Doing identity, doing biography, doing conversion

Doing identity, doing biography, doing conversion

Cordula Wöhler/Peregrina/Schmid in den Analysekategorien »Geschlecht«, »Konfession«, »Heimat«


Segne du, Maria, segne mich, dein Kind,
daß ich hier den Frieden, dort den Himmel find´!
Segne all mein Denken, segne all mein Tun,
laß in deinem Segen Tag und Nacht mich ruh´n!

Segne du, Maria, alle, die mir lieb,
deinen Muttersegen ihnen täglich gib!
Deine Mutterhände breit´ auf alle aus,
segne alle Herzen, segne jedes Haus!

Segne du, Maria, jeden, der da ringt,
der in Angst und Schmerzen dir ein Ave bringt.
Reich ihm deine Hände, daß er nicht erliegt,
daß er mutig streite, daß er endlich siegt.

Segne du, Maria, unsre letzte Stund´!
Süße Trostesworte flüstre dann dein Mund!
Deine Hand, die linde, drück´ das Aug´ uns zu,
bleib im Tod und Leben unser Segen du![1]

Am 06.02.2016 jährte sich der Todestag von Cordula Wöhler zum hundertsten Mal. Zwischen 1870 und 1916 war sie eine der bekanntesten Schriftstellerinnen von Andachtsliteratur im katholischen Raum gewesen. Nach dem I. Weltkrieg versank sie in Vergessenheit. Symptomatisch dafür mag sein, dass eines ihrer frühen Gedichte, das sie anlässlich ihrer Konversion und dem damit einhergehenden zwangsweisen Abschied von ihrem evangelisch-lutherischen Elternhaus 1870 (ihr Vater war Pastor im konfessionell geschlossenen Mecklenburg-Schwerin gewesen) geschrieben hatte,[2] im süddeutschen Raum einen recht großen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad erreicht hat. Dennoch kennt die Verfasserin heute kaum jemand mehr. Das ist vermutlich auch der Fall bei zahlreichen, für das heutige ästhetische wie religiöse Empfinden, kitschigen Andachtsbildchen, für deren Texte Cordula Wöhler oder unter ihrem Pseudonym Cordula Peregrina, verantwortlich zeichnete. Auch der hundertste Todestag gab keinen Anlass zu größeren Gedenkfeierlichkeiten in Schwaz, Tirol, wo sie lebte, wirkte und schließlich schwer krank starb.
Methodisch birgt die Biographie Cordula Wöhlers einige Herausforderungen, die zeigen, dass Biographie und Identität mannigfaltige Facetten besitzen. Das macht sie zumindest für Methodenfragen interessant, um die es in diesem Aufsatz gehen soll: Wie kann man sich methodisch (Auto-)Biographien von Konvertitinnen annähern? Dieser Aufsatz will bisherige Forschungsdiskussionen bündeln und mögliche methodologische Schneisen ziehen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt hierbei auf dem deutschen Sprachraum im langen 19. Jahrhundert.
Denn während es für die Frühe Neuzeit eine ganze Reihe von Untersuchungen über Konversionen gibt, gerade im Bereich der Genderforschung, ist das 19. Jahrhundert diesbezüglich noch nicht sonderlich untersucht. Maria Wojtczak[3] legte 2009 erstmals aus literaturwissenschaftlicher Perspektive einen Überblick über konvertierte Schriftstellerinnen vor, wobei sie sich nur auf den Glaubenswechsel von evangelisch zu katholisch beschränkte und, anders als im Titel angekündigt, den Zeitraum noch weit ins 20. Jahrhundert hinein schob. Angelika Schaser lieferte Mitte 2012 mit Verweis auf einen weiteren Aufsatz ein erstes Teilergebnis zur Einordnung von Konversionserzählungen des 17. bis 19. Jahrhunderts, auch hier mit Fokus von evangelisch zu katholisch.[4]


Biographie und »weibliches« Schreiben

Die Erforschung schreibender Frauen ist eng verknüpft mit women´s history, bzw. Frauengeschichte. Dies hat eine ganze Reihe von Gründen: Zum einen blieb diesen Frauen bis ins 18. und noch ins 19. Jahrhundert hinein der literarische Markt verschlossen, sie mussten auf Nischen ausweichen. Autorinnen galten als unnatürlich, wenn, sollten sie sich an ihr eigenes Geschlecht wenden, moralisch-erzieherisch wirken, zur Versittlichung beitragen, sich nützlich machen. Ihre Produkte galten als minderwertig, keine »hohe Literatur«. Die Kritik an der mangelnden Beachtung dieser Autorinnen in der Literaturwissenschaft ging dementsprechend dahin, die Trennung zwischen »Literatur« und »Belletristik« als womöglichen männlichen gender bias zu brandmarken.[5] Anna Babka hat hierzu drei zentrale Kritikpunkte ausgemacht:
„daß Frauen »außerhalb des Gesetzes« platziert werden, also sowohl außerhalb des Gesetzes von Genre als auch außerhalb der Vorstellung eines identischen Subjekts/Selbst; daß die weibliche Autobiographie unterdrückt und nicht in den Kanon aufgenommen wird, weil sie die »wahren«, also männlichen Autobiographien kontaminiert; daß die männliche Autobiographie als universal und die weibliche als ein Produkt einer weiblichen Erfahrung gelesen wird.“[6]

Weil »weibliches« Schreiben als auf Grund ökonomischer Zwänge minderwertiges, mit mangelnder Objektivität behaftetes, die Schriftstellerinnen als marginalisierte, gebrochene Subjekte ausgemacht wurden, galten „autobiographisch markierte Texte […] innerhalb der feministischen Theorie als nahezu paradigmatisch für die Subjektivierung der schreibenden Frau“ (ebd.). Anfängliches Ziel war daher, diese Schriftstellerinnen wieder dem Vergessen zu entreißen und ihnen so endlich die vermeintliche Würdigung zukommen zu lassen.[7] Dieses Vorgehen jedoch weist einen grundsätzlichen Denkfehler auf: „welche Kriterien erlauben uns zu sagen, daß ein Text feministisch oder feminin sei?“ (Babka 2002, S. 16) Almut Finck hat dazu mehrere Vorbehalte formuliert, die sich alle auf die grundsätzliche Beobachtung reduzieren lassen, dass ein solches Vorgehen die Dichotomien, die kritisiert werden, wieder reproduziere, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen: männlich-weibliche Heterosexualität, privat – öffentlich, gespalten – ganzheitlich, zielgerichtet – sozial, etc.. „Was der Frau einst zum Nachteil gereichte, […] das wird jetzt als schätzenswerte Eigenschaft betrachtet.“ (Finck 1999, S. 123) Diese Abspaltung entspricht der Strategie von Identitätspolitiken sich als marginalisiert begreifender Bevölkerungsgruppen. Dadurch wird die Geschlechtszuweisung und -bezeichnung »Frau« zu Differenzsetzungen wie »Rasse« oder »Klasse«. Um das Dilemma der Reproduktion zu überwinden – und, so will ich ergänzen, der Versuchung widerstehen zu können, künstlich Einheitlichkeit zu erzeugen wo keine ist[8] –, formulierte Finck mit ihrer „Theorie positionaler Identität“ (Finck 1999, S. 19) ein Umdenken: Von der Prämisse ausgehend, „daß beide, Subjekt als auch der kulturelle Kontext, immer schon aufeinander verwiesen sind, daß sie erst »nachträglich« in und mit den Verfahrensweisen entstehen, mittels derer Subjektivität und Wirklichkeit erfahrbar gemacht werden“ (Finck 1999, S. 17), kann die Aufmerksam weg von den Essentialisierungen hin zu den Herstellungspraktiken beider gelenkt werden. Es gälte,
„die Aufmerksamkeit auf die diskursiven Praktiken und die Modelle kultureller Sanktionierung zu lenken, die die Annahme bestimmter Subjektpositionen provozieren oder verhindern. Es gälte, nicht nur nach der Art und Weise der sozio-kulturellen Konstruktion von geschlechtsspezifisch markierten Bedeutungen zu fragen, sondern auch nach den Konsequenzen der Tradierung oder Subversion dieser Bedeutungen. In welchem und in wessen Interesse liegen die Aufrechterhaltung binärer Oppositionen […] und deren geschlechtsspezifische Zuschreibung? Welche Technologien der Naturalisierung und der Essentialisierung kommen zum Einsatz, um diese Binarismen zu etablieren, gleichzeitig aber im Verborgenen zu lassen, daß es sich dabei um kulturelle Konstrukte im Dienste hegemonialer Ansprüche handelt?“ (Finck 1999, S. 126)

Dadurch wird »weibliche« Biographie, »weibliche« Erfahrung als „»nachträgliches« Produkt sozio-kultureller Kodifizierung“ sichtbar; „der autobiographische Akt der Erinnerung und Bewußtmachung“ wird als „ein performativer Akt, der das zu Vergegenwärtigende zuallererst hervorbringt, weil alle Erinnerung »nachträglich« ihren Gegenstand erzeugt“, erkannt (Finck 1999, S. 129). Insofern kann von einer „Geschichte des positionalen Subjekts“ statt von „Identität“ gesprochen werden, weil dadurch „das Prozesshafte und die Unabgeschlossenheit von Identitätsentwürfen, ihre Inkohärenz, ihr Wandel und damit ihre Heterogenität und Multiplizität“ (Finck 1999, S. 19) ausgedrückt wird.
Das bedeutet nicht, die feministische Kritik zu entschärfen. Vielmehr führt das Verständnis von »Person« als multikategorial, die Erkenntnis, dass „conceptions of the self […] in different cultures, categories and conceptions […] underlie a variety of styles of self-representation or self-fashioning”,[9] zu einem offeneren Verständnis von Subjekt-Sein. „Die einzelnen Subjektpositionen sind immer nur locker umrissen und tentativ festgelegt, transitive Positionen […], ständig im Übergang begriffen […]“ (Finck 1999, S. 134). Die Wahrnehmung, bzw. Bestimmung dessen, was »Subjekt« ist, geschieht allerdings erst im Nachhinein, so dass Fincks Theorie erst durch das Prinzip der Nachträglichkeit vervollständigt wird (vgl. Finck 1999, S. 133-135).
Die Geschichte des positionalen Subjekts ereignet sich somit in der gegenseitigen Verhandlung von Selbst-Konstruktion und Kontext, unter der Finck „ständig verschiebende textuelle Felder“ (Finck 1999, S. 137) versteht, bzw. ist „keine Form von Referenzialität vorstellbar […], in die nicht schon von Anfang an die sozio-kulturellen Verhaltensmuster eingeschrieben sind, die in einer bestimmten Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Augenblick miteinander konkurrieren.“ (Finck 1999, S. 135) Oder, anders gesagt: „Our performance of self-narration […] takes place in an environment of social convention and constraint.“[10]
Hier kann an das Konzept des habitus von Pierre Bourdieu und Judith Butlers performance-Verständnis[11] angedockt werden, denn diese beschriebenen Aushandlungsprozesse sind im wahrsten Sinne des Wortes Verkörperungen des Selbst. „Der Körper, den das Subjekt sinnlich wahrnimmt, ist immer schon mit Zeichen befrachtet.“ (Finck 1999, S. 21) Er lebt somit in einem signifikanten Verweisungszusammenhang. Erleben ist nur als Erfahrung sprachlich in das Bewusstsein hervorholbar, reflektier- und deutbar, sozial kommunikabel. Als eigenes gedeutetes Erleben wird sie zur narrativen Selbstidentifikation, die darauf angelegt ist, Subjektivität „vor den Augen eines Anderen und für die Augen eines Anderen zu entfalten.“[12] Als solche ist sie den vorgegebenen Diskursen als Regelwerke unterworfen, entlang deren Vorgaben und Grenzen sich jedoch Individuation ereignet, gestaltet wird, die Grenzen austestend, verändernd. Dies geschieht „durch Repetition und Iteration von Wahrnehmungen und Handlungen […]. Man weiß aus Wiederholung und wiederholt um zu wissen“ (Kauppert 20102, S. 210), aber auch durch eigensinnige Variation der Zitation. Subjektivität erweist sich somit als performativ, prozessual, nie rigide festschreibbar, aber immer eingebettet in historische Bezüge – doing identity.[13]
Insofern ist das Erzählen einer Lebensgeschichte immer ein sozialer Prozess der Selbstrepräsentation und des Ringens um Anerkennung.
„Eine solche Geschichte würde von den Orten erzählen, die das Subjekt im Laufe seines Lebens besetzt hält und wieder verläßt, und auch von denen, die es nicht einnimmt. Sie würde berichten von Orten des Sprechens, von den diskursiven Formationen, komplexen Regelsystemen, Codes und Markierungen, an deren Konsolidierung oder Destabilisierung das Subjekt, wenn es sich mit und in seiner Geschichte performativ einschreibt, ebenso beteiligt ist wie an der eigenen. Die Geschichte des Subjekts wäre die der Positionen, die sich ergeben, indem das Subjekt an dem Netz, in das es eingelassen ist, unentwegt weiterwebt.“ (Finck 1999, S. 19)[14]

Der deutsche Begriff »Geschlechterforschung« hat gegenüber gender studies den Vorteil, dass er „die gegenseitige Verwiesenheit von sex und gender in der Konstruktion von Geschlecht und dem Verständnis dessen als Geschlechtlichkeit“ verstärkt in den Blick nimmt.[15] Die Kategorisierung signalisiert, dass von einem instabilen Geschlechterverständnis ausgegangen wird, um dessen Stabilität gerungen, das immer wieder durch Aushandlungsprozesse hergestellt werden muss. »Geschlecht« ist somit Teil des Differenzierungsprozesses von doing identity, dessen Benennung als doing gender einen Identitätsmarker darstellt.
»Geschlecht« ist demnach eine Differenzsetzung neben anderen, wie »Rasse/Ethnizität«, »Klasse«, »Alter«, aber auch religiöse oder nationale Loyalitäten. Differenzsetzungen als Bezeichnungen und Betonungen, Auslassungen und Verschweigen sind sowohl Mittel der Identitätsbildung als auch Mittel des Aushandelns sozialer Positionierungen innerhalb diskursiver Vorgaben, Rahmenbedingungen, Handlungsräume, die wiederum Produkt dieser Aushandlungsprozesse sind. Im Einzelnen kreuzen sich dadurch struktureller Rahmen und agency. In dieser Überkreuzung,[16] Überlagerung, Interdependenz[17] bilden sich Unterscheidungen heraus, Ungleichheitslagen, In- und Exklusionen, Individuationen, die ohne die Beziehung »dazwischen« aber nicht möglich wären. Subjektwerdung als handelnde (Akteur) und als selbst-reflexive (Selbst) geschieht somit „Jenseits des autonomen Subjekts“[18], im Zwischenraum, in der Relation und in den Momentaufnahmen von Festlegungen. Sie ist nicht nur hybrid[19], sondern spannungsvoll trans-different[20], mehrfach-schillernd.


