Joachim Neander
Mit dem Strafrecht gegen die „Auschwitz-Lüge”: Ein halbes Jahrhundert § 130 Strafgesetzbuch „Volksverhetzung” [*]
Im Frühjahr 2006 saßen in Staaten, die auf dem Boden des
„Dritten Reiches“ entstanden waren, vier der weltweit aktivsten
„Historischen Revisionisten“ hinter Gittern: in Österreich der
Brite David Irving sowie in der Bundesrepublik Deutschland der Belgier
Siegfried Verbeke und die deutschen Staatsangehörigen Ernst
Zündel und Germar Rudolf. Einem fünften „Prominenten“, dem
französischen Europa-Abgeordneten und Zweiten Vorsitzenden der
rechtsnationalen Partei Front
National, Bruno Gollnisch, war im Jahr
zuvor die parlamentarische Immunität aberkannt worden, um ein
Gerichtsverfahren gegen ihn einleiten zu können. Ihnen allen wird
vorgeworfen, den Holocaust öffentlich gebilligt, gerechtfertigt,
geleugnet oder zumindest verharmlost zu haben, ein Tatbestand, für
den sich im deutschen Sprachraum der nicht gerade glücklich
gewählte Begriff „Auschwitz-Lüge“ eingebürgert hat. [1]
In zur Zeit zwanzig Staaten der Welt [2] ist die
Auschwitz-Lüge ein Offizialdelikt, das in der Regel mit
empfindlichen Freiheitsstrafen geahndet wird. In Österreich kann
der Täter bis zu zwanzig Jahre Haft bekommen, in der Praxis
äquivalent mit lebenslänglich. Die Bundesrepublik Deutschland
liegt mit maximal fünf Jahren Freiheitsentzug in Europa auf dem
zweiten Platz. Mit dem Kampf gegen die Auschwitz-Lüge soll
einerseits gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus im eigenen Lande
offensiv vorgegangen werden, andererseits dem Ausland gegenüber,
dessen Medien seismografisch sensibel auf jeden antisemitischen und
fremdenfeindlichen Vorfall in Deutschland reagieren, die
„Wehrhaftigkeit“ der deutschen Demokratie deutlich gemacht werden.
Die Auschwitz-Lüge
als
Straftatbestand in Deutschland
Rechtssystematisch gehört die Auschwitz-Lüge als
Staatsschutzdelikt zu den politischen Straftaten und unter diesen unter
die Kommunikationsdelikte. Grundlage der Strafverfolgung in der
Bundesrepublik Deutschland ist § 130 Abs.3 Strafgesetzbuch
(StGB). Er lautet in der zur Zeit geltenden Fassung [3]:
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs.1 des
Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die
geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder
verharmlost.
Der hier angezogene § 6 Abs.1 des deutschen
Völkerstrafgesetzbuches definiert das Verbrechen des Genozids
(„Völkermord“). [4]
Der Holocaust fällt unstreitig
hierunter, nach dem Willen des Gesetzgebers auch die
nationalsozialistische Verfolgung der „Zigeuner“ (Sinti und Roma). [5]
Entscheidend für die Anwendung einer
Rechtsvorschrift im
deutschen Rechtssystem sind neben dem Gesetzestext dessen Auslegung
durch (höchst)richterliche Entscheidungen (die „Rechtsprechung“)
sowie Kommentare anerkannter Rechtslehrer (die „herrschende Lehre“).
Als grundlegende Charakteristika des Holocaust—im Folgenden als
„Essentials“ bezeichnet—haben Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und
Bundesgerichtshof (BGH) in langjähriger Rechtsprechung
herausgestellt:
- Die Existenz eines Planes: Die Nationalsozialisten betrieben die Ermordung der Juden in ihrem Machtbereich bewusst, planmäßig und systematisch;
- Der Einsatz von Gaskammern: Das Haupt-Mordwerkzeug waren—mobile oder stationäre—Gaskammern, in denen die Juden durch Giftgas getötet wurden. Dies gilt insbesondere für Auschwitz;
- Die Zahl der Opfer: Im Holocaust ermordeten die Nationalsozialisten und ihre Helfer rund sechs Millionen Juden;
- Die Singularität des Holocaust: Der Holocaust war ein historisch einmaliges Ereignis, nicht vergleichbar mit anderen Menschheitsverbrechen in der Geschichte.
Im Zusammenhang mit der Leugnung des Holocaust wird in der Rechtswissenschaft zwischen „einfacher“ und „qualifizierter“ Auschwitz-Lüge unterschieden. [6] Einfache Auschwitz-Lüge liegt vor, wenn die Tatsache des nationalsozialistischen Judenmordes pauschal abgestritten wird oder wenn eines oder mehrere der Holocaust-Essentials geleugnet oder angezweifelt werden. Geschieht dies in wertendem Kontext, so ist die qualifizierte Auschwitz-Lüge gegeben. So etwa, wenn behauptet wird, die Zahl der Opfer sei mit sechs Millionen maßlos übertrieben und diene den Juden nur dazu, von Deutschland ungerechtfertigt hohe Geldzahlungen zu erpressen. Beide Arten der Auschwitz-Lüge sind grundsätzlich strafbar, und zwar für alle Beteiligten. Das betrifft etwa bei einem Druckwerk oder einer CD nicht nur Verfasser, Übersetzer, Herausgeber, Verleger, Hersteller und Händler, sondern auch alle Personen, in deren Besitz sich mehr als zwei Exemplare des Werkes befinden [7]—eine der Allgemeinheit kaum bekannte Tatsache. Zusätzlich sind—gemäß § 74d StGB—sämtliche zur Verbreitung bestimmten Exemplare des Druckwerks bzw. der CD, gegebenenfalls auch Manuskripte, Matrizen und Datenträger, von Amts wegen einzuziehen und zu vernichten.
Aber nicht jede Form des Billigens, Leugnens oder
Verharmlosens des
Holocaust erfüllt den Tatbestand von § 130 Abs.3 StGB.
Die Äußerung muss öffentlich oder in einer Versammlung
erfolgt und geeignet gewesen sein, den öffentlichen Frieden zu
stören. Öffentlichkeit liegt zweifelsfrei immer dann vor,
wenn die Äußerung mit einem Druckerzeugnis (Buch,
Zeitungsartikel, Flugblatt, etc.), auf einer CD, einer Musikkassette
oder als Film verbreitet wurde oder wenn sie in einem elektronischen
Medium (Radio, Fernsehen, Internet) erfolgte. Gespräche im
Familien- oder engeren Freundeskreis sowie Privatbriefe fallen mit
Sicherheit nicht hierunter, wohl aber eine laute Unterhaltung im
Wirtshaus [8] oder eine
Äußerung in der
Delegiertenversammlung eines Vereins [9]
— die Rechtsprechung pflegt
bei Staatsschutzdelikten die Begriffe „öffentlich“ und
„Versammlung“ recht eng auszulegen. Ist die inkriminierte
Äußerung öffentlich oder in einer Versammlung erfolgt,
dann liegt aber auch in der Regel Störung des öffentlichen
Friedens vor. Diese sieht die Rechtsprechung nämlich schon dann
als gegeben, wenn in den Medien über jene Äußerung mit
Empörung berichtet wird oder wenn anzunehmen ist, dass sie dies
tun werden. [10] Dies
wiederum ist bei der hohen Sensibilität
der Öffentlichkeit in Sachen Holocaust in Fällen wirklicher
oder vermeintlicher Auschwitz-Lüge in der Regel zu erwarten.
Die Bestrafung der
Auschwitz-Lüge im Konflikt mit Grundrechten
Der Gesetzgeber war sich durchaus bewusst, dass die
Pönalisierung der Auschwitz-Lüge mit grundgesetzlich
garantierten Rechten des Staatsbürgers kollidiert. Unter anderem
haben sich Gerichte und Gesetzgeber dem Vorwurf ausgesetzt gesehen, sie
zementierten unter empfindlicher Strafandrohung ein bestimmtes
Geschichtsbild [11] und
beschnitten damit die Freiheit von
Wissenschaft und Forschung, garantiert durch Artikel 5 (3) des
Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG). Dieser auch
von „revisionistischer“ Seite ständig erhobene Vorwurf geht jedoch
fehl. § 130 Abs.6 StGB nimmt, unter Bezug auf § 86
Abs.3 StGB, eine gemäß § 130 Abs.3 StGB
grundsätzlich strafbare Handlung ausdrücklich von der
Strafbarkeit aus, wenn sie „ . . . der Wissenschaft, der
Forschung oder der Lehre . . . dient“. Wer mit unbestritten
wissenschaftlichen Methoden Holocaust-Forschung betreibt, kann also
durchaus eines oder mehrere der Essentials in Frage stellen, ohne
befürchten zu müssen, dafür gleich ins Gefängnis zu
wandern. So hängt etwa die Strafbarkeit des In-Frage-Stellens der
„geschichtlich anerkannten“ [12]
Zahl der Opfer von Auschwitz ab vom
Kontext, in dem, und der Absicht, mit der jenes geschieht. [13]
Dieses ist in jedem Einzelfall gründlich zu prüfen, worauf
der BGH etwa 2000 im „Bock-Urteil“ eindringlich hingewiesen hat. [14]
Als problematischer wird—auch von der
Fachwissenschaft—der Konflikt
zwischen § 130 StGB und Artikel 5 (1) GG gesehen, [15]
der dem Staatsbürger das Recht garantiert, „seine Meinung in Wort,
Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“ Anders
als die anglo-amerikanische Rechtstradition, kennt die deutsche kein
absolutes Recht auf freedom of speech.
Art.5 (2) GG schränkt
daher Art.5 (1) GG sogleich ein:
„Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen
Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in
dem Recht der persönlichen Ehre.“
In Bezug auf die Auschwitz-Lüge war unter Juristen anfangs
umstritten, ob § 130 StGB als „allgemeines“ Gesetz anzusehen
ist, das Art. 5 (1) GG einschränken könnte. [16]
Inzwischen hat sich aber allgemein die Auffassung durchgesetzt, dass
dies hier der Fall ist. Unstreitig wird jedoch seit jeher der Eingriff
in die durch Art. 5 (1) GG geschützte Meinungsfreiheit
gerechtfertigt gesehen im Falle des pauschalen Leugnens („Ich Esel
glaube immer noch, dass Juden vergast wurden“ [17]), gar des
Billigens des Holocaust („Schade, dass Hitler nicht mehr von denen
umgebracht hat“ [18]),
da hier das Rechtsgut „persönliche Ehre“
der ermordeten sowie der heute lebenden Juden verletzt wird. Letzteres
lässt sich aber nur schwer geltend machen, wenn einzelne
Essentials bestritten werden (etwa die „geschichtlich anerkannte“ Zahl
der Opfer des Holocaust oder dessen Singularität), und gerade hier
setzen bekanntlich die „Revisionisten“ an, die ja in der Regel
versichern, sie leugneten keineswegs, dass die Juden von den deutschen
Nazis brutal verfolgt wurden und dabei auch in großer Zahl zu
Tode kamen.
Hier hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1994 in
einer
bedeutsamen, seine frühere Rechtsprechung hierzu zusammen
fassenden Entscheidung („Irving-Urteil“) einen Ausweg gezeigt. Es
grenzt „Meinungsäußerungen“ ab von „Tatsachenbehauptungen“,
deren Schutz jedoch dort ende,
„wo sie zu der verfassungsrechtlich vorausgesetzten Meinungsbildung
nichts beitragen können. Unter diesem Gesichtspunkt ist unrichtige
Information kein schützenswertes Gut. Das Bundesverfassungsgericht
geht daher in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die bewusst
oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz der
Meinungsfreiheit umfasst wird.“ [19]
Damit genießt die einfache Auschwitz-Lüge, also auch das
Leugnen eines einzelnen Essentials, als „erwiesen unwahre
Tatsachenbehauptung“ nicht den Schutz von Art. 5 (1) GG. Da aber
auch die qualifizierte Auschwitz-Lüge—obwohl unstreitig eine
Meinungsäußerung—auf einer unwahren Tatsachenbehauptung
basiert und zudem in der Regel noch die persönliche Ehre anderer
verletzt, genießt sie ebenfalls nicht den Schutz von
Art.5 (1) GG.
