nicht vertraue

„Mayer sitzt an der ›Quelle‹ und tut aus Verzagtheit garnichts; ich fahre von weither hin und rede deutsche Fraktur. […] Er schaltet sich damit doch selbst, wenn auch nicht aus unserer Gemeinschaft, so doch aus ihrer aktiven Stosstruppe aus und muss sich damit abfinden, dass er 5. Rad am Wagen aus eigener Schuld ist.“[46]

Pircher hatte gegenüber Alois Nikolussi ausgeplaudert, dass Kleine Kontakt zum Paderborner Erzbischof pflege. Der Augustinerchorherr, der schon immer die Meinung vertreten hatte, dass man sich auf einen Bischof stützen müsse, äußerte den Wunsch, den Briefwechsel einsehen zu können. Ihn ärgerte die Jaegers Standpunkt, dass der Staat zuerst auf die Kirche zugehen müsse. Es reizte ihn, dazu einen Beitrag für den Kameradschaftlichen Gedankenaustausch verfassen. „Dann würde ich Dir“, schrieb er Pircher, „über das Thema ›Wenn der Staat was will, muss er zuerst kommen‹ einen Aufsatz schreiben, der die seelische Haltung einer solchen Ausrede als gottverfluchte Katastrophen­haltung zeichnet.“[47] Erst Ende April bat Kleine im Postskriptum eines Briefes an Pircher um Verständnis, dass er Nikolussi keine Einsicht in die Korrespondenz gewähren könne. Über die Fortführung der Gespräche mit Jaeger informierte Kleine den Wiener Sekretär erst zu diesem Zeitpunkt unter Berufung auf deren vertraulichen Charakter.

An den Mecklenburger Landesbischof schrieb Kleine nach Erhalt der Jaegerschen Antwort einen sehr bedrückten Brief, mit dem er den Entwurf des Hirtenschreibens mitschickte und um eine Reaktion bat:

„Ich lege Ihnen die ›Totgeburt‹ bei und bitte Sie, sehr verehrter Herr Landesbischof, wenigstens um eine Art ›Leichenrede‹ darüber mir gegenüber in einem Antwort­schreiben.“[48]

Die Antwort ist als Reaktion eines Deutschen Christen durchaus bemer­kens­wert. Sie verzögerte sich zwar um mehrere Wochen, was Schultz mit der schwierigen Personalsituation durch die vielen Einberufungen entschul­digte. Inhaltlich stimmte er im Wesentlichen mit Kleine überein, äußerte aber auch Verständnis für die ablehnende Haltung Jaegers. Die Denkschrift sei zum einen zu umfangreich, zum anderen behandle sie zu viele kontro­verse Themen, hinsichtlich derer die Bischöfe aufgrund früherer Äußerun­gen Kleines Position nicht übernehmen könnten:

„Einmal ist die Verlautbarung meiner Meinung nach zu umfangreich, um Aussicht zu haben, allgemein angenommen zu werden. Hinzu kommt, daß Sie vieles ausfüh­ren, was Haderstoff enthält und von Seiten des katholischen Episkopats auf Grund früher abgegebener grundsätzlicher Erklärungen nicht durch ein neues Hirten­schreiben widerrufen werden kann. Das gilt vor allem von der von Ihnen von Ihren Bischöfen erwarteten Stellungnahme gegen das Judentum in der von Ihnen geprägten abrupten Form.“

Für Deutsche Christen sei diese Radikalität kein Problem, aber eine Welt­kirche könne nicht auf diese Weise agieren:

„Wenn man aber einer Weltkirche von globalem Ausmaß verpflichtet ist, kann man wohl nicht anders als die von Papst Pius XI. in seiner Enzyklika von 1937 vertretene Auffassung hinsichtlich des Wertes oder Unwertes der einzelnen Völker ohne Rücksicht auf ihre rassische Zugehörigkeit zu teilen.“[49]

Der Landesbischof war der Ansicht, dass weltanschauliche Fragen jetzt nicht im Vordergrund stehen sollten, sondern für alle akzeptable Aussagen über das Eintreten für das eigene Volk und die Dringlichkeit der Situation. Am besten müsse man unter vier oder sechs Augen einmal sprechen.

Auf diese Einladung hin weilte Kleine vom 8.–10. März 1943 bei Schultz in Schwerin.[50] Dieser informierte ihn, dass er für den 16./17. März eine Sitzung des Vertrauensrates der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK) einbe­rufen habe, die sich mit dem gemeinsamen Anliegen befassen werde. Schultz bat Kleine, zeitnah ein persönliches Zusammentreffen mit Erzbischof Jaeger zu vermitteln. Jeder Termin außer dem 20. März, an dem seine Mutter ihren 70. Geburtstag feiere, sei für ihn möglich.

Um Jaeger nun die Dringlichkeit des Anliegens vor Augen zu führen, erwähnte Kleine eine Denkschrift der Laienschaft unter Federführung von Alois Brücker, in welcher der Episkopat aufgefordert werde, sich unmiss­verständlich für den deutschen Sieg und gegen den Bolschewismus einzusetzen. Darüber hinaus verlange die Laienschaft, dass eine Untersu­chungskommission eingesetzt werden solle, um den Einfluss von Emigran­ten aus dem Klerus auf die deutsche Kirche und „mancherlei Versagen und Widerspiel gegen das Reich“[51] zu untersuchen und zu unter­bin­den. Die Laien sollten mehr Mitspracherechte in der Kirche erhalten. Kleine warnte Jaeger davor, diese Stimmen nicht ernst zu nehmen. Die Denkschrift solle dem Erzbischof zugestellt werden und auch die Partei darüber informiert werden. Landesbischof Schultz sei in seiner Sicht derje­nige unter den evangelischen Würdenträgern, der der katholischen Kirche gegenüber am offensten sei und mit „zweifelhaften katholischen Priestern und Laien“ nichts zu tun haben wolle. Er sei „tatsächlich der gege­bene Mann eines vertrauensvollen Austausches“[52]. Würde man ihm die­ses persönliche Anliegen abschlagen, bliebe dies sicherlich nicht folgen­los.

Da Kleine schon für die Reise nach Schwerin vom Unterricht befreit wor­den war und nun keinen Urlaub beantragen konnte, den Brief aber auch nicht per Post schicken wollte, beauftragte er seine Schwester Paula, den Brief persönlich zu überbringen. Paula Kleine fuhr am 15. März nach Pader­born, anschließend zur Verwandtschaft nach Lippstadt, und holte Jaegers Antwort auf dem Rückweg am nächsten Tag ab. Von ihrem Bruder nur mit den nötigsten Informationen versehen, war sie angesichts der ihr gestellten Aufgabe sehr aufgeregt. Kleine bat Jaeger, nachsichtig zu sein, „wenn sie mögli­cherweise sich etwas ängstlich anstellt; denn ihr war es ein schweres Angehen, erstmalig persönlich zu einem Oberhirten unserer Kirche zu gehen“[53]. Offensichtlich wurde sie freundlich aufgenommen und brachte einen positiven Bescheid mit nach Hause.[54] Landesbischof Schultz schlug den 24. März vor; an diesem Tag war Jaeger jedoch verhindert und schickte Kleine am 19. März ein Telegramm mit dem Vorschlag, wegen des Termins zu telefonieren.