Lebensgeschichte – (Auto-)Biographie – Egodokumente – Selbstzeugnisse

Lebensgeschichte beinhaltet daher Identitätsbildung und Selbstrepräsentation als Anerkennungsstrategien. Als eine solche ist sie gedeutete Geschichte, in der Vergangenes selektiv in die Gegenwart geholt und interpretiert wird für zukünftige Orientierung. Sie ist „Erzählen als Sinnbildung“[21], eine sinn(en)hafte Fiktion, eine Selbstästhetisierung, so dass ihr etwas vom Charakter eines Kunstwerkes anhaftet. Deshalb ist es interessant zu fragen, „in welcher Weise Konstruktionen von Person als und in Erzählungen erfolgen“ (ebd.): Welchen sprachlichen Konventionen und Topoi folgt der Text? Wie werden sie verwendet? Wie ist der plot aufgebaut? Welche Authentifizierungsstrategien werden verfolgt, um »Echtheit« herzustellen? Auch hier gilt: Lebensgeschichte wird gemacht – doing biography (vgl. Hijiya-Kirschnereit 2012, S. 174-177)

Biographie als Lebensgeschichte und in ihr die Konversionserzählung als eine Form von biographischem Erzählen, formt Erinnerungen und ist damit eine gedächtnisbildende Leistung. Als solche wird sie zum Gegenstand historischer Forschung, zur Quelle, die es zu analysieren gilt.[22] Als Leitfrage dient das „Konzept der »Volkskultur«“. Interessant sind „vor allem [..] jene[.] Typen von Quellen […], die einen möglichst direkten Zugriff auf individuelle und kollektive Deutungen, Wertungen oder soziales Wissen ermöglich[.]en.“[23] Auf diese Weise gehen erziehungswissenschaftliche, entwicklungspsychologische, volkskundliche, ethnologische und Methoden der qualitativen Sozialforschung in die Geschichtswissenschaften ein (Fuchs-Heinritz 20094, S. 114f.).
Nicht zuletzt betrifft das auch die Gattungsfrage, denn hier hat sich das Interesse und die Klassifikation der Forschung in den letzten Jahren eher weg von der (Auto-) Biographieforschung hin zu Ego-Dokumenten und Selbstzeugnissen verlagert. Philippe Lejeune hatte Autobiographie einst definiert als „A retrospective prose narrative produced by a real person concerning his own existence, focusing on his individual life, in particular on the development of his personality.” Wichtig dabei war ihm der „»autobiographical pact«: a piece of writing can be considered autobiographical if readers recognize it as such, having been given sufficient reason to do so.”[24] Um auch Biographien mit einzubeziehen schlugen Sidonie Smith und Julia Watson den Begriff life narrative vor (Baggerman 2011, S. 458). Sparn spricht für die Konzeption von Lebensgeschichte im Dreierverhältnis Biographie,  Autobiographie und Hagiographie gar von der Kunst der Komposition und Dichtung von Lebensläufen.[25]
Baggermann macht als Durchbruch für die Autobiographie die Zeit um 1800 fest, wobei es bereits antike Vorbilder (Augustinus: confessiones) gegeben habe, bis zu Rousseaus Confessions 1782 als Wasserscheide. Ähnliches findet sich bei Winfried Schulze, der explizit religiöse Literatur wie Ordensgeschichte, Sündenbekenntnisse, Inquisitionsvorgaben und Konversionserzählungen als für die Autobiographieentwicklung seit dem Mittelalter über die Frühe Neuzeit hindurch wichtig benennt. Zudem seien zu ihrem Siegeszug die „leichtere[.] Verfügbarkeit von Papier“, zunehmende Verschriftlichung in Handel und Verwaltung, eine „intensivierte Bildung, fortschreitende berufliche Differenzierung“, „neue soziale Mobilität“, Individualisierung „als notwendiges Gegenstück zum System des absolutistischen Staates“, „die beginnende wissenschaftliche Erforschung der menschlichen Seele und der Affekte“ und ein wachsender literarischer Markt zentral gewesen (Schulze 1996, S. 18-20).[26] In Bezug auf das 19. Jahrhundert machte nicht nur Shalini Randeira „auf die enge Verbindung aufmerksam, die zwischen dem Konzept des modernen Individuums und dem Nationalstaat existiert: Das Individuum wird immer als Staatsbürger gedacht und ist in den nationalstaatlichen Strukturen und Vorstellungswelten verankert.“[27]
In die Kategorie autobiographisches Schreiben subsumiert Baggermann dann aber auch Tagebücher als Mittel der Introspektion, als „autobiographies in the making“ (Baggerman 2011, S. 483). Dass es um den Beginn des 19. Jahrhunderts zu einer Fülle (auto-)biographischen Schreibens kam, macht Baggerman an Kosellecks Sattelzeit um ca. 1750-1850 fest und gibt dazu mannigfaltige Gründe: die industrielle Revolution mit ihren durchgreifenden Folgen für die Alltagswelt und die Weltwahrnehmung des Einzelnen, Revolutionen, Säkularisierung, Wertewandel, eine Zeit voller Spannungen, in der Vergangenheit und Zukunft auseinanderdriften und es so zu einem linearen statt zyklischen Zeitgefühl und historischen Bewusstsein gekommen sei (vgl. u.a. Burke 2011, S. 13), aber auch die Messbarkeit und Disziplinierung der Zeit. Das Schreiben habe dazu gedient, die als relevante Zeit erlebte Gegenwart festzuhalten mit ihren Umbrüchen und gleichzeitig das, was im Begriff war zu verschwinden, in Erinnerung zu halten. Gleichzeitig sei dadurch das historische Bewusstsein der Schreibenden gestärkt worden. Auch sei nun »Zeit« zu einer wertenden Kategorie im Sinne von »altmodisch« und »der Zeit voraus« geworden. Diese Art literarischer Produktion, so Baggerman in der Präsentation ihrer Forschungsergebnisse für die Niederlande, habe in der Mitte des 19. Jahrhundert einige charakteristische Merkmale aufgewiesen, die sie als periodisierendes Moment für die Moderne im Unterschied zur Frühen Neuzeit bewertete: Auf Grund des Bewusstseins eines permanenten Wandels seien oftmals Kindheitserinnerungen, Bilder und Szenen aus dem scheinbar zeitlosen Landleben beschrieben worden: eine scheinbare verlorene, heile Welt, begleitet mit einem melancholischen Unterton in Bezug auf die verunsichernde Gegenwart, aber auch die Kindheit als Prägung für das zukünftige Leben, das es – entsprechend des Fortschrittsparadigmas – zu gestalten gilt (vgl. Baggerman 2011, S. 494, 522, 528f., 530, 532f., 535).
Doch Gabriele Jancke und Claudia Ulbrich gemahnen zur Vorsicht:
„Durch solche Entwicklungsgeschichtlichen Ansätze [wie die Sattelzeit – Anmerk. der Verfasserin] werden Traditionen konstruiert, die auf einer schmalen Quellenbasis und einseitigen Wahrnehmungen beruhen […]. Äußerst problematisch wird dies vor allem dann, wenn auf dieser Grundlage Verallgemeinerungen vorgenommen werden. Christliche, nichtadelige, gebildete, weiße, europäische und vielfach schriftstellerisch tätige Männer und ihre Texte werden so zu Trendsettern: Ihre Tätigkeiten, ihre Themen und ihre Weltsicht werden als charakteristisch für eine ganze Epoche dargestellt. Die damit verbundenen Machtverhältnisse […] bleib[en] ausgeblendet, obwohl gerade hier geschlechter- und schichtspezifische Inklusions- oder Exklusionsmechanismen zur Geltung kommen.“ (Jancke und Ulbrich 2005, S. 15.)

Ob allerdings diese Quellenbasis tatsächlich so schmal ist, dem wage ich zu widersprechen: Zwar gehört zur Möglichkeit, schriftstellerisch tätig werden zu können ein gewisses Maß an Bildung und damit lange Zeit eine privilegierte Stellung. Mit der Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht jedoch weitete sich die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können aus. Gerade das Aufkommen diverser Formen von Massenliteratur im 19. Jahrhundert fiel hier mit Nationalstaatsbildung und Demokratisierungsbestrebungen zusammen. Diese Breitenwirkung verhalf wenigen zur Position einflussreichem Trendsettings, so dass die auf den ersten Blick geringe Quellenbasis nicht im Widerspruch zur Beobachtung von großen Strukturveränderungen steht.
Hier kann gerade der Topos des Landlebens unter Verwendung von Peter Fritzsche als wichtiges Scharnier in zweifacher Hinsicht gesehen werden: erstens in der Verknüpfung von »Geschichte« und »privat« im Selbst-Verständnis des modernen Subjektes, zweitens in der Deutungsarbeit und dadurch gleichzeitig dem Kampf um das, was »Nation« ausmacht:
„Once the rural, the old-fashioned and the homespun came to be recognized as representing national identity, rather than serving as outpost of economic underdevelopment, the national form was open to a far-reaching elaboration. […] And just as the nation represented itself in the household, the private space of the home was cultivated in a way to depict national and historical specificities”.[28]

Heimatromane, Konversionserzählungen, Gedichtbände etc. werden somit machtvolle Mittel, imagines communities mit dem Element der Nostalgie zu konstruieren, die dann um die hegemoniale Deutungsmacht der »Nation« ins Feld geführt werden können.[29] Indem fiktiv eine „spiritual domain“[30] errichtet wird, die zu einem scheinbar unschuldigen und zugleich kraftvollen Anfang wie zu einem unantastbaren Kokon zurückführt, wird versucht, das, was man selbst für die »nationale Identität« hält, vor den scheinbaren Bedrohungen zu schützen. »Nation« wird zu einem narrativen Konstrukt, das der Lüge, Verschleierung, Homogenisierung, Glättung, des Vergessens und einseitigen Betonens bedarf.[31] Hier trifft sich die private Lebensgeschichte mit der Erzählung der Nation. Denn die (Auto-)Biographie des Bürgers und der Bürgerin, ob nun Groß- oder Kleinbürgerlichkeit, werden Teil der „marker of cultural and national difference.“ (Fritzsche 2007, S. 91) Die Massenproduktion von Literatur spielt dadurch eine zentrale Rolle als propagandistisches Mittel.
Zentral scheint mir das Konzept der republican motherhood zu sein und Freverts Unterscheidung von Bürger und Bürgerin.[32] Im Zuge der Nationalstaatsbildung, so diese Forschungen, wurden traditionelle Rollenzuweisungen wie Erziehung, Schaffung eines idealen Zuhauses als Repräsentationsort des öffentlichen Haushaltes neu vitalisiert und funktional angepasst: »Der Frau« kommt die Rolle der Grundlagenlegung von Zivilisierung[33] im Haus zu. »Weibliche« Literaturproduktion hat diesem Anspruch zu folgen. Insofern wird es im Kontext des Kulturkampfes wichtig, dass weibliche Identifikationsfiguren geschaffen werden, die ihr Person-Sein öffentlich propagieren, bzw. propagieren lassen. Konvertitinnen wie die mecklenburgische Adelige Ida Hahn Hahn und ihre Landsfrau, die Pastorentochter Cordula Wöhler z.B. bekommen dadurch (kirchen-) politische Brisanz.
Insofern muss die Quellenbasis von der (Auto-)Biographie hin zum Tagebuch und weiter geöffnet werden. Dies zeigt die umfangreiche »egodocument«-Forschung der Niederlande, von Baggerman, Dekker u.a.[34] Diesen Schritt nachvollziehend und (Auto-)Biographie darunter subsumierend, stütze ich mich auf Ego-Dokumente in Anlehnung an Jacob Presser und Rudolf Dekker als all „jene Texte […], in denen »ein ego[Andrea N1] sich absichtlich oder unabsichtlich enthüllt oder verbirgt«.“[35] Das von Schulze umrissene Quellenmaterial führt mitten in die Alltagsgeschichte, ihre verwaltungstechnischen Vollzüge und Deutungen gleichermaßen.
Dem gegenüber grenze ich noch einmal die Gruppe der Selbstzeugnisse ab als jene Texte, die den freiwilligen, bewussten Teil der Ego-Dokumente enthalten. Somit sind Selbstzeugnisse eine Teilmenge von Ego-Dokumenten. Zu ihnen gehören (Auto-)Biographien und Memoiren ebenso wie Tagebücher, Reiseberichte, Briefe, Bekenntnisse, Konversionserzählungen.[36] Auch Selbstzeugnisse müssen als doing biography begriffen werden. Dadurch wird die kritische Historisierung des doing biography unerlässlich. Folgender Fragenkatalog kann deshalb hilfreich sein:
„Welche möglichen Aspekte einer Person thematisieren die Verfasserinnen und Verfasser in ihren Texten? Welche Rolle spielen der Körper, Gegenstände, Beziehungen, Bindungen und Orte? Konstruieren Menschen sich idealtypisch (und erzählen uns damit etwas über die Werte ihrer Zeit), oder imaginieren sie ihr Leben als Gegenbilder der bestehenden Ordnung? Schaffen sie sich im Schreiben eine Welt, die fern ihrer eigenen Realität ist? Welche Geschlechterordnungen werden sichtbar, welche Gruppenkulturen, welche Inklusions- und Exklusionsmechanismen? Wo genau verläuft die Trennlinie zwischen den Geschlechtern? Wie situativ und kontextgebunden sind die in Selbstzeugnissen artikulierten Personenkonzepte? Oder läßt sich von einem epochentypischen oder einem einheitlichen, schichten- und geschlechterübergreifenden Modell von Person sprechen? Welche Möglichkeiten bieten sich, diese Fragen mit Selbstzeugnissen zu untersuchen (bzw. welche anderen Quellen müßten herangezogen werden)? […] Wie können Einzeltexte so gelesen werden, daß Strukturen und Muster sichtbar werden? Welche Einsichten über Möglichkeiten in einer Gesellschaft lassen sich an einzelnen und besonderen Fällen gewinnen?“ (Jahncke und Ulbrich 2005, S. 25f.)

Insbesondere was die autobiographische Gattung der Konversionserzählungen betrifft, ist nach Verifizierungs- und Authentifizierungsstrategien zu fragen, nach Sub- und Beitexten, nach Topoi, Sprachgewohnheiten, Schreibkonventionen, die es den Lesenden ermöglichen sollen, das Dargestellte als »wahr«, »verlässlich« anzunehmen und dadurch für sich etwaige Identifikationsmöglichkeiten abzuschöpfen.


