theologie.geschichte - Zeitschrift für Theologie und Kulturgeschichte

Wolfgang Weiß (Hg.), HeiligSEIN und SeligSPRECHEN. Reflexionen zur Heiligenverehrung anlässlich der Seligsprechung von Georg Häfner (=Würzburger Theologie, Bd. 8), Würzburg: Echter-Verlag 2012, 149 S., 12,80 €,  ISBN 978-3-429-03527-3


Durch die geradezu inflationäre Vergrößerung des Seligen- und Heiligenhimmels unter Johannes Paul II. haben es neue Selige – zumal in Deutschland – nicht leicht. Eine Beatifikation verheißt heute längst keinen großen Bekanntheitsgrad mehr. Einer von diesen Seligen ist der Würzburger Pfarrer Georg Häfner (1900-1942), der wegen seiner konsequenten christlichen Lebenshaltung im Oktober 1941 verhaftet, dann ins KZ Dachau gebracht wurde, wo er im August 1942 nach monatelanger Zwangsarbeit hungers starb. Nach seiner Beatifikation im Jahre 2011 würdigten ihn die Würzburger Katholische Akademie Domschule und die dortige Katholisch-Theologische Fakultät mit einem Studientag. Das vorliegende schmale Bändchen bildet diese Tagung jedoch nicht vollständig ab, sondern setzt sich inhomogen aus Predigten, Radioansprachen und wissenschaftlichen Aufsätzen zusammen. Den Auftakt bildet die Predigt des Würzburger Weihbischofs Ulrich Boom, die ursprünglich die Tagung abschloss, indem sie das geistliche Profil des neuen Seligen skizzierte. Es folgt ein weiterer spiritueller Beitrag des Würzburger Generalvikars Karl Hillenbrand. In einem biographischen Zugang arbeitet der fränkische Altbischof Paul-Werner Scheele das Priesterprofil Häfners heraus. Der Würzburger Kirchenhistoriker Wolfgang Weiß legt im Anschluss die Kanonisations- und Kultpraxis der Würzburger Seligen und Heiligen dar, allerdings ohne den Anspruch zu erheben, überregionale Ergebnisse zu liefern. Der Liturgiewissenschaftler Martin Stuflesser deutet die Selig- und Heiligsprechung aus der modernen Theologie heraus. Gerne hätte man gerade an dieser Stelle etwas zur Reaktualisierung des Heiligenkultes gelesen. Michael Martin beleuchtet aus evangelischer Sicht die Frage der Kanonisation – eine nur vermeintliche katholische Thematik! Gunther Wenz hatte in seinem Beitrag „Evangelisches Heiligenverständnis“ von 2006 einen weitaus spannenderen und konstruktiveren Ansatz geliefert, der hier nicht einmal erwähnt wird. Einen wirklich wertvollen Beitrag liefert Thomas Mark Németh mit seinem Artikel über den Heiligenkult in der Orthodoxie. Da hier die Heiligenverehrung weit weniger homogen ist als bei den Evangelischen (Confessio Augustana), muß er eine reiche Differenzierung vorlegen. Man liest diesen Beitrag mit Gewinn.

Insgesamt betrachtet bietet das Bändchen schon durch seine pure Existenz eine wichtige Würdigung des neuen Seligen. Eine solide biographische Skizze hätte allerdings dem Werk gut getan. Für übergreifende Fragen der Selig- und Heiligsprechung hält es nur wenig Neues bereit.


Zum Rezensenten:
Stefan Samerski, geb. 1963, apl. Professor für mittlere und neuere Kirchengeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München.




Refbacks

  • Im Moment gibt es keine Refbacks




Tübingen Open Journals - Datenschutz