Als Konsequenz hieraus hat der Bundesgerichtshof im
Jahre 2000,
ebenfalls richtungweisend, entschieden: Stellt die Verteidigung in
einem wegen der Auschwitz-Lüge geführten Strafprozess
Beweisanträge, die nach Auffassung des Gerichts ihrerseits als
Leugnen oder Verharmlosen des Holocaust anzusehen sind, so sind
diese—„wegen der Offenkundigkeit des Holocaust“—als Beweismittel
„völlig ungeeignet“ im Sinne von § 244 Abs.3
Strafprozessordnung. Derartige Beweisanträge sind daher
abzulehnen. Zugleich kann sich derjenige, der sie gestellt hat, nicht
auf das Verteidigerprivileg berufen, sondern macht sich selbst wegen
Verstoßes gegen § 130 StGB strafbar. [20] Diese
Regelung betrifft insbesondere Strafverfahren gegen „Revisionisten“
wegen der Auschwitz-Lüge: Jeglicher Versuch, zur Verteidigung
„revisionistisches“ Material vorzubringen, ist nicht nur von vornherein
zum Scheitern verurteilt, sondern kann auch noch zum Ausschluss des
Verteidigers vom Prozess führen [21]
sowie ihn der
Strafverfolgung aussetzen.
Die Auschwitz-Lüge – eine existenzielle Bedrohung von Staat und Gesellschaft?
Dem unbefangenen Beobachter fällt bei einem Blick in das deutsche Strafgesetzbuch auf, dass der Strafrahmen für die Auschwitz-Lüge—Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe—im oberen Bereich der als „Vergehen“ definierten rechtswidrigen Taten liegt. [22] Für eine Vielzahl anderer Delikte, die auch unter juristischen Laien gemeinhin als kriminelle Akte gelten, sieht das Gesetz den selben Strafrahmen vor, so etwa für Wahlfälschung (§ 107a), Abgeordnetenbestechung (§ 108e), sexuellen Missbrauch von Jugendlichen (§ 182), Körperverletzung (§ 223), Diebstahl (§ 242), Hehlerei (§ 259) oder Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c). Offenbar hat der Gesetzgeber in der Auschwitz-Lüge eine jenen Delikten vergleichbare Gefährdung des Gemeinschaftslebens gesehen.
Die Auschwitz-Lüge gilt nämlich allgemein als der kleinste gemeinsame Nenner—und damit als integrierender Faktor—für alle ansonsten heftig miteinander konkurrierenden rechtsradikalen, rassistischen und antisemitischen Bewegungen. [23] Dem Kampf gegen die Auschwitz-Lüge kommt daher nach Auffassung aller im Bundestag vertretenen Parteien eine Schlüsselrolle in der offensiven Auseinandersetzung mit dem politischen Rechtsextremismus zu. Gegen die Auschwitz-Lüge setzt der Staat außer § 130 StGB noch zahlreiche weitere straf-, prozess- und verwaltungsrechtliche Maßnahmen ein. [24] Mit offensichtlichem Erfolg, wie das Bundesinnenministerium Ende Mai 2005 vermelden konnte: „In Deutschland wurden ihre [der Holocaust-Leugner; J.N.] Aktivitäten nicht zuletzt durch Exekutivmaßnahmen der Strafverfolgungsbehörden erheblich eingeschränkt.“ [25]. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Jugendschutzgesetz zu. Es ermöglicht das Verbot der Verbreitung von Schriften im Sinne des § 11 Abs. 3 StGB mit den Holocaust leugnenden oder verharmlosenden Inhalten sowie die Sperrung von Internetangeboten als „jugendgefährdend“ auch ohne Gerichtsverfahren und kann daher auch unterhalb der Schwelle der Strafwürdigkeit wirksam werden.
Diese „coercive elimination of dissent“ [26] hat aber auch ihre Kehrseite für eine „offene Gesellschaft“ (im Sinne Karl R. Poppers), als die die Bundesrepublik durchaus gesehen werden möchte. So hat etwa der Richter i.R. Günter Bertram im Zusammenhang mit „Auschwitz“ beobachtet, „dass man ein paar prekäre Themen bei uns öffentlich besser gar nicht anschneidet, oder über sie jedenfalls nur so redet wie ein Fernsehmoderator“ [27]: in einem „in floskelhaften Redewendungen kanalisierten Jargon der Betroffenheit.“ [28] Vor den Gefahren aber, die eine „Kanalisierung“ des Diskurses über gesellschaftspolitisch grundlegende Themen [29] birgt, hat Justice Jackson, der spätere Chefankläger im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, schon vor über sechzig Jahren gewarnt: „Compulsory unification of opinion achieves only the unanimity of the graveyard.“ [30]
Viele Politiker und Intellektuelle sehen in Leugnen,
Billigen oder
Verharmlosen des Holocaust sogar einen Angriff auf die Fundamente der
staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung der Bundesrepublik:
„Die Auschwitz-Lüge ist . . . als Instrument gedacht,
unser Staatswesen aus den Angeln zu heben . . . . Auf
dem Spiel steht das moralische Fundament unserer Republik.“ [31]
„Wer Auschwitz leugnet, greift nicht nur die Menschenwürde der
Juden an, der rüttelt auch an den Grundfesten des
Selbstverständnisses dieser Gesellschaft.“ [32]
„Wer die Wahrheit über die nationalsozialistischen
Vernichtungslager leugnet, gibt die Grundlagen preis, auf denen die
Bundesrepublik Deutschland errichtet worden ist.“ [33]
„Wenn Deckerts [den Holocaust leugnende, J.N.] Auffassung zum Holocaust
richtig wäre, wäre die Bundesrepublik auf eine Lüge
gegründet. Jede Präsidentenrede, jede Schweigeminute, jedes
Geschichtsbuch wäre gelogen. Indem er den Judenmord leugnet,
bestreitet er der Bundesrepublik ihre Legitimität.“ [34]
„Holocaust-Leugnung . . . [richtet] sich nicht nur gegen
jüdische Bürger, sondern gegen die Fundamente der
Demokratie.“ [35]
„Alle Demokratien haben eine Basis, einen Boden . . .
für Deutschland ist das Auschwitz. Das kann nur Auschwitz sein.
Die Erinnerung an Auschwitz, das ‚Nie-mehr-Auschwitz‘, kann in meinen
Augen das einzige Fundament der neuen Berliner Republik sein.“ [36]
Der Auschwitz-Lüge wird in dieser Perspektive ein
erhebliches
Bedrohungspotenzial zugeschrieben, das gegen die Fundamente—und damit
letztlich die Existenz—von Staat und Gesellschaft gerichtet ist. Im
Kampf gegen die Auschwitz-Lüge ist daher der Staat verpflichtet
und ermächtigt, das Schwert unerbittlich zu führen. Ein Blick
zurück in die Strafrechtsgeschichte soll zeigen, wie sich diese
Sichtweise im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte von kleinen
Anfängen aus allmählich entwickelt hat.
Die Ahndung der Auschwitz-Lüge in der DDR und in der frühen Bundesrepublik
Unmittelbar nach Kriegsende hatten die Siegermächte
die
Staatsschutzbestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches suspendiert.
Sie waren zum einen durch ihre extensive Auslegung und Anwendung im
Dritten Reich gründlich kompromittiert, zum anderen durch die
faktische Nichtexistenz eines deutschen Staates nach dem 8. Mai
1945 obsolet geworden. Dem juristischen Kampf gegen das Wiederaufleben
rechtsextremer Tendenzen dienten die durch die Alliierten vorgegebenen
Bestimmungen zum Verbot des Nationalsozialismus, deren
Durchführung die Besatzungsmächte ab 1947 schrittweise
deutschen Stellen übertrugen. Als 1949 die Bundesrepublik
Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik (DDR)
gegründet wurden, knüpften beide in ihren Verfassungen daran
an:
Bundesrepublik Deutschland: „Die zur ‚Befreiung des deutschen Volkes
vom Nationalsozialismus und Militarismus‘ erlassenen Rechtsvorschriften
werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.“
[37]
DDR: „Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und
Organisationen, Mordhetze gegen demokratische Politiker, Bekundung von
Glaubens-, Rassen-, Völkerhass, militaristische Propaganda sowie
Kriegshetze . . . sind Verbrechen im Sinne des
Strafgesetzbuches.“ [38]
Die DDR sah sich in ihrem Selbstverständnis als „antifaschistischen“ Staat. Den nirgendwo eindeutig definierten—und im Prinzip beliebig dehnbaren—Tatbestand der „Boykotthetze“ verwandte die regierende SED mit Erfolg zur Bekämpfung aller innenpolitischen Gegner, die sie grundsätzlich auf der rechten Seite des politischen Spektrums sah. Zwar stand der nationalsozialistische Judenmord nicht im Zentrum des „staatlich verordneten Antifaschismus“, es war in diesem aber auch kein Platz für Verharmlosen oder gar Leugnen des Holocaust. Die drastische Beschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit durch rigorose Zensurmaßnahmen im Verein mit einer fast lückenlosen Überwachung der Bevölkerung durch den Staatssicherheitsdienst bewirkte, dass Leugnen oder Verharmlosen des Holocaust nicht öffentlich stattfinden konnten. Auch die im Ostblock seit Israels Sieg im Sechstagekrieg (1967) als „Antizionismus“ aufgekommene Spielart des Antisemitismus machte in der DDR keineswegs die Auschwitz-Lüge hoffähig, wie die einschlägigen Paragraphen des 1968 verabschiedeten Strafgesetzbuches der DDR—mit geringfügigen Änderungen in Kraft bis zum 3. Oktober 1990—deutlich machen. [39]
Seit etwa Mitte der 1980er Jahre entstand jedoch auch in der DDR eine Neonazi-und Skinheadszene, in welcher Leugnen des Holocaust zum „guten Ton“ gehörte. Sie wurde aber von DDR-offizieller Seite als politisches Problem nicht wahrgenommen. Propagandadelikte—wie etwa Hakenkreuzschmierereien oder den Holocaust leugnende Sprüche—und Personen- sowie Sachbeschädigungen mit antisemitischem Hintergrund wurden als „Rowdytum“ strafrechtlich verfolgt, die Täter als „Asoziale“ stigmatisiert. [40] Sie „passte[n] nicht in eine Landschaft, in der der Faschismus mit Stumpf und Stiel als ausgerottet galt.“ [41]
Nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1990 setzte in den neuen Bundesländern ein sprunghafter Anstieg rechtsradikaler Straftaten ein. Mediales Aufsehen erregten vor allem Gewaltdelikte gegen Sachen und Personen, wie Schändungen jüdischer Friedhöfe oder im August 1992 der Brandanschlag auf ein von Ausländern bewohntes Haus in Rostock-Lichtenhagen. Soziologen und Psychologen sahen im wachsenden Rechtsradikalismus, insbesondere der Jugendlichen, auch eine Reaktion auf den zum Ritual erstarrten offiziellen Antifaschismus der ehemaligen DDR, der von einer rigorosen staatlichen Unterdrückung abweichender Meinungen flankiert worden war, [42] eine Auffassung, die in der Politik jedoch wenig Widerhall fand. Wie weiter unten gezeigt wird, reagierte diese in erster Linie mit repressiven Maßnahmen, unter anderem mit der Verschärfung des Strafrechts.