Analysekategorien

Um dieser Komplexität habhaft werden zu können, bietet es sich meiner Ansicht nach bei der Konvertitin und Schriftstellerin Cordula Wöhler an, eine Analyse anhand von drei Analysekategorien zu organisieren: »Geschlecht«, »Konfession«, sowie »Heimat«. Alle drei Kategorien können als performative Identitätsmarker begriffen werden, so dass sich anhand des Zusammenspiels von Biographie und Netzwerkanalyse ein umfassendes, wenn auch keinesfalls vollständiges, Bild rekonstruieren lässt. Vielmehr werden gedeutete Lebenskreise sichtbar, die deswegen zentrale Facetten auf deren Biographie offenlegen, weil diese von ihr selbst in ihren Selbstzeugnissen (Tagebücher, Briefe, Selbstdeutungen in ihren Publikationen als Herstellung von Authentizität, die nicht zuletzt der besseren Vermarktung diente) thematisiert wurden. Auf zwei dieser Analysekategorien will ich im Folgenden näher eingehen: Konfession und Heimat.


Konfession

In der Analysekategorie »Konfession« kommen (kirchen)historische und religionssoziologische Ansätze zusammen. Sie dient dazu, erstens dem Konversionsgeschehen habhaft werden zu können und zweitens die These vom zweiten konfessionellen Zeitalter[37] aus frömmigkeitsgeschichtlicher Sicht erneut zu diskutieren. Hier komme ich der Forderung Lucian Hölschers an die Kirchengeschichte entgegen, „von der religiösen Praxis und den religiösen Vorstellungen der Gläubigen, nicht von den kirchlichen Organisationen und ihren politischen Aktionen“[38] auszugehen. Auch ist hierbei dessen weite Definition von »Frömmigkeit« hilfreich: „ein Ensemble von religiösen Vorstellungen und Handlungsformen, die ein Individuum, eine Gruppe oder eine Institution dauerhaft pflegt.“ (ebd.) Es ist sinnvoll, von einer vorherigen Bestimmung, was »fromm«, »religiös« oder »Religion«, und hier, was »evangelisch« oder »katholisch« sei, abzustehen und stattdessen zu beobachten, was in den Quellen als solches bezeichnet wird, wie »Konfession« und »konfessionelle Identität(en)« aufgebaut wird/werden (vgl. Hölscher 2005, S. 11-15). Nicht was der Inhalt dieser konfessionellen Identität vorgeblich sei, wird demnach bestimmt, sondern es werden vielmehr die Differenzsetzungen in den Konversionsgeschichten aufgespürt. Hölscher empfiehlt, hier die Kreise konzentrisch von der „seelischen Innenausstattung“ aus nach außen zu ziehen (vgl. Hölscher 2005, S. 11f.).

Zur Analyse des Religionswechsel sind darüber hinaus Ansätze der Konversionsforschung aus der Religionssoziologie unabkömmlich. »Religiöse Konversion« wird gemeinhin als Wechsel von einer Religion oder Konfession/Denomination, bzw. religiöser Tradition in die andere definiert. Wohlrab-Sahr, Krech und Knoblauch entfalten die ganze Palette der Herleitungen und Bedeutungen des Begriffs:
„im Hebräischen »shub« und dem griechischen […] »epistrephein«, »stephein« und »metanoia«, die alle einen dramatischen Wandel, eine Wende von einer Auffassung zu einer anderen oder eine Rückkehr zu einer früheren Auffassung bezeichnen. In religionssoziologischer Perspektive sollten […] verschiedene Aspekte von Konversion unterschieden werden. Sie kann sich einmal darauf beziehen, daß eine Person von einer religiösen Organisation oder Gruppierung in eine andere wechselt. Sie kann überdies die damit verbundene Neuorientierung bezeichnen, also die Übernahme des Sinnsystems der betreffenden Organisation oder Gruppierung. Konversion bezieht sich aber auch auf Veränderung der Handlungs- und Kommunikationsmuster, die mit dem Wechsel verbunden sind. Und schließlich kann sich Konversion auf eine besondere Erfahrung beziehen.“[39]

In der quantitativen religionssoziologischen Forschung versucht man, diesem Phänomen durch den Wechsel an Mitgliedschaften, also durch messbare Werte habhaft zu werden, wohl wissend, dass diese statistischen Erhebungen ihre Grenzen haben, nur eingeschränkt aussagekräftig sind, den eigentlichen Prozess der Konversion nicht wiedergeben können. Die Ethnologie hingegen arbeitet mit der Analyse von Wechselprozessen der Präferenz und damit mit »commitment« was im Deutschen die Bedeutungen »Verpflichtung«, »Bekenntnis zu« »Festlegung«, »Hingabe« enthält. Blickt man auf die konvertierende Person, so lässt sich Konversion als persönliche Entdeckungsreise, Erneuerung, Transformation, die als »Fortschritt« gedeutet wird, betrachten.[40] Blasi spricht von „redirection of foundational trust“ (ebd.), wobei er verschiedene Modelle diskutiert, die nicht zuletzt auf Grund unterschiedlicher Forschungsperspektiven variieren (Lofland und Stark; Bankston, Forsyth und Floyd; Greil und Rudy; Rambo; Staples und Mauss; Gooren). Sein Interesse gilt dabei den sozialen Prozessen auf Grund von dealigment und realignment in Gruppenloyalitäten (vgl. ders. 2009, S. 11-15) Das englische »conversion« wiederum beinhaltet die zwei Bedeutungen »Konversion« und »Bekehrung«. Im Begriff »Bekehrung« schwingt die Vorstellung von Rückkehr auf den richtigen Weg mit. Das franckisch-pietistische Bekehrungsmodell, das sich in strenger momenthafter oder variierter prozessualer Fassung im erwecklich-pietistischen Umfeld findet, teilt die Bekehrung in folgende Momente ein: Gnade, Sündenerkenntnis, Buße/Bußkampf, Sündenbekenntnis, Wiedergeburt.[41] Das aktuelle RGG verweist beim Stichwort »Konversion« auf die Artikel „Bekehrung/Konversion“ und „Proselyten/Proselytismus“ (RGG4, Bd. 4 (2008), 1653). Bereits diese Verweise geben einen schalen Beigeschmack auf den Vorwurf, erweckliches Missionsbemühen sei „sheep stealing“.[42] Das Unterkapitel „VII. Missionswissenschaftlich“ ist ebenso kritisch, wenn auch weniger aus ökumenischen Rücksichten heraus, vielmehr aus Gründen interreligiösen Toleranzbemühens.[43] Dennoch bietet der Artikel zur Bekehrung insgesamt einen ausgewogenen und umfassenden Überblick.[44] Er beginnt mit „I. Religionswissenschaftlich“ den definitorischen Teil auffallend allgemein:
„B. bezeichnet den rel. gedeuteten Prozess ganzheitlicher Umorientierung, in welcher ein einzelner Mensch oder eine Gruppe das vergangene Leben reinterpretiert, die Abwendung von diesem vollzieht und das künftige in einem veränderten gesellschaftlichen Beziehungsnetz neu historisch gestaltet.“[45]

Auf römisch-katholischer Seite wurde vor dem II. Vatikanischen Konzil die Konversion zur katholischen Kirche als Rückkehr in die wahre Kirche betitelt, da die protestantischen Kirchen nicht als Kirchen im Vollsinn anerkannt wurden oder gar als häretisch galten (Wojtczak 2009, S. 22f.). Das aktuelle LThK jedoch definiert »Konversion« „im allg. die persönl. Bereitschaft, einer bestimmten Religionsgemeinschaft beizutreten.“ Dem folgt die kirchenrechtliche Seite der Konversion und als zweiter Punkt der praktisch-theologische Aspekt.[46]
Länger hingegen ist der Artikel über »Bekehrung«, der wie das RGG mit einem definitorischen Teil beginnt, der mit „Religionsgeschichtlich“ überschrieben ist. Er betont die „Pluralität der Religionen“ als Voraussetzung für Bekehrung und liefert daraufhin eine traditionell religionsphänomenologische Definition: „Allgemein kann v. B. gesprochen werden, wo der Mensch v. Heiligen ergriffen wird u. sich seiner Religion vergewissert […]. Dies […] umfasst B.-Vorgänge innerhalb einer Religion wie auch den Religionswechsel.“ Es folgen Merkmale wie Wiedergeburt, Religionswechsel, Entscheidung, „die willentl. Übernahme einer neuen Grundbestimmung des Lebens“.[47]
Dennoch ist mir hier eine nochmalige Unterscheidung zwischen »Bekehrung« und »Konversion« wichtig. Während erstere durchaus auch Binnenkonversion, also die Neu- oder Wiederentdeckung des Glaubensangebotes, in das man hineingeboren worden war, wodurch es zu einer revitalisierten Religiosität kommt, enthalten kann, ist dieses Phänomen m.E. nicht im eigentlichen Sinne eine Konversion. Konversion soll hier nur im ganz engen Sinne als Glaubenswechsel von einer Religionsgemeinschaft in eine andere verwendet werden.
Allen Definitionen gemein ist allerdings, dass religiöse Konversion drei Momente beinhaltet: Das Freiheitsmoment individueller Entscheidung und das Bedürfnis nach Ganzheitlichkeit, die auf die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe, einem Kollektiv, ausgerichtet sind. Es ist daher kein Zufall, dass die Konversionsforschung mit der beginnenden Religionssoziologie Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts zusammenfällt. Für die Kontinentaleuropäische Forschung mögen hier Max Weber, Emile Durkheim und Georg Simmel stehen.

