Jüdische Identität Jesu und christliche Selbstkritik: Drei neue Beiträge im Überblick

2025-12-16
Drei aktuelle Veröffentlichungen auf theologie.geschichte befassen sich mit zentralen Fragen des christlichen Antisemitismus und neuen Ansprüchen an einen angemessenen Umgang mit der jüdisch-christlichen Vergangenheit. In seiner Miszelle „Jesus zwischen Tora-Liebe und Sühnetod. Die Herausforderung des ‚jüdischen Jesus‘ an das Christentum der Gegenwart“ zeigt Autor Norbert Reck, dass die verstärkte Beschäftigung mit Jesus als praktizierendem, gläubigem Juden eine theologiegeschichtliche Neuorientierung markiert, wenn sie sich bemühe, Jesus wirklich als Angehörigen des Judentums zu verstehen, ihn nicht mehr als Gegner dessen und der Tora zu stilisieren, Erkenntnisse jüdischer Jesusforschung ernst zu nehmen und Anfragen dessen an tradierte christliche Heils-Konzepte zuzulassen. Reck zeichnet in seiner Miszelle dazu die Entwicklung der jüdischen Jesusforschung nach und betont ihre Bedeutung für gegenwärtige christliche Identifikationssprozesse und berichtet von erfahrenen Reaktionen auf eigene Vorträge zur Thematik. Lesen Sie mehr in der auf theologie.geschichte veröffentlichen Miszelle: https://theologie-geschichte.de/ojs2/index.php/tg/article/view/1401/1875 Eine systematisch-theologische Perspektive dazu eröffnet Rezensent Paul Petzel in seiner Rezension zu Martin Steiners „Jesus Christus und sein Judesein. Antijudaismus, jüdische Jesusforschung und eine dialogische Christologie“. Er stellt insbesondere Steiners Bemühen heraus, die jüdische Identität Jesus nicht nur historisch, sondern auch christologisch zu begreifen. Steiners Dissertation zielt also genau auf eben jenen Entwurf einer judentumssensiblen-Christologie ab, wie Reck sie seiner Miszelle fordert, indem die jüdische Identität Jesu letztlich auch in der „göttlichen Natur“ Christi mitzudenken ist. Mehr dazu in der Rezension von Paul Petzel auf theologie.geschichte.: https://theologie-geschichte.de/ojs2/index.php/tg/article/view/1397/1871 Abschließend bespricht Rezensent Maximilian Plich kritisch Simone Paganinis Buch „Warum sind immer die Juden schuld? Antisemitismus in der Bibel“, in welchem die Berücksichtigung von Forschung, die die Kontinuität des Neuen Testaments mit dem Judentum betont, eben nicht umgesetzt werde. Stattdessen betone Paganini, wenn auch nicht aus apologetischer Stoßrichtung, sondern um davor zu warnen, weiterhin Diskontinuitäten und schreibe so letztlich tradierte antijüdische Auslegungen fort. Außerdem erkennt der Rezensent weitere zu problematisierende Punkte und mahnt daher zu einer kritischen Lektüre des Buches. Lesen Sie mehr in der auf theologie.geschichte veröffentlichen Rezension: https://theologie-geschichte.de/ojs2/index.php/tg/article/view/1403/1877 Die drei Beiträge verdeutlichen die anhaltende Bedeutung einer historisch, hermeneutisch und theologisch reflektierten Auseinandersetzung mit Antisemitismus und der christlichen Verantwortung. Sie bildet die Voraussetzung für einen problembewussten Umgang mit christlicher Tradition und für eine Gegenwart, die sensibel für antisemitische Strukturen bleibt.