In der Bundesrepublik wurden 1951 mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz erstmals nach dem Kriege Staatsschutzbestimmungen (wie sie schließlich jeder Staat zur Sicherung seiner Existenz braucht) wieder ins Strafgesetzbuch eingeführt. Sie waren unter anderem notwendig geworden, weil die in Art. 139 GG zur „Befreiung des deutschen Volkes vom Nationalsozialismus und Militarismus“ erwähnten Rechtsvorschriften zu Beginn der 1950er Jahre mit dem formellen Abschluss der Entnazifizierung obsolet geworden waren. [43] Die SPD bemühte sich bei dieser Gelegenheit, den seit 1871 geltenden § 130 StGB zu ändern. Er stellte „Anreizung zum Klassenkampf“ unter Strafe [44] und hatte jahrzehntelang zur Unterdrückung der Sozialdemokratie gedient, die sich in der Praxis aber schon seit langem vom Klassenkampf verabschiedet hatte. [45]
Als Lehre aus der Nazizeit sollte § 130 StGB
nun „die
Hetze gegen Bevölkerungsgruppen, die durch Abstammung, Herkunft,
Religion oder Weltanschauung bestimmt sind“, unter Strafe stellen. Die
bürgerlich-konservative Regierungsmehrheit unter Kanzler Adenauer
hielt jedoch am alten Wortlaut fest. Auch mehrere Anläufe in den
folgenden Jahren—an denen sich auch Abgeordnete anderer im Bundestag
vertretener Parteien beteiligten—blieben in parlamentarischen
Beratungen stecken. Die sowjetische Politik der „Nadelstiche“ gegen
Berlin (seit der Blockade 1948/49) sowie der Koreakrieg (1950-1953)
ließen die Furcht vor einem kommunistischen Umsturzversuch nicht
unbegründet erscheinen. In der heißen Phase des Kalten
Krieges mochte man auf die bewährte Fassung des § 130
StGB nicht verzichten.
Statt „Anreizung zum Klassenkampf“ wird „Volksverhetzung“ strafbar
Dies änderte sich Mitte der 1950er Jahre. Nach dem Verbot der KPD (1956) konnte der Staat kommunistischen Bestrebungen mit anderen, weitaus wirksameren gesetzlichen Maßnahmen entgegen treten. Die Einbindung von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden als „Sozialpartner“ in die Soziale Marktwirtschaft ließ zudem den Begriff „Klassenkampf“ als „soziologisch überholt“ erscheinen. [46] Eine mit dem 5. Strafrechtsänderungsgesetz beabsichtigte Neuregelung des § 130 StGB im Sinne des schon 1951 von der SPD eingebrachten Vorschlages hatte somit gute Chancen. Sie blieb aber auch 1957 wieder im Parlament stecken, weil der Gesetzesentwurf—wegen des Endes der 2. Legislaturperiode des Bundestages—nicht mehr abschließend beraten werden konnte. [47]
Dennoch konnte in der Bundesrepublik der 1950er Jahre der Holocaust keineswegs straflos geleugnet werden. Überlebende der Shoah sowie nahe Angehörige von im Holocaust ums Leben Gekommenen hatten die Möglichkeit, sich gegen derartige Äußerungen zur Wehr zu setzen, indem sie Strafantrag stellten nach § 185 StGB—Beleidigung, Höchststrafe ein Jahr Haft—beziehungsweise § 189 StGB—Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener, Höchststrafe zwei Jahre Haft. Diese Tatbestände lagen nach Ansicht der Gerichte stets vor, wenn die Tatsache des nationalsozialistischen Judenmords prinzipiell geleugnet oder in einer die Juden herabsetzenden Weise gewertet wurde. [48] Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener sind jedoch grundsätzlich Antragsdelikte. Stellte kein Antragsberechtigter—der Beleidigte beziehungsweise im Falle von § 189 StGB ein nach § 77 Abs.2 StGB hierzu Berechtigter: Ehegatte oder Kind, gegebenenfalls auch Elternteil, Geschwister oder Enkel—Strafantrag, so unterblieb die Strafverfolgung.
Ein gewisser Nieland, der Ende der 1950er Jahre mit
einer Flut
übler antisemitischer Briefe an Parlamentarier für
bundesweite Entrüstung gesorgt hatte, veranlasste
schließlich die Bundesregierung, dem Bundesrat den Entwurf eines
Gesetzes gegen Volksverhetzung zuzuleiten. Aber auch dieser wurde nur
zögerlich beraten. Erst die um die Jahreswende 1959/60
ausgebrochene antisemitische Schmierwelle, die erhebliches Aufsehen im
Ausland erregt hatte, brachte den Durchbruch: Mit dem
6. Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. Juni 1960 wurde
§ 130 StGB neu gefasst als „Volksverhetzung“:
„Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören
(1) die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er zum Hass
gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
(2) sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder
verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren
bestraft.“
Zugleich entfiel für Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener das
Antragserfordernis,
„wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer einer Gewalt- und
Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit
zusammen hängt.“ [49]
Leugnen des Holocaust war damit ein Offizialdelikt geworden. Die einfache Auschwitz-Lüge konnte nach § 189, die qualifizierte nach § 130 StGB von Amts wegen verfolgt werden. Der allgemein gefasste Begriff „Opfer einer Gewalt- und Willkürherrschaft“ in § 189 StGB bezog außer NS-Opfern auch Opfer des Stalinismus und der Vertreibungen ein, ein Punkt, auf den vor allem die CSU Wert gelegt hatte. Zwar machte die große Strafrechtsreform 1968 die Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener wieder zum Antragsdelikt, § 130 StGB wurde jedoch in der Fassung von 1960 belassen.
Wenn auch im Text des Gesetzes von 1960 nicht
ausdrücklich
genannt, so ging aus seinen Beratungen im Parlament klar hervor, dass
in der Neufassung des § 130 StGB mit den „Teilen der
Bevölkerung“ die Juden gemeint waren. Schon damals wurden daher
kritische Stimmen laut, auch von Seiten ehemaliger
Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, die die
Gesellschaft nicht aus der Pflicht für den Kampf gegen Neonazis
und Antisemiten entlassen und diesen nicht an Staatsanwälte und
Gerichte delegiert haben wollten. Bedenken kamen vereinzelt auch von
deutsch-jüdischer Seite, die nicht schon wieder durch
„Sonderrecht“—wenn auch diesmal in guter Absicht—von den Nichtjuden
abgegrenzt werden wollte.
Weitere Verschärfungen der Gesetzgebung ab 1985
In den nächsten Jahrzehnten reagierte der Deutsche
Bundestag,
irritiert durch das Fortdauern antisemitischer und
ausländerfeindlicher Umtriebe, mit Verschärfungen der
Gesetze. Anlass war meist ein bevorstehender runder Jahrestag des
Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager sowie die dazu
erwartete Aufmerksamkeit des Auslandes. Wenige Tage vor dem vierzigsten
Jahrestag des Kriegsendes 1985 wurde die einfache Auschwitz-Lüge
wieder Offizialdelikt. Das entsprechende
Strafrechtsänderungsgesetz war schon seit Beginn der 1980er Jahre
in Beratung gewesen, und zwar als Reaktion auf eine
höchstrichterliche Entscheidung in Sachen Auschwitz-Lüge. Am
18. September 1979 hatte der 6. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofes nämlich entschieden, dass Leugnen des
Holocaust jeden einzelnen in Deutschland lebenden Juden beleidige:
„Die historische Tatsache selbst, dass Menschen nach den
Abstammungskriterien der sog. Nürnberger Gesetze ausgesondert und
mit dem Ziel der Ausrottung ihrer Individualität beraubt wurden,
weist den in der Bundesrepublik lebenden Juden ein besonderes
personales Verhältnis zu ihren Mitbürgern zu . . .
Es gehört zu ihrem personalen Selbstverständnis, als
zugehörig zu einer durch das Schicksal heraus gehobenen
Personengruppe begriffen zu werden, der gegenüber eine besondere
moralische Verantwortlichkeit aller anderen besteht, und das Teil ihrer
Würde ist . . . Wer jene Vorgänge zu leugnen
versucht, spricht jedem einzelnen von ihnen diese persönliche
Geltung ab, auf die sie Anspruch haben. Für den Betroffenen
bedeutet das die Fortsetzung der Diskriminierung der Menschengruppe,
der er zugehört, und mit ihr unmittelbar seiner eigenen Person.“
[50]
Ausdrücklich stellte der BGH fest, dass dies auch für nach
Kriegsende geborene Juden sowie für Personen mit jüdischen
Vorfahren gelte. Der „besonderen moralischen Verantwortlichkeit aller
anderen“ trug der Gesetzgeber durch Ergänzung des § 194
StGB Rechnung. Fortan entfiel das Antragserfordernis zu
§§ 185 und 189 StGB, wenn der Beleidigte beziehungsweise
Verunglimpfte NS-Opfer ist oder war. Die Auschwitz-Lüge konnte
jetzt auf dreierlei Weise von Amts wegen verfolgt werden: als
Volksverhetzung (wie seither—aber nur, wenn qualifizierte
Auschwitz-Lüge vorlag), als Verunglimpfung des Andenkens
Verstorbener (wieder) oder als Beleidigung (neu).
Ein „glattes Missverstehen“ [51] des ersten „Deckert-Urteils“ des BGH vom Frühjahr 1994 [52] durch die Öffentlichkeit—man nahm irrtümlich an, der BGH habe entschieden, eine Auschwitz-Leugnung könne nicht bestraft werden—führte zu einem Aufruhr in den Medien und veranlasste die Legislative zu fieberhaften Aktivitäten. In Wirklichkeit hatte der BGH das Urteil der Tatsacheninstanz nur deswegen aufgehoben, weil diese zwar die einfache Auschwitz-Lüge nach § 185 StGB, nicht aber die qualifizierte nach § 130 Abs.1 (die empfindlicher zu bestrafen war) tatrichterlich festgestellt hatte. Als Reaktion wurde § 130 StGB mit dem am 28. Oktober 1994—ein Vierteljahr vor Beginn der Feierlichkeiten zum fünfzigsten Jahrestag der Befreiung von Auschwitz—verabschiedeten Verbrechensbekämpfungsgesetz erheblich erweitert. Die bis dahin geltende Fassung wurde zu Absatz 1. In einem neuen Absatz 2 wurden Herstellung, Verbreitung etc. von Schriften volksverhetzenden Inhalts pönalisiert, in Absatz 5 jedoch Ausnahmen hiervon bestimmt, etwa für Lehr- und Forschungszwecke. Ferner wurde ein neuer Absatz 3 eingefügt, nach dem jetzt die einfache Auschwitz-Lüge als Volksverhetzung mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug bestraft werden konnte — vorher waren das höchste Strafmaß für dieses Delikt zwei Jahre wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener gewesen. [53]
Obwohl von den Medien in ihrer großen Mehrheit
seinerzeit mit
Befriedigung registriert, erfährt diese Gesetzesregelung bis heute
auch Kritik von Personen, denen keinesfalls rechtsextreme oder
antisemitische Einstellungen nachgesagt werden können. So bemerkte
etwa der deutsch-jüdische Publizist Peter Sichrovsky sarkastisch:
„Der Staat greift ein zweites Mal ein, in der selben Sache. Einmal, um
Auschwitz aufzubauen und funktionieren zu lassen, und ein zweites Mal,
um den zu bestrafen, der behauptet, es hätte es nie gegeben. So
verteidigt der Staat seine Denkmäler.“ [54]
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. Januar 1998
äußerte sich Jürg Altwegg: „Eine Gesellschaft, welche
die Auschwitz-Lüge mit Paragraphen zu bekämpfen versucht,
dankt ab und beruhigt nur noch ihr Gewissen“, und Christian Bommarius
schrieb rückblickend am 27. April 2004 in der Berliner
Zeitung:
„Das Verbot der Auschwitz-Lüge ist bizarr. Nicht nur wird damit
die vermeintlich bekämpfte Diskriminierung der Juden auf subtile
Weise perpetuiert — in seiner Heimat vor antisemitischen Anwürfen
geschützt werden zu müssen ist nicht weniger demütigend
als die Anwürfe selbst . . . . Der Wahrheit des
Holocaust ist nicht gedient, wenn sie im Strafgesetzbuch steht und
nicht in den Köpfen der Bürger.“ [55]
Die Auschwitz-Lüge im Internet
Da die „Revisionisten“ seit Beginn der 1990er Jahre in steigendem Maße auch das Internet zur Verbreitung ihrer Ansichten nutzen, hat die deutsche Rechtsprechung in den letzten Jahren auch über die Landesgrenzen hinaus gegriffen. Der Bundesgerichtshof entschied 2000 im „Töben-Urteil“, dass auch Ausländer, die den Holocaust leugnende oder verharmlosende Texte ins Internet stellen, nach § 130 StGB zu verfolgen sind, selbst dann, wenn diese Handlung im Heimatland des Ausländers oder in dem Land, in dem sich der Server befindet, straffrei ist. [56] Die Bundesrepublik Deutschland hat damit im internationalen Recht einen Präzedenzfall geschaffen, auf den sich eines Tages auch weniger freiheitliche und demokratische Staaten berufen könnten, wenn sie ihre eigenen Staatsschutzvorschriften durch Texte, die ein Deutscher in Deutschland ins Internet stellt, verletzt sehen.