Das Scheitern des Projekts

Für das Treffen, das nun am 25. März stattfinden sollte, bereitete Kleine sich sorgfältig vor, indem er ein kurzes Papier mit den Zielsetzungen ausarbei­tete.[55] Vor allem sollten praktische Ergebnisse erreicht werden. Das wichtig­ste Anliegen betraf das gemeinsame Hirtenschreiben der beiden Kirchen. Dieser müsse so verfasst sein, dass er „dem Führer eine echte Ansatzmög­lichkeit bietet, um mit den Kirchen in ein fruchtbares Verhältnis eintreten zu können“[56]. Inhaltlich impliziere das eine Verurteilung von Bolschewis­mus, Materialismus, Plutokratie, Judentum, Freimaurerei, Bombenkrieg und feindlicher Propaganda neben einem positiven Eintreten „für Heimat, Volk, Vaterland, Führer, totalen Kriegseinsatz“ in einer „mit glutvollem Herzen niedergeschriebenen Ausführung“[57].

Darüber hinaus solle über eine innerliche Verständigung zwischen Christentum und nationalsozialistischem Staat sowie die Überwindung der Kirchen­spaltung gesprochen und auf praktische Ergebnisse hingewirkt werden. Für die erste Aufgabe solle eine eigene Koordinationsstelle geschaf­fen werden – hier dachte Kleine wohl an sich selbst – sowie die Publikation entsprechender Beiträge in der Zeitschrift Theologie und Glaube ermöglicht werden. Die ökumenische Zielsetzung sei in klarer Absetzung von der öku­me­ni­schen Bewegung im Sinne eines „nationalen Ansatzes“ zu verfolgen.

Alle diese Voraussetzungen müssten erfüllt sein, um wirklich mit dem Reichskanzler Kontakt aufnehmen zu können. Zunächst solle eine persön­liche Aussprache zwischen diesem und Persönlichkeiten, denen man ver­trau­e, erfolgen. Die Arbeit müsse aber schon vorher beginnen. Es wäre falsch abzuwarten, ob von Seiten Hitlers oder der Partei ein positives Signal gesendet werde.

Gemessen an diesem Programm war der tatsächliche Verlauf des Treffens, das am 25. März mit einem Mittagessen ohne den Erzbischof begann[58], für Kleine eine herbe Enttäuschung. In einem nachträglich am 9. April verfassten Gedächtnisprotokoll, schrieb er über die nach dem Essen erfolgte zweistündige Aussprache: „Ich war wenig erbaut vom ganzen Verlauf. Der L[andes]B[ischof] war optimistischer.“[59] Auf die Aufforderung von Landesbischof Schultz, dass die Kirchen jetzt endlich den Kampf des Volkes unterstützen müssten, habe Jaeger mit Skepsis reagiert. Kleine zufolge vermutete er eine negative Reaktion der Partei auf eine solche Exponie­rung der Kirchen. „Er hob hervor“, notierte Kleine, „dass ehrlichste Bemühungen in seiner Erzdiözese, mit allen Parteistellen gut auszukommen, die er von Anfang seines Amtes an unternommen habe, kläglich gescheitert seien. Im Übrigen sei die Haltung der Kirche unbezweifelbar national.“[60] Den Protest Kleines, dass Katechismus und Missale ein anderes Bild böten, konterte der Erzbischof mit dem Bedauern über den Ausschluss der Theolo­gie­studenten von der Offizierslaufbahn durch die nationalsozialistische Regierung.[61]

Auf die Forderung, gegen den Bolschewismus einzutreten, berichtete Jaeger vom Konveniat der westdeutschen Bischöfe in den vorausliegenden Tagen. Hier sei der Einsatz für den Sieg als klare Selbstverständlichkeit angespro­chen worden. Man wisse natürlich um den Charakter des Bolsche­wismus, halte aber ein solches Hirtenwort für nicht notwendig, weil dieser im Augenblick keine wirkliche Gefahr mehr darstelle. Er bezog sich auf Hitlers Rede anlässlich der sogenannten Heldengedenkfeier am 21. März im Berliner Zeughaus, in welcher der Reichskanzler erklärt hatte, „daß am Ende dieses Krieges nicht Deutschland oder die mit ihm verbündeten Staaten dem Bolschewismus zum Opfer gefallen sein werden“[62]. Schultz musste dann zugeben, dass auf der Sitzung des Vertrauensrates der Deutschen Evangelischen Kirche eine hirtenamtliche Verlautbarung gegen den Bolschewismus aus denselben Gründen abgelehnt worden sei.

Besonders enttäuscht war Kleine, dass Jaeger von der „sicherlich ge­schichtlich bemerkenswerte[n] Gelegenheit eines erstmaligen persönlich-in­ter­nen Zusammentreffens eines katholischen und evangelischen Bischofs“[63] nicht besonders beeindruckt war. Ebenso wenig Resonanz habe die Mög­lichkeit einer gemeinsamen Verlautbarung gefunden, auch wenn der Erz­bischof über die Ökumene geäußert hatte, dass man die „wechselseitigen Werte rückhaltlos anerkennen müsse und eine frühere Sicht dieser Frage überholt sei“[64]. Zur Bekräftigung habe er noch auf das Lutherbuch von Adolf Herte verwiesen.

Mit seinem Drängen auf praktische Ergebnisse lief Kleine auf Grund. Jaeger habe sich auf nichts Konkretes eingelassen, und beim Kaffee redete man über Stalingrad. Schultz mahnte den Erzbischof beim Abschied, dass man über seinen Schatten springen müsse, sodass Jaeger sich gezwungen gesehen habe, zuzugestehen, dass der Plan eines solchen Hirtenschreibens dann umgesetzt werden müsse, wenn der Bolschewismus wieder zur Gefahr würde. Er habe eine Frist von vier Wochen erbeten, um schon einmal einen Entwurf auszuarbeiten.