Entsprechend setzt die angloamerikanische wissenschaftliche Erforschung von Konversion mit dem religionspsychologischen Buch von William James „The Varieties of Religious Experience: A Study in Human Nature“ von 1902 ein – also in dem Land, das sich als Vorbild des religiösen Pluralismus und als Motor des Fortschritts versteht.[48] Eine gute Übersicht über die religionssoziologische Konversionsforschung bietet Roberto Cipriani.[49] Hierbei und bei Steve Bruce wird deutlich, dass diese Forschung auf den Theorien der Chicagoer Schule, insbesondere auf dem von Husserls Phänomenologie inspiriertem Alltags-, bzw. Lebensweltkonzept von Schütz, Luckmann und Berger aufbauen.[50] Bruce klassifiziert in einem anderen Überblick drei Erklärungsansätze, die sich mit der Zeit herausgebildet haben: Zunächst das Modell der Gehirnwäsche,[51] dann in Anlehnung an Lofland und Stark[52] ein passives Modell: Demnach würden soziale Strukturen in Menschen Bedürfnisse wecken oder zu einer Konversion Prädispositionen anlegen. Dazu kämen dann Rekrutierungsagenten von Bewegungen, die andere Menschen so manipulieren, dass diese beitreten (vgl. Bruce 2006, S. 4f.). Den dritten, aktiven, Ansatz umschreibt Bruce als den „autonomous seeker“ (Bruce 2006, S.5). Für die letzte Richtung stünden insbesondere Bromley und Shupe, die die Rationalität des Konvertiten betonten: „Conversion is […] something the knowing choosing individual accomplishes“ (Bruce 2006, S. 5) Solche akteurszentrierten Ansätze gehen davon aus, „that the fundamental unit of social life at any level of abstraction must remain the concrete human interactant, and that the atomic unit of social organization is the social act.”[53] Hier hinein passt das Marktmodell des rational choice-Ansatzes:[54] Er stellt fest, dass sich Menschen nach einer Kennenlern- und Experimentierphase, die Vor- und Nachteile abwägend, für oder gegen das neue religiöse Angebot entscheiden (vgl. Bruce 2006., S. 5f.). Was jedoch die Gründe dafür sind, weist wiederum auf das Resümee von Steve Bruce: „Striking the correct balance between structure and agency remains a fundamental challenge for sociology“ (Bruce 2006, S. 11). Insbesondere der Ansatz von Rambo betont das Prozesshafte am Geschehen der Konversion.[55] Neuere Ansätze entwickeln daher multikausale Erklärungsmuster. Henri Gooren[56] z.B. verbindet ein Verlaufsmodell religiösen Engagements – „pre-affiliation, affiliation, conversion, confession, and disaffiliation“ (Gooren 2006, S. 38) – mit einem Mix aus vier Faktoren: Persönlichkeit, situative Rahmung, rechtliche und soziale Faktoren (Gooren 2006, S. 38f.). Snow und Machalek wiesen bereits 1984 kritisch darauf hin, dass es dringender umfassender Fragestellungen bedürfe und lenkten ihr Augenmerk auf die Analyse von Konversionssprache.[57] Davon inspiriert entwickelten Staples und Mauss deren nach wie vor eher passiv-strukturalistisch orientierten Ansatz („happens to“) weiter zu einem akteurszentrierten Fokus, der sich auf das Selbstbekenntnis der KonvertitInnen konzentrierte.[58]
Als eine Brücke zwischen Religionspsychologie und -soziologie sowie Literaturwissenschaft kann der Aufsatz von Hetty Zock angesehen werden: „Paradigms in Psychological Conversion Research. Between Social Science and Literary Analysis“.[59] Nach einem Überblick über die religionspychologische Forschung seit William James (Zock 2006, S. 46-54) benennt sie das „biographical-narrative paradigm“ als „an eloboration of the active interindividual paradigm“ (Zock 2006, S. 55) Wird Konversion als Konversionserzählung betrachtet, ergebe sich daraus die Frage nach der Relation zwischen „stories and »real live«“ (ebd.)[60] Ab hier kann der linguistic turn ansetzen und Konversion als Konversionserzählung begriffen werden.
Interessanter Weise setzen Konversionszeugnisse dabei nicht erst in der Neuzeit und verstärkt im 19. Jahrhundert an, entsprechend dem Paradigma fortschreitender Individualisierung und Pluralisierung, sondern gehen als sozusagen das »Urschema« von Konversion bis zu Augustins Confessiones zurück. Dabei fällt auf, dass »konvertieren« und »bekennen« ineinandergreifen. Gleichzeitig ist Konversion auf Totalität angelegt. Ein früheres religiöses Angebot wird abgelehnt, wenn auch in der Regel nicht vollkommen verworfen, und ein neues als angeblich besseres dagegengesetzt. Inwiefern dabei »Wahrheiten« gegeneinander ausgespielt werden, die neue Überzeugung als scheinbar höherwertig bewertet wird, abgrenzend wirkt und sich der/die KonvertitIn in seinem/ihrem Rechtfertigungsbedürfnis und Bekenntnisauftrag als neue/r KonvertierungsagentIn erweist, kommt auf den Ideologisierungsgrad des neuen Weltbildes im Aneignungsprozess an. Nicht immer muss ein Wechsel von einer religiösen Gruppe in die andere mit einer totalen Konversion gleichgesetzt werden. Wichtig ist allein, dass die portable Kosmologie[61] alltagstauglich trägt. Hier kann wohl – wie die Gallup-Studien in den USA seit den 1950er Jahren zeigen konnten – immer mehr von religiöser Präferenz gesprochen werden entsprechend der fortschreitenden Dynamisierung der Gesellschaft.[62]
Von daher müssen die religiösen trajectories in Lebensläufen genau analysiert werden: Welche Motivationen spielten beim Wechsel eine Rolle, wie wurden sie gewichtet? In welchem Verhältnis stehen soziale Gründe und Ideologisierungen? Lassen sich fließende Übergänge, alignments, de- und realignments beobachten, womöglich mehrfacher Gruppenwechsel im Laufe des Lebens, Hybridisierungen in den Überzeugungen, Mehrfachzugehörigkeiten, „fluide Religion“[63] bei einem geringen Ideologisierungsgrad in der Motivation, handelt es sich wohl eher um Präferenz. Erweist sich der Religions-, bzw. Konfessionswechsel als reflexiv, hart durchgekämpfter, an dessen Ende dann ein öffentlicher Akt des Bruches mit der früheren religiösen Lebenswelt und des Bekenntnisses zur neuen steht, das als total empfunden wird und dann auch propagandistisch verkündet wird, handelt es sich eher um Konversion. In diesem Sinne wäre dann Konversion eindeutig ideologischer orientiert als Präferenz. Freilich zeigt diese definitorische Gegenüberstellung zugleich, dass es hier Mischformen geben kann, die im Einzelfall nachgezeichnet werden müssen. So bleibt die Frage offen, ob nicht beim Wechsel von einer Religion zur anderen man weiterhin an der verlassenen Konfessionskultur teilhat, es zu einer konfessionellen Transkulturalität, bzw. Transdifferenz kommt.[64]
Gibt es womöglich – dies gleichermaßen eine religionssoziologische wie geschichtswissenschaftliche Frage – Wellenbewegungen, in denen es gesellschaftlich eher zu Präferenzen oder zu Konversionen kommt? In welchem Verhältnis sind beide zueinander zu sehen? Inwiefern lassen diese Entwicklungen Aussagen zu zu möglichen historischen Zäsuren, zu Periodisierungsfragen? Hier müssen Makro-, Meso- und Mikro-Perspektive, quantitative und qualitative Forschung, strukturelle und akteurszentrierte Ansätze ineinandergreifen, um möglichst umfassende Bilder zu liefern. Die Methodenabgrenzung sollte somit durchbrochen werden zu einer Methodenpluralität, die begründet am Einzelfall angewendet wird.
Auf der Mikro-Ebene gehört zum Begriff der trajectories in diesem Zusammenhang im Sinne von Bourdieu auch der Begriff des habitus. Denn der Wechsel ist nicht ausschließlich eine intellektuelle Leistung. Dies hat allein schon die Abgrenzung zum Begriff der Präferenz gezeigt. Vielmehr umfasst er den Bereich des körperlichen Erlebens in zweifacher Weise: zum einen im psychologischen Sinne den Bereich des Unter- und Vorbewussten[65], zum anderen im Sinne des tagtäglichen Vollzugs des religiös ausgerichteten Alltagslebens.[66] Das Ritual dient hier dem Konvertiten/der Konvertitin und dem soziales Umfeld gleichermaßen als sinn(en)hafte transitorische Zeichenhandlung als Grenzziehung und Bestätigung: Es bekräftigt die Abtrennung von der bisherigen Welt und die Zugehörigkeit zur neuen Welt – deren jeweiligen Weltbild und Gruppe.[67] Durch das Ritual erfährt sich der/die KonvertitIn hineinversetzt in eine neue, selbstgewählte, religiöse Lebenswelt, deren Lebensvollzüge er/sie von nun an tagtäglich ausgesetzt ist und die mitzuleben er/sie immer wieder aufs Neue sich entscheidend bestätigt. Da er/sie für die verlassene Gemeinschaft als Apostat angesehen werden kann und für die angenommene Gemeinschaft als nicht wirklich dazugehörig, sieht der/die KonvertitIn /ihre neue Position beständig auf dem Prüfstand. Die neue Lebenswelt muss daher verlässliche Ankerpunkte und symbolische Differenz-Marker aufweisen, mittels derer die/der KonvertitIn seine/ihre fragile Stabilität herstellen und schließlich festigen kann – für die eigene Identitätsbildung und die tagtägliche Lebensführung, sie kann nicht in bloßer Opposition[68] verharren. Finden sich keine relevanten Möglichkeiten zur Vereindeutigung, kann das zu Enttäuschung, zur Krise bis zu einer etwaigen erneuten Distanzierung, damit einem dealignement, führen. Mit der Konversion ist somit die Lebensgeschichte nicht zu Ende, so dass durchaus eine Analogie mit dem Phänomen der Pilgerschaft ins Auge stechen mag.[69] So benutzte z.B. Cordula Wöhler als Pseudonym häufig den Namen „Cordula Peregrina“. Dies erklärt die betont konservative Außenansicht, die KonvertitInnen häufig vermitteln.
In der deutschen Forschung scheint sich die Beschäftigung mit Konversionserzählungen im Kontext der qualitativ orientierten Lebenslauf- und Biographieforschung durchgesetzt zu haben.[70] Hierfür stehen exemplarisch Wohlrab-Sahr, Krech und Knoblauch. In einem Überblicksartikel teilen sie die Forschung in vier Vorgehensweisen ein: Verlaufsforschung, Ursachenforschung, Forschungen zu den sozialen Kontextbedingungen, Konversion und linguistic turn. Einen breiten Raum nimmt bei ihnen die Diskussion um die Erforschung von Konversionserzählungen ein: Analyseprobleme, deren Struktur, der Stellenwert der Erzählung für die Konzeptualisierung von Konversion und das Verhältnis von Struktur und Prozess. Auf sprachlicher Ebene müssen für sie
„zwei Bedingungen erfüllt sein: Zum einen muß die Thematisierung den Wandel als einen radikalen, einschneidenden, bedeutungsvollen und für das weitere Leben folgenreichen Bruch mit der Vergangenheit schildern. Zum anderen muß der Wandel sowohl auf individueller (Biographie, Selbstkonzept) als auch auf intersubjektiver Ebene (Diskursuniversum, Symbolsystem) thematisiert werden. Die Verbindung von beiden Ebenen des Wechsels wird dadurch ermöglicht, daß die zur Hilfe genommenen Sprachmuster letztverbindlich sind und höchste (Be-)Deutungsrelevanz besitzen, d.h. sie müssen via Symbole die anderen Sinnbereiche (Schütz) mit Bedeutung versehen und auf diese Weise zu einem einheitlichen System integrieren. Unter dieser Perspektive erfüllt die Formensprache der religiösen Konversion die doppelte Funktion sozialer Integration und personaler Individuation: Soziale Integration erfolgt über die Adaption eines in der Bezugsgruppe intersubjektiv gültigen Deutungsmusters, während personale Individuation über die Konstitution einer neuen Identität des »wahren Selbst« ermöglicht wird, was wiederum in Einklang mit der Gruppenidentität steht.“ (Wohlrab-Sahr, Krech, Knoblauch 1998, S. 27)[71]

Konversion als kommunikative Handlung – doing conversion – gedacht weist somit drei Merkmale auf: „Thematisierung eines emotional geprägten Krisenerlebnisses“, „Bericht über den Vollzug des Wechsels des Symbolsystems“ und die „Anwendung des neuen Symbolsystems auf die eigene Biographie sowie sämtliche (re)interpretationsbedürftige Sachverhalte“ (ebd.). Die AutorInnen stellen folgerichtig die Gattungsfrage und die Frage nach dem Zusammenhang von Symbolsystem und Sozialstruktur, was wiederum zu den an der Konversion „beteiligten sozialstrukturellen und kontextuellen Faktoren“ (vgl. Wohlrab-Sahr, Krech, Knoblauch 1998, S. 28-30. Zitat S. 29) zurückführt. Hinter der Konzentration auf den Text steckt die epistemologische Erkenntnis, dass Erleben als Erfahrung nur durch Sprache kommunikabel wird. Damit ist religiöse Erfahrung von Anfang an mit „sozialem Sinn“[72] vorgeformt, das gilt sowohl für die persönliche Aneignung im Identitätsbildungsprozess als auch in der Kommunikation und damit Anschlussfähigkeit im sozialen Feld.
Für die historische Arbeit ist sicherlich dieser Ansatz für die Quellenanalyse anschlussfähiger als die auf Gruppenprozesse fokussierte Religionssoziologie. Folgende Merkmale können nach Wolfgang Schwentker als für Konversionserzählungen insbesondere im 19. Jahrhundert typische ausgemacht werden: Sie haben in der Regel einen „antagonistischen Erzählmodus“ und sind dialogisch angelegt. Die RezipientInnen werden emotional in das Geschehen hineingenommen, es soll eine Identifikation mit dem/der AutorIn erfolgen. Deshalb sind starke Dichotomien üblich. Schaser spricht von Tragödie und Katharsis, veränderten geographischen Räumen, dem Versuch, Brücken zwischen dem alten und dem neuen Leben zu bauen, wobei selbstverständlich das neue höher bewertet wurde (vgl. Schaser 2012, S. 386-391.)
„Abgrenzung und Gemeinschaftsbildung verlangen nach einer doppelten inhaltlichen Ausrichtung: Die Erzählungen sind einerseits als Rechtfertigungsschriften gegenüber der […] Gemeinschaft, die man verlassen hat, angelegt; andererseits dienen sie der Rechtfertigung der Konversion gegenüber der neuen Gemeinschaft“.[73]

Textkritisch werden die Quellen hinsichtlich der Strukturierung der Konversionserzählung zu untersuchen sein: der Anordnung, der Auswahl des Dargestellten und deren Akzentuierungen, Anfang und Ende. Kauppert nennt sie „Darstellungen von Wendepunkten im Lebenslauf“, „dramatische Erzählungen“, so dass zwei Zeitmodi zentral sind: vor und nach der Konversion (Kauppert 2010, S. 120). In der Regel enthalten sie einen zeitlichen Dreischritt: die Zeit vor der Konversion, die sehr ausführlich geschildert wird, die Konversion selbst, die meist bedeutend kürzer ausfällt, und die Zeit danach, die im Grunde nicht geschildert wird.
Die im 19. Jahrhundert konvertierten AutorInnen setzen sich mit den Auswirkungen der Französischen Revolution und der Napoleonischen Kriege auseinander, wie mit den Revolutionen von 1830 und 1848. Auch diskutieren sie die Zentralisierungsbestrebungen des Vatikans mit seinem Höhepunkt 1870/71.[74] Vor allem sind es Adelige und Bürgerliche, die schreiben, insbesondere aus der Beamtenschaft und dem Wissenschaftsbereich. „Sie verfügen über einen bestimmten Bildungsgrad und reflektieren ihre Rolle als Mitglieder einer konfessionell gespaltenen Gesellschaft. […] Die Adressaten […] sind sowohl Protestanten, denen der Übertritt in eine andere Religionsgemeinschaft erklärt oder nahegelegt wird, und Katholiken, denen gegenüber die Ernsthaftigkeit dieses Schrittes dokumentiert wird. Als potentielle Leser haben die AutorInnen zunächst an Familienmitglieder, Freunde und Angehörige der eigenen Berufsgruppe gedacht“ (Schwentker 2012, S. 425f., s. auch S. 424), wobei diese von institutioneller Seite her womöglich strategisch in den öffentlichen Raum erweitert werden kann. Dies habe, so Schaser, auf katholischer Seite zu einem regelrechten Konvertitenkanon geführt, der dann wieder ein Identifikationsmoment für potentielle neue KonvertitInnen darstellte (vgl. Schaser 2012, S. 392-397).


»Heimat«

Das Vorher-Nachher-Schema mit seinem bewertenden Fortschrittsmoment führt zur nöchsten Analysekategorie: der Konstruktion von »Heimat«. Hierfür können die Theorien zur Konstruktion von »Nation« wie sie insbesondere von Hobsbawn, Anderson und Chatterjee konzipiert worden sind, hinzugezogen werden und mit den beiden Identitätsmarkern »Geschlecht« und »Religionszugehörigkeit«, also »Konfession« gebündelt werden. Demnach ist »Heimat« ein idealisierter Raum, der – wie »Nation« Tradition identifiziert, erfindet, Gemeinschaft imaginiert und eine spiritual domain bereithält. »Heimat« ist somit ein imaginierter Ort der Selbst-Identifikation, ein Ankerpunkt, das Gefühl von Zugehörigkeit und der Solidarisierung. Im Unterschied zu »Geschlecht« und »Konfession« ist »Heimat« der gestaltete Raum, in dem das Subjekt sich bewegt. Im Unterschied zu »Nation« zielt »Heimat« nicht primär auf die Identifikation mit einem politischen Raum, sondern auf alltagswirkliche Kreise der Zugehörigkeit, ist daher nicht notwendiger Weise deckungsgleich mit »Nation«, kann mit dieser sogar konträr gehen. Die alltagswirklichen Kreise der Zugehörigkeit können »das Heim« – »Heim und Herd« – umfassen, emotional positiv konnotierte alltägliche Erfahrungsräume wie z.B. das Dorf oder den Stadtteil, in dem man sich bewegt, »Wald und Flur«, aber auch religiöse Räume wie Bekenntnis, Kirche(nraum), Riten, die Gemeinschaft der Mitgläubigen. Die Identifikation mit dem Raum muss jedoch immer wieder neu hergestellt, gestaltet werden, die Mitte gesucht, die Grenzen gesteckt werden. Der Identifikationsraum »Heimat« ist somit ebenfalls ein gemachter im Prozess – doing Heimat, auch wenn er Tag für Tag tatsächlich immer wieder neu und variabel durchschritten wird.
In Kombination mit »Konfession« kann von einem Wechsel der religiösen »Heimat«, bzw. »Beheimatung« gesprochen werden. Dieser Wechsel wird in der (auto)biographischen Erzählung der Konversionserzählung begründet und mittels des alltäglichen Frömmigkeitsvollzugs immer wieder neu hergestellt – als Selbstvergewisserung und Repräsentation. Bei Cordula Wöhler bspw. ging mit dem religiösen Heimatwechsel auch ein geographischer Wechsel einher – von Mecklenburg nach Tirol.
In Kombination mit »Geschlecht« ist zu fragen, inwiefern naturhafte, soziale und materielle Marker des Raumes nicht nur als »Heimat« stiftend, sondern auch als geschlechtsidentifikatorisch bewertet werden. Mögliche Raum schaffende Punkte können für KonvertitInnen z.B. das Priesterbild, die Frage der Marienverehrung, die Komposition des Kirchenraums (Altar und Altarraum, Ewiges Licht, Tabernakel, Heiligenfiguren, etc.) oder die geschlechtsspezifischen Rollen- und Berufsangebote für Männer und Frauen in der katholischen Kirche sein.
Im Zuge der Neukonfessionalisierung im 19. Jahrhundert bestach der Katholizismus mit seinen kontroverstheologischen Argumenten eines einheitsstiftenden Kirchenraums, eines angeblich sicheren Bodens der Tradition, und – hier griff im Zuge der Formierung des deutschen Nationalstaats und den damit verbundenen Kulturkämpfen »Heimat« über in »Nation« – die romantische Sehnsucht nach dem vorgeblich einst heilen Heiligen Römischen Reich des Mittelalters. »Heimat« und »Geschlecht« funktionierten somit gleichermaßen privat und öffentlich.