Von erheblich größerer Bedeutung für die Bekämpfung der Auschwitz-Lüge im Internet dürften die seit 2002 durch die Bezirksregierung Düsseldorf als Aufsichtsbehörde nach dem Mediendienste-Staatsvertrag (zwischen Bund und Ländern) und dem Teledienstgesetz erfolgten Sperrungsverfügungen rechtsextremistischer Internetseiten sein. Hierunter fallen auch „revisionistische“ Seiten. Sie zwingen alle deutschen Internet-Access-Provider, derartige Websites zu blockieren, so dass auf diese nicht von Deutschland aus zugegriffen werden kann. Wann und unter welchen Umständen auch das Verlinken zu Seiten mit nach § 130 StGB strafbaren Inhalten—also auch der Auschwitz-Lüge—strafbar und eine derartige Seite ebenfalls zu sperren ist, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Noch in der Testphase befinden sich Filtersysteme, die automatisch „problematische“ Inhalte des Internets, beispielsweise nach deutschen Gesetzen rechtswidrige oder jugendgefährdende Inhalte, für User in Deutschland sperren. Die Erfahrungen, die Länder wie China oder Saudi-Arabien mit derartigen Filtersystemen gemacht haben, zeigen, dass diese relativ unkompliziert einzusetzen und vor allem wirksam sind. Betroffen wären von Filtermaßnahmen auch Diskussionsforen, Blogs und E-mail-Korrespondenz. Einzig Hochschulen sollen sich ihnen durch Sondergenehmigungen entziehen können — eine Regelung, wie sie etwa in der DDR für den Zugang zu „westlichem“ Schriftgut galt. Für Journalisten, Medienschaffende oder nicht institutsgebundene Forscher sind keine Ausnahmen vorgesehen. [57]
Flankierend zu den Zugangsblockaden werden die Betreiber von Suchmaschinen, wie Yahoo und Google, dazu angehalten, die URLs inkriminierter Seiten nicht mehr anzuzeigen, denn „die Betreiber der Suchmaschinen sind Service-Provider und deshalb für die angezeigten Suchergebnisse rechtlich verantwortlich“, wie die Bezirksregierung Düsseldorf am 21. Oktober 2003 deutlich machte. [58] In derartigen Fällen erhält man bei Google.de folgenden Hinweis: „Aus Rechtsgründen hat Google n Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt.“ [59]
Der Ausschluss von Suchergebnissen zum Schutz der „geschichtlich anerkannten“ Wahrheit über den Holocaust hat jedoch bedenkliche Nebenwirkungen. So lieferte etwa eine Internet-Recherche mit Google.de am 12. Juli 2006 auf die Eingabe „Juden + Seife + Holocaust + Nazis“ unter den ersten 170 Treffern ca. 70 Websites, unter ihnen viele von Bildungseinrichtungen, auf denen als Tatsache hingestellt wird, die Deutschen/die Nazis hätten die Opfer des Holocaust zu Seife verkocht—eine erwiesen unwahre Behauptung. [60] Auf 33 Websites dieses Samples wurde dem widersprochen, [61] aber nur zwei (davon eine gebührenpflichtige) wurden angezeigt, die übrigen 31 „aus Rechtsgründen entfernt“. So weit in Erfahrung zu bringen war, [62] mit Bezug auf § 130 StGB oder das Jugendschutzgesetz und vermutlich wegen „revisionistischer“ Inhalte. Wer das Internet als kostenfreie Informationsquelle nutzt—und das sind in steigender Zahl Jugendliche und Lehrer—hat also in Deutschland nur eine Chance von etwa 1:70, die „geschichtlich anerkannte“ Wahrheit über die „Judenseife“ zu erfahren.
Die oben erwähnten Maßnahmen zur Kontrolle und teilweisen Blockade des Internet sind erwartungsgemäß im Lande auf scharfe Kritik gestoßen. Sie kollidieren zweifelsohne mit der in Art. 5 (1) GG garantierten Informationsfreiheit: dem Recht des Bürgers, „sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ Diese ist aber wie die Meinungsfreiheit kein absolutes Rechtsgut, und Art. 5 (2) GG zeigt wiederum auf, wo sie ihre Schranken findet. Das Bundesverfassungsgericht, das mit Sicherheit eines Tages in der Frage der Kontrolle und Blockade des Zugangs der Bürger zum Internet entscheiden wird, wird es hier nicht leicht haben, da das Internet, eher Telefon oder Briefpost vergleichbar, in erster Linie ein Mittel der Kommunikation ist: der User ist in der Regel aktiv beteiligt—man denke etwa an Diskussionsforen, Chatrooms oder E-mail-Korrespondenz—im Gegensatz zum passiven Fernsehzuschauer, Radiohörer oder Leser eines Buches.
Die schärfste Kritik kommt daher auch von Seiten
derer, denen
das Internet als Informations- und Kommunikationsmedium unverzichtbar
und Teil ihres Lebensstils geworden ist. Die User-Gemeinde spricht
unverhohlen von „Zensur“—die ja nach Art. 5 (1) Satz 3
GG „nicht stattfindet“—und fühlt sich an das Verbot des
Hörens von „Feindsendern“ unseligen Angedenkens erinnert. [63]
Die Menschenrechtsorganisation Reporter
ohne Grenzen kritisiert nicht
nur Länder wie China oder Iran wegen der dort ausgeübten
offenen Internet-Zensur, sondern sieht auch die Entwicklungen in den
Ländern der Europäischen Union als „very disturbing“ und als
Angriff auf die Persönlichkeitsrechte der User. [64] Die
Bezirksregierung Düsseldorf hält dem jedoch kategorisch
entgegen: „Sperrungen von unzulässigen Internet-Angeboten haben
nichts mit . . . Zensurmaßnahmen zu tun,“ und stellt
ihre Kritiker ins moralisch-intellektuelle Abseits:
„Es dürfte Ausdruck einer Unschärfe im
Differenzierungsvermögen mancher Diskussionsteilnehmer sein, hier
Parallelen zu den Diktaturen in Iran oder China zu konstruieren.“ [65]
„Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!“ [66]
Die bisher letzte Verschärfung erfuhr
§ 130 StGB zu
Beginn des Jahres 2005. Die Angst der Politiker,
„zum sechzigsten Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 2005
. . . am Fernsehschirm erleben zu müssen, wie Kolonnen
stiernackiger Neonazis sich vor dem Holocaust-Mahnmal zusammen rotten
und grölend durch das Brandenburger Tor marschieren“, [67]
veranlasste die Bundesregierung, am 11. Februar 2005 einen
Gesetzesentwurf einzubringen, der im Wesentlichen vorsah,
§ 130 um einen neuen Absatz 4 zu ergänzen:
„(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen
Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung die
nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft verherrlicht
oder verharmlost.“ [68]
Die am 24. März 2005 mit dem Gesetz zur Änderung des
Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches verabschiedete Fassung
von § 130 Abs.4 StGB weicht nur geringfügig in der
Wortwahl, nicht aber im Inhalt von der Regierungsvorlage ab. [69]
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) machte vor
dem
Bundestag deutlich, worum es hier ging:
„Die Verschärfung des Strafrechts [soll] nicht zuletzt ein Signal
vor allem an junge Menschen sein. Das Strafrecht zieht eine klare
Grenze zwischen dem, was erlaubt ist, und dem, was verboten ist
. . . . Die Neuregelung schließt . . .
eine Gesetzeslücke: Nach § 130 Absatz 3 der
geltenden Fassung ist nur das Billigen, Leugnen oder Verharmlosen von
unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlungen der
in § 6 Völkerstrafgesetzbuch bezeichneten Art
(Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit)
strafbewehrt.
Durch die Neuregelung werden nunmehr auch schwere Unrechtshandlungen
erfasst, die unterhalb der Schwelle von Völkermord und Verbrechen
gegen die Menschlichkeit liegen.“ [70]
Verharmlosen, so die Ministerin, liege etwa vor, wenn
NS-Unrechtshandlungen als „alltägliche Verhaltensformen“
bezeichnet würden, und als Verherrlichen gelte beispielsweise, in
der Schilderung dieser Handlungen und ihrer Verantwortungsträger
„positive Wertakzente zu setzen.“ [71]
Die ausgesprochen dehnbaren Begriffe „Verherrlichen“ und
„Verharmlosen“ riefen Kritiker aus dem liberalen Lager auf den Plan.
Die F.D.P.-Politikerin und ehemalige Justizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger sprach von „einer katastrophalen
Entwicklung“, weil mit den Verschärfungen gegenüber
früher nicht mehr abgrenzbar sei, „was noch eine zulässige
Meinungsäußerung ist und was nicht.“ Die Bürger
wüssten nicht mehr, „wozu sie etwas sagen dürfen und wozu
nicht.“ [72] Der Jurist
Günter Bertram sah die
verfassungsrechtliche Seite der Neuregelung höchst kritisch: „Es
ist müßig zu prüfen, ob Absatz 4 auch bei
äußerst restriktiver Auslegung seines Wortlauts als noch
verfassungskonform zu retten wäre.“ [73]
Trends und Perspektiven
Die seit langem in Deutschland zu beobachtende Verschärfung und Intensivierung repressiver Maßnahmen im Zusammenhang mit der Auschwitz-Lüge wird seit Jahrzehnten begründet mit dem Hinweis auf „das weitere Anwachsen politisch motivierter Kriminalität von Rechts“ und die darauf zu erwartenden Reaktionen „des Auslandes“—genauer gesagt, der dortigen Medien, insbesondere in den USA und Israel. [74] Extrapolation des bisherigen Trends lässt vermuten, dass der Begriff des „Verharmlosens von Auschwitz“ in Zukunft weiter ausgedehnt und damit der Tatbestand der Auschwitz-Lüge erweitert wird. So könnte als Verharmlosen strafbar werden eine als missbräuchlich angesehene Verwendung des Begriffs „Holocaust“, etwa wenn die Araberpolitik Israels mit der Judenpolitik Nazideutschlands verglichen wird [75] oder US-Präsident Bush mit Adolf Hitler, [76] aber auch wenn Rechtsradikale die Bombardierungen Dresdens, Tokios oder Hiroshimas durch die Alliierten als „Bomben-Holocaust“ bezeichnen oder wenn Tierrechtsaktivisten vom „Holocaust auf Deinem Teller“ sprechen.