Die Aktennotiz des Erzbischofs klingt etwas anders. Nach einer längeren Zusammenfassung des Anliegens, das Landesbischof Schultz vorgetragen hatte, ging Jaeger auf die Bereitschaft der Bischöfe ein, „alles zu tun für Volk und Vaterland“. Allerdings sei von Seiten der Partei das Mitwirken der Kirche nicht gewollt. Zu einem gemeinsamen Hirtenbrief meinte er: „Aber ich glaube, daß keine grundsätzlichen Bedenken bestünden gegen ein gemeinsames Wort aus solchem Anlass, wie er ihn ins Auge fasse, wennschon ich bezweifle, dass dadurch schon eine wirkliche Annäherung zustande komme.“ Der Landesbischof sei, „wie er sagte, befriedigt von dem Besuche“, gegangen, „weil er die Hoffnung habe, daß er sich durch mich an den deutschen Episkopat wenden könne, wenn einmal die Not der Stunde ein gemeinsames Handeln erfordere.“[65]

Kleines Schreiben an Alois Brücker am Tag nach der Zusammenkunft spiegelte deutlich seine Frustration über das Gespräch wider. „Bin gestern selbst in Paderborn gewesen“, schrieb er dem Freund, der eine Zusammen­kunft dort vorgeschlagen hatte.

„Erfolg im grossen und ganzen gleich Null! Wir hatten von uns aus Aehnliches vor wie Ihr, haben zwar mächtig und auch nicht ohne sichtlichen Eindruck gebohrt und wieder gebohrt, erhielten aber als Antwort immer nur, dass ein solcher Schritt nicht nötig sei, sehr schwierig sei, verdächtigt würde etcpp.“[66]

Pircher informierte er erst einen ganzen Monat später über das Treffen.[67] Zu diesem Zeitpunkt machte Kleine sich Hoffnungen, dass doch nicht alles umsonst gewesen sei, was er Pircher und auch Brücker mitteilte.[68] Zu Graf Reventlow nahm er ebenfalls wieder Kontakt auf, wohl mit dem Hinter­gedanken, dass dieser ihm Kontakte zur Partei vermitteln könnte. In diesem Interesse stellte er seine Verbindungen zu kirchlichen Würdenträgern nicht ohne Übertreibung dar:

„Mit meiner Arbeit geht es langsam aber erfolgreich voran. ›Wo ein Wille, da ist auch ein Weg.‹ Nur ist es noch nicht möglich geworden, dass ich mit wirklich verantwort­lichen Männern der Partei ins Gespräch kommen konnte. Mit den massgeblichen kirchlichen Persönlichkeiten und zwar beider Konfessionen ist das schon längst und fruchtbar der Fall.“[69]

Auch seinen alten Kampfgenossen von der inzwischen eingestellten Zeitschrift Der Neue Wille, Emil Ritter, schrieb Kleine an. Ritter war ihm, abseits des Priesterkreises, immer ein Vertrauter, mit dem er trotz häufiger Meinungsverschiedenheiten das Gespräch suchte. Er berichtete Ritter Anfang April von den ca. 5000 km, die er in den letzten Monaten im Dienst der Sache gereist sei:

„Zuletzt waren ein Erzbischof, ein evangelischer Bischof und ich gut zwei Stunden intern zusammen. Es ist alles wahrhaft nicht leicht; aber wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Und schliesslich kommt doch etwas heraus.“[70]

Es sei jedoch nicht einfach, gestand Kleine dem alten Bundesgenossen, aber vieles erscheine wohl nur schwierig, „weil die Aufgaben so gewaltig sind. Die Kirche wird allmählich reif für die Konsequenzen, die ihr im neuen Reich der Deutschen auferlegt sind.“[71] Wenn Kleine auf Bestätigung und Unter­stützung durch Ritter gehofft hatte, wurde er enttäuscht, denn dieser deutete an, dass sich seine Auffassungen grundlegend geändert hätten. Dies bezog sich nicht auf die alte Freundschaft der beiden, auch nicht auf die Zustim­mung zum Nationalsozialismus. Ritter hatte vielmehr die Hoffnung auf eine Verständigung zwischen Staat und Kirche aufgegeben, sodass er Kleine zwar Erfolg wünschte, selbst aber in dieser Richtung nicht mehr aktiv werden wollte. Er habe seit dem Verbot des Neuen Willens keinen Zweifel mehr, dass der NS-Staat die Verständigung mit der Kirche nicht wünsche.

„Jedenfalls kann ich seitdem keinem Bischof mehr den Rat geben, durch ein entschlossenes Bekenntnis zur nationalsozialistischen Führung die religions­politische Lage zu verbessern, weil ich alle solche Versuche als vergeblich ansehe.“[72]

Kleines Versuche, den Freund von der Richtigkeit seiner Strategie zu über­zeugen, riefen immer wieder dessen Widerspruch hervor und geben einen interessanten Einblick in Kleines Auffassung von der Vereinbarkeit des Christentums mit dem Nationalsozialismus und der Notwendigkeit einer kirchlichen Revolution.[73]


2. Kleine, Jaeger und der Dekalog-Hirtenbrief

Die Plenarversammlung der deutschen Bischöfe vom 17.–19. August 1943 in Fulda hatte beschlossen, zwei Hirtenbriefe zu veröffentlichen – einen, der sich mit der dem Leiden der Bevölkerung am Kriegsgeschehen befassen sollte und einen, der die Zehn Gebote in den Mittelpunkt stellte, um Stellung gegen das vom NS-Regime begangene Unrecht zu nehmen.[74] Es ist hier nicht der Ort, die komplizierte Entstehungsgeschichte dieser Texte darzustellen. Es sei nur so viel gesagt, dass aufgrund der uneinigen Haltung der Bischöfe es viel Geschick erforderte, den Dekalog-Hirtenbrief durchzusetzen. Seine Veröffentlichung geschah dann in stark gekürzter und deutlich entschärfter Form gegenüber der Vorlage.

Als der erste Hirtenbrief zum Leiden der Bevölkerung am 29. August 1943 verlesen wurde, reagierte Richard Kleine trotz vieler Kritikpunkte, die er äußerte, grundsätzlich erfreut. „Ich hätte ihn anders geschrieben“, teilte er Brücker mit, „aber es ist offensichtlich ein Fortschritt vorhanden, auf dem es weiter zu arbeiten gilt.“[75] Es fehle allerdings nach wie vor das Bekenntnis zum „Führer“ und zu den positiven Ideen des Nationalsozialismus, aber der Ton sei doch besser zu ertragen als sonst. Vom Bolschewismus sei bedauerlicherweise nicht die Rede, auch nicht vom „Bombenterror“, sodass es so aussehe, als würde eine Mitschuld Deutschlands an dieser Art der Kriegsführung vorausgesetzt. Am schlimm­sten kam ihn an, dass auf Seiten der kirchlichen Leitung keinerlei Bewusst­sein vorhanden sei, dass man dem NS-Staat gegenüber Fehler gemacht habe und in seiner Schuld stehe.