Cordula Wöhler/Peregrina/Schmid in kurzen Schlaglichtern – Fazit

Der Performanzansatz des doing ermöglicht es, im Zusammenspiel von Analysekategorien, verschiedenste Ansätze der Biographieforschung, von Identitätsdiskursen, der Genderforschung (hier insbesondere den Intersektionalitätsansatz) und der Religionssoziologie zu verquicken und für die historische Analyse von Konversionen fruchtbar zu machen. Indem Konversionen als gestaltete Identitätsprozesse in gestalteten Identitätsräumen begriffen werden, können Mikrohistorie und strukturgeschichtliche Zugänge miteinander in differenzierte Beziehungen gesetzt werden.
Für das (lange) 19. Jahrhundert im deutschen Sprachraum ist zu bemerken, dass religiöse Identitätsdiskurse mittels der Kategorie »Geschlecht« die Kategorien »privat« und »öffentlich«, »Heimat« und »Nation« miteinander verquickten. Konversionen von Frauen können daher nicht als unpolitisch (ab)qualifiziert werden. Ganz im Gegenteil spielten sie eine wichtige Rolle in der umkämpften Gestaltung ihrer Gesellschaft. Cordula Wöhlers biographische Selbststilisierungen in ihren Publikationen hatten bspw. eine Doppelfunktion von Werbung als Herstellung von Authentizität und von konservativer Positionierung:
„Es ist wohl nur zu natürlich, dass eine Seele, die nicht in der katholischen Kirche geboren, sondern erst in späteren Jahren, nach langen, heißen Kämpfen und schweren Opfern, Heimat und Kindsrecht in ihr gewonnen, den ganzen großen Gnadenreichthum, den sie birgt, wohl noch tiefer bewundern, dankbarer schätzen und freudiger preisen lernt, als selbst ein geborener Katholik, denn der frühere Mangel macht selbstverständlich die Seele um so dankbarer für den nunmehrigen Überfluss. […] Eine zur heiligen Kirche heimgekehrte Seele muss alle Tage aufs neue jubeln“. „[…] So sind denn auch – einige Jahre nach der Aufnahme in die heilige Kirche – der glücklichen, danküberströmenden Seele die hier vorliegenden schlichten Lieder entquollen […].“[75]

Diese Funktion als Propagandafigur der Tiroler Konservativen wurde durchaus von der liberalen Opposition wahrgenommen und angegriffen:

„An Cordula Peregrina
Eine »ambrosische Hymne aus der Ewigkeit.

Peregrina Cordula!
Bisch auch noch da?
Ist verstummt denn deine Harfe
Unter deiner müß´gen Hand,
Seit die Zeit, die neue, scharfe,
So herum weht in dem Land?
In die Kirchen und Kapellen
Weht sie gräßlich schon hinein,
Wirft den Blitz, den sündig-grellen,
Frech in Wachslichtstumpenschein.
Sänger, die die Harfe haben,
Brauchen wir, wie sonst noch nie:
Meßner; Ministrantenbuben
Lechzen nach der Poesie!
Cordula!
Bisch da?

[…]

Peregrina Cordula!
Bisch endlich da?
Ach! jetzt noch der grimme »Scherer«,
Der die frommen Harfen stört!
Rander! macht´s decht Einen Plärer,
Dass man endlich eppes hört!
Sauft´s brav Wein, daß ihr begeistert
Seid zum Dichten! Sauft´s Kaffee!
Sauft´s daß Poesie euch meistert,
Lyrischen Kamillenthee!
Nur, nit still sein! Auf! zu Werken
Wider das moderne Pack!
Nacher mag euch wieder stärken
Weihrauch, Käs und Schnupftabak!
Cordula!
Bisch da?“[76]

Zugegeben, Cordula Wöhler war konservativ. Bis zu ihrem Tod blieb sie kaisertreu und in der römisch-katholischen Kirche verwurzelt. Als die alte Ordnung im Ersten Weltkrieg unterging, galt ihre Sorge dem Seelenheil der Soldaten und ihrer Angehörigen. Offen kritische Töne lagen ihr fern. Ihre Loyalität galt den beiden Kaiserhäusern:
O, mein Klärchen, wie wehmütig wird dies Weihnachtsfest werden in Gedanken an all´ unsre braven Soldaten im Felde, die hungern u. frieren u. kämpfen u. tausend Leiden erdulden müssen! Da kann sich ja kein Mensch freuen [sic!]! Ob es wahr ist daß, wie in den Zeitungen steht, – die Deutschen in Flandern u. Frankreich so namenlos viel von den listigen u. grausamen Gurkas[77] zu leiden haben u. gradezu abgeschlachtet werden in den Schützengräben? Neulich stand es in den Zeitungen, man kann die Schauerberichte kaum lesen! Welchen Fluch wird es England u. Frankreich bringen, diese wilden Horden herbei gerufen zu haben, um Deutschland zu vernichten! Wie viele Schwazer sind schon gefallen! Tag für Tag muß ich Totenverse dichten, natürlich alles umsonst, für die gefallenen Krieger von nah und fern. Wie gern tue ich den trauernden Angehörigen diesen Liebesdienst.[78]

Selbst wenn sie anderer Meinung war, ordnete sie sich, zumindest vordergründig, ihrem Mann unter. Dabei war sie diejenige, die das Geld verdiente und für ihre Familie sorgte.
Ich meinerseits hätte – mit Ausnahmen natürlich der 2 hl. Messen – am liebsten alles Geld für arme Kranke zurückgelegt u. so verwendet, aber Josef stimmte so sehr für den Vincentiusverein, daß ich ihm folgen mußte.[79]
Viel habe ich mich in Gedanken mit Ihnen beschäftigt, brachte es aber leider zu keinem Brief, denn durch Josefs gänzliche Arbeitsunfähigkeit hat sich meine Arbeit noch um vieles vermehrt, u. gehöre ich mir auch keine Minute mehr selber an! Es ist ein so angestrengtes u. nach allen Seiten in Anspruch genommenes Leben, daß ich mitunter ganz erschöpft bin.[80]

So offenbaren sich in ihrer Biographie überraschende Kontinuitäten und Inkonsistenzen, die allzu eindeutige Charakterisierungen und Zuordnungen brüchig werden lassen. An dieser Stelle können nur einige Schlaglichter aufgeworfen werden:
Die Pfarrerstochter aus Mecklenburg blieb nach ihrer Konversion nicht etwa ledig, verdiente ihren Lebensunterhalt nicht als Gouvernante und trat auch nicht einem Orden bei. In Hinblick auf ihre Tagebuch-Schwärmereien in den vollständig erhaltenen Jahrgängen 1861 und 1862[81] für Helene von Bülow und die Diakonissen-Anstalt in Ludwigslust wäre Letzteres die logische Konsequenz gewesen. Doch auch ihre Ehe mit Josef Anton Schmid aus Bregenz, die Cordula Wöhler am 17.08.1876 in Rietzlern bei Bregenz eingegangen war,[82] war alles andere als gewöhnlich: Die beiden führten nachweislich eine Josefsehe: „Brachte einen Brief von Alb. Stolz, worin dieser C.S. schreibt ‚ich vermuthe eine Josephs-Ehe‘ – u. es ganz natürlich findet u. nichts dagegen hat.“[83] Zudem war Cordula Wöhler noch am 02.08.1876 dem unregulierten dritten Orden des Hl. Franziskus beigetreten.[84] Das Ehepaar adoptierte zwei Mädchen: 1883 eine Marie und 1887 eine Anna.[85] In dieser Konstellation führte die Familie, ähnlich wie ein evangelisches Pfarrhaus, eine vorbildhaft katholische Ehe, die der religiösen Schriftstellerin weitere Glaubwürdigkeit verlieh und für die dieses Leben der Idealzustand darstellte:
Einen braven Mann, – liebe, hoffnungsvolle Kinder – ein so still, einsam u. schön gelegenes Heim – ein Leben in größter Stille u. Abgeschiedenheit von der Welt, – in kirchlicher Beziehung Alles was sich nur wünschen läßt, u. einen Beichtvater so klar, ernst u. gotterleuchtet, wie vielleicht unter Hunderten kaum einer zu finden, – was könnte ich noch mehr verlangen, oder wie konnte ich´s je besser haben?[86]

Vergleicht man zudem bspw. die Tagebuchaufzeichnungen Cordula Wöhlers aus ihrer Jugendzeit in Lichtenhagen mit ihren Briefen an Clara Zumnorde, fallen weitere Parallelen ins Auge: Cordula Wöhler war es gewohnt, von Früh bis Spät hart zu arbeiten: Neben dem Haushalt hatte sie ihre zwei jüngeren Schwestern Marie und Clara zu versorgen, beim Unterricht in der Dorfschule auszuhelfen und immer wieder Besuch – ob angekündigt oder nicht – im gastfreien und geselligen Pfarrhaus zu bewirten. Sehr früh war ihr viel Verantwortung aufgetragen worden, die ihr sehr viel Kraft abverlangte, begleitet von diversen Krankheitsbildern. Der Verantwortungsdruck setzte sich in ihrer Zeit in Österreich fort, ebenso wie ihre Migräneanfälle und Bauchschmerzen. Am Ende ihres Lebens kommen Herzprobleme und ein schlimmes Beinleiden mit ständig offenen und blutenden Wunden dazu. Sie stirbt letztlich an Erschöpfung verursacht durch ständige heftige Schmerzen und körperliche Entkräftung. Ihre Herausforderungen und Leiden verarbeitet sie mit der Tradition christlicher Leidensmystik angefangen mit der Lektüre von Thomas von Kempen in Mecklenburg über katholisch-sakramentale Kreuzesmystik[87] bis hin zur alltäglichen Übung der Aufopferung.
Während Julius Karl Mayer den Konflikt zwischen Cordula Wöhler und ihrer Familie, nicht zuletzt mit Hilfe der nicht mehr vorhandenen Tagebücher, zuspitzend darstellte,[88] zeichnen Cordula Wöhlers private Briefe an ihre Freundin Clara Zumnorde ein differenzierteres Bild: Zwar bestätigt sie den für beide Seiten äußerst schmerzlichen Bruch, den ihre Konversion verursachte und der sogar ihre Verbannung und Enterbung zur Folge hatte. Allerdings erklären sich diese harten Konsequenzen aus der Nähe des Vaters zur Mecklenburg-Schwerinischen Kirchenleitung:
Vor dem Hintergrund des I. Vatikanischen Konzils mit dem gerade erst verkündeten Unfehlbarkeitsdogma, sowie vor dem Hintergrund des Badischen Kulturkampfes, in dem Alban Stolz sich hinter Lothar von Kübel gestellt hatte, bedeutete Cordula Wöhlers Nähe zu Freiburg ein Politikum. Sie war für das Pfarrhaus nicht mehr tragbar.“[89]

Abgefedert wurde die erzwungene Trennung dadurch, dass Cordula Wöhler bei ihrem Weggang anscheinend eine Grundausstattung an Aussteuer mitbekam.[90] Auch suchten, trotz aller konfessioneller Grenzziehungen, nach einer Weile beide Seiten wieder den gegenseitigen Kontakt. Es folgten Besuche der Wöhlers in Bregenz und Schwaz sowie gemeinsame Treffen im bayrisch-österreichischem Raum.
Für die Schriftstellerin stellte ein Priester eine Person mit besonderer religiöser Aura in einem besonderen Stand der Heiligkeit dar.[91] Damit besaß dieser jedoch auch eine entsprechende Verantwortung. Dementsprechend rief bei ihr klerikaler Machtmissbrauch Empörung hervor, insbesondere wenn es die eigene Familie und ihre Lebensplanung direkt betraf: So gab sie einem Pater in Schwaz die Schuld am frühen Tod ihrer älteren Ziehtochter Marie, an der Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes und an ihrer nicht geringer werdenden Belastung:
Beruf hatte sie keinen für den Ordensstand eine unsinnige Schwärmerei für einen Beichtvater, bei dem sie viel gelten wollte u. der ihr recht zuredete, in den Orden zu treten, hat sie eigentlich zu dem Schritt gebracht, trotz all´ meines Mahnens u. Warnens. Aber als sie nach 2 Jahren Bedenkzeit, die ich mir ausbedungen, dennoch des Beichtvaters wegen bei ihrem Entschluß blieb u. mich > uns < obendrein noch auf alle mögliche Weise* hinterging, blieb mir nichts anderes übrig, als sie ihrem Willen folgen zu lassen, wenn auch mit wundem Herzen. […] Dieser Pater wird vor Gott einst eine große Verantwortung haben, – ich möchte sie nicht teilen! Ob die Marie mit den fallenden Blättern im Herbst in´s Grab sinken wird! Ich glaube es eigentlich nicht, da sie sonst eine sehr zähe Natur hat; aber daß sie den vielen Nachtwachen, die einer barmherzigen Schwester obliegen, nicht gewachsen sein würde, habe ich ihr oft gesagt, – sie hatte immer ein großes Schlafbedürfnis u. konnte nie aus dem Bett finden, kurz, sie war in keiner Weise für diesen Berufe geeignet. Nun Gott hat alles so zugelassen, aber es waren schwere, bittre Zeiten, die mich um viele Jahre älter und hinfälliger gemacht haben. Mein Fuß ist jetzt auch wieder um vieles schlechter geworden, – die Wunden so groß u. so tief, daß ich mich kaum noch mit größter Willens Kraft in die Kirche schleppe, – die Schmerzen Tag u. Nacht sind ganz furchtbar, – oft pressen sie mir Tränen aus u. seufze ich im Stillen: O lieber Gott wie lange noch! – Daß ich gern stürbe, kannst Du Dir denken, – aber vielleicht muß ich Josefs wegen noch leben u. leiden. – Anna ist doch viel zu wenig practisch u. arbeitskräftig, um meine Stelle ersetzen zu können, – sie brauchte selber noch immer Jemand, der auf sie schaute u. sie an alles mahnte u. erinnerte, was sie tun sollte.[92]

Die öffentliche Cordula Wöhler thematisiert die versöhnlichen Entwicklungen nach ihrer Glaubensentscheidung nicht, ebenso wenig wie ihre Kleruskritik, ihre Schuldgefühle, Selbstzweifel und Leiden. Ihr Erfolg und vielleicht auch ihr eigener Anker ist die Herstellung heiler Beheimatungen in einer Zeit, die sich in mannigfaltigen Umbrüchen befindet: das ländliche und häusliche Idyll,[93] die katholische Welt jener »Maria“, die sie auf dem Hintergrund von 1870 für sich entdeckt hatte,[94] sowie insbesondere des „Allerheiligsten Altarsakraments“[95]. Hier verspricht eine gründliche Analyse der literarischen Erzeugnisse Cordula Peregrinas in der Zusammenschau und Kontrastierung mit ihren Selbstzeugnissen weiterführende Erkenntnisse, die allerdings an dieser Stelle aus Platzgründen unterbleiben müssen.
Wie diese wenigen Schlaglichter vor Augen führen gilt es, öffentliche und private Selbstzeugnisse miteinander abzugleichen und zu kontextualisieren. Bei bekannten Persönlichkeiten verführt womöglich der große Quellenkorpus zu allzu gewiss erscheinenden sekundären Narrativen. So weist vielleicht die bissig-ironische Frage des Scherers „Cordula! Bisch da?“[96] den besseren Weg: Auch wenn, wie bei Cordula Wöhler, verheiratete Schmid, Pilgerin im fin de siècle, die Quellenlage löchrig, die Biographie scheinbar banal und gleichzeitig umkämpft ist, so liegt womöglich gerade in dieser Gewöhnlichkeit und spannungsvollen Unzugänglichkeit die größere Chance, über die De- und Rekonstruktion von Differenzsetzungen und Selbst-Konstrukten – doing – an das Gefüge, die Struktur von Gesellschaften in ihren Zeiten im transparenten Dialog mit den eigenen Konstruktionen zu gelangen.