In erster Linie wäre hier jedoch an Fälle zu
denken, die
in letzter Zeit öffentliche Empörung auslösten, jedoch
ohne strafrechtliche Konsequenzen für die Auslöser blieben:
Bei der Schilderung bestimmter Ereignisse werden Auschwitz oder der
Holocaust nicht erwähnt, obwohl es—nach Meinung der Kritiker—nach
dem geschichtlichen Zusammenhang geboten gewesen wäre. Dies sei im
Folgenden als „implizite Auschwitz-Lüge“ bezeichnet. Zwei
Beispiele mögen dies erläutern:
Martin Walser schreibt einen Roman über eine jüdische Familie
aus Landsberg an der Warthe, die sich über Generationen hinweg
bemüht, durch Taufe, Heirat und Leistung dem ostjüdischen
Schicksal zu entkommen und Deutsche zu werden, sich ganz und gar zu
assimilieren. Dass in dem Buch Auschwitz nicht erwähnt wird, wird
dem Autor von der Kritik als „schweres Versagen“, als „Verharmlosung
von Auschwitz“ vorgeworfen. [77]
Horst O., Heimatvertriebener, beklagt in einem Leserbrief an eine
Lokalzeitung, die „polnischen und tschechischen Vertreibungsverbrechen“
würden von deutschen Politikern „verharmlost oder gar falsch
dargestellt.“ Zeitungsleser G. wirft O. vor, nicht an den Holocaust
erinnert zu haben, der den Vertreibungen voran gegangen sei. O. „leugne
den Holocaust“, indem er ihn „mit keinem Wort erwähne.“ G.
erfährt hierzu breite Zustimmung im „Jüdischen Forum“. [78]
Als implizite Auschwitz-Lüge könnte auch das Bestreiten der Alleinschuld Deutschlands an beiden Weltkriegen, insbesondere des Zweiten, strafbar werden, eventuell sogar als Straftatbestand in § 130 StGB integriert werden. Dem steht zwar noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 („Walendy-Urteil“) [79] entgegen, das diese jedoch zu gegebener Zeit aufheben könnte. Denn je mehr den „Revisionisten“ die Argumentationsschiene „Auschwitz“ blockiert wird, desto intensiver werden sie die „Kriegsschuld-Lüge“ zum Thema ihrer Agitation machen, um ihr vorrangig politisches Ziel zu erreichen: Deutschland von der historischen Schuld der NS-Verbrechen rein zu waschen, Hitler und den Nationalsozialismus zu rehabilitieren. [80]
Auch die Kontrolle des Internet und seiner User dürfte in Zukunft erheblich intensiviert werden, etwa durch Filtersysteme, wie sie mit Erfolg schon in vielen Staaten der Welt eingesetzt werden, auch in solchen, die als „demokratisch“ oder zumindest als „westlich orientiert“ gelten, wie etwa Tunesien, Marokko oder Saudi-Arabien. Hiermit würden nicht nur Auschwitz leugnende Inhalte blockiert. Auch wer diese verfasst, verbreitet oder vom Web herunter lädt, [81] wäre lokalisierbar und könnte somit einer Strafverfolgung nach § 130 StGB zugeführt werden. [82] Flankierend ist in der schulischen und Erwachsenenbildung eine Intensivierung der Holocaust-Erziehung vorgesehen, welche nach kürzlich in Berlin und Hessen vorgestellten Modellen schon in der Grundschule beginnen soll, also bei den Acht- bis Neunjährigen. [83]
Anzunehmen ist nach allen bisherigen Erfahrungen, dass in Deutschland die Bekämpfung von Rechtsradikalismus, Antisemitismus und der Auschwitz-Lüge im Grunde mit den selben Mitteln wie bisher geführt werden wird. Eigenartigerweise hat sich jedoch bisher niemand um den Nachweis der Effektivität dieser Maßnahmen bemüht, obwohl Zweifel an deren Wirksamkeit nicht unbegründet erscheinen. So berichten etwa Geschichtslehrer regelmäßig, daß vor allem ältere Schüler sowie Studenten oft deutliches Desinteresse an „Auschwitz“ zeigen und dies damit begründen, sie seien in der Schule mit Holocaust-Erziehung „überfüttert“ worden. [84] Im Bereich des Straf- und Versammlungsrechts läuft möglicherweise sogar ein eskalierender Prozess ab: Mit der Ausweitung der für strafbar erklärten Tatbestände und der Intensivierung von Überwachung und Strafverfolgung erhöht sich zwangsläufig die Zahl der in der Kriminalitätsstatistik erfassten Straftaten, was wiederum die Politiker geneigt macht, die Straftatbestände noch mehr auszuweiten und die Repression zu forcieren.
Es fehlt ohnehin auch ein empirisch abgesicherter Nachweis, dass die Strafverfolgung der Auschwitz-Lüge—wie vom Gesetzgeber erhofft [85]—auch generalpräventiv auf Rekrutierung und öffentliches Auftreten der rechtsradikalen Szene wirkt. Diese scheint sich eher aus dem Reservoir der „Modernisierungsverlierer“ zu ergänzen, die vom Prozess der Globalisierung ihre soziale Deklassierung befürchten und in der multikulturellen Gesellschaft ihre Identität als Deutsche bedroht sehen. „Auschwitz“ interessiert sie im Grunde nicht. Sie wissen aber sehr wohl, dass sie durch eine Regelverletzung im Umgang mit „Auschwitz“ die politische Klasse, von der sie sich im Stich gelassen fühlen, provozieren können.
Die Situation im Nachbarland Frankreich, wo auf der
Grundlage der
Loi Gayssot von 1990 die Auschwitz-Lüge nicht minder unnachsichtig
verfolgt wird wie in Deutschland, könnte eine Warnung sein. Die
vom amerikanischen Rechtslehrer Robert A. Kahn beobachtete Tendenz der
dortigen Gerichte, „[to go] further and further in prosecuting marginal
cases of Holocaust denial“ [86],
führte nicht zur
Eindämmung des Antisemitismus. Sie forderte im Gegenteil erstmals
auf breiter Front Zweifel an der offiziellen Lesart des Holocaust
heraus und führte zu einer Ablehnung des „staatlich verordneten
Philosemitismus“ durch weite Kreise der Bevölkerung, [87] die am
Ende in antijüdische und islamistische Gewaltakte mündete,
welche Ende 2005 alle französischen Großstädte
erfassten.
Das Dilemma der Strafverfolgung der Auschwitz-Lüge: Irving vs. Mohammed
Der grundsätzliche Konflikt, in dem sich die Rechtsprechung westlicher Länder zur Auschwitz-Lüge befindet, wurde weltweit deutlich, als am 20. Februar 2006 das Urteil im Wiener Irving-Prozess verkündet wurde. [88] Die Urteilsverkündung fiel zeitlich mit dem Höhepunkt des Streites um die Veröffentlichung von Karikaturen des Propheten Mohammed in der Presse westlicher Länder zusammen, eine Handlung, die in etlichen muslimischen Ländern als Staatsschutzdelikt hart zu bestrafen gewesen wäre. Muslimische Kommentatoren in aller Welt warfen dem Westen, insbesondere Österreich, Deutschland und Frankreich, „doppelte Moral“ vor: Bei euch wird die Auschwitz-Lüge als Beleidigung aller Juden und als Angriff auf die Fundamente eures Staates und eurer Gesellschaft streng bestraft, die Propheten-Karikaturen, die alle Muslime beleidigen und die wir als Angriff auf die Fundamente unseres Staates und unserer Gesellschaft sehen, verteidigt ihr jedoch vehement mit Hinweis auf das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit.
Keine Seite vermochte die andere mit ihren Argumenten zu überzeugen. Die Debatte um die Propheten-Karikaturen hat jedoch das Nachdenken über Sinn und Unsinn einer strafrechtlichen Verfolgung der Auschwitz-Lüge über sechzig Jahre nach Kriegsende auch in Deutschland und Österreich angestoßen. Sicher, es gibt nur wenige historische Ereignisse, die so gut und umfassend dokumentiert sind wie der Holocaust, und wer ihn ganz oder in Teilen leugnet, wird zu Recht als Dummkopf angesehen, auch wenn er sich „wissenschaftlich“ gibt wie die „Revisionisten“. Nicht wenige Historiker und Rechtswissenschaftler in Deutschland und Österreich sind sich mit den Liberalen in aller Welt darin einig, dass man Auschwitz-Leugner im Grunde behandeln sollte wie UFO-Gläubige, Kreationisten oder Däniken-Anhänger: sie mit ihren abstrusen Gedanken sich selbst überlassen. Die Wahrheit hat sich letzten Endes immer stärker als die Lüge erwiesen, Verbote machen eine Sache nur interessant, und Strafverfolgung produziert nur allzu leicht Märtyrer. [89]
Andererseits wissen dieselben Historiker und Juristen aber auch, dass auf ihren Ländern der Schatten der NS-Vergangenheit mit dem Menschheitsverbrechen Holocaust lastet, und das wahrscheinlich noch für Jahrzehnte. Ein Verzicht auf Strafverfolgung der Auschwitz-Lüge würde nicht als Ausdruck einer freiheitlich-selbstbewussten Gesellschaft aufgefasst werden, die mit einem gewissen Prozentsatz an Querköpfen zu leben gelernt hat, sondern als Zeichen, man wolle nicht ernsthaft gegen rechtsradikale und antisemitische Tendenzen im eigenen Lande vorgehen. [90] Dies kann sich—aus außenpolitischen Gründen—keiner der beiden Staaten leisten. Es wird wohl noch sehr viel Wasser die Donau und die Spree hinunter fließen müssen, bis beide Länder ihre Gesetze gegen die Auschwitz-Lüge liberalisieren oder gar abschaffen können. Im Moment weht der Zeitgeist eher in entgegen gesetzter Richtung.
Anhang I:
Der Wortlaut des § 130 Strafgesetzbuch im Wandel der Zeit
1871:
§ 130 Anreizung zum
Klassenkampf (Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871)
Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise
verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten
gegeneinander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe oder mit
Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft.
1960:
§ 130 Volksverhetzung (in
der Fassung des 6. Strafrechtsänderungsgesetzes vom
30. Juni 1960 {BGBl I, S. 478})
Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er
1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt,
2. zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
3. sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder
verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
bestraft.
1994:
§ 130 Volksverhetzung (in
der Fassung des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom
28. Oktober 1994 {BGBl I, S. 3186})
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden
zu stören,
1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu
Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der
Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder
verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer
1. Schriften (§ 11 Abs. 3), die zum Hass gegen Teile der
Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse
oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die
Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der
Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft,
böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
a) verbreitet,
b) öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst
zugänglich macht,
c) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt
oder zugänglich macht oder
d) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet,
ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen
unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der
Buchstaben a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche
Verwendung zu ermöglichen, oder
2. eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk
verbreitet.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 220a Abs. 1 bezeichneten Art
in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu
stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet
oder verharmlost.
(4) Absatz II gilt auch für Schriften (§ 11
Abs. 3) des in Absatz 3 bezeichneten Inhalts.
(5) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit
Absatz 4, und in den Fällen des Absatzes 3 gilt
§ 86 Abs. 3 entsprechend.