„Kurzum, auch dieses Hirtenschreiben wird keine Brücke zum Führer hin schlagen und die der Kirche missgünstigen Parteistellen nur noch mehr in Verbitterung versetzen. Immerhin ist aber manches doch endlich einmal gesagt, worüber man sich freuen muss; es wird wohl mein über 1½jähriges Bohren und auch unsere unablässige dahinzielende Arbeit nicht ganz umsonst gewesen sein. Auch du wirst dazu beigetragen haben.“[76]

Die positive Reaktion überwog, gestattete sie Kleine doch die Überzeugung, dass die Bemühungen nicht vergeblich waren, er selbst eine führende Rolle in diesem Prozess spielte und eine Perspektive für die Zukunft gegeben war: „Ob nun diese neue Lage weiter auszubauen ist? Ich glaube dran, wie du wohl auch.“[77], schrieb er an Alois Brücker.

Brücker hatte vergeblich versucht, Erzbischof Jaeger mit einem Brief noch während der Vollversammlung in Fulda zu erreichen. Er erhielt ein nach seiner Aussage, sehr liebenswürdiges Schreiben des Erzbischofs und war später offensichtlich noch einmal zu einer Audienz geladen.[78] Er war derselben Auffassung wie Kleine: „Der Hirtenbrief ist zweifellos ein Fortschritt.“[79] Man habe offensichtlich den Episkopat wenig­stens teilweise gewinnen können. Da es dank seiner eigenen Bemü­hun­gen gelungen sei, in der Partei mit dem Anliegen durchzudringen, sei die Lage positiv zu beurteilen. Dass der Bolschewismus nicht angesprochen wurde, führte Brücker auf ein Gespräch Jaegers im Kirchenministerium zurück, bei dem Staatssekretär Muhs dies gewünscht habe.

„Dass der Bolschewismus nicht erwähnt wurde, ist wohl auf Staatssekretär Muhs vom Kirchenministerium zurückzuführen, der in der Verhandlung mit dem Pader­borner Erzbischof dies nicht gewünscht hatte, da die Berufung auf den Kampf gegen den Bolschewismus zu abgegriffen sei.“[80]

Die optimistische Beurteilung der Lage führte Brücker dazu, Kleine einen geradezu phantastischen Plan zu unterbreiten, den er aber für realisierbar hielt. Ihm schwebte eine Kundgebung vor, in der die deutschen Bischöfe, Vertreter der evangelischen Kirche und Rosenberg „nebeneinander stehend dem Führer und der deutschen Wehrmacht für den bisher gewährten Schutz vor bolschewsitischer (sic!) Gottlosigkeit danken, dass er weite Gebiete des Ostens von dieser Gottlosigkeit befreit hat und dem Gottesglauben erschlossen und ihn bitten, dies Werk zu vollenden und für alle Zeit in Schutz zu nehmen.“ Damit nicht genug, sollten die so Versammelten Hitler „zum Beschützer der Religionen der europäischen Völker ausrufen.“[81] Danach sollte in allen Kirchen für den Kreuzzug gegen den Bolschewismus gepredigt werden. Diesen Plan hatte Brücker schon dem Amt Rosenberg vorgelegt, dort aber darauf verwiesen, es sei für die katholische Kirche notwendig, dass die römische Kirchenleitung dieses Vorhaben befürworte oder wenigstens dulde. Das Amt sollte sich bemühen, für Kleine und Erzbischof Jaeger möglichst bald Pässe zu bewilligen, damit sie nach Rom reisen und dort das Vorhaben vorstellen könnten. Deshalb solle Kleine möglichst bald mit Paderborn in Verbindung treten, um das Weitere zu besprechen. „Ihr beide müsst nach Rom. […] Wir müssen jetzt mit Hoch­druck arbeiten. Und zwar müssen wir aufs Ganze gehen!“[82] Kleine reagierte begeistert auf diesen Plan, hatte selbst schon wieder an einem Entwurf für ein Hirtenschreiben gearbeitet und es dem deutschchristlichen Thüringer Kirchenpräsidenten Hugo Rönck zur Begutachtung geschickt. Er schlug vor, mit einem solchen Schreiben den Boden zu bereiten und dann Brückers Vorhaben durchzuführen. Rönck habe ihm mitgeteilt, dass eine Aussprache – wohl mit Jaeger – unmittelbar bevorstehe.[83] Brücker trat am 18. September mit seinem Plan an den Paderborner Erzbischof heran und bezeichnete seinen Brief als „Weiterführung der mir unlängst gewährten Audienz“:

„Ich zweifle keinen Augenblick daran, dass der Führer auch in diesem Punkte das Vorbild Karls des Grossen nachahmen wird und dem neu erstehenden abend­ländischen Reich das Christentum als religiöse Basis garantieren wird, wenn die christ­lichen Kirchen in dieser harten Schicksalsstunde ihn nicht im Stich lassen und die unausgeschöpften moralischen Widerstandskräfte, die aus dem Religiösen kommen, in die Waagschale des Kampfes werfen.“[84]

Dies sei notwendig, denn ein Sieg des Bolschewismus würde das Ende des Christentums in Europa bedeuten und die restliche Welt unter die Herr­schaft der Freimaurerei bringen. Kleine schickte er den Brief in Abschrift zu und forderte ihn auf, seinen neuen Entwurf für ein gemeinsames Hirten­schreiben an Staatssekretär Muhs zu senden. Als Mitglieder des Aktionsausschusses seien sie zu diesen Schritten berechtigt, und es wäre ein Vorteil, wenn Kleine im Kirchenministerium an Bekanntheit gewinne.[85]

Kleines verhaltener Optimismus brach am 17. September zusammen, als ihm der Dekalog-Hirtenbrief, der am 19. und 26. September verlesen werden sollte, bekannt wurde. Sich an den Paderborner Erzbischof zu wenden, habe nun überhaupt keinen Zweck mehr, schrieb er voller Zorn an Brücker, denn es sei wiederum ein Hirtenschreiben der Bischöfe herausge­kommen, das „eine einzige Anklage gegen das Reich der Deutschen, die Partei und den Führer darstellt. Ekelhaft! Kein Sterbenswort über die gewaltige sittliche Leistung dieses neuen Staates und seiner Führung, keines gegen den Bolschewismus – nur einmal kommt die ›Plutokratie‹ vor; dagegen ostentativ wird dem Judentum und der rassischen Mischehe das Wort geredet.“[86] Der Zorn trieb Kleine an, noch am selben Tag einen Brief an Jaeger zu schreiben, mit dem er, wie er Brücker mitteilte, den Kontakt endgültig abbrechen wollte. Diesen vor Vorwürfen an den Episkopat und antisemitischen Parolen nur so strotzenden Brief schickte er schließlich doch nicht ab. Brücker redete ihm zu, den Kontakt nicht aufzugeben, sodass Kleine einen weiteren Brief am 24. September versandte.[87] Im ersten Entwurf beklagte Kleine die Parteinahme der Bischöfe für das Judentum:

„Es ist betont fast ausschliesslich dem alttestamentlichen Text entnommen und nimmt sich ostentativ des Judentums und der rassischen Mischehe an. Alles, was unsere besten Theologen über den gewaltigen Unterschied zwischen der alttesta­ment­lichen Gesetzesgerechtigkeit und der christlichen Haltung und Aufgabe heraus­gearbeitet haben, fällt völlig unter den Tisch. Hier gilt nur das starre Gesetz des ›du sollst nicht!‹, was Christus selbstverständlich nicht aufgehoben hat, da es die unterste Linie sittlicher Anforderung darstellt, wie sie damals an Israel nur gestellt werden konnte und die sogar für dieses Volk noch zu hoch gegriffen war. Wie aber kann man an das Reich der Deutschen und zumal von christlicher Warte nur einen solchen Wertmassstab legen!“[88]

Brücker hatte dem Freund geraten, dem Erzbischof ruhig die Meinung zu sagen, aber nicht alle Brücken abzubrechen. „Im Gegenteil, wir wollen ihn in die Rolle drängen, die wir ihm zugedacht haben.“[89] Jaeger spiele für seine Pläne eine wichtige Rolle, deshalb solle Kleine sein Temperament etwas zügeln. Den Dekalog-Hirtenbrief deutete Brücker als „Konzession an die Richtung Graf Galen“. Genugtuung bereitete ihm die Vorstellung, dass Jaeger und vermutlich auch andere es offenbar für nötig gehalten hätten, „auch ›unserer‹ Richtung entgegen zu kommen, wohl mehr aber aus Rück­sicht auf das Kirchenministerium, als auf uns!“[90]

In den letzten Septembertagen schrieb Kleine nach Wochen erstmals wieder an Pircher und teilte diesem seine Entrüstung über den Dekalog-Hirtenbrief und seine Vorwürfe an Jaeger mit.[91] Brücker arbeitete weiter fieberhaft an seinem Plan, formulierte ein Schreiben, dass er und Kleine an alle deutschen Bischöfe richten sollten. Gleichzeitig wandte er sich direkt an das Kirchenministerium mit dem Vorschlag, dass dieses die Planung der Kundgebung in die Hand nehmen sollte, und hoffte, dass die Bischöfe sich einer Einladung durch das Kirchenministerium nicht widersetzen könn­ten.[92] Anscheinend wurde dieser Vorschlag von Kleine nicht umgesetzt, obwohl dieser durch die prompte Antwort des Paderborner Oberhirten auf seine „geharnischte Epistel“[93] wieder ein bisschen Hoffnung schöpfte. Jaeger hatte tatsächlich in äußerst zurückhaltender Form geantwortet und auf den Ton des Schreibens nur insofern angespielt, dass er Kleine ja persönlich kenne.

„Wenn ich Sie nicht kennte, müßte mich ja eigentlich der Ton der Kritik an dem, was der Gesamtepiskopat gesagt hat, verletzen. So aber schreibe ich es Ihrem Eifer für die Sache zu.“[94]

Der Brief verteidigte die Aussagen des Hirtenbriefs als notwendig, aber in einer zurückhaltenden und Kleine gegenüber freundlichen Weise. So deutete dieser den Brief als diplomatisches Schreiben und Basis für weitere Kon­takte. Gegenüber Brücker kommentierte er:

„Wenn man dieses Schriftstück als diplomatisches Aktenstück nimmt, dann ist mancherlei an ihm interessant: vor allem, dass ich auf meine geharnischte Epistel überhaupt und dann in dieser konzilianten Form eine Antwort erhalten habe. Ferner lässt es die Möglichkeit offen, den Episkopat weiter heranzuziehen, auch von seiten der Partei und des Staates. Aber es tut das in einer so eigenwilligen Weise, dass man dort kaum eine Lust verspüren wird, die Hand auszustrecken.“[95]

Kleine fragte sich, warum die Bischöfe überhaupt solche Hirtenbriefe schrieben, wenn es ihnen wirklich um letzte Einsatzbereitschaft gehe.

Erzbischof Jaeger war wahrscheinlich ebenfalls zu dem Schluss gekom­men, dass es nicht ratsam sei, die Kontakte völlig abzubrechen. Ob seine eigenen Vorbehalte gegenüber dem Dekalog-Hirtenbrief eine Rolle spielten, kann nur Gegenstand von Spekulationen sein. Jaeger äußerte in seiner Predigt im Paderborner Dom zum Abschluss der Vollversammlung am 19. August, dass es nicht zum Amt der Bischöfe gehöre, zur Weltpolitik Stellung zu nehmen, sondern dass ihre Sorge den „deutschen Brüdern und Schwes­tern, die mit uns eines Blutes sind, deren Schicksal wir teilen“ gelte, „auf daß sie an den zeitlichen und ewigen Segnungen des Reiches Gottes teilneh­men“[96]. Jaeger schloss in dieser Erläuterung der bischöflichen Sorge die verfolgten Juden aus. Möglicherweise ärgerten ihn deshalb Kleines Vorwür­fe, der Dekalog-Hirtenbrief sei pro-jüdisch. In seinem Brief an Kleine verwies der Erzbischof klar auf die vom Hirtenbrief geforderten Gottes­rechte und die Liebe, die auf diesen Gottesrechten gründenden Menschenrechte erwähnte er nicht. Ob dies der diplomatischen Absicht geschuldet war oder der Einstellung Jaegers entsprach, kann hier nicht entschieden werden. Zu einer diplomatischen Absicht würde passen, dass der Erzbischof Kirchenpräsident Rönck eine Audienz gewährte, wie Kleine an Brücker zu berichten wusste. „Rö[nck] ist in P[aderborn] gewesen und ich gestern in Ei[senach]. Beides erfreulich verlaufen. Er wird Dir schreiben.“[97]

An Brücker gab Kleine weiter, dass er erfahren habe, dass die Vollversammlung der Bischöfe eigentlich „positiv“ hätte arbeiten wollen, aber durch irgendein Ereignis verärgert worden sei. Dies habe zu dem zweiten Hirten­brief geführt. Daher wolle er Jaeger jetzt „ganz scharf anpa­cken“. Nach Rom werde er allerdings nicht mit ihm fahren, weil er der Auffassung sei, dass erst von den Bischöfen eine Aktion in seinem Sinne erfolgen müsse. Zudem passte eine Bitte um Erlaubnis in Rom nicht in sein Kirchenbild, denn sein Ziel war ja eine größere nationale Selbstständigkeit und Verantwortung der Bischöfe in Deutschland.[98] Brücker solle auch in keinem Fall Kleines Brief vom 24. September an Jaeger an das Kirchen­ministerium schicken; „ […] es wäre eine Art Vertrauensbruch gegenüber dem Paderborner, der sich auch um der Sache willen nicht rechtfertigen lässt. Ausserdem würde er Wasser auf die Mühlen derer gießen, die dem Christentum nicht grün sind“.[99]