Zur Autorin:
Dr. Esther Hornung war Wiss. Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Reformationsgeschichte und Neuere Kirchengeschichte an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität-Bochum.

Anmerkungen:
[1] Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch mit dem Eigenteil des Bistums Würzburg. Würzburg 1975, Nr. 896. Die anheimelnde Melodie, die sicherlich zur Beliebtheit beigetragen hat, stammt von Karl Kindsmüller (1876-1955), Regensburg, vermutlich um oder nach 1916. Kindsmüller, Karl. BMLO 5/1 (09.08.2013). Http://bmlo.de/k0386, eingesehen am 05.05.2015; Nasritdinova, Heike: Kindsmüller, Karl. Http://www.oberpfaelzerkulturbund.de/cms/pages/kultur-der-oberpfalz/dbeintrag_details.php?id=120, eingesehen am 05.05.2015.
[2] Das Original ist nicht mehr vorhanden, da die Tagebücher von 1870 nicht mehr auffindbar sind. Dass es tatsächlich 1870 geschrieben wurde, dazu gibt es einige Hinweise in verschiedenen Quellen Cordula Wöhlers.
[3] Wojtczak, Maria: Aus zwei Glaubenswelten. Bekenntnisse konvertierter Autorinnen (1850-1918) (Posener Beiträge zur Germanistik, Bd. 10). Frankfurt a.M. u.a. 2009.
[4] Schaser, Angelika: Schreiben um dazuzugehören. Konversionserzählungen im 19. Jahrhundert. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Weimar, Wien 2012, S. 381-398, der Verweis in Fußnote 1, S. 381: Carl, Gesine und Schaser, Angelika: Konversionsberichte des 17. bis 19. Jahrhunderts als Selbstzeugnisse gelesen: Ergebnisse und Forschungsperspektiven. In: Das Religiöse der Gesellschaft – Das Gesellschaftliche der Religion, hg. v. Marc Föcking und Bruno Reudenbach. Münster u.a. war für 2012 angekündigt, ist aber noch nicht erschienen. Deshalb verweise ich auf http://www.geschkult.fu-berlin.de/e/konversionen/ergebnisse/beitraege/Konversionsberichte_als_Selbstzeugnisse_gelesen.pdf, eingesehen am 24.04.2015.
[5] Vgl. hierzu die umfassende Dissertation von Finck, Almut: Autobiographisches Schreiben nach dem Ende der Autobiographie (Münchener Universitätsschriften. Geschlechterdifferenz & Literatur. Publikationen des Münchner Graduiertenkollegs, Bd. 9). Berlin 1999, hier S. 116-118.
[6] Babka, Anna: Unterbrochen. Gender und die Tropen der Autobiographie. Wien 2002, S. 16.
[7] S. u.a.: Watson Bownley, Martine und Kimmich, Allison B. (Hg.): Women and Autobiography (Worlds of Women, Nr. 5). Wilmington DE 1999.
[8] Jensen Wallach, Jennifer: Building a Bridge of Words: The Literary Autobiography as Historical Source Material. In: Biography 29/3 (Sommer 2006), S. 446-461.
[9] Burke, Peter: Representations of the Self from Petrarch to Descartes. In: Rewriting the Self. Histories from the Renaissance to the Present, hg. v. Roy Porter. London, New York 1997, S. 17-28, hier S. 28, zitiert in: Brändle, Fabian u.a.: Texte zwischen Erfahrung und Diskurs. Probleme der Selbstzeugnisforschung. In: Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich. Europäische Selbstzeugnisse als historische Quellen (1500-1850), hg. v. Kaspar von Greyerz, Hans Medick und Patrice Veit (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 9). Köln, Weimar, Wien 2001, S. 3-31, hier S. 5, Fußnote 8.
[10] Eakin, Paul John: The Economy of Narrative Identity. In: Controlling Time and Shaping the Self, hg. v. Arianne Baggerman, Rudolf Dekker und Michael Mascuch (Egodocuments and History Series, Bd. 3). Leiden, Boston 2011, S. 231-243, hier S. 236; ders.: The Economy of Narrative Identity. In: History of Political Economy 39 (2007), S. 117-133.
[11] S. insbesondere: Bourdieu, Pierre: Soziologische Fragen. Frankfurt a.M. 1993 [Questions de sociologie. Paris 1980]; ders.: Der Tote packt den Lebenden (Schriften zu Politik und Kultur, Bd. 2). Hamburg 1997; ders. und Wacquant, Loïc J.D.: Reflexive Anthropologie. Frankfurt a.M. 2006; Butler, Judith: Undoing Gender. New York, London 2004.
[12] Kauppert, Michael: Erfahrung und Erzählung. Zur Topologie des Wissens (Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Schriften zur Wissenssoziologie). Wiesbaden 20102, S. 161.
[13] Vgl.: Allolio-Näcke, Lars und Kallscheuer, Britta: Doing Identity. Von Transdifferenz und dem alltäglichen Skeptizismus. Http://www.academia.edu/3803747/Geschichte_Redaktion_und_Identit%C3%A4t_-Allolio-N%C3%A4cke_L._und_Kalscheuer_B._Doing_Identity_Von_Transdifferenz_und_dem, einsgesehen am 05.05.2015; Näcke, Lars und Park, Eri: Subjektivität und Subjektivierung – Zwischen Einschreibung und Selbstführung. In: Psychologie und Gesellschaftskritik 18/2 (1994), S. 9-35.
[14] Peter Burschel schlägt in diesem Zusammenhang vor, „Fragen nach dem Selbst, Fragen nach der Person in stärkeren Maße als bisher auch als Raum-Fragen zu verstehen zu lernen.“: Burschel, Peter: „j´avais le plaisir de me voir comparée à tous les astres“. Gelebte Räume in den Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Köln, Weimar, Wien 2012, S. 335-348, hier S. 337.
[15] Hornung, Esther und Günther-Saeed, Marita: Einleitung. In: Zwischenbestimmungen. Identität und Geschlecht jenseits der Fixierbarkeit?, hg. v. Esther Hornung und Marita Günther-Saeed. Würzburg 2012, S. 17-32, hier S. 22.
[16] In Bezug auf die Diskussion um den aus den USA stammenden Ansatz der Intersektionalität, wie ihn Cornelia Klinger und Gudrun-Axeli Knapp in Deutschland angestoßen haben: z.B. Lutz, Helma; Herrera Vivar, Maria Teresa und Supik, Linda (Hg.): Fokus Intersektionalität. Bewegungen und Verortungen eines vielschichtigen Konzeptes (Geschlecht und Gesellschaft, Bd. 47). Wiesbaden 2010; vgl. Klinger, Cornelia; Knapp, Gudrun-Axeli und Sauer, Birgit (Hg.): Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität (Politik und Geschlechterverhältnisse, Bd. 36). Frankfurt, New York 2007. Allerdings macht m.E. die Kritik von Thomas Schwinn und dessen Verweis auf Max Weber in seinem Aufsatz im gleichen Buch Sinn: Er bemerkt, „dass sich Ressourcen konvertieren lassen“ und teilt diese in drei Basistypen auf: „kulturelle Deutungs- bzw. Distinktionskompetenz, politische Macht und ökonomische Chancen […]. Sie entfalten ihre Wirkung quer durch die […] differenzierten Institutionen.“: Schwinn, Thomas: Komplexe Ungleichheitsverhältnisse: Klasse, Ethnie und Geschlecht. In: Achsen der Ungleichheit. Zum Verhältnis von Klasse, Geschlecht und Ethnizität, hg. v. Cornelia Klinger, Gudrun-Axeli Knapp und Birgit Sauer (Politik und Geschlechterverhältnisse, Bd. 36). Frankfurt, New York 2007, S. 271-286, hier S. 283. Durch Konvertierung könnten negative Ungleichheitslagen auf der einen Seite durch positive auf der anderen Seite kompensiert werden. Dadurch besitzt das Subjekt die Gestaltungsmacht der eigenen Differenzsetzung quer zu den strukturellen Vorgaben. Die Grenzen der Handlungsrahmen werden elastischer, austestbarer, brüchiger.
[17] S. hier z.B.: Hornscheidt, Antje: Sprachliche Kategorisierung als Grundlage und Problem des Redens über Interdependenzen. Aspekte sprachlicher Normalisierung und Privilegierung. In: Gender als interdependente Kategorie, hg. v. Katharina Walgenbach u.a. Opladen 2002, S. 65-105.
[18] S. hierzu die gleichnamige Dissertation von Meißner, Hanna: Jenseits des autonomen Subjekts. Zur gesellschaftlichen Konstitution von Handlungsfähigkeit im Anschluss an Butler, Foucault und Marx. Bielefeld 2010.
[19] Vgl. Bhabha, Homi K.: The Location of Culture. London 1994.
[20] Vgl. z.B.: Welsch, Wolfgang: Transculturality – the Puzzling Form of Cultures Today. In: Spaces of Culture. City, Nation, World, hg. v. Mike Featherstone und Scott Lash. London 1999, S. 39-63; Mae, Michiko: Auf dem Weg zu einer transkulturellen Genderforschung. In: Transkulturelle Genderforschung. Ein Studienbuch zum Verhältnis von Kultur und Geschlecht, hg. v. Michiko Mae und Britta Saal (Geschlecht und Gesellschaft, Bd. 9). Wiesbaden 2007, S. 37-52; Breinig, Helmbrecht und Lösch, Klaus: Forschungsfelder der Transdifferenz: Identität, Leiblichkeit und Repräsentation. In: Identität und Unterschied. Zur Theorie von Kultur, Differenz und Transdifferenz, hg. v. Cristian Alvarado Leyton und Philipp Erchinger. Bielefeld 2010, S. 37-58; Feldmann, Doris: Differenzen ohne Ende? Möglichkeiten und Grenzen der Differenzkategorie aus kultur- und literaturwissenschaftlicher Sicht. In: Identität und Unterschied. Zur Theorie von Kultur, Differenz und Transdifferenz, hg. v. Cristian Alvarado Leyton und Philipp Erchinger. Bielefeld 2010, S. 59-70; Saal, Britta: Kultur in Bewegung. Zur Begrifflichkeit von Transkulturalität. In: Transkulturelle Genderforschung. Ein Studienbuch zum Verhältnis von Kultur und Geschlecht, hg. v. Michiko Mae und Britta Saal (Geschlecht und Gesellschaft, Bd. 9). Wiesbaden 2007, S. 21-36; Sparn, Walter: Das Eigene und das Andere der Transdifferenz. Rückblick und Ausblick. In: Identität und Unterschied. Zur Theorie von Kultur, Differenz und Transdifferenz, hg. v. Cristian Alvarado Leyton und Philipp Erchinger. Bielefeld 2010, S. 317-325.
[21] Hijiya-Kirschnereit, Irmela: Textstrukturen – Schreibkulturen. Ein Kommentar. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Weimar, Wien 2012, S. 174-178, hier S. 174.
[22] NachWerner Fuchs-Heinritz bildet biographische Forschung „in der Geschichte der Sozialwissenschaften keine Hauptströmung, eher ein verzweigtes Nebensystem.“: Fuchs-Heinritz, Werner: Biographische Forschung. Eine Einführung in Praxis und Methoden (Hagener Studientexte zur Soziologie). Wiesbaden 20094, S. 85, vgl. aber auch S. 10f., 86-107, 116-120. Die Entdeckung von Lebensgeschichten als Quelle fällt mit den sozialpolitischen Protestbewegungen und ihrer Identitätspolitiken während der kritischen Moderne in etwa den 1960er bis 1980er Jahren zusammen. In den USA entstand eine feministische Kritik an der bisherigen Auffassung von Biographie als zum einen zu unzuverlässig, um als Quelle dienen zu können und – im Bereich der Literaturwissenschaft – zum anderen an der alleinigen Wertschätzung »literarischer« Biographien von Schriftstellern im Unterschied zur »Belletristik« unbekannter Schriftstellerinnen oder unter Pseudonym schreibender Frauen. Dies führte einerseits in der Literaturwissenschaft zur (Wieder-)Entdeckung von women writers und der Erstellung von women´s biographies, was wiederum die feministische Geschichtsschreibung in den USA anstieß. Vgl.: Banner, Lois W.: AHR Roundtable Biography as History. In: American Historical Review (Juni 2009), S. 579-586, hier S. 579. Auf der anderen Seite wurden nicht nur von der Frauenbewegung, sondern von Geschichtswerkstätten und anderen Initiativen Bestrebungen laut, Alltagsgeschichte, »Geschichte von Unten« zu schreiben. Daraus wurde schließlich die Methode der Oral History entwickelt. Vgl.: Fuchs-Heinritz, Werner 20094, S. 115f.
[23] Schulze, Winfried: Ego-Dokumente: Annäherung an den Menschen in der Geschichte? Vorüberlegungen für die Tagung „EGO-DOKUMENTE“. In: Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte, hg. v. Winfried Schulze (Selbstzeugnisse der Neuzeit. Quellen und Darstellungen zur Sozial- und Erfahrungsgeschichte, Bd. 2). Berlin 1996, S. 11-30, hier S. 13.
[24] Lejeune, Philippe: The Autobiographical Pact. In: Philippe Lejeune: On Autobiography. Minnesota 1989 [Le Pacte Autobiographique. Paris 1975], S. 3-30, hier S. 4, zitiert nach Baggerman, Arianne: Lost Time. Temporal Discipline and Historical Awareness in Nineteenth-Century Dutch Egodocuments. In: Controlling Time and Shaping the Self (Egodocuments and History Series, Bd. 3), hg. v. Arianne Baggerman, Rudolf Dekker und Michael Mascuch. Leiden, Boston 2011, S. 455-541, hier S. 457.
[25] Sparn, Walter: Dichtung und Wahrheit. Einführende Bemerkungen zum Thema: Religion und Biographik. In: Wer schreibt meine Lebensgeschichte? Biographie, Autobiographie, Hagiographie und ihre Entstehungszusammenhänge, hg. v. dems. Gütersloh 1990, S. 11-29, s. insbesondere S. 12, 16, 19.