2005:
Beabsichtigte Änderung des
§ 130 StGB Volksverhetzung (durch die Regierungsfraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 15. Februar 2005
in den Bundestag eingebrachter Entwurf zur Änderung des
Strafgesetzbuches {Deutscher Bundestag 15. Wahlperiode, Drucksache
15/4832, S. 2} — Auszug)
§ 130 des Strafgesetzbuches . . . wird wie folgt
geändert:
Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer in einer Weise, die geeignet ist, den
öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer
Versammlung eine Handlung im Sinne von § 6 Abs. 1 des
Völkerstrafgesetzbuches,
1. die unter der nationalsozialistischen Gewalt- und
Willkürherrschaft begangen wurde, billigt, rechtfertigt, leugnet
oder verharmlost oder
2. die unter einer anderen Gewalt- und Willkürherrschaft begangen
wurde, soweit die Handlung durch die rechtskräftige Entscheidung
eines internationalen Gerichts, dessen Zuständigkeit die
Bundesrepublik Deutschland anerkannt hat, festgestellt ist, billigt,
rechtfertigt, leugnet oder gröblich verharmlost.“
2005:
§ 130 Volksverhetzung (in
der Fassung auf Grund des Gesetzes zur Änderung des
Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches vom 24. März
2005 {BGBl I, S. 969}, mit vorhergehenden Änderungen
durch Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes zur Einführung des
Völkerstrafgesetzbuches vom 26. Juni 2002 {betrifft
Abs. 3; BGBl I, S. 2254} sowie durch das
Sexualdeliktsänderungsgesetz vom 27. Dezember 2003 {betrifft
Abs. 2 Nr. 2; BGBl I, S. 3007}, in Kraft ab
1. April 2005)
(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden
zu stören,
1. zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu
Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er Teile der
Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder
verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
bestraft.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer
1. Schriften (§ 11 Abs. 3), die zum Hass gegen Teile der
Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse
oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln, zu Gewalt- oder
Willkürmaßnahmen gegen sie auffordern oder die
Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der
Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft,
böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
a) verbreitet,
b) öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst
zugänglich macht,
c) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt
oder zugänglich macht oder
d) herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet,
ankündigt, anpreist, einzuführen oder auszuführen
unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der
Buchstaben a bis c zu verwenden oder einem anderen eine solche
Verwendung zu ermöglichen, oder
2. eine Darbietung des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts durch Rundfunk,
Medien- oder Teledienste verbreitet.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 des
Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art in einer Weise, die
geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder
verharmlost.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird
bestraft, wer öffentlich oder in einer Versammlung den
öffentlichen Frieden in einer die Würde der Opfer
verletzenden Weise dadurch stört, dass er die
nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt,
verherrlicht oder rechtfertigt.
(5) Absatz 2 gilt auch für Schriften (§ 11
Abs. 3) des in den Absätzen 3 und 4 bezeichneten
Inhalts.
(6) In den Fällen des Absatzes 2, auch in Verbindung mit
Absatz 5, und in den Fällen der Absätze 3
und 4 gilt § 86 Abs. 3 entsprechend.
Anhang II:
Gesetzesvorschriften, auf die § 130 StGB n.F. Bezug nimmt (Auszüge)
§ 11
Strafgesetzbuch:
Personen- und Sachbegriffe
(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
6. Unternehmen einer Tat:
deren Versuch und deren Vollendung;
(3) Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher,
Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich,
die auf diesen Absatz verweisen.
§ 86
Strafgesetzbuch:
Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen
(3) Absatz 1 [Strafbarkeit; J.N.] gilt nicht, wenn das
Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen
Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst
oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der
Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der
Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.
§ 226
Strafgesetzbuch:
Schwere Körperverletzung
(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, dass die verletzte Person
1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das
Gehör, das Sprechvermögen oder die
Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht
mehr gebrauchen kann oder
3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum,
Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
§ 6
Völkerstrafgesetzbuch: Völkermord (ersetzt § 220a
StGB a.F.)
(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder
ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
1. ein Mitglied der Gruppe tötet,
2. einem Mitglied der Gruppe schwere körperliche oder seelische
Schäden, insbesondere der in § 226 des Strafgesetzbuches
bezeichneten Art, zufügt,
3. die Gruppe unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, ihre
körperliche Zerstörung ganz oder teilweise
herbeizuführen,
4. Maßregeln verhängt, die Geburten innerhalb der Gruppe
verhindern sollen,
5. ein Kind dieser Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe
überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
Anhang III:
Andere Gesetzesvorschriften im Zusammenhang mit der Ahndung der „Auschwitz-Lüge“ (Stand Juli 2006)
Grundgesetz für
die
Bundesrepublik Deutschland (Auszug) - Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei
zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die
Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk
und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der
allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der
Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit
der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Strafgesetzbuch
§ 74d:
Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung (Auszug)
(1) Schriften (§ 11 Abs.3), die einen solchen Inhalt haben,
dass jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den
Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden
eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat
verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird
angeordnet, dass die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder
bestimmten Vorrichtungen, wie Platten, Formen, Drucksätze,
Druckstöcke, Negative oder Matrizen, unbrauchbar gemacht worden
sind.
(2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im
Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden
Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten
durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden
sind.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften (§ 11 Abs.3),
die einen solchen Inhalt haben, dass die vorsätzliche Verbreitung
in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände
den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde
. . .
(4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich,
wenn eine Schrift (§ 11 Abs.3) oder mindestens ein Stück
der Schrift durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in
anderer Weise öffentlich zugänglich gemacht wird
. . . .
Strafgesetzbuch
§ 185:
Beleidigung
Die Beleidigung wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe und, wenn diese Beleidigung mittels einer Tätlichkeit
begangen wird, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Geldstrafe bestraft.
Strafgesetzbuch
§ 189:
Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener
Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Strafgesetzbuch
§ 194:
Strafantrag (Auszug)
(1) Die Beleidigung wird nur auf Antrag verfolgt. Ist die Tat durch
Verbreiten oder öffentliches Zugänglichmachen einer Schrift
(§ 11 Abs.3), in einer Versammlung oder durch eine Darbietung
im Rundfunk begangen, so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der
Verletzte als Angehöriger einer Gruppe unter der
nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und
Willkürherrschaft verfolgt wurde, diese Gruppe Teil der
Bevölkerung ist und die Beleidigung mit dieser Verfolgung
zusammenhängt . . .
(2) Ist das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, . . .
so ist ein Antrag nicht erforderlich, wenn der Verstorbene sein Leben
als Opfer der nationalsozialistischen oder einer anderen Gewalt- und
Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit
zusammenhängt . . . .
Strafprozessordnung
§ 244
(Auszug)
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von
Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die
für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises
unzulässig ist. Im übrigen darf ein Beweisantrag nur
abgelehnt werden, wenn eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit
überflüssig ist, wenn die Tatsache, die bewiesen werden soll,
für die Entscheidung ohne Bedeutung oder schon erwiesen ist, wenn
das Beweismittel völlig ungeeignet oder unerreichbar ist, wenn der
Antrag zum Zweck der Prozessverschleppung gestellt
ist . . .
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann,
soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das
Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt . . .
Jugendschutzgesetz
§ 15:
Jugendgefährdende Trägermedien [91] (Auszug)
(1) Trägermedien, deren Aufnahme in die Liste
jugendgefährdender Medien . . . bekannt gemacht ist,
dürfen nicht
1. einem Kind oder einer jugendlichen Person angeboten, überlassen
oder sonst zugänglich gemacht werden,
2. an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen zugänglich ist oder
von ihnen eingesehen werden kann, ausgestellt, angeschlagen,
vorgeführt oder sonst zugänglich gemacht werden,
3. im Einzelhandel außerhalb von Geschäftsräumen, in
Kiosken oder anderen Verkaufsstellen, die Kunden nicht zu betreten
pflegen, im Versandhandel oder in gewerblichen Leihbüchereien oder
Lesezirkeln einer anderen Person angeboten oder überlassen werden,
4. im Wege gewerblicher Vermietung oder vergleichbarer gewerblicher
Gewährung des Gebrauchs, ausgenommen in Ladengeschäften, die
Kindern und Jugendlichen nicht zugänglich sind und von ihnen nicht
eingesehen werden können, einer anderen Person angeboten oder
überlassen werden,
5. im Wege des Versandhandels eingeführt werden,
6. öffentlich an einem Ort, der Kindern oder Jugendlichen
zugänglich ist oder von ihnen eingesehen werden kann, oder durch
Verbreiten von Träger- oder Telemedien außerhalb des
Geschäftsverkehrs mit dem einschlägigen Handel angeboten,
angekündigt oder angepriesen werden,
7. hergestellt, bezogen, geliefert, vorrätig gehalten oder
eingeführt werden, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im
Sinne der Nummern 1 bis 6 zu verwenden oder einer anderen Person eine
solche Verwendung zu ermöglichen.
(2) Den Beschränkungen des Absatzes 1 unterliegen, ohne dass
es einer Aufnahme in die Liste und einer Bekanntmachung bedarf, schwer
jugendgefährdende Trägermedien, die
1. einen der in . . . § 130 . . . des
Strafgesetzbuches bezeichneten Inhalte haben,
. . . .
United Nations Convention on the Prevention and Punishment of the Crime of Genocide; December 9, 1948 (Extract)
Article 1
The Contracting Parties confirm that genocide, whether committed in
time of peace or in time of war, is a crime under international law
which they undertake to prevent and to punish.
Article 2
In the present Convention, genocide means any of the following acts
committed with intent to destroy, in whole or in part, a national,
ethnical, racial or religious group, as such
(a) Killing members of the group;
(b) Causing serious bodily or mental harm to members of the group;
(c) Deliberately inflicting on the group conditions of life calculated
to bring about its physical destruction in whole or in part;
(d) Imposing measures intended to prevent births within the group;
(e) Forcibly transferring children of the group to another group.
Anhang IV:
Strafgesetzbuch § 131 alte Fassung:
(Die nachstehend kursiv gesetzten Textteile wurden mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 ersatzlos gestrichen, der Tatbestand in den § 130 n.F. integriert.)
Gewaltdarstellung ; Aufstachelung zum Rassenhass
(gültig bis Ende Oktober 1994)
(1) Wer Schriften (§ 11 Abs.3), die zum Rassenhass aufstacheln oder
die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen
Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder
Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die
das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die
Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,
1. verbreitet,
2. öffentlich ausstellt, anschlägt, vorführt oder sonst
zugänglich macht,
3. einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt
oder zugänglich macht oder
4. herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet,
ankündigt, anpreist, in den
räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes einzuführen
oder daraus auszuführen
unternimmt, um sie oder aus ihnen gewonnene Stücke im Sinne der
Nummern 1 bis 3 zu verwenden oder einem anderen eine solche
Verwendung zu ermöglichen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Darbietung des in Absatz 1
bezeichneten Inhalts durch Rundfunk verbreitet.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, wenn die Handlung
der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder
der Geschichte dient.
(4) Absatz 1 Nr.3 ist nicht anzuwenden, wenn der zur Sorge
für die Person Berechtigte handelt.
Anhang V:
Aus dem Strafgesetzbuch der
Deutschen Demokratischen Republik vom 12. Januar 1968
§ 92: Faschistische
Propaganda, Völker- und Rassenhetze
(1) Wer faschistische Propaganda, Völker- oder Rassenhetze treibt,
die geeignet ist, zur Vorbereitung oder Begehung eines Verbrechens
gegen die Menschlichkeit aufzuhetzen, wird mit Freiheitsstrafe von zwei
bis zu zehn Jahren bestraft.
. . . .
(Mit Gesetz vom 29 Juni 1990 wurde „faschistische“ ersetzt durch
„nationalsozialistische“.)
§ 106:
Staatsfeindliche
Hetze (bis 28. Juni 1979 gültige Fassung)
(1) Wer mit dem Ziel die sozialistische Staats- oder
Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu
schädigen oder gegen sie aufzuwiegeln,
. . . .
4. den Faschismus oder Militarismus verherrlicht, wird mit
Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
. . . .
§ 106: Staatsfeindliche
Hetze (ab 28. Juni 1979 gültige Fassung)
(1) Wer die verfassungsmäßigen Grundlagen der
sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen
Demokratischen Republik angreift oder gegen sie aufwiegelt, indem er
. . . .
5. den Faschismus oder Militarismus verherrlicht oder Rassenhetze
treibt, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu acht Jahren bestraft.
. . . .
Durch Vertrag vom 18. Mai 1990 wurde der § 106 aufgehoben. Er wurde durch Gesetz vom 29. Juni 1990 neu gefasst als
§ 103:
Verherrlichung des
Nationalsozialismus und verfassungswidrige Diskriminierung
(1) Wer
1. öffentlich nationalsozialistisches Gedankengut vertritt
oder den Militarismus verherrlicht;
2. gegen nationale, ethnische, rassische oder religiöse
Gruppen hetzt, um die verfassungsmäßige Ordnung der
Deutschen Demokratischen Republik anzugreifen, wird mit Freiheitsstrafe
von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Der Versuch ist strafbar.