Kleine sagte dem Erzbischof also weiter seine Meinung, indem er in einem weiteren Brief sein völliges Unverständnis gegenüber der Proklama­tion des Dekalog-Hirtenbriefes ausdrückte. Er schien immer noch zu hoffen, mit seiner Auffassung bei Jaeger durchzudringen, denn er schilderte nochmals alle Mühen, die er und seine Gesinnungsgenossen auf sich genommen hätten, um die Verständigung zwischen Kirche und Staat herbei zu führen. Man habe aber auf beiden Seiten nicht auf sie gehört. Der Kampf gegen den Bolschewismus sei nur durch das nationalsozialistische Deutsch­land zu gewinnen – dies könne dem Episkopat doch nicht nebensächlich sein.[100]

Pircher versicherte Kleine seiner Bewunderung, dass er überhaupt noch mit solchen Leuten verhandeln könne. Er selber empfinde die Atmosphäre in kirchlichen Kreisen als äußerst unangenehm. Brückers großen Plan hielt der Wiener für unrealistisch; Brücker sei zu optimistisch hinsichtlich kirch­licher Würdenträger. Man könne nur noch auf den Ausgang des Krieges hoffen.

„Ich staune und bewundere deine eiserne Energie, die du diesen Leuten gegenüber immer wieder aufbringst zum Verhandeln. Die beste und letzte Handlungswaffe wird halt doch die deutsche Waffe in Ost und Süd auch für die kulturelle Endberei­­ni­gung sein und bleiben. […] Auch die roten Herren in Rom werden jetzt schön brav sein müssen oder bald auch Farbe bekennen. Kamerad Brücker wird kaum etwas erreichen habe ich ihm geschrieben, er scheint mir noch immer zu optimistisch zu sein gegenüber Einlenkung kirchlicher Stellen!“[101]


Schluss

So klar Erzbischof Jaeger nicht auf Kleines Wünsche hinsichtlich einer ökumenischen Zusammenarbeit unter dem Zeichen des Nationalsozialismus einging, so irritierend ist seine Bereitschaft, sowohl die Verbindung zu Kleine aufrechtzuerhalten als auch nach dem Krieg Landesbischof Schultz einen „Persilschein“ auszustellen, um den ihn Kleine gebeten hatte.[102] Auch für die weitere Verwendung des Priesters als gymnasialer Religionslehrer setzte er sich ein.

Richard Kleine blieb noch jahrzehntelang in brieflichem und gelegentlich auch persönlichem Kontakt mit dem Erzbischof und späteren Kardinal. Im Jahr 1957 erstellte er für sich eine längere Notiz über einen Besuch in Paderborn am 12. November. Neben der Aussprache über ein Religionslehrbuch, an dem Kleine arbeitete und dessen Entstehen der Erzbischof anscheinend mit Wohlwollen begleitete, erinnerten sich die beiden, Kleines Notiz zufolge, an den Besuch von Landesbischof Schultz im Jahr 1943:

„Wir gedachten des [verstorbenen] Landesbischofs Walter Schultz und der letzten Zusammenkunft mit ihm dort 1943 mit unserem Vorschlag eines gemeinsamen Hirtenschreibens wider die ungeheuere Gefahr des Bolschewismus.“

Kleine fügte hinzu:

„Der Erzbischof bedauerte, daß ihm erst am gleichen Morgen mein Kommen bekanntgemacht sei (der Geheimsekretär, der mir verschiedentlich wegen meiner Erkrankung an Grippe einen neuen Audienztermin angeben mußte), hatte es leider versäumt, mein Kommen an diesem Montag ihm eher als an diesem Tage selbst bekanntzumachen. ‚Sonst hätte ich mich ganz freigemacht! Sie hätten hier bleiben können und wir hätten zusammen einen Spaziergang gemacht. Ich werde Sie auch einmal in Duderstadt besuchen.‘ Er begleitete mich durch die Garderobe bis an die Haustür und verabschiedete sich auf das herzlichste von mir.

Eine volle Stunde war ich bei ihm. Trotz seiner starken Inanspruchnahme zeigte er mir in seiner natürlichen Art, wie er für mich Zeit hatte und wie herzlich er mich aufnahm. Ich war auf das tiefste von ihm und seiner geistigen Umsicht und auch Güte beeindruckt. Es war nach so vielem Deprimierendem wieder einmal ein Herzstärkendes [sic!] Erlebnis von großer Tragweite für mich und meine weitere Arbeit.“[103]



[1] Richard Kleine, Erlösung!, München 1928

[2] Kuno Brombacher/Emil Ritter, Das Sendschreiben katholischer Deutscher an ihre Volks- und Glaubensgenossen, Münster 1936

[3] Kevin Spicer, Hitler’s Priests. Catholic Clergy and National Socialism, Dekalb/Illinois 2008, S. 194-201

[4] Jörg Ernesti, Ökumene im Dritten Reich, Paderborn 2007, S. 235-237

[5] Das Manuskript trägt den Titel „Jaeger und die Ökumene im Dritten Reich“ und wird 2020 in einem von Josef Meyer zu Schlochtern herausgegebenen Sammelwerk erscheinen. Bei diesem handelt sich um Forschungen zur Rolle des Erzbischofs in der NS-Zeit, die vom Paderborner Erzbischof Becker nach den öffentlichen Kontroversen um Jaeger in den vergangenen Jahren an die Theologische Fakultät Paderborn in Auftrag gegeben wurden.

[6] Kleine an Mayer, 2. Dezember 1941, in: Johann-Adam-Möhler-Institut, Paderborn (JAM), NL Kleine

[7] Mayer an Kleine, 5. Dezember 1941, in: ebd.

[8] Kleine an Brücker, 26. März 1943 (2. Brief), in: ebd.: „Ich habe nun seit 1½ Jahren auf das eindringlichste und ausführlichste an diesem Herrn gearbeitet […].“; sh. auch Kleine an Brü­cker, 19. August 1943, in: ebd. – ein Brief, in dem Kleine von einem 1¾-jährigen Bom­­bar­dement auf den Paderborner spricht.

[9] Auch folgendes Zitat: Jaeger an Kleine, 17. März 1942, in: ebd.