[26] Vgl. auch Burke, Peter: Historicizing the Self, 1770-1830. In: Controlling Time and Shaping the Self, hg. v. Arianne Baggerman, Rudolf Dekker und Michael Mascuch (Egodocuments and History Series, Bd. 3). Leiden, Boston 2011, S. 13-32, hier S. 19, 21, 27.
[27] Randeira, Shalini: Geteilte Geschichte und verwobene Moderne. In: Zukunftsentwürfe. Ideen für eine Kultur der Veränderung, hg. v. Jörn Rüsen, Hanna Leitgeb und Norbert Jegelka. Frankfurt a.M., New York 2000, S. 87-96, hier S. 91, aufgegriffen und zitiert von Jancke, Gabriele und Ulbrich, Claudia: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung. In: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung, hg. v. Gabriele Jancke und Claudia Ulbrich (Querelles. Jahrbuch für Frauen- und Geschlechterforschung, Bd. 10). Göttingen 2005, S. 7-27, hier S. 8.
[28] Fritzsche, Peter: Drastic History and the Production of Autobiography. In: Controlling Time and Shaping the Self (Egodocuments and History Series, Bd. 3) hg. v. Arianne Baggerman, Rudolf Dekker und Michael Mascuch. Leiden, Boston 2011, S. 231-243, hier S. 236; vgl. ders.: The Economy of Narrative Identiy. In: History of Political Economy 39 (2007), S. 77-94, hier S. 79, vgl. auch S. 77.
[29] Vgl.: Anderson, Benedict: Imagined Communities. Reflections on the Origin and Spread of Nationalism. London 19912; vgl. zur Anwendung des Konzeptes der Hegemonie v. Gramsci auf den Nationalismus: Gellner, Ernest: Nations and Nationalism. Ithaca NY 1983; zu Gramsci: vgl. z.B.: Borek, Johanna; Krondorfer, Birge und Mende, Julius (Hg.): Kulturen des Widerstands. Texte zu Antonio Gramsci (Beiträge zu Kulturwissenschaft und Kulturpolitik, Bd. 3). Wien 1993.
[30] Chatterjee, Partha: The Nation and its Fragments. Colonial and Postcolonial Histories (Princeton Studies in Culture/Power/History). Princeton NJ 1993, S. 6.
[31] Vgl.: Hobsbawn, Eric J.: Nations and nationalism since 1780. Programme, myth, reality. Cambridge u.a. 1990; Renan, Ernest: Qu´est-ce qu´une nation? Conférence faite en Sorbonne le 11 mars 1882. Http://ourworld.compuserve.com/homepages/bib_lisieux/nation01.htm, eingesehen am 03.08.2006; Luhmann, Niklas: Weltzeit und Systemgeschichte. Über Beziehungen zwischen Zeithorizonten und sozialen Strukturen gesellschaftlicher Systeme. In: ders.: Soziologische Aufklärung, Bd. 2. Aufsätze zur Theorie der Gesellschaft. Wiesbaden 20055 [1975], S. 128-166.
[32] Vgl.: Kerber, Linda K. The Republican Mother. Women and the Enlightenment – An American Perspective. In: AQ 28/2 (Summer 1976), S. 187–205; Frevert, Ute: Frauen-Geschichte. Zwischen bürgerlicher Verbesserung und Neuer Weiblichkeit. Frankfurt a.M. 1986; dies.: Bürgerinnen und Bürger. Geschlechterverhältnisse im 19. Jahrhundert. Göttingen 1988; dies.: »Mann und Weib, und Weib und Mann«. Geschlechter-Differenzen in der Moderne. München 1995.
[33] Zum Konzept der Zivilisierung s.: Elias, Norbert: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen, 2 Bde. Basel 1939.
[34] Vgl. hierzu auch: Baggerman, Arianne; Dekker, Rudolf und Mascuch, Michael: Introduction. In: Controlling Time and Shaping the Self, hg. v. Arianne Baggerman, Rudolf Dekker und Michael Mascuch (Egodocuments and History Series, Bd. 3). Leiden, Boston 2011, S. 231-243, hier S. 236; vgl. Dies.: The Economy of Narrative Identity. In: History of Political Economy 39 (2007), S. 1-10.
[35] Definition von Presser, Jacob: Uit het werk van dr. Presser. Amsterdam 1969, S. 286, zitiert nach Schulze, Winfried 1996, S. 15, Fußnote 17.
[36] Vgl.: Ulbricht, Claudia; Medick Hans und Schaser, Angelika: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Weimar, Wien 2012, S. 1-19; vgl. Krusenstjern, Benigna: Was sind Selbstzeugnisse? Begriffskritische und quellenkundliche Überlegungen anhand von Beispielen aus dem 17. Jahrhundert. In: HA 2 (1994), S. 462-471.
[37] Blaschke, Olaf: Das 19. Jahrhundert. Ein Zweites Konfessionelles Zeitalter? In: Geschichte und Gesellschaft 26/1 (2000), S. 38-75.
[38] Hölscher, Lucian: Geschichte der protestantischen Frömmigkeit in Deutschland. München 2005, S. 11.
[39] Wohlrab-Sahr, Monika; Krech, Volkhard und Knoblauch, Hubert: Religiöse Bekehrung in soziologischer Perspektive. Themen, Schwerpunkte und Fragestellungen der gegenwärtigen religionssoziologischen Konversionsforschung. In: Religiöse Konversion. Systematische und fallorientierte Studien in soziologischer Perspektive, hg. v. Monika Wohlrab-Sahr, Volkhard Krech und Hubert Knoblauch (Passagen und Transzendenzen. Studien zur materiellen Religions- und Kultursoziologie, Bd. 1). Konstanz 1998, S. 7-43, hier S. 8.
[40] Vgl. hierzu: Blasi, Anthony J.: The Meaning of Conversion: Redirection of Foundational Trust. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. 11-31, hier S. 11; Joseph B. Tamney hat u.a. zusammen mit Stephen D. Johnson quantitativ im Bereich der Fundamentalismus-Forschung gearbeitet: und v.a. bei der Weiterführung der Middletown-Studien mitgearbeitet. Zu letzteren s. z.B.: für den Zeitraum 1978-2000: http://www.thearda.com/Archive/Files/Descriptions/MAS04.asp, eingesehen am 15.09.2012.
[41] Vgl.: Kirn, Hans-Martin: The Penitential Struggle (»Busskampf«) of August Hermann Francke (1663-1727). A Model of Pietistic Conversion? In: Paradigms, Poetics and the Politics of Conversion, hg. v. Jan. N. Bremmer, Wout J. van Bekkum und Arie L. Molendijk (Groningen Studies in Cultural Change, Bd. XIX). Leuven, Paris, Dudley MA 2006, S. 123-132.
[42] Grundmann, Christoffer, H.: Art. „Proselyten/Proselytismus, III. Missionswissenschaftlich“. In: RGG4, Bd. 6 (2008), 1719; der Artikel umfasst zudem die Unterkapitel „I. Antikes Judentum“ von Wandrey, Irina, 1717f., „II. Mittelalterliches und neuzeitliches Judentum“ von Carlebach, Elisheva, 1718f., und „IV. Ökumenische Bedeutung“ von Voss, Gerhard, 1719f.
[43] Wingate, Andrew: Art. „Bekehrung/Konversion, VII. Missionswissenschaftlich“. In: RGG4, Bd. 1 (2008), 1237-1239.
[44] Nach einem kurzen Blick in die Religionspsychologie und dem biographisch-narrativen Ansatz folgen ausführliche historische Kapitel von der griechisch-römischen Antike über die Bibel die Kirchengeschichte hindurch. Dem schließen sich ein systematischer und ein praktisch-theologischer Artikel an. Am Ende folgen ein Blick in das Judentum und in den Islam: Art. „Bekehrung/Konversion“. In: RGG4, Bd. 1 (2008), 1228-1241.
[45] Bischofberger, Otto: Art. „Bekehrung/Konversion, I. Religionswissenschaftlich“. In: RGG4, Bd. 1 (2008), 1228f.
[46] Riedel-Spangenberger, Ilona: Art. „Konversion, Konvertiten (Kt.). In: LThK3, Bd. 6 (2009), 338-340, hier 338.
[47] Rzepkowski, Horst: Art. „Bekehrung”, I. Religionsgeschichtlich. In: LThK3, Bd. 2 (2009), 166; des Weiteren umfasst der Artikel die Unterkapitel „II. Psychologisch“ von Wahl, Heribert, 166f., „III. Biblisch“ von Löning, Karl, 167f., „IV. Historisch-theologisch”, „V. Systematisch-theologisch” und „VI. Praktisch-theologisch” von Werbick, Jürgen, 168-170, sowie „VII. Missionswissenschaftlich” von Findeis, Hans-Jürgen, 170f.
[48] James, William: The Varieties of Religious Experience: A Study in Human Nature. New York, London 1902.
[49] Cipriani, Roberto: Preface: The Sociology of Conversion. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. vii-xiii.
[50] Die Literatur hierzu ist mittlerweile Legion. V.a.: Schütz, Alfred und Luckmann, Thomas: Strukturen der Lebenswelt. Konstanz 2003 [Darmstadt, Neuwied 1975]; Berger, Peter L.: The Sacred Canopy. Elemens of a Sociological Theory of Religion. New York u.a. 1967; Luckmann, Thomas: Die unsichtbare Religion. Frankfurt a.M. 19963 [1991].
[51] Vgl.: Bruce, Steve: Sociology of Conversion. The Last Twenty-Five Years. In: Paradigms, Poetics and the Politics of Conversion, hg. v. Jan. N. Bremmer, Wout J. van Bekkum und Arie L. Molendijk (Groningen Studies in Cultural Change, Bd. XIX). Leuven, Paris, Dudley MA 2006, S. 1-11, hier S. 1-3.
[52] Vgl.: Lofland, John und Stark, Rodney: Becoming a World-Saver. A Theory of Conversion to a Deviant Perspective. In: American Sociological Review 30/6 (Dez. 1965), S. 862-875. Gegenwind bekamen sie z.B. von Snow, David A. und Phillips, Cynthia L.: The Lofland-Stark Conversion Model: A Critical Reassessment. In: Social Problems 27/4 (April 1980), S. 430-447.
[53] Straus, Roger A.: Religious Conversion as a Personal And Collective Accomplishment. In: Sociological Analysis 40/2 (1979), S. 158-165, hier S. 160, http://socrel.oxfordjournals.org, Ruhr Universität Bochum, abgerufen am 16.02.2011.
[54] Vlg. Stark, Finke, Shupe und Bromley und die sich daran entzündenden Diskussionen. Folgende Beiträge mögen paradigmatisch dafür stehen: Hak, Durk: Conversion as a Rational Choice. An Evaluation of the Stark-Finke Model of Conversion and (Re-)Affiliation. In: Paradigms, Poetics and the Politics of Conversion, hg. v. Jan. N. Bremmer, Wout J. van Bekkum und Arie L. Molendijk (Groningen Studies in Cultural Change, Bd. XIX). Leuven, Paris, Dudley MA 2006, S. 13-24. Vermutlich haben als Reaktion darauf Stark und Finke ihr Modell in einem Einführungswerk zu einer Systematik von Annahmen und Definitionen, weiter entwickelt, die auch die neueren Zugänge integriert. Diese ist in zehn Kapitel unterteilt, von denen Kapitel 5 Konversion systematisiert. Stark, Rodney und Finke, Roger: Acts of Faith. Explaining the Human Side of Religion. Berkeley, Los Angeles, London 2000, hier insbesondere S. 114-138, 280f.
[55] S.: Rambo, Lewis R.: Understanding Religious Conversion. New Haven, London 1993.
[56] Vgl.: Gooren, Henri: Towards a New Model of Religious Conversion Careers. The Impact of Social and Institutional Factors. In: Paradigms, Poetics and the Politics of Conversion, hg. v. Jan. N. Bremmer, Wout J. van Bekkum und Arie L. Molendijk (Groningen Studies in Cultural Change, Bd. XIX). Leuven, Paris, Dudley MA 2006, S. 25-39.
[57] Snow, David A. und Machalek, Richard: The Sociology of Conversion. In: Annu. Rev. Sociol. 10 (1984), S. 167-190, http:// www.annualreviews.org, eingesehen am 15.02.1011.
[58] Staples, Clifford L. und Mauss, Armand L.: Conversion or Commitment? A Reassessment of the Snow and Machalek Approach to the Study of Conversion. In: Journal for the Scientific Study of Religion 26/2 (1987), S. 133-147, hier S. 145.
[59] Vgl.: Zock, Hetty: Paradigms in Psychological Conversion Research. Between Social Science and Literary Analysis. In: Paradigms, Poetics and the Politics of Conversion, hg. v. Jan. N. Bremmer, Wout J. van Bekkum und Arie L. Molendijk (Groningen Studies in Cultural Change, Bd. XIX). Leuven, Paris, Dudley MA 2006, S. 40-58.
[6] Luhmann, Niklas: Die Religion der Gesellschaft. Frankfurt a.M. 2002.
[61] Begriff in übersetzter Form übernommen aus Michel, Patrick: Elements for a Semiotics of „Conversion“. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. 73-89, hier S. 81, ursprünglich „cosmologies portable“ von: Augé, Marc: Pour une anthropologie des mondes contemporains. Paris 1997, S. 147.
[62] Zur religionssoziologischen Diskussion bezüglich Modernisierung, Pluralisierung und Säkularisierung lassen sich m.E. drei Positionen ausmachen: 1.die fortschreitende Säkularisierung als zwingendes Entwicklungsmoment, selbst wenn »verspätete Entwicklungen« zu beobachten seien. Diese ist in den letzten Jahren auf große Kritik gestoßen; 2. Moderne nicht einseitig folgerichtig zu betrachten, sondern von multiplen Modernen zu sprechen, so dass Religion nicht zwingend säkularisiert wird; 3. damit zusammenhängend die These, dass hinsichtlich religiöser Prozesse Europa auf einem Sonderweg sei durch seine Säkularisierungstendenzen, nicht »der Rest der Welt«, es vielmehr zu einer „Wiederkehr der Religion“ (s. hierzu z.B. das gleichnamige Buch von Gottfried Küenzlen, München 1997.) käme.