§ 140:
Beleidigung wegen
Zugehörigkeit zu einer anderen Nation oder Rasse
Wer einen Menschen wegen seiner Zugehörigkeit zu einem anderen
Volk, einer anderen Nation oder Rasse beleidigt oder verleumdet, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, Verurteilung auf
Bewährung, Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.
§ 146:
Verbreitung von
Schund- und Schmutzerzeugnissen
(1) Wer Kinder oder Jugendliche dadurch gefährdet, dass er Schund-
und Schmutzerzeugnisse herstellt, einführt oder verbreitet, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Verurteilung auf
Bewährung oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) . . . .
(3) Schund- und Schmutzerzeugnisse sind Drucke oder ähnliche
Erzeugnisse, die geeignet sind, bei Kindern und Jugendlichen Neigungen
zu Rassen- und Völkerhass, Grausamkeit, Menschenverachtung,
Gewalttätigkeit oder Mord oder anderen Straftaten sowie
geschlechtliche Verirrungen hervorzurufen.
§ 215:
Rowdytum
(1) Wer sich an einer Gruppe beteiligt, die aus Missachtung der
öffentlichen Ordnung . . . Gewalttätigkeiten,
Drohungen oder grobe Belästigungen gegenüber Personen oder
böswillige Beschädigungen von Sachen oder Einrichtungen
begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit
Haftstrafe bestraft.
Anmerkungen
[*] Der
Verfasser ist
Herrn
Staatsanwalt Thomas Schuster, Ansbach,
für die kritische Durchsicht der Erstfassung des Manuskripts und
viele wertvolle Hinweise zu großem Dank verpflichtet.
[1] Der
Begriff „Auschwitz-Lüge“ geht auf den Titel einer
auch international weit verbreiteten NS-apologetischen Schrift
zurück (Thies Christophersen, Die
Auschwitz-Lüge, Mohrkirch
1973), deren Verfasser, ein ehemaliger SS-Mann, die Aussage, in
Auschwitz seien Juden vergast worden, als „Lüge“ hinstellte.
Angesichts der historisch belegten Fakten erweist sich diese Behauptung
jedoch als die eigentliche „Auschwitz-Lüge“. In dieser gewandelten
Bedeutung hat sich der Begriff—trotz seiner dubiosen Herkunft—in vielen
Ländern im juristischen und parlamentarischen Sprachgebrauch
für alle Formen der Leugnung, Rechtfertigung und Verharmlosung des
Holocaust eingebürgert. Siehe auch Enzyklopädie des
Holocaust. Deutsche Ausgabe, München und Zürich o.J.
[1998],
Stichwort „Auschwitzlüge“.
[2] Australien,
Belgien, Deutschland, Frankreich, Holland,
Israel, Kanada, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Monaco, Neuseeland,
Österreich, Polen, Portugal, Tschechien, Rumänien, Schweiz,
Slowakei und Spanien.
[3] Die jeweils
aktuellen Fassungen deutscher Gesetze können
im Internet auf der vom Bundesjustizministerium administrierten Website
http://bundesrecht.juris.de
abgerufen werden.
[4] Inhaltlich
identisch mit Art. 2 der UN
Convention on the
Prevention and Punishment of the Crime of Genocide vom
9. Dezember
1948.
[5] „Unter
Völkermord fällt . . . auch die
systematische Vernichtung von Sinti und Roma.“ Bundestagsdrucksache
12/7421 vom 27. April 1994, S. 5.
[6] Siehe
etwa
Winfried Brugger, The Treatment of Hate Speech in
German Constitutional Law, in: German
Law Journal Vol. 3
No. 12 (2002), Part I, und Vol. 4 No. 1 (2003),
Part II, hier: Zi. 62 und 63.
[7] Da bei
diesen
angenommen werden kann, sie wollten die Schrift
(§ 11 Abs.3 StGB) verbreiten.
[8] Ministerium
der
Justiz [des Landes Rheinland-Pfalz], Recht
gegen Extremisten. Was jeder gegen Extremisten tun kann, Mainz
o.J.,
S. 2.
[9] Siehe
hierzu etwa
das BGH-Urteil im Fall Latussek -
2 StR 365/04 - vom 22. Dezember 2004.
[10] Ebenda.
[11]
„Geschützt wird durch das Verbot der so genannten
Auschwitz-Lüge . . . ein Rechtsgut, das in der
Rechtsgeschichte demokratischer Staaten bis dahin aus guten
Gründen unbekannt war: das staatlich verfügte
Geschichtsbild.“ Christian Bommarius, Deutscher Denkmalschutz, in:
Berliner Zeitung v.
27. April 2004, S. 4.
[12] Ein
Begriff
aus der ständigen Rechtsprechung des BGH.
Siehe etwa Urteil 2 StR 365/04 vom 22. Dezember 2004
(„Latussek-Urteil“).
[13] So hat
der
linksliberale Publizist Fritjof Meyer 2002 in
einem Artikel für die angesehene Zeitschrift Osteuropa die Zahl
der Toten von Auschwitz zu etwas über einer halben Million
berechnet, also deutlich niedriger als die heute allgemein anerkannte
Zahl von ca. 1 bis 1,2 Millionen (Franciszek Piper, Die Zahl
der Opfer von Auschwitz. Aufgrund der Quellen und der Erträge der
Forschung 1945 bis 1990, Oświęcim 1993, S 167). Die
Kontroverse um
Meyers Artikel, die (bisher) außerhalb des Gerichtsaals
stattfand, ist dokumentiert in: Informationsdienst gegen
Rechtsextremismus, Die Kontroverse
um Fritjof Meyers Artikel in
„Osteuropa“, 2004,
http://www.idgr.de/texte/geschichte/ns-verbrechen/fritjof-meyer/index.php.
Letzter Zugriff 12. Juli 2006.
[14] „Steht
eine
relativierende Ausdrucksweise in Rede, ist der
inhaltliche Gesamtaussagewert der Äußerung aus Sicht eines
verständigen Zuhörers oder Lesers durch genaue Textanalyse
unter Berücksichtigung der Begleitumstände zu ermitteln“
(1 StR 502/99 – Urteil vom 6. April 2000).
[15]
Ausführlich hierzu etwa Stefan Huster, Das Verbot der
,Auschwitzlüge‘, die Meinungsfreiheit und das
Bundesverfassungsgericht, in: Neue
Juristische Wochenschrift 1996,
S. 481 ff., oder Brugger, Hate
Speech.
[16] Siehe
hierzu
etwa Huster, Verbot.
[17]
Bekannter
rechtsextremer, antisemitischer Slogan, hier
zitiert nach: Harry H. Kalinowsky, Antisemitismus und Strafrecht, in:
Antisemitismus und
Fremdenfeindlichkeit: Herausforderung für die
Demokratie, Bonn 1995, S. 91-109, hier S. 93.
[18]
Äußerungen dieser Art finden sich häufig in
polnischen Internet-Diskussionsforen zum Thema „Polen und Juden“.
[19]
Beschluss des
Ersten Senats – 1 BvR 23/94 – vom
13. April 1994.
[20]
„Bock-Urteil“
- 1 StR 502/99 - vom 6. April 2000.
Rechtsanwalt Ludwig Bock hatte den notorischen Holocaust-Leugner
Günter Deckert in mehreren Strafverfahren vertreten.
[21] Dies
führte etwa zum Ausschluss der Rechtsanwältin
Sylvia Storz als Verteidigerin im Zündel-Prozess. Siehe Beschluss
des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 3Ws 506/05 u.a. - vom
14. Dezember 2005;
http://www.olgkarlsruhe.de/servlet/PB/menu/1192282/index.html.
Letzter
Zugriff 15. August 2006.
[22]
„Vergehen sind
rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß
mit einer geringeren Freiheitsstrafe [als ein Jahr; J.N.] oder die mit
Geldstrafe bedroht sind“ (§ 12 Abs.2 StGB).
[23]
Jürgen
Zarusky, Leugnung des Holocaust. Die
antisemitische Strategie nach Auschwitz, in: Bundesprüfstelle
für jugendgefährdende Schriften (Hg.), Sonderheft zur
Jahrestagung 1999, Bonn 1999, S. 13.
[24] Siehe
hierzu
auch Anhang III.
[25]
Bundesministerium des Innern, Verfassungsschutzbericht
2004,
Berlin 2005.
[26] Robert
H.
Jackson, West Virginia State Board of Education v.
Barnette. 319 U.S. 624 (1943). Zitiert nach: Robert H. Jackson
Center (Hg.), Robert H. Jackson.
Words from his Mighty Pen. Jamestown
NY, o.J.
[27]
Günter
Bertram, Panischer Schnellschuss: Die
Volksverhetzungs-Novelle 2005, in: Mitteilungen
des Hamburger
Richtervereins 2/2005, S. 24 ff. Hier zitiert nach der
Internet-Version http://www.richterverein.de/mhr/mhr052/m05213.htm.
Letzter Zugriff 9. Dezember 2005.
[28] Salomon
Korn
[Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde
Frankfurt am Main]. Zitat in: Keine
Klarstellung. Martin Walsers
Antwort an den israelischen Botschafter, dpa-Meldung vom
8. Dezember 1998,
http://www.kultur-netz.de/archiv/sonstig/antwort.htm.
Letzter Zugriff
22. Mai 2006.
[29]
„Auschwitz“
und die Erinnerung daran ist zweifellos ein
solches Thema. „Führende Politiker der SPD und der Grünen
wiederholten stets, dass die Erinnerung an den Holocaust der normative
Eckstein der BRD, Auschwitz ihr negativer Gründungsmythos sei“
(Adam Krzemiński, Niemcze, kim jesteś? [Deutscher, wer bist du?], in:
Gazeta Wyborcza Świąteczna v.
8/9. Juli 2006, S. 19-20, hier
S. 19; Übersetzung aus dem Polnischen J.N.). Siehe auch Josef
„Joschka“ Fischer [Bundesaußenminister], Im Gespräch mit
Bernard-Henri Lévi, in: Frankfurter
Allgemeine Zeitung v.
18. Februar 1999, S. 46.
[30] Jackson,
West Virginia
State Board of Education.
[31]
Karl-Heinz
Janßen, Die Rattenfänger, in: DIE ZEIT
v. 31. Dezember 1993, S. 51.
[32] Peter
Philipps, Quo vadis, BGH? in: DIE
WELT v.
16. März 1994, S. 6.
[33] Rudolf
Wassermann [Oberlandesgerichtspräsident a.D.],
Die Justiz hat Klarheit, in: DIE WELT
v. 28. April 1994, S. 4.
[34] Patrick
Bahners, Objektive Selbstzerstörung, in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 15. August 1994, S. 21.
[35] Zarusky,
Leugnung,
S. 13.
[36] Fischer,
Im Gespräch.
[37]
Artikel 139 Grundgesetz für die Bundesrepublik
Deutschland vom 23. Mai 1949, BGBl I S. 1.
[38]
Artikel 6
Abs. 2 der Verfassung der Deutschen
Demokratischen Republik vom 7. Oktober 1949, GBl I S. 5.
[39] Siehe
hierzu
Anhang V.
[40] Bernd
Wagner, Rechtsextremismus
und kulturelle Subversion in
den neuen Bundesländern, Berlin 1998, S. 16-31.
[41] Frank
Schumann, Glatzen
am Alex, Berlin 1990, S. 119.
[42] Wagner, Rechtsextremismus;
Konrad Weiß, Die neue alte
Gefahr. Junge Faschisten in der DDR, in: Landeszentrale für
Politische Bildung Thüringen (Hg.), Rechtsextremismus in den neuen
Bundesländern. Beiträge zur Diskussion, Erfurt 1992.