[10] Kleine an Schultz, 19. März 1942, in: Bundesarchiv Berlin (BArch), R 43 II/178a, Bl. 205

] [11] Friedrich Wilhelm Kritzinger (1890–1947), Sohn eines evangelischen Pfarrers und Jurist, wurde von Lammers 1938 in die Reichskanzlei geholt, stieg dort bis zum Staatssekretär auf; Teilnehmer der Wannseekonferenz im Januar 1942. Sh. Vernehmung Kritzingers, 07.08.2019, http://www.ifz-muenchen.de/archiv/zs/zs-0988.pdf]

[12] Schultz an Kritzinger, 27. März 1942, BArch, R 43 II/178a, Bl. 204

[13] Antonia Leugers, Gegen eine Mauer bischöflichen Schweigens, Der Ausschuß für Ordensan­ge­le­genheiten und seine Widerstandskonzeption 1941 bis 1945, Frankfurt/M 1996, S. 245–269

[14] Kleine an Adam, 7. Juli 1942, in: Diözesanarchiv Rottenburg, NL Adam N 67 Nr. 31. Kleine schickte an Walter Grundmann eine Teilabschrift der Denkschrift, die aber nicht erhalten zu sein scheint; Kleine an Grundmann, 2. Juli 1942; in: Landeskirchenarchiv Eisenach, 32-002 NL Grundmann 106

[15] Richard Kleine, Kommentar o. D., in: JAM, NL Kleine. In diesem, wohl für ihn persönlich bestimmten Dokument schilderte Kleine den „Werdegang des Entwurfes“ des gemeinsamen Hirtenbriefs.

[16] Jaeger an Kleine, 9. September 1942, Bl. 1, in: ebd.

[17] Ebd., Bl. 2

[18] Ebd., Bl. 3

[19] Ebd., Bl. 5

[20] Ebd.

[21] Ebd., Bl. 6

[22] Ebd.

[23] „Ich habe ihm einfach gerade heraus einmal gründlich mein Herz ausgeschüttet, weil er 1914–18 Kompanieführer gewesen war, ausgezeichnet mit dem EK II und I, dann Geistlicher und Studienrat wurde wie ich und in diesem Kriege Kriegspfarrer und unmittelbar von der Front auf den erzbischöflichen Stuhl nach Paderborn geholt wurde. Da sagte ich mir, ein solcher Mann muß doch ein ganz ehrlicher Deutscher sein, dem man auf das freimütigste sein Leid klagen kann – und dieses Vertrauen ist wahrlich nicht enttäuscht worden.“, Kleine an Schultz, 19. März 1942, BArch, R 43 II/178a, Bl. 205

[24] Jaeger an Kleine, 9. September 1942, Bl. 1, in: JAM, NL Kleine

[25] Leugers, Gegen eine Mauer, (wie Anm. 13) S. 267–269

[26] Richard Kleine, Kommentar, o.D., in: JAM, NL Kleine: „Der Entwurf ist mit den Weih­nachtstagen von mir vollendet worden. Am 27.12. habe ich Erzbischof Jaeger um eine mög­lichst baldige Aussprache ›in recht wichtigen Dingen‹ in Paderborn gebeten.“ Sh. auch Kleine an Pircher, 7. Januar 1943, in: JAM, NL Kleine: „[…] am 29.12. war ich in Pader­born beim Erzbischof […]“ >

[27] Alle Zitate im Absatz in: [Richard Kleine], Entwurf zu einem gemeinsamen Hirtenschreiben der beiden christlichen Kirchen Deutschlands, in: ebd.

[28] Ebd.

[29] Am 7. Januar berichtete Kleine Pircher von einem dreistündigen Gespräch, am 19. Januar von einem Gespräch von zweieinhalb Stunden. Kleine an Pircher, 7. Januar 1943 bzw. 19. Januar 1943, beide in: JAM, NL Kleine

[30] Kleine an Jaeger, 2. Januar 1943 [handschriftlich korrigiert in 4. Januar), in: ebd.

[31] Kleine an Pircher, 7. Januar 1943, in: ebd.

[32] Richard Kleine, Kommentar, o.D., in: ebd.

[33] Beide Zitate in: Kleine an Jaeger, 4. Januar 1943, in: ebd.

[34] Ebd.

[35] Kleine an Jaeger, 12. Januar 1943, in: ebd.

[36] Jaeger an Kleine, 5. Januar 1943, 1 (handschriftliche Notiz Kleines: „eingelaufen am 18.1.43, abgestempelt am 16.1.43“, in: ebd.

[37] Jaeger an Kleine, 5. Januar 1943, S. 1, in: ebd.

[38] Ebd., S. 2

[39] Ebd.

[40] Kleine an Pircher, 19. Januar 1943, in: ebd.

[41] Kleine an Jaeger, 18. Januar 1943, in: ebd.

[42] Pircher an Kleine, 25. Januar 1943, in: ebd.

[43] Ebd.

[44] Kleine an Pircher, 1. Februar 1943, in: ebd.

[45] Kleine an Pircher, 4. März 1943, in: ebd.

[46] Kleine an Pircher, 4. März 1943, in: ebd.

[47] Nikolussi an Pircher, 2. März 1943 (Abschrift, beigelegt Pircher an Kleine, 6. März 1943), in: ebd.

[48] Kleine an Schultz, 18. Januar 1943, in: ebd.

[49] Beide Zitate in: Schultz an Kleine, 25. Februar 1943, in: ebd.

[50] Zum Folgenden sh. Kleine an Jaeger, 14, März 1943, in: ebd.

[51] Ebd.

[52] Ebd.

[53] Ebd.

[54] Kleine an Jaeger, 18. März 1943, in: ebd.

[55] Richard Kleine, Über Art und Inhalt der Aussprache (handschriftlich ergänzt: Entwurf für die Zusammenkunft am 25.3.43) o.D., in: ebd.

[56] Ebd.

[57] Ebd.

[58] Akten-Notiz v. 25. März 1943, in: Erzbischöfliches Archiv Paderborn (EBAP), NL Jaeger, Der Erzbischof 1 II 7, Bl. 555: „Ich habe beide Herre [sic!] erst zum Essen geschickt. 12 ¾ Uhr kamen die beiden Herren zurück und sind bis gegen 15 Uhr bei mir geblieben.“

[59] Richard Kleine, Nachträgliche Niederschrift über die Aussprache zwischen Erzbischof Jaeger=Paderborn, Landesbischof Schultz=Schwerin und mir am Donnerstag, den 25. März 1943, 13–15 Uhr in Paderborn (Erzbischöfliches Palais), vom 9. April 1943, in: JAM, NL Kleine; sh. auch Spicer, Hitler’s Priests, S. 198–199

[60] Ebd.