[63] Lüddeckens, Dorothea und Walthert, Rafael: Fluide Religion: Eine Einleitung. In: Fluide Religion. Neue religiöse Bewegungen im Wandel. Theoretische und empirische Systematisierungen, hg. v. Dorothea Lüddeckens und Rafael Walthert. Bielefeld 2010. Der Begriff „soll auf einen hohen Grad von Beweglichkeit verweisen und auf die Diffusion von Religion in einem weiteren sozialen Kontext, der einen Wandel der sozialen Formen von Religion mit sich bringt“ (S. 11).
[64] Vgl.: Medick, Hans: Einführung: Kulturelle Mehrfachzugehörigkeiten. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Weimar, Wien 2012, S. 17-19.
[65] So dass sowohl Wilhelm Dilthey als auch Friedrich Meinecke Recht zu geben ist, dass es immer einen Rest an personaler Unbestimmtheit gibt, der sich der Analyse entzieht – sowohl der Selbstreflexion als auch der Fremdanalyse.
[66] Vgl.: Belzen, Jacob A.: Religion as Embodiment. Cultural-Psychological Concepts and Methods in the Study of Conversion among “Bevindeleijken”. In: Journal for the Scientific Study of Religion (1999), S. 236-253.
[67] Vgl.: Flanagan, Kieran: Conversion: Heroes and their Sociological Redemption. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. 33-71, hier insbesondere S. 40-42.
[68] Zur Überlegung Konversion als Opposition s.: Giordan, Giuseppe: Conversion as Opposition. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. 243-262.
[69] S. z.B.: Swatos, William H., Jr.: Pilgrimage and Conversion. In: Conversion in the Age of Pluralism, hg. v. Giuseppe Giordan (Religion and the Social Order, Bd. 17). Leiden, Boston 2009, S. 115-130.
[70] Die Lebenslaufforschung und die Biographieforschung setzen hier grundsätzlich verschieden an: Das Forschungsinteresse der Lebenslaufforschung ist primär auf die strukturellen Auswirkungen vorgegebener institutioneller (Beruf, verwaltetes Leben) und kultureller Vorgaben (wie erwartete Lebensmuster, Lebensphasen, Übergangsriten), auf die Lebensführung des Einzelnen in der Industriegesellschaft gerichtet. Die Biographieforschung geht umgekehrt vor: Sie betrachtet die Lebensführung des/der Einzelnen in seiner/ihrer biographischen Konstruktion und nimmt von dort her den strukturellen Kontext wahr. Zur Lebenslaufforschung s. z.B.: Grundmann, Matthias: Familienstruktur und Lebensverlauf. Historische und gesellschaftliche Bedingungen individueller Entwicklung (Lebensläufe und gesellschaftlicher Wandel). Frankfurt, New York 1992; Raithelhuber, Eberhard: Übergänge und Agency. Eine sozialtheoretische Reflexion des Lebenslaufkonzepts. Opladen, Berlin, Farmington Hills MI 2011; Kluge, Susann und Kelle, Udo (Hg.): Methodeninnovation in der Lebenslaufforschung. Integration qualitativer und quantitativer Verfahren in der Lebenslauf- und Biographieforschung (Statuspassagen und Lebenslauf, Bd. 4). Weinheim, München 2001; Dausien, Bettina: Biographie und Geschlecht. Zur biographischen Konstruktion sozialer Wirklichkeit in Frauenlebensgeschichten (IBL Forschung). Bremen 1996. Eine Brücke zwischen beiden Vorgehensweisen versuchen Peter A. Berger und Peter Sopp in ihrem Aufsatzband Sozialstruktur und Lebenslauf (Sozialstrukturanalyse, Bd. 5). Opladen 1995 zu schlagen. Hier wie in dem Buch von Reinhold Sackmann: Lebenslaufanalyse und Biographieforschung. Eine Einführung (Studienskripten zur Soziologie). Wiesbaden 2007 ist zu sehen, dass sich beide Ansätze nicht gegenseitig ausschließen. Für die Belange der Quellenanalyse von Konversionserzählungen halte ich allerdings die Biographieforschung für hilfreicher. S.: Alheit, Peter und Hoerning, Erika M. (Hg.): Biographisches Wissen. Beiträge zu einer Theorie lebensgeschichtlicher Erfahrung. Frankfurt, New York 1989, besonders die Einleitung, sowie Hoerning, Erika M.: Erfahrungen als biographische Ressourcen, S. 148-163, Straub, Jürgen und Sichler, Ralph: Metaphorische Sprechweisen als Modi der interpretativen Repräsentation biographischer Erfahrungen, S. 221-237, Alheit, Peter: Erzählform und »soziales Gedächtnis«: Beispiel beginnender Traditionsbildung im autobiographischen Erinnerungsprozess, S. 123-147, Kuczynski, Jürgen: Lügen, Verfälschungen, Auslassungen, Ehrlichkeit und Wahrheit: Fünf verschiedene und für den Historiker gleich wertvolle Elemente in Autobiographien, S. 24-37; Hoerning, Erika M. (Hg.): Biographische Sozialisation (Der Mensch als soziales und personales Wesen, Bd. 17). Stuttgart 2000, v.a. Dies.: Biographische Sozialisation. Theoretische und forschungspraktische Verankerung. Eine Einleitung zu den Beiträgen, S. 1-20, Bourdieu, Pierre: Die biographische Illusion, S. 51-60 [BIOS 3/1 (1990), S. 75-81.], Leitner, Hartmann: Wie man ein neuer Mensch wird, oder: Die Logik der Bekehrung, S. 61-86, Straub, Jürgen: Implikationen und Voraussetzungen lebensgeschichtlichen Denkens in der Sicht einer narrativen Psychologie, S. 137-163, Alheit, Peter und Dausien, Bettina: Die biographische Konstruktion der Wirklichkeit. Überlegungen zur Biographie des Sozialen, S. 257-283; Griese, Birgit (Hg.): Subjekt – Identität – Person? Reflexionen zur Biographieforschung. Wiesbaden 2010; dies. und Griesehop, Hedwig Rosa: Biographische Fallarbeit. Theorie, Methode und Praxisrelevanz. Wiesbaden 2007; Herzberg, Heidrun und Kammler, Eva: Biographie und Gesellschaft. Überlegungen zu einer Theorie des modernen Selbst (Biographie und Lebensweltforschung des Interuniversitären Netzwerkes Biographie- und Lebensweltforschung (INBL), Bd. 10). Frankfurt, New York 2011. Einen frühen Überblick über die Biographieforschung und ihre Geschichte mit feministischem Impetus für die Theologie bietet Monika Maaßen: Biographie und Erfahrung von Frauen. Ein feministisch-theologischer Beitrag zur Relevanz der Biographieforschung für die Wiedergewinnung der Kategorie der Erfahrung (Frauenforschung, Bd. 2). Fulda 1993. Dass die Konversionsforschung auf der Biographieforschung aufsitzt, zeigt deren Hinwendung zu narrativen Analysen: z.B.: Nohl, Arnd-Michael: Interview und dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis (Qualitative Sozialforschung, Bd. 16). Wiesbaden 20082; Kauppert, Michael: Erfahrung und Erzählung. Zur Topologie des Wissens (Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Schriften zur Wissenssoziologie). Wiesbaden 20102.
[71] Vgl. v.a. auch die Kapitelüberschriften.
[72] Krech, Volkhard und Schlegel, Matthias: Auf der Suche nach dem »wahren Selbst«. Über den Zusammenhang von Konversion und der Konstitution religiöser Identität. In: Religiöse Konversion. Systematische und fallorientierte Studien in soziologischer Perspektive, hg. v. Monika Wohlrab-Sahr, Volkhard Krech und Hubert Knoblauch (Passagen und Transzendenzen. Studien zur materiellen Religions- und Kultursoziologie, Bd. 1). Konstanz 1998, S. 169-192, hier S. 169.
[73] Schwentker, Wolfgang: Schreiben und Erinnern. Ein vergleichender Kommentar. In: Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven, hg. v. Claudia Ulbrich, Hans Medick und Angelika Schaser (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 20). Weimar, Wien 2012, S. 419-425, hier S. 422.
[7] S. den Artikel von Schaser 2012! Hier hat Schaser auch auf Ida Hahn-Hahn aufmerksam gemacht, die explizit in ihren Romanen das politische Geschehen verarbeitet und bewertet.
[75] Cordula Peregrina (C. Wöhler): Singt dem Herrn! – oder – Das Kirchenjahr in Liedern. Mit fürstbischöflicher Approbation. Salzburg 1898, S. VIIf.
[76] Der Scherer. Erstes illustrirtes Tiroler Witzblatt für Politik, Kunst und Leben 1/8 (Mittwoch, den 16. des Erntemonats 1899), S. 7.
[77] Nepalesische Soldaten im Dienst der British Army und der indischen Streitkräfte im Ersten Weltkrieg. Vgl. u.a. Who are the Gurkhas? Http://www.bbc.com/news/uk-107820 99, eingesehen am 28.04.2016.
[78] Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz 14.12.1914. In: „Und nun, meine herzliebste Clara, behüt´ Dich Got für heut“. Cordula Wöhler privat. Edition ausgewählter Briefe, hg. v. Esther Hornung. Hamburg 2016, S. 341.
[79] Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz 18.02.1887. In: ebd., S. 78.
[80] Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz  25.06.1895. In: ebd., S. 106.
[81] OFM-Archiv, Hall 94/1 Z 001a-b.
[82] Vgl. Vorarlberger Landesarchiv Bregenz, Bestand: Rietzlern, VE: Trauungsbuch, L.num. 484/2, Datierung: 1784-1935, 1934_0051. Http://www.vla.findbuch.net/php/view.php?ar_id=3711&link=564c412d5269657ax6#, eingesehen am 16.05.2012.
[83] I. Tagebuch-Heft. (Vom 7. März 1876 – bis 20. Januar 1877.), 03.10.1876. Nachlass von P. Arsenius Niedrist, OFM-Archiv, Hall. Ab der Heirat scheint P. Arsenius Niedrist vom persönlichen „Cordula“ zum unpersönlichen „C.S.“ gewechselt zu haben. Vgl. auch Cordula Wöhlers Überlegungen in ihrem Tagebuch vom März 1876. Im Tagebuch vom April 1876, 25.04., schreibt sie von „Geschwisterehe“ und überlegt bereits, Kinder zu adoptieren. Gemäß des Eintrages vom 26.04.1876 hatte Cordula Wöhler von ihren Eltern die Zusage für eine Aussteuer, Brautkleid, längeren Besuch im Sommer und deren Teilnahme an der Hochzeit bekommen. P. Arsenius Niedrist (1828-1886) war bis 1886 Cordula Wöhlers engster Beichtvater in Schwaz gewesen. Alban Stolz (1808-1883), in Freiburg i.Br. Professor für Pastoraltheologie, hatte Cordula Wöhler einst in ihrem Konversionsprozess begleitet.
[84] S. hierzu die Mitgliedsurkunde: Aufnahmediplom Cordula Wöhlers in den Dritten Orden des Heiligen Franziskus. München 02.08.1876. OFM-Archiv, Hall, 94/1 Z 011. Demnach hatte sie am 02.08.1876 in Schwaz unter dem Ordensnamen „Maria Josepha“ ihre Profess abgelegt, kurz vor ihrer Hochzeit am 17.08.1876. Die Urkunde war vom Provinzial der bayrischen Kapuziner-Provinz, P. Constantin, in München ausgestellt worden.
[85] Marie (1878-1910) verstarb früh an Tuberkulose als Vinzentinerin in Innsbruck. Anna (1880-1973) heiratete nach dem Tod ihrer Adoptiveltern, hinterließ jedoch keine noch lebenden Nachkommen. Vgl.: Hornung (Hg.) 2016, S. 30-32.
[86] Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz 10.08.1888. In: Hornung (Hg.) 2016, S. 82.
[87] Vgl. hier auch ihr Buch Der Weg nach Golgotha. Betrachtungen, Gebete, Lieder. Mit einer Vorrede von Franz Hattler S.J. München, Regensburg 1878.
[88] Julius Karl Mayer: Alban Stolz und Kordula Wöhler (Alban Stolz. Fügung und Führung. Konvertitenbilder, hg. v. Julius Mayer, 3. Teil). Freiburg i.Br. u.a. 1913.
[89] Hornung (Hg.) 2016, S. 25.
[90] Johann Wilhelm Wöhler Brief an Cordula Wöhler, 17.06.1870. OFM-Archiv, Hall 94/1 Z 016.
[91] Vgl. Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz 10.08.1888. In: Hornung (Hg.), S. 83.
[92] Brief Cordula Wöhlers an Clara Zumnorde nach Warendorf, Schwaz 08.07.1909. In: ebd., S. 201f.
[93] So finden sich u.a. folgende Buchtitel (chronologisch): Die Geschichte der heiligen Nothburga von Rottenburg: Poetisch erzählt. Innsbruck 1870; Neues Gebhardsbuch. Katholisches Haus- und Gebetbuch. Bregenz 1878; Auf dem Sillberg. Tiroler Dorfgeschichte. Mit einer Vorrede von P. Franz Hattler, Priester der Gesellschaft Jesu. Innsbruck 1879; Katholisches Haus- und Herzens-Leben beleuchtet vom Schimmer des ewigen Lichts. Eine Sammlung geistlicher Lieder. München 1888; Aus Lebens Liebe, Lust und Leid, ein Pilgersang zur Abendzeit. Innsbruck 1898; Christkindleins Weihnachtsgruß an frohfromme Kinderherzen. Regensburg u.a. 1900; Des Weißen Sonntags Himmelsglück. Festgabe zur ersten heiligen Kommunion. Kevelaer 1908.
[94] Vgl. neben dem bekannten „Segne Du, Maria“ auch: Marienrosen. Entsprossen zu Füßen unserer lieben Frau. Münster 1897.
[95] So begründete Was das ewige Licht erzählt. Gedichte über das Allerheiligste Altarsakrament. Innsbruck 1874 ihre Beliebtheit im katholischen Milieu. Das Buch wurde in über zwanzig Auflagen durch Felix Rauch verlegt. Vgl. auch: Krippe und Altar oder Weihnachten in der Eucharistie. Betrachtungen von C. Wöhler. Mit einer Vorrede von Franz Hattler S.J. München, Regensburg 1880.
[96] Der Scherer 1899, S. 7.

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