[43]
Eingeleitet
hatte diese Entwicklung eine Entschließung
des Deutschen Bundestages vom 15. Oktober 1950, die die
Länder zu Verfahrenseinstellungen und Begnadigungen
rechtskräftig Verurteilter aufforderte. Enzyklopädie des
Holocaust, S. 416.
[44] Wortlaut
in
Anhang I.
[45] Laut
Parteiprogramm war die SPD jedoch immer noch auf den
Marxismus mit seiner Klassenkampf-Ideologie verpflichtet. Die
endgültige Trennung hiervon vollzog die SPD erst 1959 mit dem
Godesberger Programm.
[46] So 1960
der
Strafrechtskommentar von Dreher, lt. Tolmein,
Oliver, Kommentar in: Konkret
01/1987, S. 20. Zitiert nach
http://www.freilassung.de/div/texte/129a/ot129a.htm.
Letzter Zugriff
20. Juni 2006. Schon zur Zeit des Dritten Reiches hatte es
Bestrebungen gegeben, § 130 StGB umzubenennen. So empfahl
1935 der maßgebende Strafrechtskommentar von Schönke, bei
der Auslegung von § 130 StGB den „durch die
nationalsozialistische Revolution eingetretenen Wandel zu
berücksichtigen — die Spaltung des deutschen Volkes in Klassen ist
beseitigt“ (Tolmein, Kommentar).
[47]
Kalinowsky, Antisemitismus,
S. 102.
[48] Siehe
hierzu
etwa die BGH-Urteile vom 23. November 1951
– 2 StR 612/51 – und vom 8. Mai 1952 –
5 StR 182/52.
[49]
§ 189 Abs.3 der damals geltenden Fassung;
Kalinowsky, Antisemitismus,
S. 103.
[50] BGH – IV
ZR
140/78 – vom 18. September 1979.
[51] Bertram,
Schnellschuss.
[52]
1 StR
179/93 vom 15. März 1994.
[53] Auf
Beleidigung stand ein Jahr Freiheitsstrafe als
Höchststrafe.
[54] Zitiert
nach
Bommarius, Denkmalschutz.
[55] Ebenda.
[56]
1 StR
184/00 vom 12. Dezember 2000. Kritisch
hierzu etwa: Peer Zumbansen, Federal Court of Justice (BGH) Convicts
Foreigner for Internet Posted Incitement to Racial Hatred, in: German
Law Journal Vol. 2 No. 8 (2001).
[57] Erklärung gegen die
Einschränkung der
Informationsfreiheit, http://odem.org/informationsfreiheit.
Letzter
Zugriff 1. Juli 2006.
[58] http://www.datenreise.de/de/censorship/deutschland.php.
Letzter Zugriff 30. Mai 2006.
[59] n steht hier als
Variable („Platzhalter“) für die
Anzahl nicht angezeigter URLs.
[60] Siehe
etwa
Michael Berenbaum, Dimensions of Genocide, in:
Gutman, Yisrael, und Berenbaum, Michael (Hg.), Anatomy of the Auschwitz
Death Camp, Bloomington und Indianapolis 1994, S. 78-80,
hier
S. 80. Näheres bei Joachim Neander, Seife aus Judenfett: Zur
Wirkungsgeschichte einer zeitgenössischen Sage, in: FABULA –
Zeitschrift für Erzählforschung Bd. 46 H. ¾
(2005),
S. 241-256.
[61] Die
übrigen 70 Websites brachten nichts zum Thema.
[62]
Über
ChillingEffects.com und Vergleich mit
Suchergebnissen auf einem Computer außerhalb Europas.
[63] Erklärung gegen die
Einschränkung der
Informationsfreiheit.
[64]
Reporters
Without Borders, 2006
Internet Annual Report;
http://www.rsf.org/print.php3?id_article=17110.
Letzter Zugriff
29. Mai 2006.
[65]
Bezirksregierung Düsseldorf, Grundsatzerklärung
zur Sperrung von rechtsextremistischen Internet-Seiten, 2005.
http://www.nps-brd.nrw.de/BezRegDdorf/hierarchie/themen/Sicherheit_und_Ordnung/Medienmissbrauch/Sperrung_von_Internet_Seiten7457.php.
Letzter Zugriff 30. Mai 2006.
[66]
Schlachtruf
aus der Phase der Schreckensherrschaft (la
terreur, 1793/94) der Französischen Revolution, dem
Radikalen
Saint-Just zugeschrieben (Gerd Roellecke, Keine Freiheit den Feinden
der Freiheit! In: Neue Juristische
Wochenschrift 1993, S. 3306 ff.
[67] Bertram,
Schnellschuss.
Alle qualifizierenden Formulierungen
finden sich in der Beratung zur 2. Lesung des Gesetzes im
Bundestag. Plenarprotokoll 15/158 vom 18. Februar 2005.
[68] Brigitte
Zypries, Strafrecht
im Kampf gegen
Rechtsextremismus verschärfen, Pressemitteilung des
Bundesministeriums der Justiz, Berlin, 11. Februar 2005.
[69] Siehe
Text in
Anhang I.
[70] Zypries,
Strafrecht im
Kampf. Hervorhebungen im Original.
[71] Ebenda.
[72] Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, (2005).
http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php4?Nr=10480.
Letzter Zugriff
29. November 2005.
[73] Bertram,
Schnellschuss.
[74] Etwa:
„Die
Anzahl rechtsextremistischer, insbesondere
neonazistischer, Aktivitäten hat in jüngster Zeit deutlich
zugenommen . . . Vor allem kann der im Rahmen neonazistischer
Propaganda zunehmend zu beobachtenden Leugnung und Verharmlosung
schwerer nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen nicht
ausreichend begegnet werden.“ Bundestagsdrucksache (BT) 9/2090,
10. November 1982. Ebenso BT 10/891 vom 18. Januar 1984.
Ebenso BT 10/1286 vom 11. April 1984. Ebenso BT 10/3242 vom
24. April 1985. Ähnlich BT 12/4825, 29. April 1993 und
BT 15/4832, 15. Februar 2005.
[75]
„Holocaust am
palästinensischen Volk“.
[76] „Such
comparisons are slanderous to the United States and
historical truth and amount to Holocaust denial“; Jonah Goldberg,
„Bush=Hitler“ – The politics of dangerous stupidity, in: National
Review v. 4. September 2003. Zitiert nach der
Internet-Version
http://www.nationalreview.com/goldberg/goldberg090403.asp.
[77] Martin
Walser,
Erfahrungen
beim Verfassen einer Sonntagsrede
[Rede anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des
Deutschen Buchhandels 1998.].
http://www.dickinson.edu/glossen/heft11/walser.html. Letzter
Zugriff
21. Mai 2006.
[78] http://www.jewish-forum.de/showtopic.php?threadid=4286.
Letzter Zugriff 13. März 2006.
[79]
1 BvR
434/87 vom 11. Januar 1994.
[80] Wolfgang
Ayaß und Dietfrid Krause-Vilmar, (1996). Mit
Argumenten gegen die Holocaust-Leugnung. Wiesbaden 1996,
S. 23-25.
[81] So zeigt
etwa
eine ins Internet eingestellte Broschüre
des Justizministeriums Rheinland-Pfalz nach § 86a StGB
verbotene Neonazi-Symbole. Wer diese irgendwo sieht, soll die Polizei
informieren. Der User muss sich die verbotenen Kennzeichen wohl sehr
genau einprägen, denn das Ministerium warnt ihn zugleich vor dem
Herunterladen dieser Seite, da dies als „Verwenden“ strafbar sei (Recht
gegen Extremisten, S. 5).
[82] Auf
privater
Ebene funktioniert dies schon seit einiger
Zeit. haGalil.com, nach eigenen Angaben „das größte
deutschsprachige jüdische Internet-Portal“, hat ein Link auf ein
„Meldeformular für nazistische Propagandadelikte“
(http://www.nazis-im-internet.de/nazis-anzeigen/meldeformular.htm).
Alle Anzeigen, so haGalil, würden von Experten geprüft, die
unter anderem die Verfasser von e-mails und Webposts sowie die
Betreiber von Webseiten ermitteln und diese Daten an die
Strafverfolgungsbehörden weiter geben.
[83] Siehe
hierzu Newsletter
des Fritz-Bauer-Instituts 28/2006,
S. 65 (Berlin) und S. 4, 5 und 26 (Hessen).
[84]
Gottfried
Kößler, Rezension des Buches
Nationalsozialismus und Holocaust.
Historisch-politisches Lernen
in der Lehrerbildung (Hanns-Fred Rathenow, Norbert H. Weber
(Hg.),
Hamburg 2005), in Newsletter des
Fritz-Bauer-Instituts 28/2006,
S. 65. Ein Beispiel: Meine Zwillinge, die von 1978 bis 1991 die
Schule besuchten, hatten das Thema „Auschwitz“ bzw. „Holocaust“ bis zum
Abitur sechs Mal im Unterricht, und zwar in den Fächern Deutsch (2
mal), Gemeinschaftskunde, Religion und Geschichte (2 mal).
[85] Siehe
etwa
Zypries, Strafrecht
im Kampf.
[86] Robert
A.
Kahn, The Dilemma of Prosecuting Holocaust
Deniers: A Comparative Perspective, in: Focus on Law Studies Vol. XXI
No. 1 (2005), S. 2, 3 und 10, hier S. 3.
[87]
Symptomatisch
hierfür ist der in der Presse mehrfach
berichtete Boykott des Films Nuit et
brouillard (Nacht und Nebel, A.
Resnais 1956), der zum Pflichtprogramm der Holocaust-Erziehung
gehört, durch ganze Schulklassen in Pariser Vororten.
[88] Irving
wurde
zu drei Jahren Freiheitsentzug wegen
Verstoßes gegen § 3 h des österreichischen
„Verbotsgesetzes“ verurteilt. Sowohl Verteidigung als auch
Anklagevertretung gingen in die Berufung. Zum Zeitpunkt der Abfassung
dieses Manuskripts war darüber noch nicht entschieden.
[89] So
Deborah
Lipstadt, „arguably the best-known warrior
against Holocaust denial“, zum Fall Irving: „Holocaust denial laws
. . . tend to turn cracks into martyrs,“ laut BBC-News vom
4. Januar 2006;
http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/1/hi/uk/4578534.stm.
Letzter Zugriff
9. Januar 2006.
[90] Theo
Ohlinger,
Staatsrechtslehrer an der Wiener
Universität, laut BBC-News vom 21. Februar 2006;
http://news.bbc.co.uk/go/pr/fr/-/2/hi/europe/4734570.stm.
Letzter
Zugriff 24. Februar 2006.
[91] Der in
§ 1 Abs. 2 JuSchG definierte Begriff
„Trägermedien“ entspricht dem der „Schriften“ gemäß
§ 11 Abs.3 StGB.
Verzeichnis der im Text verwendeten
Abkürzungen
a.F. |
alte Fassung |
Abs. |
Absatz |
Art. | Artikel |
BBC | British Broadcasting Corporation |
BGBl | Bundesgesetzblatt |
BGH | Bundesgerichtshof |
BRD | Bundesrepublik Deutschland |
BT | Bundestagsdrucksache |
BVerfG |
Bundesverfassungsgericht |
CD | CompactDisk |
CSU |
Christlich-Soziale Union |
DDR | Deutsche Demokratische Republik |
F.D.P. |
Freie Demokratische Partei |
GBl |
Gesetzblatt der DDR |
GG | Grundgesetz |
JuSchG |
Jugendschutzgesetz |
KPD | Kommunistische Partei Deutschlands |
n.F. |
neue Fassung |
NS |
Nationalsozialismus, nationalsozialistisch |
SPD | Sozialdemokratische Partei Deutschlands |
StGB | Strafgesetzbuch |
UFO | Unidentified Flying Object |
UN | United Nations |
URL | (Internet-Adresse) |
US | United States of America |
vs. | versus |
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