[61] Der OKW-Erlass vom 18. Februar 1942 war Thema des Konveniats der westdeutschen Bischöfe vom 17.–18. März und wurde als „schwere Zurücksetzung unserer Theo­lo­gie­studierenden“ bezeichnet; Protokoll der Konferenz der westdeutschen Bischöfe [Pader­born,] 17.–18. März 1943, in: Volk, Akten, Bd. VI, S. 43–51, hier: S. 47. Kardinal Bertram lehnte es aber ab, in dieser Angelegenheit beim Oberkommando der Wehrmacht auf die Rücknahme dieses Verbots hinzuwirken. Er formulierte seine Bedenken im April 1943 in einem Brief an Jaeger in vier Punkten: „I. Das Verlangen, daß den im Felde ste­hen­den Theologen der Aufstieg zum Offizier-Rang gewährt werde, während sie sogleich nach dem Kriege endgültig in einen Stand treten, dessen Standesgesetze die freiwillige Teilnahme am Kriege als Glieder der kämpfenden Truppe streng verbieten, ist nicht gut miteinander vereinbar.“, ebd., S. 47, Anm. 17; sh. auch Jaeger an Bertram, 24. März 1943, in: ebd., S. 51–53, hier: S. 52: „Sehr notwendig erscheint eine Eingabe an das OKW, das Ausnahme-Verbot für katholische Theologen, zu Offiziersbewerbern oder zu Offizieren des Beurlaubtenstandes ernannt zu werden, aufzuheben.“

[62] Archiv der Gegenwart, 21. März 1943, S. 5879

[63] Richard Kleine, Nachträgliche Niederschrift über die Aussprache zwischen Erzbischof Jaeger=Paderborn, Landesbischof Schultz=Schwerin und mir am Donnerstag, den 25. März 1943, 13–15 Uhr in Paderborn (Erzbischöfliches Palais), vom 9. April 1943, in: JAM, NL Kleine

[64] Ebd.

[65] Alle Zitate in: Akten-Notiz v. 25. März 1943, in: EBAP, NL Jaeger, Der Erzbischof 1 II 7, Bl. 555

[66] Kleine an Brücker, 26. März 1943, in: JAM, NL Kleine

[67] Kleine an Pircher, 25. April 1943, in: ebd.

[68] Ebd. und Kleine an Brücker, 21. April 1943, in: ebd.

[69] Kleine an Reventlow, 1. Mai 1943, in: ebd.

[70] Kleine an Ritter, 12. April 1943, in: ebd.

[71] Ebd.

[72] Ritter an Kleine, 11. Mai 1943, in: ebd.

[73] Kleine an Ritter, 25. Mai 1943; Ritter an Kleine, 14. Juni 1943; Kleine an Ritter, 16. Juni 1943, alle in: ebd.

[74] Protokoll der Plenarkonferenz des deutschen Episkopats, Fulda, 17.–19. August 1943, in: Volk, Akten deutscher Bischöfe, Bd. VI, S. 133–146, hier: S. 136; Hirtenwort des deutschen Episkopats (II), 19. August 1943, in: ebd., S. 197–205

[75] Kleine an Brücker, 29. August 1943, in: JAM, NL Kleine

[76] Ebd.

[77] Ebd.

[78] Brücker an Jaeger, 18. September 1943, sh. auch Brücker an Kleine, 5. September 1943, wo Brücker auf Äußerungen des Erzbischofs ihm gegenüber verweist; beide Briefe in: ebd.

[79] Brücker an Kleine, 5. September 1943, in: ebd.

[80] Ebd.

[81] Beide Zitate in: ebd.

[82] Ebd.

[83] Kleine an Brücker, 8. September 1943, in: ebd.: „ […], da kommt heute Dein wagemutiger, vielversprechender Brief. Rönck schrieb, dass die beabsichtigte Aussprache un­mit­telbar bevorstände. Ich will seinen Bericht abwarten. Dein Plan ist grandios; selbst­verständlich unterstütze ich ihn auf das tatkräftigste.“

[84] Brücker an Jaeger, 18. September 1943, in: ebd.

[85] Kleine, Brücker und andere Mitglieder des Priesterkreises hatten sich im August 1938 mit deutschchristlichen und altkatholischen Vertretern in Wien getroffen. Eine Handvoll der Teilnehmer, darunter Kleine, Brücker und Rönck bildeten einen Aktionsausschuss. Kleine sollte sich an Kardinal Bertram wenden, Brücker an Jaeger.

[86] Kleine an Brücker, 17. September 1943, in: ebd.

[87] Kleine an Brücker, 27. September 1943, in: ebd.: „Den betreffenden Brief als gehar­nisch­tes Sonett habe ich am 24. endgültig fertig gestellt und abgesandt: deutsche Fraktur, aber doch insoweit konziliant, als es sachgemäss noch möglich ist.“

[88] Kleine an Jaeger, 17. September 1943 (nicht abgesandt), in: ebd.

[89] Brücker an Kleine, 20. September 1943, in: ebd.

[90] Brücker an Kleine, 26. September 1943, in: ebd.; sh. auch Brücker an Kleine, 20. September 1943, in: ebd.: „Es handelt sich offenbar um ein Zugeständnis an die Richtung Graf Galen mit dem man die Einstimmigkeit zum ersten Hirtenbrief erkauft hat, den man also für ein ganz außerordentliches Entgegenkommen hält.“

[91] Kleine an Pircher, 27. September 1943, in: ebd.

[92] Brücker an Kleine, 26. September 1943, in: ebd.

[93] Kleine an Brücker, 30. September 1943, in: ebd.

[94] Jaeger an Kleine, 25. September 1943, in: ebd.

[95] Kleine an Brücker, 30. September 1943, in: ebd.

[96] Zit. n. Leugers, Gegen eine Mauer (wie Anm. 13), S. 292

[97] Kleine an Brücker, 6. Oktober 1943, in: JAM, NL Kleine. Über den Besuch selbst stehen leider keine weiteren Quellen zur Verfügung.

[98] Ebd.: „Auch dass die deutschen Bischöfe für einen nationalen Einsatz erst im Vatikan um gut Wetter bitten müssen, passt mir nicht; […]“

[99] Ebd.

[100] Kleine an Jaeger, 6. Oktober 1943, in: ebd.

[101] Pircher an Kleine, 8. Oktober 1943, in: ebd.

[102] Jaeger an Kleine, 22. Januar 1946 und 18. April 1946: „Für Herrn Landesbischof Schultz habe ich seinerzeit das gewünschte Zeugnis ausgestellt, doch habe ich noch nichts von der weiteren Entwicklung der Angelegenheit gehört. Ich würde es begrüßen, wenn ich bald eine gute Nachricht bekäme.“ Beide Briefe in: JAM, NL Kleine

[103] Richard Kleine, Unterredung mit Erzbischof Dr. Jaeger – Paderborn am 12.11.57, verfasst am 12.11.1957, in: JAM, NL Kleine

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